Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.die Menschen weiter führt, als sie ihrer Natur nach hätten gehen sollen, in Wir können von diesem geistvollen Buch nicht scheiden, ohne eine all¬ die Menschen weiter führt, als sie ihrer Natur nach hätten gehen sollen, in Wir können von diesem geistvollen Buch nicht scheiden, ohne eine all¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98166"/> <p xml:id="ID_1203" prev="#ID_1202"> die Menschen weiter führt, als sie ihrer Natur nach hätten gehen sollen, in<lb/> den Gemüthern derer, die nicht an der Spitze der Bewegung stehen, eine.<lb/> Reaction hervorruft, die endlich auch in den Zuständen einen Umschwung her¬<lb/> beiführt, und dem Anscheine nach den Gewinn jener Erhebung vollständig<lb/> wieder aufhebt, so wird doch eine ruhige und unparteiische Erwägung der<lb/> Thatsachen zu der Ueberzeugung führen, daß in jener kurzen Periode alles das<lb/> im ersten Keim angelegt und begründet worden ist, was später England zu<lb/> einer der ersten Weltmächte erhoben hat. Auf Cromwells Charakter und auf<lb/> der Geschichte seiner Zeit liegen einige dunkle Flecken; faßt man sie aber als<lb/> ein Ganzes zusammen, so steht sie viel xeiner da^ als irgend eine Periode<lb/> des 17. Jahrhunderts in der Geschichte des gesammten Europa. — Der Werth<lb/> des Buches wird durch eine Reihe werthvoller, zum Theil neu aufgefundener<lb/> Actenstücke vermehrt, die fast die Hälfte desselben ausmachen. Und so wün¬<lb/> schen wir denn, daß es nach allen Seiten hin sich verbreiten,und jene Aus¬<lb/> klärung der Begriffe befördern möge, deren wir in unseren trüben und ver¬<lb/> wirrten Zeiten so sehr benöthigt sind/ —</p><lb/> <p xml:id="ID_1204" next="#ID_1205"> Wir können von diesem geistvollen Buch nicht scheiden, ohne eine all¬<lb/> gemeine Bemerkung anzuknüpfen. — Guizot hat sich in der Einleitung bemüht,<lb/> die Gründe aufzusuchen, weshalb^le Revolution von -1689 einen glücklichen<lb/> Ausgang gehabt, im Gegensatz gegen alle übrigen Revolutionen. Er hat die<lb/> Sache scharfsinnig genug besprochen, aber die Hauptsache hat er doch nur<lb/> oberflächlich berührt. Man mißbraucht das Wort Revolution, wie die meisten<lb/> abstracten Ausdrücke, um Dinge von ganz verschiedener Bedeutung in eine<lb/> Kategorie zu werfen. — Revolutionen wie die französische und die englische von<lb/> 16i8 beruhen auf einem Umgestaltungsproceß in der öffentlichen Meinung, der<lb/> die Nationen in zwei Parteien scheidet; in welchem die neue Denkart, weil man<lb/> ihre Consequenzen nicht übersieht, sich der Mehrzahl bemächtigt, und entweder<lb/> durch innere Einwirkung oder auch durch äußere Gewalt die Herrschaft an sich<lb/> reißt. Wenn dann die Consequenzen wirklich eintreten, so wenden sich diejenigen,<lb/> die nur durch eine geistige Ueberraschung sür das Neue gewonnen waren, mit<lb/> einer Heftigkeit, die durch Scham gesteigert ist, auf die entgegengesetzte Seite,<lb/> eine ^unwiderstehliche Reaction tritt ein, und - der ganze Staat taumelt nach<lb/> dem andern Ertrem hin, bis nach längerem Schwanken sich das Gleichgewicht<lb/> wiederherstellt. — Sich einer solchen Revolution zu erfreuen, ist Leichtsinn und<lb/> Gedankenlosigkeit; auf sie zu speculiren, um sich der Mühe unausgesetzter<lb/> saurer Arbeit für die Freiheit zu überheben, ein schwerer Frevel, denn man<lb/> wirft dadurch die Geschichte in die Hände des Zufalls. — Anders, war es<lb/> 1689. Hier hatte sich daS Gleichgewicht in der öffentlichen Meinung im we¬<lb/> sentlichen wiederhergestellt, die Gegensätze hatten ihre Schroffheit verloren, die<lb/> Nation war soweit einig, als es zum Staatsleben nöthig ist. Nun versuchte</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
die Menschen weiter führt, als sie ihrer Natur nach hätten gehen sollen, in
den Gemüthern derer, die nicht an der Spitze der Bewegung stehen, eine.
Reaction hervorruft, die endlich auch in den Zuständen einen Umschwung her¬
beiführt, und dem Anscheine nach den Gewinn jener Erhebung vollständig
wieder aufhebt, so wird doch eine ruhige und unparteiische Erwägung der
Thatsachen zu der Ueberzeugung führen, daß in jener kurzen Periode alles das
im ersten Keim angelegt und begründet worden ist, was später England zu
einer der ersten Weltmächte erhoben hat. Auf Cromwells Charakter und auf
der Geschichte seiner Zeit liegen einige dunkle Flecken; faßt man sie aber als
ein Ganzes zusammen, so steht sie viel xeiner da^ als irgend eine Periode
des 17. Jahrhunderts in der Geschichte des gesammten Europa. — Der Werth
des Buches wird durch eine Reihe werthvoller, zum Theil neu aufgefundener
Actenstücke vermehrt, die fast die Hälfte desselben ausmachen. Und so wün¬
schen wir denn, daß es nach allen Seiten hin sich verbreiten,und jene Aus¬
klärung der Begriffe befördern möge, deren wir in unseren trüben und ver¬
wirrten Zeiten so sehr benöthigt sind/ —
Wir können von diesem geistvollen Buch nicht scheiden, ohne eine all¬
gemeine Bemerkung anzuknüpfen. — Guizot hat sich in der Einleitung bemüht,
die Gründe aufzusuchen, weshalb^le Revolution von -1689 einen glücklichen
Ausgang gehabt, im Gegensatz gegen alle übrigen Revolutionen. Er hat die
Sache scharfsinnig genug besprochen, aber die Hauptsache hat er doch nur
oberflächlich berührt. Man mißbraucht das Wort Revolution, wie die meisten
abstracten Ausdrücke, um Dinge von ganz verschiedener Bedeutung in eine
Kategorie zu werfen. — Revolutionen wie die französische und die englische von
16i8 beruhen auf einem Umgestaltungsproceß in der öffentlichen Meinung, der
die Nationen in zwei Parteien scheidet; in welchem die neue Denkart, weil man
ihre Consequenzen nicht übersieht, sich der Mehrzahl bemächtigt, und entweder
durch innere Einwirkung oder auch durch äußere Gewalt die Herrschaft an sich
reißt. Wenn dann die Consequenzen wirklich eintreten, so wenden sich diejenigen,
die nur durch eine geistige Ueberraschung sür das Neue gewonnen waren, mit
einer Heftigkeit, die durch Scham gesteigert ist, auf die entgegengesetzte Seite,
eine ^unwiderstehliche Reaction tritt ein, und - der ganze Staat taumelt nach
dem andern Ertrem hin, bis nach längerem Schwanken sich das Gleichgewicht
wiederherstellt. — Sich einer solchen Revolution zu erfreuen, ist Leichtsinn und
Gedankenlosigkeit; auf sie zu speculiren, um sich der Mühe unausgesetzter
saurer Arbeit für die Freiheit zu überheben, ein schwerer Frevel, denn man
wirft dadurch die Geschichte in die Hände des Zufalls. — Anders, war es
1689. Hier hatte sich daS Gleichgewicht in der öffentlichen Meinung im we¬
sentlichen wiederhergestellt, die Gegensätze hatten ihre Schroffheit verloren, die
Nation war soweit einig, als es zum Staatsleben nöthig ist. Nun versuchte
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