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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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von Mißgriffen die europäische Diplomatie, im Gegensatz zur russischen sich
hatte verstricken lassen, waren vielleicht Metternich und Friedrich von Gentz.

Im Laufe der vierzig Jahre, welche hinter uns liegen, gab es vielleicht
keinen Moment, wo von der preußischen Politik eine Aenderung des Wiener
Arrangements, welche, namentlich in Bezug auf seine der Hinterkante und
aller rückwärtigen Stromverbindung beraubten Ostprovinzen, den Wohlstand eines
ausgedehnten Theiles seines Gebietes zu vernichten drohten, ernstlich ins Auge
zu fassen. Die erste günstige Gelegenheit, welche sich solchem Bestreben bot,
war die gegenwärtige Krisis, der nunmehr begonnene Kampf Englands und
Frankreichs wider Nußland. Kaum gab es eine patriotische Stimme im Lande,
welche nicht verlangt hätte, daß man den günstigen, großen Augenblick nützen
und, zur Gewinnung eines Gebietsstandes, der eine imposante Zukunft zu
sichern vermöchte, sichren Westmächten anschließen solle; kaum war in allen
Gauen des Vaterlandes ein deutsches Herz, welches solchem energischen Ent¬
schlüsse Preußens nicht freudig zugejauchzt haben würde.

Leider sollte solches Hoffen zu Schanden werden!

Wer in Konstantinopel steht, den Kriegsschauplatz kennt, alle Vorkehrun¬
gen, die hier von den alliirten Mächten zur Wahrung der Türkei getroffen
werden, unter/den Augen hat, dem muß es zur unumstößlichen Ueberzeugung
werden, daß dieser Krieg unmöglich zu Rußlands Gunsten enden wird. Eng¬
land und Frankreich werden, über kurz oder lang, einen Frieden mit dieser
Macht zum Abschluß bringen, welcher ihr die neue Anerkennung der unverletz¬
lichen Integrität der Pforte auferlegen wird; gestützt auf die Gewalt ihrer
Massen, werben sie, Rußland gegenüber, den Verhältnissen im Osten und Nor¬
den eine neue Gestaltung geben und während die beiden Seemächte, die
skandinavischen Reiche und die Pforte sich stärken, wird Deutschland, werden
Preußen und Oestreich es sein, die den territorialen russischen Angriffskeil, das
strategisch befestigte Polen, nach wie vor tief in ihre. Eingeweide vorgetrieben
behalten.




Robert Schumann, gesammelte Schriften über Ntnsik
und Mdnsiker.

Leipzig, Georg Wigand. 18Si>. 4 Bände. --

Mit eigenthümlichen Gefühlen wird jeder diese, Sammlung in die Hand
nehmen, welche unter so schmerzlichen Umständen dem Publicum geboten wird.
Eine kurze Notiz des Verlegers belehrt uns, daß die Herausgabe der
gesammelten Schriften bereits im vorigen Jahr ,mit Schumann verabredet, und
daß ihre Auswahl und Redaction ganz von ihm vollendet war, ehe drr Druck


von Mißgriffen die europäische Diplomatie, im Gegensatz zur russischen sich
hatte verstricken lassen, waren vielleicht Metternich und Friedrich von Gentz.

Im Laufe der vierzig Jahre, welche hinter uns liegen, gab es vielleicht
keinen Moment, wo von der preußischen Politik eine Aenderung des Wiener
Arrangements, welche, namentlich in Bezug auf seine der Hinterkante und
aller rückwärtigen Stromverbindung beraubten Ostprovinzen, den Wohlstand eines
ausgedehnten Theiles seines Gebietes zu vernichten drohten, ernstlich ins Auge
zu fassen. Die erste günstige Gelegenheit, welche sich solchem Bestreben bot,
war die gegenwärtige Krisis, der nunmehr begonnene Kampf Englands und
Frankreichs wider Nußland. Kaum gab es eine patriotische Stimme im Lande,
welche nicht verlangt hätte, daß man den günstigen, großen Augenblick nützen
und, zur Gewinnung eines Gebietsstandes, der eine imposante Zukunft zu
sichern vermöchte, sichren Westmächten anschließen solle; kaum war in allen
Gauen des Vaterlandes ein deutsches Herz, welches solchem energischen Ent¬
schlüsse Preußens nicht freudig zugejauchzt haben würde.

Leider sollte solches Hoffen zu Schanden werden!

Wer in Konstantinopel steht, den Kriegsschauplatz kennt, alle Vorkehrun¬
gen, die hier von den alliirten Mächten zur Wahrung der Türkei getroffen
werden, unter/den Augen hat, dem muß es zur unumstößlichen Ueberzeugung
werden, daß dieser Krieg unmöglich zu Rußlands Gunsten enden wird. Eng¬
land und Frankreich werden, über kurz oder lang, einen Frieden mit dieser
Macht zum Abschluß bringen, welcher ihr die neue Anerkennung der unverletz¬
lichen Integrität der Pforte auferlegen wird; gestützt auf die Gewalt ihrer
Massen, werben sie, Rußland gegenüber, den Verhältnissen im Osten und Nor¬
den eine neue Gestaltung geben und während die beiden Seemächte, die
skandinavischen Reiche und die Pforte sich stärken, wird Deutschland, werden
Preußen und Oestreich es sein, die den territorialen russischen Angriffskeil, das
strategisch befestigte Polen, nach wie vor tief in ihre. Eingeweide vorgetrieben
behalten.




Robert Schumann, gesammelte Schriften über Ntnsik
und Mdnsiker.

Leipzig, Georg Wigand. 18Si>. 4 Bände. —

Mit eigenthümlichen Gefühlen wird jeder diese, Sammlung in die Hand
nehmen, welche unter so schmerzlichen Umständen dem Publicum geboten wird.
Eine kurze Notiz des Verlegers belehrt uns, daß die Herausgabe der
gesammelten Schriften bereits im vorigen Jahr ,mit Schumann verabredet, und
daß ihre Auswahl und Redaction ganz von ihm vollendet war, ehe drr Druck


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[0318] von Mißgriffen die europäische Diplomatie, im Gegensatz zur russischen sich hatte verstricken lassen, waren vielleicht Metternich und Friedrich von Gentz. Im Laufe der vierzig Jahre, welche hinter uns liegen, gab es vielleicht keinen Moment, wo von der preußischen Politik eine Aenderung des Wiener Arrangements, welche, namentlich in Bezug auf seine der Hinterkante und aller rückwärtigen Stromverbindung beraubten Ostprovinzen, den Wohlstand eines ausgedehnten Theiles seines Gebietes zu vernichten drohten, ernstlich ins Auge zu fassen. Die erste günstige Gelegenheit, welche sich solchem Bestreben bot, war die gegenwärtige Krisis, der nunmehr begonnene Kampf Englands und Frankreichs wider Nußland. Kaum gab es eine patriotische Stimme im Lande, welche nicht verlangt hätte, daß man den günstigen, großen Augenblick nützen und, zur Gewinnung eines Gebietsstandes, der eine imposante Zukunft zu sichern vermöchte, sichren Westmächten anschließen solle; kaum war in allen Gauen des Vaterlandes ein deutsches Herz, welches solchem energischen Ent¬ schlüsse Preußens nicht freudig zugejauchzt haben würde. Leider sollte solches Hoffen zu Schanden werden! Wer in Konstantinopel steht, den Kriegsschauplatz kennt, alle Vorkehrun¬ gen, die hier von den alliirten Mächten zur Wahrung der Türkei getroffen werden, unter/den Augen hat, dem muß es zur unumstößlichen Ueberzeugung werden, daß dieser Krieg unmöglich zu Rußlands Gunsten enden wird. Eng¬ land und Frankreich werden, über kurz oder lang, einen Frieden mit dieser Macht zum Abschluß bringen, welcher ihr die neue Anerkennung der unverletz¬ lichen Integrität der Pforte auferlegen wird; gestützt auf die Gewalt ihrer Massen, werben sie, Rußland gegenüber, den Verhältnissen im Osten und Nor¬ den eine neue Gestaltung geben und während die beiden Seemächte, die skandinavischen Reiche und die Pforte sich stärken, wird Deutschland, werden Preußen und Oestreich es sein, die den territorialen russischen Angriffskeil, das strategisch befestigte Polen, nach wie vor tief in ihre. Eingeweide vorgetrieben behalten. Robert Schumann, gesammelte Schriften über Ntnsik und Mdnsiker. Leipzig, Georg Wigand. 18Si>. 4 Bände. — Mit eigenthümlichen Gefühlen wird jeder diese, Sammlung in die Hand nehmen, welche unter so schmerzlichen Umständen dem Publicum geboten wird. Eine kurze Notiz des Verlegers belehrt uns, daß die Herausgabe der gesammelten Schriften bereits im vorigen Jahr ,mit Schumann verabredet, und daß ihre Auswahl und Redaction ganz von ihm vollendet war, ehe drr Druck

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/317>, abgerufen am 22.12.2024.