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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Der wilde Türke bricht gegen den plötzlich hervortretenden Feind in Ver¬
wünschungen aus, die sich an zorniger Ironie immer steigern, bis sie endlich in dem
Schlußwort: verfluchterGiaur! ihren Gipfel erreichen. Daß diese Worte den Schluß
bilden ist nothwendig; die oratorische Steigerung geht sonst verloren. Das
"üble Auge" hat Leila verführt, und ihm bei seiner cupiens (weil sie Hassan
sein Liebchen nicht gönnte) treaeder^ geholfen; er ist "sogar seinem eignen er¬
bärmlichen Glauben abtrünnig" (wie schön und charakteristisch!) "aber das (als
Mohamedaner wäre er unverletzlich) soll ihn nicht vom Tode retten!" Das
alles ist von den beiden ersten Uebersetzern gar nicht, vom dritten sehr wenig
ausgedrückt. "l.ost Leila's 'loof" heißt: "du Schätzchen der Verlornen (d. h.
ertränkten) Leila!" als letzter Gruß sehr bezeichnend, denn die Schuld des
Giaur hat sein Liebchen getödtet. Alle drei haben es falsch übersetzt. Von
dem gewaltigen Zug des Hasses, der durch diese Apostrophe geht, ist in keiner
der drei Uebersetzungen eine Spur geblieben.

Ferner eine andere Stelle:


D
Frl. Fried manu: er Jüngling fleht mit warmem Blut,
Zu theilen seine Herzcnsgluth;
Doch Liebe selbst, die heiß begehrt,
Was Schönheit sehnsuchtsvoll gewährt,
Fühlt halb die Inbrunst nur der Flammen
Die sprühn, trifft Feind mit Feind zusammen,
Wenn im Gefecht sie sich umfassen,
Um nimmer wieder sich zu lassen.
Freundschaft verweht, die Liebe weint verlassen;
Der'Tod nur trennt der Feinde heiß Umfassen!

Hr. Böttcher: -- Ach wohl fleht Liebe, schön und jung,
Um Gunst und Glutherwiederung,
Doch Liebe selbst, wenn sie begehrt,
Was Schönheit seufzend ihr verwehrt --
Fühlt halb die Glut!) nur, die entlodert,
Wenn Haß den Feind zum Kampfe fodert,
Wenn Gegner im Gefecht.sich fassen
Mit Armen, die sich nimmer lassen.
' Freundschaft verweht und Liebe weint,
Todfeinde bleiben treu vereint.

Hr. Kurtz: -- Ein junges Herz, entflammt von Liebe,
Umarmt und preßt mit macht gen Triebe,
Doch nie verlangt ein Herz, das liebt,
Nach dem, was Schönheit seufzend giebt
Halb so entbrannt, als Feind' in Schlachten
Nach tödtlicher Umarmung schmachten,

Grenzboten. II. 18si. . , ' 60

Der wilde Türke bricht gegen den plötzlich hervortretenden Feind in Ver¬
wünschungen aus, die sich an zorniger Ironie immer steigern, bis sie endlich in dem
Schlußwort: verfluchterGiaur! ihren Gipfel erreichen. Daß diese Worte den Schluß
bilden ist nothwendig; die oratorische Steigerung geht sonst verloren. Das
„üble Auge" hat Leila verführt, und ihm bei seiner cupiens (weil sie Hassan
sein Liebchen nicht gönnte) treaeder^ geholfen; er ist „sogar seinem eignen er¬
bärmlichen Glauben abtrünnig" (wie schön und charakteristisch!) „aber das (als
Mohamedaner wäre er unverletzlich) soll ihn nicht vom Tode retten!" Das
alles ist von den beiden ersten Uebersetzern gar nicht, vom dritten sehr wenig
ausgedrückt. „l.ost Leila's 'loof" heißt: „du Schätzchen der Verlornen (d. h.
ertränkten) Leila!" als letzter Gruß sehr bezeichnend, denn die Schuld des
Giaur hat sein Liebchen getödtet. Alle drei haben es falsch übersetzt. Von
dem gewaltigen Zug des Hasses, der durch diese Apostrophe geht, ist in keiner
der drei Uebersetzungen eine Spur geblieben.

Ferner eine andere Stelle:


D
Frl. Fried manu: er Jüngling fleht mit warmem Blut,
Zu theilen seine Herzcnsgluth;
Doch Liebe selbst, die heiß begehrt,
Was Schönheit sehnsuchtsvoll gewährt,
Fühlt halb die Inbrunst nur der Flammen
Die sprühn, trifft Feind mit Feind zusammen,
Wenn im Gefecht sie sich umfassen,
Um nimmer wieder sich zu lassen.
Freundschaft verweht, die Liebe weint verlassen;
Der'Tod nur trennt der Feinde heiß Umfassen!

Hr. Böttcher: — Ach wohl fleht Liebe, schön und jung,
Um Gunst und Glutherwiederung,
Doch Liebe selbst, wenn sie begehrt,
Was Schönheit seufzend ihr verwehrt —
Fühlt halb die Glut!) nur, die entlodert,
Wenn Haß den Feind zum Kampfe fodert,
Wenn Gegner im Gefecht.sich fassen
Mit Armen, die sich nimmer lassen.
' Freundschaft verweht und Liebe weint,
Todfeinde bleiben treu vereint.

Hr. Kurtz: — Ein junges Herz, entflammt von Liebe,
Umarmt und preßt mit macht gen Triebe,
Doch nie verlangt ein Herz, das liebt,
Nach dem, was Schönheit seufzend giebt
Halb so entbrannt, als Feind' in Schlachten
Nach tödtlicher Umarmung schmachten,

Grenzboten. II. 18si. . , ' 60
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[0481] Der wilde Türke bricht gegen den plötzlich hervortretenden Feind in Ver¬ wünschungen aus, die sich an zorniger Ironie immer steigern, bis sie endlich in dem Schlußwort: verfluchterGiaur! ihren Gipfel erreichen. Daß diese Worte den Schluß bilden ist nothwendig; die oratorische Steigerung geht sonst verloren. Das „üble Auge" hat Leila verführt, und ihm bei seiner cupiens (weil sie Hassan sein Liebchen nicht gönnte) treaeder^ geholfen; er ist „sogar seinem eignen er¬ bärmlichen Glauben abtrünnig" (wie schön und charakteristisch!) „aber das (als Mohamedaner wäre er unverletzlich) soll ihn nicht vom Tode retten!" Das alles ist von den beiden ersten Uebersetzern gar nicht, vom dritten sehr wenig ausgedrückt. „l.ost Leila's 'loof" heißt: „du Schätzchen der Verlornen (d. h. ertränkten) Leila!" als letzter Gruß sehr bezeichnend, denn die Schuld des Giaur hat sein Liebchen getödtet. Alle drei haben es falsch übersetzt. Von dem gewaltigen Zug des Hasses, der durch diese Apostrophe geht, ist in keiner der drei Uebersetzungen eine Spur geblieben. Ferner eine andere Stelle: D Frl. Fried manu: er Jüngling fleht mit warmem Blut, Zu theilen seine Herzcnsgluth; Doch Liebe selbst, die heiß begehrt, Was Schönheit sehnsuchtsvoll gewährt, Fühlt halb die Inbrunst nur der Flammen Die sprühn, trifft Feind mit Feind zusammen, Wenn im Gefecht sie sich umfassen, Um nimmer wieder sich zu lassen. Freundschaft verweht, die Liebe weint verlassen; Der'Tod nur trennt der Feinde heiß Umfassen! Hr. Böttcher: — Ach wohl fleht Liebe, schön und jung, Um Gunst und Glutherwiederung, Doch Liebe selbst, wenn sie begehrt, Was Schönheit seufzend ihr verwehrt — Fühlt halb die Glut!) nur, die entlodert, Wenn Haß den Feind zum Kampfe fodert, Wenn Gegner im Gefecht.sich fassen Mit Armen, die sich nimmer lassen. ' Freundschaft verweht und Liebe weint, Todfeinde bleiben treu vereint. Hr. Kurtz: — Ein junges Herz, entflammt von Liebe, Umarmt und preßt mit macht gen Triebe, Doch nie verlangt ein Herz, das liebt, Nach dem, was Schönheit seufzend giebt Halb so entbrannt, als Feind' in Schlachten Nach tödtlicher Umarmung schmachten, Grenzboten. II. 18si. . , ' 60

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/480>, abgerufen am 22.12.2024.