Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Brückenköpfe oder Uebergänge deckte Aber auch jede andere ausgedehnte, ein Hin¬
derniß darbietende Linie kann als Basis benutzt werden; in Finnland werden die
ausgedehnten Seen, in Polen die Sümpfe, in Spanien die Bergketten dazu dienen
können. Was die Basis Varna-Schumla anlangt, so setzt sie sich aus einer
langgedehnten Seelinie (die beiden Dewno Golf), aus Bergketten und den beiden
Festungen, die ihr den Namen geben, zusammen. Bei Beurtheilung ihrer Stärke
kommt die Möglichkeit der Benutzung des Dewno in der oben angedeuteten Weise
für den Fall einer rechtswärtigen, und die Nähe Schumlas als mächtiges Lager für
die eines linkswärtigen Durchbruchs in Betracht, der, wenn er die durchbrochene
Aufstellung nicht aufzuhalten vermag, was offenbar in beiden Fällen unmög¬
lich ist, wie jedermann einsehen wird, in Gefahr kommt, nachdem er die Linie
pcissirt hat, in den Rücken genommen und mindestens in den Verbindungen
mit der eignen Basis bedroht >zu werden.

Was die Russen angeht, so agiren sie seit ihrem am 22. und 23. März
zur Ausführung gekommenen Donauübergang auf Grundlage zweier Basen, von
denen die eine die ganze, im Winkel gewendete Stromstrecke von Hirsowa
über Matschin nach Tuldscha, und die andere, weiter vorgeschobene, den Abschnitt
des Trajanswalles umsaßt. Die erstere Basis ist in Bezug auf den äußerst
- engen Bewegungsraum, welchen die Dobrudscha bei einer höchsten Breite von
etwa zwölf Meilen darbietet, außerordentlich ausgedehnt, und ihr" Vertheidigung
erheischt bei der großen Stärke, welche der Donau gls Hinderniß innewohnt,
und in Anbetracht der Festung Ismael, sowie der Verschanzungen von Braila
und Galacz, nur geringe Kräfte, im besonderen nur die Besatzung, der Ueber¬
gangsstellen, denen man Brückenköpfe von gutem Trac^ vorgelegt hat.
Sie ist demnach in jeder Beziehung vortheilhaft und würde der russischen Krieg¬
führung innerhalb der in Rebe stehenden Halbinsel eine entschiedene Ueberle-
genheit für alle Fälle geben, wenn es in der Art derselben läge, dergleichen.
Vortheile richtig und allseitig ausnutzen zu können.

Dagegen ist der Trajanswall, bei einer Frontausdehnung, von nur neun
Meilen, den Abmessungen des ostbulgarischen Kriegstheaters durchaus nicht
proportional. Dieses erhellt aus der einfachen Betrachtung, daß zwar eine
Operation gegen Varna, nicht aber desgleichen eine gegen Schumla sich aus
diese Linie bastren läßt, denn' in dem letzteren Fall ist die Möglichkeit vorhan¬
den, die russische Basis von Varna aus zu erreichen, bevor der Feind, welcher
bis dicht vor Schumla gelangt war-, uns nachzufolgen vermag; mit andern
Worten, wir sind in der Lage, ihn unter solchen Umständen zu einem doppel¬
ten Kraftaufwand?: zur Besetzung seiner strategischen Grundlinie und zur For¬
mation eines Angriffscorps zu zwingen, wenn anders er die erstere nicht in Ge¬
fahr bringen oder auf die Offensive verzichten will.

Dieses Verhältniß nimmt sofort eine andere Bedeutung an, wenn Silistria


6t *

Brückenköpfe oder Uebergänge deckte Aber auch jede andere ausgedehnte, ein Hin¬
derniß darbietende Linie kann als Basis benutzt werden; in Finnland werden die
ausgedehnten Seen, in Polen die Sümpfe, in Spanien die Bergketten dazu dienen
können. Was die Basis Varna-Schumla anlangt, so setzt sie sich aus einer
langgedehnten Seelinie (die beiden Dewno Golf), aus Bergketten und den beiden
Festungen, die ihr den Namen geben, zusammen. Bei Beurtheilung ihrer Stärke
kommt die Möglichkeit der Benutzung des Dewno in der oben angedeuteten Weise
für den Fall einer rechtswärtigen, und die Nähe Schumlas als mächtiges Lager für
die eines linkswärtigen Durchbruchs in Betracht, der, wenn er die durchbrochene
Aufstellung nicht aufzuhalten vermag, was offenbar in beiden Fällen unmög¬
lich ist, wie jedermann einsehen wird, in Gefahr kommt, nachdem er die Linie
pcissirt hat, in den Rücken genommen und mindestens in den Verbindungen
mit der eignen Basis bedroht >zu werden.

Was die Russen angeht, so agiren sie seit ihrem am 22. und 23. März
zur Ausführung gekommenen Donauübergang auf Grundlage zweier Basen, von
denen die eine die ganze, im Winkel gewendete Stromstrecke von Hirsowa
über Matschin nach Tuldscha, und die andere, weiter vorgeschobene, den Abschnitt
des Trajanswalles umsaßt. Die erstere Basis ist in Bezug auf den äußerst
- engen Bewegungsraum, welchen die Dobrudscha bei einer höchsten Breite von
etwa zwölf Meilen darbietet, außerordentlich ausgedehnt, und ihr« Vertheidigung
erheischt bei der großen Stärke, welche der Donau gls Hinderniß innewohnt,
und in Anbetracht der Festung Ismael, sowie der Verschanzungen von Braila
und Galacz, nur geringe Kräfte, im besonderen nur die Besatzung, der Ueber¬
gangsstellen, denen man Brückenköpfe von gutem Trac^ vorgelegt hat.
Sie ist demnach in jeder Beziehung vortheilhaft und würde der russischen Krieg¬
führung innerhalb der in Rebe stehenden Halbinsel eine entschiedene Ueberle-
genheit für alle Fälle geben, wenn es in der Art derselben läge, dergleichen.
Vortheile richtig und allseitig ausnutzen zu können.

Dagegen ist der Trajanswall, bei einer Frontausdehnung, von nur neun
Meilen, den Abmessungen des ostbulgarischen Kriegstheaters durchaus nicht
proportional. Dieses erhellt aus der einfachen Betrachtung, daß zwar eine
Operation gegen Varna, nicht aber desgleichen eine gegen Schumla sich aus
diese Linie bastren läßt, denn' in dem letzteren Fall ist die Möglichkeit vorhan¬
den, die russische Basis von Varna aus zu erreichen, bevor der Feind, welcher
bis dicht vor Schumla gelangt war-, uns nachzufolgen vermag; mit andern
Worten, wir sind in der Lage, ihn unter solchen Umständen zu einem doppel¬
ten Kraftaufwand?: zur Besetzung seiner strategischen Grundlinie und zur For¬
mation eines Angriffscorps zu zwingen, wenn anders er die erstere nicht in Ge¬
fahr bringen oder auf die Offensive verzichten will.

Dieses Verhältniß nimmt sofort eine andere Bedeutung an, wenn Silistria


6t *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0515" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98295"/>
            <p xml:id="ID_1650" prev="#ID_1649"> Brückenköpfe oder Uebergänge deckte Aber auch jede andere ausgedehnte, ein Hin¬<lb/>
derniß darbietende Linie kann als Basis benutzt werden; in Finnland werden die<lb/>
ausgedehnten Seen, in Polen die Sümpfe, in Spanien die Bergketten dazu dienen<lb/>
können. Was die Basis Varna-Schumla anlangt, so setzt sie sich aus einer<lb/>
langgedehnten Seelinie (die beiden Dewno Golf), aus Bergketten und den beiden<lb/>
Festungen, die ihr den Namen geben, zusammen. Bei Beurtheilung ihrer Stärke<lb/>
kommt die Möglichkeit der Benutzung des Dewno in der oben angedeuteten Weise<lb/>
für den Fall einer rechtswärtigen, und die Nähe Schumlas als mächtiges Lager für<lb/>
die eines linkswärtigen Durchbruchs in Betracht, der, wenn er die durchbrochene<lb/>
Aufstellung nicht aufzuhalten vermag, was offenbar in beiden Fällen unmög¬<lb/>
lich ist, wie jedermann einsehen wird, in Gefahr kommt, nachdem er die Linie<lb/>
pcissirt hat, in den Rücken genommen und mindestens in den Verbindungen<lb/>
mit der eignen Basis bedroht &gt;zu werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1651"> Was die Russen angeht, so agiren sie seit ihrem am 22. und 23. März<lb/>
zur Ausführung gekommenen Donauübergang auf Grundlage zweier Basen, von<lb/>
denen die eine die ganze, im Winkel gewendete Stromstrecke von Hirsowa<lb/>
über Matschin nach Tuldscha, und die andere, weiter vorgeschobene, den Abschnitt<lb/>
des Trajanswalles umsaßt. Die erstere Basis ist in Bezug auf den äußerst<lb/>
- engen Bewegungsraum, welchen die Dobrudscha bei einer höchsten Breite von<lb/>
etwa zwölf Meilen darbietet, außerordentlich ausgedehnt, und ihr« Vertheidigung<lb/>
erheischt bei der großen Stärke, welche der Donau gls Hinderniß innewohnt,<lb/>
und in Anbetracht der Festung Ismael, sowie der Verschanzungen von Braila<lb/>
und Galacz, nur geringe Kräfte, im besonderen nur die Besatzung, der Ueber¬<lb/>
gangsstellen, denen man Brückenköpfe von gutem Trac^ vorgelegt hat.<lb/>
Sie ist demnach in jeder Beziehung vortheilhaft und würde der russischen Krieg¬<lb/>
führung innerhalb der in Rebe stehenden Halbinsel eine entschiedene Ueberle-<lb/>
genheit für alle Fälle geben, wenn es in der Art derselben läge, dergleichen.<lb/>
Vortheile richtig und allseitig ausnutzen zu können.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1652"> Dagegen ist der Trajanswall, bei einer Frontausdehnung, von nur neun<lb/>
Meilen, den Abmessungen des ostbulgarischen Kriegstheaters durchaus nicht<lb/>
proportional. Dieses erhellt aus der einfachen Betrachtung, daß zwar eine<lb/>
Operation gegen Varna, nicht aber desgleichen eine gegen Schumla sich aus<lb/>
diese Linie bastren läßt, denn' in dem letzteren Fall ist die Möglichkeit vorhan¬<lb/>
den, die russische Basis von Varna aus zu erreichen, bevor der Feind, welcher<lb/>
bis dicht vor Schumla gelangt war-, uns nachzufolgen vermag; mit andern<lb/>
Worten, wir sind in der Lage, ihn unter solchen Umständen zu einem doppel¬<lb/>
ten Kraftaufwand?: zur Besetzung seiner strategischen Grundlinie und zur For¬<lb/>
mation eines Angriffscorps zu zwingen, wenn anders er die erstere nicht in Ge¬<lb/>
fahr bringen oder auf die Offensive verzichten will.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_1653" next="#ID_1654"> Dieses Verhältniß nimmt sofort eine andere Bedeutung an, wenn Silistria</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 6t *</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0515] Brückenköpfe oder Uebergänge deckte Aber auch jede andere ausgedehnte, ein Hin¬ derniß darbietende Linie kann als Basis benutzt werden; in Finnland werden die ausgedehnten Seen, in Polen die Sümpfe, in Spanien die Bergketten dazu dienen können. Was die Basis Varna-Schumla anlangt, so setzt sie sich aus einer langgedehnten Seelinie (die beiden Dewno Golf), aus Bergketten und den beiden Festungen, die ihr den Namen geben, zusammen. Bei Beurtheilung ihrer Stärke kommt die Möglichkeit der Benutzung des Dewno in der oben angedeuteten Weise für den Fall einer rechtswärtigen, und die Nähe Schumlas als mächtiges Lager für die eines linkswärtigen Durchbruchs in Betracht, der, wenn er die durchbrochene Aufstellung nicht aufzuhalten vermag, was offenbar in beiden Fällen unmög¬ lich ist, wie jedermann einsehen wird, in Gefahr kommt, nachdem er die Linie pcissirt hat, in den Rücken genommen und mindestens in den Verbindungen mit der eignen Basis bedroht >zu werden. Was die Russen angeht, so agiren sie seit ihrem am 22. und 23. März zur Ausführung gekommenen Donauübergang auf Grundlage zweier Basen, von denen die eine die ganze, im Winkel gewendete Stromstrecke von Hirsowa über Matschin nach Tuldscha, und die andere, weiter vorgeschobene, den Abschnitt des Trajanswalles umsaßt. Die erstere Basis ist in Bezug auf den äußerst - engen Bewegungsraum, welchen die Dobrudscha bei einer höchsten Breite von etwa zwölf Meilen darbietet, außerordentlich ausgedehnt, und ihr« Vertheidigung erheischt bei der großen Stärke, welche der Donau gls Hinderniß innewohnt, und in Anbetracht der Festung Ismael, sowie der Verschanzungen von Braila und Galacz, nur geringe Kräfte, im besonderen nur die Besatzung, der Ueber¬ gangsstellen, denen man Brückenköpfe von gutem Trac^ vorgelegt hat. Sie ist demnach in jeder Beziehung vortheilhaft und würde der russischen Krieg¬ führung innerhalb der in Rebe stehenden Halbinsel eine entschiedene Ueberle- genheit für alle Fälle geben, wenn es in der Art derselben läge, dergleichen. Vortheile richtig und allseitig ausnutzen zu können. Dagegen ist der Trajanswall, bei einer Frontausdehnung, von nur neun Meilen, den Abmessungen des ostbulgarischen Kriegstheaters durchaus nicht proportional. Dieses erhellt aus der einfachen Betrachtung, daß zwar eine Operation gegen Varna, nicht aber desgleichen eine gegen Schumla sich aus diese Linie bastren läßt, denn' in dem letzteren Fall ist die Möglichkeit vorhan¬ den, die russische Basis von Varna aus zu erreichen, bevor der Feind, welcher bis dicht vor Schumla gelangt war-, uns nachzufolgen vermag; mit andern Worten, wir sind in der Lage, ihn unter solchen Umständen zu einem doppel¬ ten Kraftaufwand?: zur Besetzung seiner strategischen Grundlinie und zur For¬ mation eines Angriffscorps zu zwingen, wenn anders er die erstere nicht in Ge¬ fahr bringen oder auf die Offensive verzichten will. Dieses Verhältniß nimmt sofort eine andere Bedeutung an, wenn Silistria 6t *

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/514
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/514>, abgerufen am 23.07.2024.