Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite
Wenn sich die Arme wild umfassen,
Die nimmer ihre Beute lassen:
Freundschaft umarmt sich, um zu scheiden,
Die Liebe lacht zu ihren Eiden;
Doch ächte Feinde, haßdurchdrungen,
Halten sich bis zum Tod umschlungen.

Byron: -- /^K! l'nennt^ ^mUbl'ni berus eun pi-ess,
In 5>e>?.<: "mal sluuv Ule cle"r earvss:
Luk. lovö ilsvll conici "over part
I"'or all l^bal^ lionul^ Zi^Ils lo grain
WilK Iiuls l^IiL ssrvour it-Ac besrovvs
lljion tuo lust^ vmbriiLL ol loof,
W!iLN gr-ixisiling in Uio it-;l>t >.be^ sol"I
'tlwse "ruf UnU ne'or shall lose theil' bold:
I^-lent" mock in pur^; l^ope lauglis "t lÄUli;
Irue hoch, onov mel, "re vom'et All elent>>!

Den Vorzug verdient unstreitig die dritte Uebersetzung. Hr. Kurz hat den
innern Leitfaden der Bilder und Empfindungen richtig hervorgehoben; er hat
den letzten Satz zwar zu der doppelten Zahl von Verszeilen erweitert, und
dadurch dem knappen Ausdruck die epigrammatische Schärfe genommen, aber
ihn doch wenigstens richtig übersetzt/ Von dem, was Hr. Böttcher gibt, steht
im Original nur wenig; die prägnanten, contrastirenden Ausdrücke sind ver¬
wischt, die letzte Zeile ist gradezu unverständlich; Frl. Friedmann hat offenbar
die Böttchersche Uebersetzung vor Augen gehabt, und das "Verwehen" und
"Weinen" (w pari, und l,o laugn!) beibehalten; die letzte Zeile hat sie dem
Sinne nach verbessert, aber der Ausdruck ist geziert., Das Adjectiv krüh zu
loss ist vom Dichter sehr sinnig gewählt..-- Die Schönheit dieser Stelle liegt
zum Theil in der schneidenden Schärfe, mit welcher ttale ohne Pronomen
relativum und ohne Artikel in dieses Bild hineinstürmt. Das ist im Deutschen
nicht wiederzugeben, der Eindruck ist auch in sämmtlichen drei Übersetzungen
verwischt. Aber die beiden ersten Uebersetzer haben auch in den ersten Zeilen
die Einheit des Bildes völlig aufgegeben: "Die Umarmung echter Feinde ist
fester und heißer, als die Umarmungen der Liebe."

Endlich zum Schluß noch eine kleine Wendung:


Frl. Friedmann: -- Du bist ein Christ -- mir hassenswert!);
Doch scheinst Du mir von Gram beschwert,
Den nicht die Zeit vertilgt, nein, mehrt.

Hr. Böttcher: -- Dein Stamm mir Graul -- fremd Dein Gesicht --
Und doch aus jedem Zuge spricht,
Was nie die Zeit verengert bricht.

Wenn sich die Arme wild umfassen,
Die nimmer ihre Beute lassen:
Freundschaft umarmt sich, um zu scheiden,
Die Liebe lacht zu ihren Eiden;
Doch ächte Feinde, haßdurchdrungen,
Halten sich bis zum Tod umschlungen.

Byron: — /^K! l'nennt^ ^mUbl'ni berus eun pi-ess,
In 5>e>?.<: »mal sluuv Ule cle»r earvss:
Luk. lovö ilsvll conici »over part
I»'or all l^bal^ lionul^ Zi^Ils lo grain
WilK Iiuls l^IiL ssrvour it-Ac besrovvs
lljion tuo lust^ vmbriiLL ol loof,
W!iLN gr-ixisiling in Uio it-;l>t >.be^ sol«I
'tlwse »ruf UnU ne'or shall lose theil' bold:
I^-lent» mock in pur^; l^ope lauglis »t lÄUli;
Irue hoch, onov mel, »re vom'et All elent>>!

Den Vorzug verdient unstreitig die dritte Uebersetzung. Hr. Kurz hat den
innern Leitfaden der Bilder und Empfindungen richtig hervorgehoben; er hat
den letzten Satz zwar zu der doppelten Zahl von Verszeilen erweitert, und
dadurch dem knappen Ausdruck die epigrammatische Schärfe genommen, aber
ihn doch wenigstens richtig übersetzt/ Von dem, was Hr. Böttcher gibt, steht
im Original nur wenig; die prägnanten, contrastirenden Ausdrücke sind ver¬
wischt, die letzte Zeile ist gradezu unverständlich; Frl. Friedmann hat offenbar
die Böttchersche Uebersetzung vor Augen gehabt, und das „Verwehen" und
„Weinen" (w pari, und l,o laugn!) beibehalten; die letzte Zeile hat sie dem
Sinne nach verbessert, aber der Ausdruck ist geziert., Das Adjectiv krüh zu
loss ist vom Dichter sehr sinnig gewählt..— Die Schönheit dieser Stelle liegt
zum Theil in der schneidenden Schärfe, mit welcher ttale ohne Pronomen
relativum und ohne Artikel in dieses Bild hineinstürmt. Das ist im Deutschen
nicht wiederzugeben, der Eindruck ist auch in sämmtlichen drei Übersetzungen
verwischt. Aber die beiden ersten Uebersetzer haben auch in den ersten Zeilen
die Einheit des Bildes völlig aufgegeben: „Die Umarmung echter Feinde ist
fester und heißer, als die Umarmungen der Liebe."

Endlich zum Schluß noch eine kleine Wendung:


Frl. Friedmann: — Du bist ein Christ — mir hassenswert!);
Doch scheinst Du mir von Gram beschwert,
Den nicht die Zeit vertilgt, nein, mehrt.

Hr. Böttcher: — Dein Stamm mir Graul — fremd Dein Gesicht —
Und doch aus jedem Zuge spricht,
Was nie die Zeit verengert bricht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0482" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98262"/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_19" type="poem">
              <l> Wenn sich die Arme wild umfassen,<lb/>
Die nimmer ihre Beute lassen:<lb/>
Freundschaft umarmt sich, um zu scheiden,<lb/>
Die Liebe lacht zu ihren Eiden;<lb/>
Doch ächte Feinde, haßdurchdrungen,<lb/>
Halten sich bis zum Tod umschlungen.</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_20" type="poem">
              <l><note type="bibl"> Byron: </note> &#x2014; /^K! l'nennt^ ^mUbl'ni berus eun pi-ess,<lb/>
In 5&gt;e&gt;?.&lt;: »mal sluuv Ule cle»r earvss:<lb/>
Luk. lovö ilsvll conici »over part<lb/>
I»'or all l^bal^ lionul^ Zi^Ils lo grain<lb/>
WilK Iiuls l^IiL ssrvour it-Ac besrovvs<lb/>
lljion tuo lust^ vmbriiLL ol loof,<lb/>
W!iLN gr-ixisiling in Uio it-;l&gt;t &gt;.be^ sol«I<lb/>
'tlwse »ruf UnU ne'or shall lose theil' bold:<lb/>
I^-lent» mock in pur^; l^ope lauglis »t lÄUli;<lb/>
Irue hoch, onov mel, »re vom'et All elent&gt;&gt;!</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_1517"> Den Vorzug verdient unstreitig die dritte Uebersetzung. Hr. Kurz hat den<lb/>
innern Leitfaden der Bilder und Empfindungen richtig hervorgehoben; er hat<lb/>
den letzten Satz zwar zu der doppelten Zahl von Verszeilen erweitert, und<lb/>
dadurch dem knappen Ausdruck die epigrammatische Schärfe genommen, aber<lb/>
ihn doch wenigstens richtig übersetzt/ Von dem, was Hr. Böttcher gibt, steht<lb/>
im Original nur wenig; die prägnanten, contrastirenden Ausdrücke sind ver¬<lb/>
wischt, die letzte Zeile ist gradezu unverständlich; Frl. Friedmann hat offenbar<lb/>
die Böttchersche Uebersetzung vor Augen gehabt, und das &#x201E;Verwehen" und<lb/>
&#x201E;Weinen" (w pari, und l,o laugn!) beibehalten; die letzte Zeile hat sie dem<lb/>
Sinne nach verbessert, aber der Ausdruck ist geziert., Das Adjectiv krüh zu<lb/>
loss ist vom Dichter sehr sinnig gewählt..&#x2014; Die Schönheit dieser Stelle liegt<lb/>
zum Theil in der schneidenden Schärfe, mit welcher ttale ohne Pronomen<lb/>
relativum und ohne Artikel in dieses Bild hineinstürmt. Das ist im Deutschen<lb/>
nicht wiederzugeben, der Eindruck ist auch in sämmtlichen drei Übersetzungen<lb/>
verwischt. Aber die beiden ersten Uebersetzer haben auch in den ersten Zeilen<lb/>
die Einheit des Bildes völlig aufgegeben: &#x201E;Die Umarmung echter Feinde ist<lb/>
fester und heißer, als die Umarmungen der Liebe."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1518"> Endlich zum Schluß noch eine kleine Wendung:</p><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_21" type="poem">
              <l><note type="bibl"> Frl. Friedmann:</note> &#x2014; Du bist ein Christ &#x2014; mir hassenswert!);<lb/>
Doch scheinst Du mir von Gram beschwert,<lb/>
Den nicht die Zeit vertilgt, nein, mehrt.</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
          <quote>
            <lg xml:id="POEMID_22" type="poem">
              <l><note type="bibl"> Hr. Böttcher: </note> &#x2014; Dein Stamm mir Graul &#x2014; fremd Dein Gesicht &#x2014;<lb/>
Und doch aus jedem Zuge spricht,<lb/>
Was nie die Zeit verengert bricht.</l>
            </lg>
          </quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0482] Wenn sich die Arme wild umfassen, Die nimmer ihre Beute lassen: Freundschaft umarmt sich, um zu scheiden, Die Liebe lacht zu ihren Eiden; Doch ächte Feinde, haßdurchdrungen, Halten sich bis zum Tod umschlungen. Byron: — /^K! l'nennt^ ^mUbl'ni berus eun pi-ess, In 5>e>?.<: »mal sluuv Ule cle»r earvss: Luk. lovö ilsvll conici »over part I»'or all l^bal^ lionul^ Zi^Ils lo grain WilK Iiuls l^IiL ssrvour it-Ac besrovvs lljion tuo lust^ vmbriiLL ol loof, W!iLN gr-ixisiling in Uio it-;l>t >.be^ sol«I 'tlwse »ruf UnU ne'or shall lose theil' bold: I^-lent» mock in pur^; l^ope lauglis »t lÄUli; Irue hoch, onov mel, »re vom'et All elent>>! Den Vorzug verdient unstreitig die dritte Uebersetzung. Hr. Kurz hat den innern Leitfaden der Bilder und Empfindungen richtig hervorgehoben; er hat den letzten Satz zwar zu der doppelten Zahl von Verszeilen erweitert, und dadurch dem knappen Ausdruck die epigrammatische Schärfe genommen, aber ihn doch wenigstens richtig übersetzt/ Von dem, was Hr. Böttcher gibt, steht im Original nur wenig; die prägnanten, contrastirenden Ausdrücke sind ver¬ wischt, die letzte Zeile ist gradezu unverständlich; Frl. Friedmann hat offenbar die Böttchersche Uebersetzung vor Augen gehabt, und das „Verwehen" und „Weinen" (w pari, und l,o laugn!) beibehalten; die letzte Zeile hat sie dem Sinne nach verbessert, aber der Ausdruck ist geziert., Das Adjectiv krüh zu loss ist vom Dichter sehr sinnig gewählt..— Die Schönheit dieser Stelle liegt zum Theil in der schneidenden Schärfe, mit welcher ttale ohne Pronomen relativum und ohne Artikel in dieses Bild hineinstürmt. Das ist im Deutschen nicht wiederzugeben, der Eindruck ist auch in sämmtlichen drei Übersetzungen verwischt. Aber die beiden ersten Uebersetzer haben auch in den ersten Zeilen die Einheit des Bildes völlig aufgegeben: „Die Umarmung echter Feinde ist fester und heißer, als die Umarmungen der Liebe." Endlich zum Schluß noch eine kleine Wendung: Frl. Friedmann: — Du bist ein Christ — mir hassenswert!); Doch scheinst Du mir von Gram beschwert, Den nicht die Zeit vertilgt, nein, mehrt. Hr. Böttcher: — Dein Stamm mir Graul — fremd Dein Gesicht — Und doch aus jedem Zuge spricht, Was nie die Zeit verengert bricht.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/481
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/481>, abgerufen am 23.07.2024.