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Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.

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schaftsverhältnisse mit Hilfe der Kirchenbücher zu constatiren gewesen wären, wo¬
mit denn die Sache ein Ende gehabt hätte. Der Hardesvogt von Nils griff die¬
selbe jedoch anders an. Obschon die Erben weder abwesend noch unbekannt waren,
auch der Hardesvogtei nicht hätten unbekannt bleiben können, wofern diese die
vorschriftsmäßigen Erkundigungen eingezogen hätte, wurde vor allen Dingen
mittels Proclams eine förmliche Edielalladung ausgebracht und diese nicht, wie
damals gesetzlich angeordnet, durch den altouaer Merkur, die Schleswig-hol-
steinischen Anzeigen und das nächste Localblatt zur öffentlichen Kunde befördert,
sondern in die haderölebener Zeitung und verschiedene, von niemandem südlich
der Königsau gelesene jüdische und Seeländische Blätter eingerückt. Sodann
aber installirte die Hardesvogtei für die mehrgedachte Kathenstelle "Namens
der unbekannten und abwesenden Erben" einen Gütepfleger.

Auf die Kunde von diesen befremdenden Maßnahmen vermuthete man
anfänglich ein Mißverständniß und bemühte sich, vor allen Dingen einer
verehrlichen Hardesvogtei zu bedeuten, daß die betreffenden Erben keineswegs
in Jütland oder Seeland, sondern in Angeln und zwar am Orte anwesend
seien, und zugleich gaben letztere die Erklärung ab, daß sie in Betracht der
Umstände, b. h. weil keine Masse vorhanden sei, die sie erben könnten, die
Erbschaft nicht anzutreten beabsichtigten.

Mit dieser Erklärung wäre die Sache abermals abgethan gewesen, wenn
es nicht der juristischen Erfindungsgabe des Hardesvogts geglückt wäre, noch¬
mals eine neue Combination zu Stande zu bringen. Es erschien nämlich zu¬
nächst ein Proclam an WÄÄAanlZum stutum Konorum, zur Ermittlung des
Massebestandes, und demnächst, als sich auf diese Aufforderung ein einziger
Gläubiger, der Eingangs erwähnte Verkäufer der Käthe nämlich, gemeldet hatte,
ein förmliches ConcurSerkenntniß. Freilich fehlte es in dem vorliegenden Falle
grade an den wesentlichen Bedingungen des Concurses, die bekanntlich darin
bestehen, daß erstens eine unzureichende Masse vorhanden ist und zweitens
eine Concurrenz von Creditoren stattfindet, die auf Befriedigung Anspruch
haben. Indeß Herrn von Riis ist kein Ding unmöglich. Die Sache
war nunmehr im Zuge. Man schritt zum Justificationsverfahren, wobei
der Hühner N. N. sich über seine Ansprüche auszuweisen hatte, und dann
-- wer sollte es glauben! --zur Subhastation, wozu abermals im Königreich
Dänemark eingeladen wurde. Im Verkaufstermin erschien der Hühner N. N-
als einziger Käufer und erhielt für das Gebot von 1000 Mark Courant den
Zuschlag des Actuars. Er war, wie aus dem Obigen auch dem Laien ersicht¬
lich ist, Gläubiger und Schuldner in einer Person. Demungeachtet wurde ihm
aufgegeben, für die Hälfte der erwähnten Summe sofortige Zahlung zu leisten
und, für den Rest Sicherheit zu stellen. Nachdem dies geschehen, erfolgte daS
Liquidationö- und Distributionsverfahren. In dem hierzu anberaumten Termine


schaftsverhältnisse mit Hilfe der Kirchenbücher zu constatiren gewesen wären, wo¬
mit denn die Sache ein Ende gehabt hätte. Der Hardesvogt von Nils griff die¬
selbe jedoch anders an. Obschon die Erben weder abwesend noch unbekannt waren,
auch der Hardesvogtei nicht hätten unbekannt bleiben können, wofern diese die
vorschriftsmäßigen Erkundigungen eingezogen hätte, wurde vor allen Dingen
mittels Proclams eine förmliche Edielalladung ausgebracht und diese nicht, wie
damals gesetzlich angeordnet, durch den altouaer Merkur, die Schleswig-hol-
steinischen Anzeigen und das nächste Localblatt zur öffentlichen Kunde befördert,
sondern in die haderölebener Zeitung und verschiedene, von niemandem südlich
der Königsau gelesene jüdische und Seeländische Blätter eingerückt. Sodann
aber installirte die Hardesvogtei für die mehrgedachte Kathenstelle „Namens
der unbekannten und abwesenden Erben" einen Gütepfleger.

Auf die Kunde von diesen befremdenden Maßnahmen vermuthete man
anfänglich ein Mißverständniß und bemühte sich, vor allen Dingen einer
verehrlichen Hardesvogtei zu bedeuten, daß die betreffenden Erben keineswegs
in Jütland oder Seeland, sondern in Angeln und zwar am Orte anwesend
seien, und zugleich gaben letztere die Erklärung ab, daß sie in Betracht der
Umstände, b. h. weil keine Masse vorhanden sei, die sie erben könnten, die
Erbschaft nicht anzutreten beabsichtigten.

Mit dieser Erklärung wäre die Sache abermals abgethan gewesen, wenn
es nicht der juristischen Erfindungsgabe des Hardesvogts geglückt wäre, noch¬
mals eine neue Combination zu Stande zu bringen. Es erschien nämlich zu¬
nächst ein Proclam an WÄÄAanlZum stutum Konorum, zur Ermittlung des
Massebestandes, und demnächst, als sich auf diese Aufforderung ein einziger
Gläubiger, der Eingangs erwähnte Verkäufer der Käthe nämlich, gemeldet hatte,
ein förmliches ConcurSerkenntniß. Freilich fehlte es in dem vorliegenden Falle
grade an den wesentlichen Bedingungen des Concurses, die bekanntlich darin
bestehen, daß erstens eine unzureichende Masse vorhanden ist und zweitens
eine Concurrenz von Creditoren stattfindet, die auf Befriedigung Anspruch
haben. Indeß Herrn von Riis ist kein Ding unmöglich. Die Sache
war nunmehr im Zuge. Man schritt zum Justificationsverfahren, wobei
der Hühner N. N. sich über seine Ansprüche auszuweisen hatte, und dann
— wer sollte es glauben! —zur Subhastation, wozu abermals im Königreich
Dänemark eingeladen wurde. Im Verkaufstermin erschien der Hühner N. N-
als einziger Käufer und erhielt für das Gebot von 1000 Mark Courant den
Zuschlag des Actuars. Er war, wie aus dem Obigen auch dem Laien ersicht¬
lich ist, Gläubiger und Schuldner in einer Person. Demungeachtet wurde ihm
aufgegeben, für die Hälfte der erwähnten Summe sofortige Zahlung zu leisten
und, für den Rest Sicherheit zu stellen. Nachdem dies geschehen, erfolgte daS
Liquidationö- und Distributionsverfahren. In dem hierzu anberaumten Termine


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[0400] schaftsverhältnisse mit Hilfe der Kirchenbücher zu constatiren gewesen wären, wo¬ mit denn die Sache ein Ende gehabt hätte. Der Hardesvogt von Nils griff die¬ selbe jedoch anders an. Obschon die Erben weder abwesend noch unbekannt waren, auch der Hardesvogtei nicht hätten unbekannt bleiben können, wofern diese die vorschriftsmäßigen Erkundigungen eingezogen hätte, wurde vor allen Dingen mittels Proclams eine förmliche Edielalladung ausgebracht und diese nicht, wie damals gesetzlich angeordnet, durch den altouaer Merkur, die Schleswig-hol- steinischen Anzeigen und das nächste Localblatt zur öffentlichen Kunde befördert, sondern in die haderölebener Zeitung und verschiedene, von niemandem südlich der Königsau gelesene jüdische und Seeländische Blätter eingerückt. Sodann aber installirte die Hardesvogtei für die mehrgedachte Kathenstelle „Namens der unbekannten und abwesenden Erben" einen Gütepfleger. Auf die Kunde von diesen befremdenden Maßnahmen vermuthete man anfänglich ein Mißverständniß und bemühte sich, vor allen Dingen einer verehrlichen Hardesvogtei zu bedeuten, daß die betreffenden Erben keineswegs in Jütland oder Seeland, sondern in Angeln und zwar am Orte anwesend seien, und zugleich gaben letztere die Erklärung ab, daß sie in Betracht der Umstände, b. h. weil keine Masse vorhanden sei, die sie erben könnten, die Erbschaft nicht anzutreten beabsichtigten. Mit dieser Erklärung wäre die Sache abermals abgethan gewesen, wenn es nicht der juristischen Erfindungsgabe des Hardesvogts geglückt wäre, noch¬ mals eine neue Combination zu Stande zu bringen. Es erschien nämlich zu¬ nächst ein Proclam an WÄÄAanlZum stutum Konorum, zur Ermittlung des Massebestandes, und demnächst, als sich auf diese Aufforderung ein einziger Gläubiger, der Eingangs erwähnte Verkäufer der Käthe nämlich, gemeldet hatte, ein förmliches ConcurSerkenntniß. Freilich fehlte es in dem vorliegenden Falle grade an den wesentlichen Bedingungen des Concurses, die bekanntlich darin bestehen, daß erstens eine unzureichende Masse vorhanden ist und zweitens eine Concurrenz von Creditoren stattfindet, die auf Befriedigung Anspruch haben. Indeß Herrn von Riis ist kein Ding unmöglich. Die Sache war nunmehr im Zuge. Man schritt zum Justificationsverfahren, wobei der Hühner N. N. sich über seine Ansprüche auszuweisen hatte, und dann — wer sollte es glauben! —zur Subhastation, wozu abermals im Königreich Dänemark eingeladen wurde. Im Verkaufstermin erschien der Hühner N. N- als einziger Käufer und erhielt für das Gebot von 1000 Mark Courant den Zuschlag des Actuars. Er war, wie aus dem Obigen auch dem Laien ersicht¬ lich ist, Gläubiger und Schuldner in einer Person. Demungeachtet wurde ihm aufgegeben, für die Hälfte der erwähnten Summe sofortige Zahlung zu leisten und, für den Rest Sicherheit zu stellen. Nachdem dies geschehen, erfolgte daS Liquidationö- und Distributionsverfahren. In dem hierzu anberaumten Termine

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341580_100453/400>, abgerufen am 03.10.2024.