Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.worden, sich in allen deutschen Stämmen der nationalen Einigung entgegenregte?! Die Es scheint, daß damit der Gesichtspunkt angedeutet ist, von dem aus. die vor -- Welche Dimensionen der Angriffskrieg, welchen die beiden Westmächte, vom - Wenn die Vernichtung der russischen Seemacht ein europäisches Ereigniß sein worden, sich in allen deutschen Stämmen der nationalen Einigung entgegenregte?! Die Es scheint, daß damit der Gesichtspunkt angedeutet ist, von dem aus. die vor — Welche Dimensionen der Angriffskrieg, welchen die beiden Westmächte, vom - Wenn die Vernichtung der russischen Seemacht ein europäisches Ereigniß sein <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98140"/> <p xml:id="ID_1123" prev="#ID_1122"> worden, sich in allen deutschen Stämmen der nationalen Einigung entgegenregte?! Die<lb/> Furcht vor Frankreich konnte unmöglich das Motiv sein, denn eben dieses Frankreich<lb/> war durch den von Deutschland siegreich beendeten Kampf ohnmächtiger geworden und<lb/> stand, namentlich damals, in Europa machtloser da, als Jahrhunderte zuvor. In Wahr¬<lb/> heit lag der Anstoß sür die zur Einigung drängende Bewegung, welche wir noch jüngst,<lb/> in, Jahre 1848, so lebhaft und stürmisch sich regen sahen, in der entgegengesetzten Rich¬<lb/> tung. Die gewaltige Machtzunahme Rußlands, überhaupt das in den Vordergrund des<lb/> Welttheils getretene Slawenthum, hinter dem man sofort, wenn auch anfangs nur in-<lb/> stinctiv, das ahnte, was nunmehr so offen hervorschaut, dieses Slawenthum mit der<lb/> Tendenz zur europäisch-asiatischen Coutincntalherrschaft, welches im Zarenreich seinen<lb/> starken Vertreter hat> war es, welches die Deutschen von der Adria bis zur Ostsee mit<lb/> dem vorerst dunkeln und unklaren, aber um Lause der Zeit mehr und mehr wach ge¬<lb/> wordenen Gefühl erfüllte, daß Preußen und Oestreich, wenn sie einzeln in den Kampf<lb/> mit dem über Nacht stark gewordenen Gegner verwickelt würden, ihm erliegen müßten.<lb/> Daher mit jedem neuen Siege, den Rußland auf diplomatischem Felde wie über seine<lb/> Feinde am Kaukasus, in der Türkei, in Polen, in Ungarn endlich erfocht, die immer<lb/> ängstlichere Befürchtung, ein nächster möge mit seiner Waffenschwcre auf uns fallen<lb/> und, vereinzelt wie wir es sind, uns erdrücken.</p><lb/> <p xml:id="ID_1124"> Es scheint, daß damit der Gesichtspunkt angedeutet ist, von dem aus. die vor<lb/> kurzem zu Stande gekommene östreichisch-preußische Allianz aufgefaßt werden muß. Die¬<lb/> selbe kann süglicherweise nur eine Fronte haben: gegen Rußland. Nur der Widerstand<lb/> gegen Osten ist als rationelle Bestimmung ihr zu stellen. Je unbedingter sie diese Ten¬<lb/> denz innehalten wird, desto lebhafter wird sie von den Massen unterstützt werden, die<lb/> hinter ihr stehen und deren Vertretung ihr nächstliegender Zweck ist. — — —</p><lb/> <p xml:id="ID_1125"> — Welche Dimensionen der Angriffskrieg, welchen die beiden Westmächte, vom<lb/> baltischen Meere her, gegen Rußland eröffnet haben, in Rücksicht auf eine massen¬<lb/> hafte Verwendung von Landtruppen noch annehmen mag, darüber wird heute nie¬<lb/> mand mehr in Zweifel sein können, daß England denselben mit der festen und'<lb/> unwandelbaren Tendenz zur Zerstörung der russischen Seemacht führen wird. Es<lb/> ist sehr wahrscheinlich, daß zur Zeit, wenn einst Frieden zwischen Großbritannien<lb/> und dem Zarenreiche geschlossen sein wird, kein moskowitisches Linienschiff mehr in<lb/> det Ostsee existirt; daß alsdann von. einer russische» Seemacht nicht mehr gesprochen<lb/> werden kann, und daß dem Zaren nichts verbleibt, als die Möglichkeit: das Werk<lb/> Peters des Großen von neuem zu beginnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1126" next="#ID_1127"> - Wenn die Vernichtung der russischen Seemacht ein europäisches Ereigniß sein<lb/> wird, so hat sie im besondern eine große Bedeutung sür Deutschland. Preußen<lb/> hat seit dem schleswigschen Kriege sich endlich dazu entschlossen, eine Kriegs¬<lb/> marine zu gründen. Der Entschluß kam spät, aber er wurde dessenungeachtet<lb/> freudig im ganzen deutschen Volke begrüßt. Wenn es eine Partei gab, die von<lb/> dieser Theilnahme an der. neuzuschaffendcn Flotte sich ausschloß und in derselben,<lb/> nach wie vor, eine zwecklose Institution betrachtete, so konnte dieselbe kaum einen<lb/> andern Grund sür ihre Meinung geltend machen, als den: daß alle Anstrengungen<lb/> Preußen's sür seine maritime Entfaltung, in der Nordsee durch die Nähe Englands,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
worden, sich in allen deutschen Stämmen der nationalen Einigung entgegenregte?! Die
Furcht vor Frankreich konnte unmöglich das Motiv sein, denn eben dieses Frankreich
war durch den von Deutschland siegreich beendeten Kampf ohnmächtiger geworden und
stand, namentlich damals, in Europa machtloser da, als Jahrhunderte zuvor. In Wahr¬
heit lag der Anstoß sür die zur Einigung drängende Bewegung, welche wir noch jüngst,
in, Jahre 1848, so lebhaft und stürmisch sich regen sahen, in der entgegengesetzten Rich¬
tung. Die gewaltige Machtzunahme Rußlands, überhaupt das in den Vordergrund des
Welttheils getretene Slawenthum, hinter dem man sofort, wenn auch anfangs nur in-
stinctiv, das ahnte, was nunmehr so offen hervorschaut, dieses Slawenthum mit der
Tendenz zur europäisch-asiatischen Coutincntalherrschaft, welches im Zarenreich seinen
starken Vertreter hat> war es, welches die Deutschen von der Adria bis zur Ostsee mit
dem vorerst dunkeln und unklaren, aber um Lause der Zeit mehr und mehr wach ge¬
wordenen Gefühl erfüllte, daß Preußen und Oestreich, wenn sie einzeln in den Kampf
mit dem über Nacht stark gewordenen Gegner verwickelt würden, ihm erliegen müßten.
Daher mit jedem neuen Siege, den Rußland auf diplomatischem Felde wie über seine
Feinde am Kaukasus, in der Türkei, in Polen, in Ungarn endlich erfocht, die immer
ängstlichere Befürchtung, ein nächster möge mit seiner Waffenschwcre auf uns fallen
und, vereinzelt wie wir es sind, uns erdrücken.
Es scheint, daß damit der Gesichtspunkt angedeutet ist, von dem aus. die vor
kurzem zu Stande gekommene östreichisch-preußische Allianz aufgefaßt werden muß. Die¬
selbe kann süglicherweise nur eine Fronte haben: gegen Rußland. Nur der Widerstand
gegen Osten ist als rationelle Bestimmung ihr zu stellen. Je unbedingter sie diese Ten¬
denz innehalten wird, desto lebhafter wird sie von den Massen unterstützt werden, die
hinter ihr stehen und deren Vertretung ihr nächstliegender Zweck ist. — — —
— Welche Dimensionen der Angriffskrieg, welchen die beiden Westmächte, vom
baltischen Meere her, gegen Rußland eröffnet haben, in Rücksicht auf eine massen¬
hafte Verwendung von Landtruppen noch annehmen mag, darüber wird heute nie¬
mand mehr in Zweifel sein können, daß England denselben mit der festen und'
unwandelbaren Tendenz zur Zerstörung der russischen Seemacht führen wird. Es
ist sehr wahrscheinlich, daß zur Zeit, wenn einst Frieden zwischen Großbritannien
und dem Zarenreiche geschlossen sein wird, kein moskowitisches Linienschiff mehr in
det Ostsee existirt; daß alsdann von. einer russische» Seemacht nicht mehr gesprochen
werden kann, und daß dem Zaren nichts verbleibt, als die Möglichkeit: das Werk
Peters des Großen von neuem zu beginnen.
- Wenn die Vernichtung der russischen Seemacht ein europäisches Ereigniß sein
wird, so hat sie im besondern eine große Bedeutung sür Deutschland. Preußen
hat seit dem schleswigschen Kriege sich endlich dazu entschlossen, eine Kriegs¬
marine zu gründen. Der Entschluß kam spät, aber er wurde dessenungeachtet
freudig im ganzen deutschen Volke begrüßt. Wenn es eine Partei gab, die von
dieser Theilnahme an der. neuzuschaffendcn Flotte sich ausschloß und in derselben,
nach wie vor, eine zwecklose Institution betrachtete, so konnte dieselbe kaum einen
andern Grund sür ihre Meinung geltend machen, als den: daß alle Anstrengungen
Preußen's sür seine maritime Entfaltung, in der Nordsee durch die Nähe Englands,
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