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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Es liegt auf der Hand, daß, nachdem der vernichtende Schlag gefallen
sein wird, die combinirten. Escadren im Eurin nicht fernerhin auf derselben
Stärke erhalten zu werden brauchen, woraus zwei Möglichkeiten erhellen:
erstens mit den unnöthig gewordenen Kriegsschiffen die baltische Flotte zu ver¬
stärken, und sodann die, einen Theil der Kräfte zurückzuziehen, um Ersparnisse
zu machen. Je mehr man sich auf einen langdauernden Krieg gegen Nußland
gesaßt macht, desto mehr wird man Bedacht darauf nehmen, die finanziellen
Opfer, welche er erheischt/aus das mögliche Minimum zu reduciren.




Der Kampf vor Ddefsa.

Sie kennen bei Ankunft dieser Zeilen längst schon und z'war auf directem
Wege den Schlag, welchen die beiden Admiräle der combinirten Pontusflotte
gegen Odessa ausführten. Die Resultate der Beschießung der dortigen russischen
Vertheidigungswerke können zufriedenstellen; eine große Entscheidung wurde
damit ohnehin nicht beabsichtigt. So weit meine Nachrichten über den ganzen
Vorgang reichen, waren die Angriffsdispositionen gut getroffen, und mit einer
weisen Mäßigung in Hinsicht auf den gemachten Kraftaufwand. Was der
Action eine besondere. Bedeutung verleiht, das ist der wichtige Umstand, daß
dieselbe das erste Beispiel für eine geschickte Verwendung der Dampfschiffe für
Offensivzwecke bietet. Die Art und We^se wie die vier Dampffregatten ge¬
handhabt wurden, welche die beiden vorgeschobenen russischen Batterien enfilir-
ten, ist in vielen Hinsichten wahrhaft nieifterhaft. Mit dieser That ist unleug¬
bar das Hauptprincip für alle künftige Angriffe mit Dampfschiffen gegen
Strandbesestigungen oder überhaupt gegen landwärtige Kräfte festgestellt; näm¬
lich dies: das Feuer nicht vor Anker, sondern in der Bewegung abzugeben,
und sich dadurch den Vortheil zu .sichern, daß der Feind seine Schußdirectionen
stets verändern muß, also nicht durch Correcturen in Betreff des Aufsatzes
und der Ladung zu vermehrten Treffern gelangen kann.

Anerkennenswert!) ist außerdem Hie Humanität, welche sich in dem An-
grifföentwurf kuudthut. Wenn man von der Fronte aus mit überlegenen
Kräften angegriffen, und die vorgeschobenen Batterien, anstatt sie in der Länge
zu fassen, (d. h. anstatt sie zu ricochettiren) einfach durch die Scharten von
vorn zu treffen (zu demontiren) gesucht hätte, würden nicht nur die eignen
Schiffe im vorderen Hafen vernichtet, sondern auch der Haupttheil der
Stadt Odessa entsetzlich verwüstet worden sein. Sie wollen aus diesen Um¬
stand um so mehr Gewicht legen, als sich darin der Unterschied ausgesprochen
findet, welcher zwischen russischer und englisch-französischer Kriegführung besteht.


Grenzboten. II. >8ni. 38

Es liegt auf der Hand, daß, nachdem der vernichtende Schlag gefallen
sein wird, die combinirten. Escadren im Eurin nicht fernerhin auf derselben
Stärke erhalten zu werden brauchen, woraus zwei Möglichkeiten erhellen:
erstens mit den unnöthig gewordenen Kriegsschiffen die baltische Flotte zu ver¬
stärken, und sodann die, einen Theil der Kräfte zurückzuziehen, um Ersparnisse
zu machen. Je mehr man sich auf einen langdauernden Krieg gegen Nußland
gesaßt macht, desto mehr wird man Bedacht darauf nehmen, die finanziellen
Opfer, welche er erheischt/aus das mögliche Minimum zu reduciren.




Der Kampf vor Ddefsa.

Sie kennen bei Ankunft dieser Zeilen längst schon und z'war auf directem
Wege den Schlag, welchen die beiden Admiräle der combinirten Pontusflotte
gegen Odessa ausführten. Die Resultate der Beschießung der dortigen russischen
Vertheidigungswerke können zufriedenstellen; eine große Entscheidung wurde
damit ohnehin nicht beabsichtigt. So weit meine Nachrichten über den ganzen
Vorgang reichen, waren die Angriffsdispositionen gut getroffen, und mit einer
weisen Mäßigung in Hinsicht auf den gemachten Kraftaufwand. Was der
Action eine besondere. Bedeutung verleiht, das ist der wichtige Umstand, daß
dieselbe das erste Beispiel für eine geschickte Verwendung der Dampfschiffe für
Offensivzwecke bietet. Die Art und We^se wie die vier Dampffregatten ge¬
handhabt wurden, welche die beiden vorgeschobenen russischen Batterien enfilir-
ten, ist in vielen Hinsichten wahrhaft nieifterhaft. Mit dieser That ist unleug¬
bar das Hauptprincip für alle künftige Angriffe mit Dampfschiffen gegen
Strandbesestigungen oder überhaupt gegen landwärtige Kräfte festgestellt; näm¬
lich dies: das Feuer nicht vor Anker, sondern in der Bewegung abzugeben,
und sich dadurch den Vortheil zu .sichern, daß der Feind seine Schußdirectionen
stets verändern muß, also nicht durch Correcturen in Betreff des Aufsatzes
und der Ladung zu vermehrten Treffern gelangen kann.

Anerkennenswert!) ist außerdem Hie Humanität, welche sich in dem An-
grifföentwurf kuudthut. Wenn man von der Fronte aus mit überlegenen
Kräften angegriffen, und die vorgeschobenen Batterien, anstatt sie in der Länge
zu fassen, (d. h. anstatt sie zu ricochettiren) einfach durch die Scharten von
vorn zu treffen (zu demontiren) gesucht hätte, würden nicht nur die eignen
Schiffe im vorderen Hafen vernichtet, sondern auch der Haupttheil der
Stadt Odessa entsetzlich verwüstet worden sein. Sie wollen aus diesen Um¬
stand um so mehr Gewicht legen, als sich darin der Unterschied ausgesprochen
findet, welcher zwischen russischer und englisch-französischer Kriegführung besteht.


Grenzboten. II. >8ni. 38
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[0305] Es liegt auf der Hand, daß, nachdem der vernichtende Schlag gefallen sein wird, die combinirten. Escadren im Eurin nicht fernerhin auf derselben Stärke erhalten zu werden brauchen, woraus zwei Möglichkeiten erhellen: erstens mit den unnöthig gewordenen Kriegsschiffen die baltische Flotte zu ver¬ stärken, und sodann die, einen Theil der Kräfte zurückzuziehen, um Ersparnisse zu machen. Je mehr man sich auf einen langdauernden Krieg gegen Nußland gesaßt macht, desto mehr wird man Bedacht darauf nehmen, die finanziellen Opfer, welche er erheischt/aus das mögliche Minimum zu reduciren. Der Kampf vor Ddefsa. Sie kennen bei Ankunft dieser Zeilen längst schon und z'war auf directem Wege den Schlag, welchen die beiden Admiräle der combinirten Pontusflotte gegen Odessa ausführten. Die Resultate der Beschießung der dortigen russischen Vertheidigungswerke können zufriedenstellen; eine große Entscheidung wurde damit ohnehin nicht beabsichtigt. So weit meine Nachrichten über den ganzen Vorgang reichen, waren die Angriffsdispositionen gut getroffen, und mit einer weisen Mäßigung in Hinsicht auf den gemachten Kraftaufwand. Was der Action eine besondere. Bedeutung verleiht, das ist der wichtige Umstand, daß dieselbe das erste Beispiel für eine geschickte Verwendung der Dampfschiffe für Offensivzwecke bietet. Die Art und We^se wie die vier Dampffregatten ge¬ handhabt wurden, welche die beiden vorgeschobenen russischen Batterien enfilir- ten, ist in vielen Hinsichten wahrhaft nieifterhaft. Mit dieser That ist unleug¬ bar das Hauptprincip für alle künftige Angriffe mit Dampfschiffen gegen Strandbesestigungen oder überhaupt gegen landwärtige Kräfte festgestellt; näm¬ lich dies: das Feuer nicht vor Anker, sondern in der Bewegung abzugeben, und sich dadurch den Vortheil zu .sichern, daß der Feind seine Schußdirectionen stets verändern muß, also nicht durch Correcturen in Betreff des Aufsatzes und der Ladung zu vermehrten Treffern gelangen kann. Anerkennenswert!) ist außerdem Hie Humanität, welche sich in dem An- grifföentwurf kuudthut. Wenn man von der Fronte aus mit überlegenen Kräften angegriffen, und die vorgeschobenen Batterien, anstatt sie in der Länge zu fassen, (d. h. anstatt sie zu ricochettiren) einfach durch die Scharten von vorn zu treffen (zu demontiren) gesucht hätte, würden nicht nur die eignen Schiffe im vorderen Hafen vernichtet, sondern auch der Haupttheil der Stadt Odessa entsetzlich verwüstet worden sein. Sie wollen aus diesen Um¬ stand um so mehr Gewicht legen, als sich darin der Unterschied ausgesprochen findet, welcher zwischen russischer und englisch-französischer Kriegführung besteht. Grenzboten. II. >8ni. 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/304>, abgerufen am 23.07.2024.