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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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sollte denken, ein dänischer Geheimrathstitel könnte für einen deutschen Mann
von hohem Adel, dessen Verhältnisse es ihm erlauben, sich mit allem Glänze
eines kleinen Hofstaats zu umgeben, nur geringe Reize haben, zumal wenn
derselbe bereits -- wofür, bleibe unenthüllt -- geheimer Rath des Königs von
Hannover ist. Der Besitzer von Salzau dachte anders, denn er gab sich alle
erdenkliche Mühe, die heißersehnte Auszeichnung aus Dänemark zu erhalten,
und verschmähte es in vollkommner Vergessenheit seiner Würde sogar nicht,
sich zu diesem Zwecke den wenigen Männern von Stande zuzugefellen, welche
der Gräfin Dämmer ihre Huldigungen darbrachten.

Zum Glück für den Namen Blöden ist sein Bruder ein Mann, der sich
von solcher Erniedrigung frei hielt und wenigstens einmal ein feuriges Wort
für das unterdrückte Recht hatte. Auch der Sohn des vorigen, einst als Ga-
lopin bei Bonin verwendet, jetzt in östreichischen Diensten, soll weder die Ma¬
nieren des Vaters, die an das Auftreten von Champagnerreisenden erinnern,
noch seine Magnelnadelgesinnung theilen.

Möglich, daß der Graf über seine Betheiligung am "Aufruhr" jetzt die¬
selbe bittere Reue empfindet, wie jener Herr von Buchwald, der einst an der
Tafel des Großherzogs von Mecklenburg in Eutin bemerkte, sein Sohn habe
"leider" in der "sogenannten" Schleswig-holsteinischen Armee gedient. Möge
ihm dann bald dieselbe Zurechtweisung widerfahren, welche jenem Klaglichen
von Seiten der Königin von Griechenland ward. "Hätte ich einen Sohn,"
antwortete die hohe Dame auf jenes rMsr peoeavi, "so würde ich mirs als
Ehre anrechnen, wenn er Soldat dieses trefflichen Heeres gewesen wäre."

Ueberhaupt hat die Schleswig-holsteinische Ritterschaft ihre Aufgabe, als
echt konservative an der Spitze des Volkes bei der Vertheidigung seiner Ge¬
rechtsame gegen dänische Willkür zu kämpfen, im Allgemeinen weder so voll¬
ständig, noch so ausnahmslos begriffen und gelöst, als es zu erwarten stand.

Einige allerdings mögen durch Mißgriffe zurückgeschreckt worden sein,
wohin z. B. die Zurückweisung von Bülows, des spätern dänischen Gesandten
beim Bundestage, gehörte, welcher sich zu Anfang der Erhebung rückhaltlos
der provisorischen Negierung zur Verfügung stellte und als gewiegter Diplomat
unzweifelhaft ersprießliche Dienste geleistet haben würde, dem man aber, weil
seine Vergangenheit nicht völlig ohne Flecken war, schnöde die Thür wies. In
ähnlicher Weise wurde von Plessen der guten Sache entfremdet, der gegen¬
wärtig, ohne einen andern Tadel als den, von den Dänen ein Amt angenom¬
men zu haben, die Stelle eines Regierungscommissars für die Güterdistricte
von Schwansee und Dänisch-Wohld bekleidet. Die meisten jedoch von denen,
die sich an der Erhebung nicht betheiligten, unterließen es, sich zu regen, aus
Apathie.

Statthalter Reventlow zwar hat sich seiner Abstammung von den Helden


sollte denken, ein dänischer Geheimrathstitel könnte für einen deutschen Mann
von hohem Adel, dessen Verhältnisse es ihm erlauben, sich mit allem Glänze
eines kleinen Hofstaats zu umgeben, nur geringe Reize haben, zumal wenn
derselbe bereits — wofür, bleibe unenthüllt — geheimer Rath des Königs von
Hannover ist. Der Besitzer von Salzau dachte anders, denn er gab sich alle
erdenkliche Mühe, die heißersehnte Auszeichnung aus Dänemark zu erhalten,
und verschmähte es in vollkommner Vergessenheit seiner Würde sogar nicht,
sich zu diesem Zwecke den wenigen Männern von Stande zuzugefellen, welche
der Gräfin Dämmer ihre Huldigungen darbrachten.

Zum Glück für den Namen Blöden ist sein Bruder ein Mann, der sich
von solcher Erniedrigung frei hielt und wenigstens einmal ein feuriges Wort
für das unterdrückte Recht hatte. Auch der Sohn des vorigen, einst als Ga-
lopin bei Bonin verwendet, jetzt in östreichischen Diensten, soll weder die Ma¬
nieren des Vaters, die an das Auftreten von Champagnerreisenden erinnern,
noch seine Magnelnadelgesinnung theilen.

Möglich, daß der Graf über seine Betheiligung am „Aufruhr" jetzt die¬
selbe bittere Reue empfindet, wie jener Herr von Buchwald, der einst an der
Tafel des Großherzogs von Mecklenburg in Eutin bemerkte, sein Sohn habe
„leider" in der „sogenannten" Schleswig-holsteinischen Armee gedient. Möge
ihm dann bald dieselbe Zurechtweisung widerfahren, welche jenem Klaglichen
von Seiten der Königin von Griechenland ward. „Hätte ich einen Sohn,"
antwortete die hohe Dame auf jenes rMsr peoeavi, „so würde ich mirs als
Ehre anrechnen, wenn er Soldat dieses trefflichen Heeres gewesen wäre."

Ueberhaupt hat die Schleswig-holsteinische Ritterschaft ihre Aufgabe, als
echt konservative an der Spitze des Volkes bei der Vertheidigung seiner Ge¬
rechtsame gegen dänische Willkür zu kämpfen, im Allgemeinen weder so voll¬
ständig, noch so ausnahmslos begriffen und gelöst, als es zu erwarten stand.

Einige allerdings mögen durch Mißgriffe zurückgeschreckt worden sein,
wohin z. B. die Zurückweisung von Bülows, des spätern dänischen Gesandten
beim Bundestage, gehörte, welcher sich zu Anfang der Erhebung rückhaltlos
der provisorischen Negierung zur Verfügung stellte und als gewiegter Diplomat
unzweifelhaft ersprießliche Dienste geleistet haben würde, dem man aber, weil
seine Vergangenheit nicht völlig ohne Flecken war, schnöde die Thür wies. In
ähnlicher Weise wurde von Plessen der guten Sache entfremdet, der gegen¬
wärtig, ohne einen andern Tadel als den, von den Dänen ein Amt angenom¬
men zu haben, die Stelle eines Regierungscommissars für die Güterdistricte
von Schwansee und Dänisch-Wohld bekleidet. Die meisten jedoch von denen,
die sich an der Erhebung nicht betheiligten, unterließen es, sich zu regen, aus
Apathie.

Statthalter Reventlow zwar hat sich seiner Abstammung von den Helden


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/52>, abgerufen am 22.07.2024.