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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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sich in den Händen der Russen befindet. Sie bringen damit den .rechten Flü¬
gel ihrer Basis, der hier aufruhen und über Kalarasch mit dem linken Ufer
communiciren würde, auf gleiche strategische Höhe mit.Schumla, was nunmehr
ihnen die Möglichkeit an die Hand gäbe, nach dieser Richtung hin mit Nach¬
druck zu avanciren: denn gesetzt den Fall: während eine russiche Armee gegen
unsren linken Flügelpunkt vordränge, machten wir. einen Angriff gegen den
Trajanswall, so würde, auch wenn er gelingt, und wir die Basis des Feindes
durchbrechen, kein sonderlicher Effect dadurch erzielt, am mindesten aber die
russische Operation gegen Schumla im Rücken bedroht werden. Die Möglich¬
keit, welche uns verbliebe, um einen Schlag gegen den Gegner mit der Gewi߬
heit des strategischen Erfolges führen zu können, wäre unter derartigen Um¬
ständen allein die, daß wir im Centrum (bei Prawadie) aus unsrer Linie her¬
austraten, und dem Feinde in seiner rechten Flanke eine Schlacht böten,
welcher leicht eine derartige Anlage gegeben werden könnte, daß ihr Verlust
ihn von seiner Basis ab und gegen Rustschuck würfe.

In dieser letzteren Hinsicht ist es von immenser Wichtigkeit zu wissen, ob
die Russen zwischen Silistria und der letzteren Festung bereits einen gesicherten
Uebergang in den Händen haben. Ich habe Grund, es nicht zu glauben, und
bin darum der Ansicht, daß mit der Wegnahme Silistrias die russische Basis'
noch eine weitere Verlängerung, also der Ueberwindung Nuftschuckö bedürfen
wird, um im besonderen eine Umgehung unsres linken Flügelpunktes (Schumla)
garantiren zu können.

Die diesseitige Basis (Varna-Schumla) hat das vor der des Gegners
voraus, daß sie, infolge ihrer größeren Ausdehnung und namentlich ihrer
Verschiebung nach Westen hin, in dem Fall, wo es sich um Silistria handelt,
ungleich mehr leistet. Außerdem ist der ganze Balkan in unsren Händen, und
wie vermeidenswerth es auch immer sei mag, von der vorgeschobenen strategi¬
schen Grundlinie durch einen Flankenstoß abgedrängt zu werden: selbst ein
feindlicher Sieg, der uns nach Tirnowa würfe, würde uns kaum in eine Ka¬
tastrophe zu führen vermögen.

Indeß hat man gute Gründe, daran zu zweifeln, daß die Verbündeten,
indem sie von Schumla aus gegen die belagerte Festung vorgehen, sich einer
solchen Eventualität aussetzen wollen. Sie werden im Gegentheil Varna zum
Ausganspunkt ihres Vorgehens machen, und ihre Operationen darauf anlegen,
das Einschließungscorps vom Trajanswall abzuschneiden und es mit der Front
(russ. Front) gegen Osten zur Schlacht zu bringen.


sich in den Händen der Russen befindet. Sie bringen damit den .rechten Flü¬
gel ihrer Basis, der hier aufruhen und über Kalarasch mit dem linken Ufer
communiciren würde, auf gleiche strategische Höhe mit.Schumla, was nunmehr
ihnen die Möglichkeit an die Hand gäbe, nach dieser Richtung hin mit Nach¬
druck zu avanciren: denn gesetzt den Fall: während eine russiche Armee gegen
unsren linken Flügelpunkt vordränge, machten wir. einen Angriff gegen den
Trajanswall, so würde, auch wenn er gelingt, und wir die Basis des Feindes
durchbrechen, kein sonderlicher Effect dadurch erzielt, am mindesten aber die
russische Operation gegen Schumla im Rücken bedroht werden. Die Möglich¬
keit, welche uns verbliebe, um einen Schlag gegen den Gegner mit der Gewi߬
heit des strategischen Erfolges führen zu können, wäre unter derartigen Um¬
ständen allein die, daß wir im Centrum (bei Prawadie) aus unsrer Linie her¬
austraten, und dem Feinde in seiner rechten Flanke eine Schlacht böten,
welcher leicht eine derartige Anlage gegeben werden könnte, daß ihr Verlust
ihn von seiner Basis ab und gegen Rustschuck würfe.

In dieser letzteren Hinsicht ist es von immenser Wichtigkeit zu wissen, ob
die Russen zwischen Silistria und der letzteren Festung bereits einen gesicherten
Uebergang in den Händen haben. Ich habe Grund, es nicht zu glauben, und
bin darum der Ansicht, daß mit der Wegnahme Silistrias die russische Basis'
noch eine weitere Verlängerung, also der Ueberwindung Nuftschuckö bedürfen
wird, um im besonderen eine Umgehung unsres linken Flügelpunktes (Schumla)
garantiren zu können.

Die diesseitige Basis (Varna-Schumla) hat das vor der des Gegners
voraus, daß sie, infolge ihrer größeren Ausdehnung und namentlich ihrer
Verschiebung nach Westen hin, in dem Fall, wo es sich um Silistria handelt,
ungleich mehr leistet. Außerdem ist der ganze Balkan in unsren Händen, und
wie vermeidenswerth es auch immer sei mag, von der vorgeschobenen strategi¬
schen Grundlinie durch einen Flankenstoß abgedrängt zu werden: selbst ein
feindlicher Sieg, der uns nach Tirnowa würfe, würde uns kaum in eine Ka¬
tastrophe zu führen vermögen.

Indeß hat man gute Gründe, daran zu zweifeln, daß die Verbündeten,
indem sie von Schumla aus gegen die belagerte Festung vorgehen, sich einer
solchen Eventualität aussetzen wollen. Sie werden im Gegentheil Varna zum
Ausganspunkt ihres Vorgehens machen, und ihre Operationen darauf anlegen,
das Einschließungscorps vom Trajanswall abzuschneiden und es mit der Front
(russ. Front) gegen Osten zur Schlacht zu bringen.


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[0516] sich in den Händen der Russen befindet. Sie bringen damit den .rechten Flü¬ gel ihrer Basis, der hier aufruhen und über Kalarasch mit dem linken Ufer communiciren würde, auf gleiche strategische Höhe mit.Schumla, was nunmehr ihnen die Möglichkeit an die Hand gäbe, nach dieser Richtung hin mit Nach¬ druck zu avanciren: denn gesetzt den Fall: während eine russiche Armee gegen unsren linken Flügelpunkt vordränge, machten wir. einen Angriff gegen den Trajanswall, so würde, auch wenn er gelingt, und wir die Basis des Feindes durchbrechen, kein sonderlicher Effect dadurch erzielt, am mindesten aber die russische Operation gegen Schumla im Rücken bedroht werden. Die Möglich¬ keit, welche uns verbliebe, um einen Schlag gegen den Gegner mit der Gewi߬ heit des strategischen Erfolges führen zu können, wäre unter derartigen Um¬ ständen allein die, daß wir im Centrum (bei Prawadie) aus unsrer Linie her¬ austraten, und dem Feinde in seiner rechten Flanke eine Schlacht böten, welcher leicht eine derartige Anlage gegeben werden könnte, daß ihr Verlust ihn von seiner Basis ab und gegen Rustschuck würfe. In dieser letzteren Hinsicht ist es von immenser Wichtigkeit zu wissen, ob die Russen zwischen Silistria und der letzteren Festung bereits einen gesicherten Uebergang in den Händen haben. Ich habe Grund, es nicht zu glauben, und bin darum der Ansicht, daß mit der Wegnahme Silistrias die russische Basis' noch eine weitere Verlängerung, also der Ueberwindung Nuftschuckö bedürfen wird, um im besonderen eine Umgehung unsres linken Flügelpunktes (Schumla) garantiren zu können. Die diesseitige Basis (Varna-Schumla) hat das vor der des Gegners voraus, daß sie, infolge ihrer größeren Ausdehnung und namentlich ihrer Verschiebung nach Westen hin, in dem Fall, wo es sich um Silistria handelt, ungleich mehr leistet. Außerdem ist der ganze Balkan in unsren Händen, und wie vermeidenswerth es auch immer sei mag, von der vorgeschobenen strategi¬ schen Grundlinie durch einen Flankenstoß abgedrängt zu werden: selbst ein feindlicher Sieg, der uns nach Tirnowa würfe, würde uns kaum in eine Ka¬ tastrophe zu führen vermögen. Indeß hat man gute Gründe, daran zu zweifeln, daß die Verbündeten, indem sie von Schumla aus gegen die belagerte Festung vorgehen, sich einer solchen Eventualität aussetzen wollen. Sie werden im Gegentheil Varna zum Ausganspunkt ihres Vorgehens machen, und ihre Operationen darauf anlegen, das Einschließungscorps vom Trajanswall abzuschneiden und es mit der Front (russ. Front) gegen Osten zur Schlacht zu bringen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/515>, abgerufen am 22.12.2024.