Die Grenzboten. Jg. 14, 1855, II. Semester. IV. Band.auf der Grenze zwischen Haide- und Geestland, welche zugleich die Wasser¬ Jdstedt und seine Umgebung wurde in Gesellschaft zweier Kaufleute aus Um zunächst,ein Wort über die Landschaft der auf diese Art durchwan¬ auf der Grenze zwischen Haide- und Geestland, welche zugleich die Wasser¬ Jdstedt und seine Umgebung wurde in Gesellschaft zweier Kaufleute aus Um zunächst,ein Wort über die Landschaft der auf diese Art durchwan¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0388" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/100842"/> <p xml:id="ID_1147" prev="#ID_1146"> auf der Grenze zwischen Haide- und Geestland, welche zugleich die Wasser¬<lb/> scheide zwischen West- und Ostsee ist, über die Ortschaften Moldenit, Toll und<lb/> Fahrenstedt nach Böklund; wendete mich dann rechts, nel über Strurdorf, Bock<lb/> und Norderbrarup nach dem durch seinen Jacobimarkt jedem echten Angelner<lb/> theuren Süderbrarup zu gelangen, in dessen Nähe das Gut eines Freundes<lb/> aus einige Tage mein Hauptquartier wurde, und kehrte von hier im Zickzack<lb/> über Loid, Tweed und Kahleby nach Schleswig zurück. Den Beschluß der<lb/> Tour bildete gestern Morgen ein Ausflug nach dem Schlachtfelde von Jdstedt.<lb/> Nach Vollendung meines Briefes fahre ich nun die Schlei hinab nach Kap-<lb/> peln, um von dort zuvorderst einer Einladung nach' Schwansen zu folgen und<lb/> sodann nach den östlichen Strichen Angelus aufzubrechen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1148"> Jdstedt und seine Umgebung wurde in Gesellschaft zweier Kaufleute aus<lb/> Schleswig, die mir viel Freundlichkeit erwiesen, zu Wagen besucht. Die übri¬<lb/> gen Orte erreichte ich meist mit der Reisegelegenheit der Apostel, die beiläufig<lb/> hier zu Lande ganz ungewöhnlich ist, ja als unanständig gilt. „Wie, Sie<lb/> wollen zu Fuße hin?" fragte, große Augen machend, der Wirth, und „Was der<lb/> Tausend, Sie sind gelaufen ? den ganzen Weg gelaufen?" hieß eS bei den<lb/> Freunden am Ziele. Ich ließ mich aber durch ihr bedenkliches Kopfschütteln<lb/> nicht abhalten, da Fußpartien selbstverständlich die meiste Gelegenheit zu Fragen<lb/> und Gesprächen und infolge dessen die reichste Ausbeute an zweckdienlichen<lb/> Notizen versprachen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1149" next="#ID_1150"> Um zunächst,ein Wort über die Landschaft der auf diese Art durchwan¬<lb/> derten Gegenden zu sagen, so unterscheidet sich dieselbe nur wenig von der im<lb/> Süden. Nach Westen zu in Sand, Haiden und Moore übergehend und bis<lb/> auf die häufig vorkommenden Hühnengräber fast vollkommen eben, wird das<lb/> Terrain gegen Osten hin zu einem Gewirr theils kurz abgebrochener, theils zu<lb/> langen, vielgewundenen Rücken und Kämmen auslaufender Hügel. Die Knicks,<lb/> die man meines Bedünkens hier höher wachsen läßt, als in Holstein, verführen<lb/> häusig zu dem Glauben, der ganze Horizont sei von Wald begrenzt. Nur an<lb/> seltnen Stellen erblickt man mehr als zwei oder drei Dörfer auf einmal, und,<lb/> dann scheinen sie klein und unansehnlich, indem die dunkelgrauen Strohdächer<lb/> nur wenig von dem Grün der Felder, Zäune und Gehölze abstechen, und die<lb/> Erhebungen des Bodens einen guten Theil der Gebäude verbergen. Letztere<lb/> sind in der Mehrzahl äußerst stattlich, oft kleinen Edelhöfen ähnlich. Bauer¬<lb/> güter, die 20,000 Thaler Vourant, ja das Doppelte werth sind, finden sich<lb/> beinahe in allen Dörfern mehre. Die Häuser sind gewöhnlich von graugelben<lb/> Ziegeln erbaut und mit großen eisernen Klammern in der Form von Jahres¬<lb/> zahlen, Buchstaben oder Blumen geschmückt. Sie tragen ohne Ausnahme eine<lb/> Strohbedachung und unterscheiden sich von dem im zweiten Briefe geschilderten<lb/> Hause des Sachsen vorzüglich dadurch, daß sie den Haupteingang nicht auf der</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0388]
auf der Grenze zwischen Haide- und Geestland, welche zugleich die Wasser¬
scheide zwischen West- und Ostsee ist, über die Ortschaften Moldenit, Toll und
Fahrenstedt nach Böklund; wendete mich dann rechts, nel über Strurdorf, Bock
und Norderbrarup nach dem durch seinen Jacobimarkt jedem echten Angelner
theuren Süderbrarup zu gelangen, in dessen Nähe das Gut eines Freundes
aus einige Tage mein Hauptquartier wurde, und kehrte von hier im Zickzack
über Loid, Tweed und Kahleby nach Schleswig zurück. Den Beschluß der
Tour bildete gestern Morgen ein Ausflug nach dem Schlachtfelde von Jdstedt.
Nach Vollendung meines Briefes fahre ich nun die Schlei hinab nach Kap-
peln, um von dort zuvorderst einer Einladung nach' Schwansen zu folgen und
sodann nach den östlichen Strichen Angelus aufzubrechen.
Jdstedt und seine Umgebung wurde in Gesellschaft zweier Kaufleute aus
Schleswig, die mir viel Freundlichkeit erwiesen, zu Wagen besucht. Die übri¬
gen Orte erreichte ich meist mit der Reisegelegenheit der Apostel, die beiläufig
hier zu Lande ganz ungewöhnlich ist, ja als unanständig gilt. „Wie, Sie
wollen zu Fuße hin?" fragte, große Augen machend, der Wirth, und „Was der
Tausend, Sie sind gelaufen ? den ganzen Weg gelaufen?" hieß eS bei den
Freunden am Ziele. Ich ließ mich aber durch ihr bedenkliches Kopfschütteln
nicht abhalten, da Fußpartien selbstverständlich die meiste Gelegenheit zu Fragen
und Gesprächen und infolge dessen die reichste Ausbeute an zweckdienlichen
Notizen versprachen.
Um zunächst,ein Wort über die Landschaft der auf diese Art durchwan¬
derten Gegenden zu sagen, so unterscheidet sich dieselbe nur wenig von der im
Süden. Nach Westen zu in Sand, Haiden und Moore übergehend und bis
auf die häufig vorkommenden Hühnengräber fast vollkommen eben, wird das
Terrain gegen Osten hin zu einem Gewirr theils kurz abgebrochener, theils zu
langen, vielgewundenen Rücken und Kämmen auslaufender Hügel. Die Knicks,
die man meines Bedünkens hier höher wachsen läßt, als in Holstein, verführen
häusig zu dem Glauben, der ganze Horizont sei von Wald begrenzt. Nur an
seltnen Stellen erblickt man mehr als zwei oder drei Dörfer auf einmal, und,
dann scheinen sie klein und unansehnlich, indem die dunkelgrauen Strohdächer
nur wenig von dem Grün der Felder, Zäune und Gehölze abstechen, und die
Erhebungen des Bodens einen guten Theil der Gebäude verbergen. Letztere
sind in der Mehrzahl äußerst stattlich, oft kleinen Edelhöfen ähnlich. Bauer¬
güter, die 20,000 Thaler Vourant, ja das Doppelte werth sind, finden sich
beinahe in allen Dörfern mehre. Die Häuser sind gewöhnlich von graugelben
Ziegeln erbaut und mit großen eisernen Klammern in der Form von Jahres¬
zahlen, Buchstaben oder Blumen geschmückt. Sie tragen ohne Ausnahme eine
Strohbedachung und unterscheiden sich von dem im zweiten Briefe geschilderten
Hause des Sachsen vorzüglich dadurch, daß sie den Haupteingang nicht auf der
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