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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Zeit in tuchenen Kleidungsstücken, namentlich beim Gehen und Reiten, aus¬
dauern zu können. An -solchen schwülen Tagen und bei passenden Gelegen¬
heiten trägt der Generalissimus einen eng anschließenden Rock von englischem
Leder und Beinkleider aus Nanking oder von demselben Stoff. Er liebt eS
dabei, de.n "arabischen Emir in.der Wüste" zu spielen, und unter dem Fez
befestigt jenes lange, gestickte, goldflimmernde weiße Tuch über Schultern und
Rücken herabhängen zu lassen, welches beim schnellen Lauf des Pferdes phan¬
tastisch nach rückwärts flattert. Sie sehen, der Mann versteht es, die Landes-
cvstüme auszubeuten und ist dabei von der Eitelkeit des jungen Fähnrichs
nicht frei, der zum ersten Mal den Genuß hat, in Uniform auszugehen.

Wie in der Art, sich zu kleiden,,ist Omer Pascha in seinem ganzen Wesen,
und ich stellte absichtlich jene Kleinigkeiten voran, um damit die Darstellung
tiefer liegender Charakterzüge einleiten zu können. In seinem Auftreten, sei¬
nen Bewegungen, seinen Reden hascht er sichtlich nach Effect, nach einem
möglichst günstigen Eindruck auf den' Beobachter, und kaum ein anderer Sterb¬
licher ist in den letzten sechs Monaten mehr beobachtet worden, wie er. Hören
Sie ihn, zum ersten Mal eine Conversation führen, so werden Sie eingestehen
müssen, daß der Generalissimus gute Formen hat, sich zu benehmen weiß, er
wird Ihnen gefallen. Hören Sie ihn zum zweiten Mal, so werden Sie sich
nicht der Ueberzeugung erwehren können, daß er -- schauspielert.

Sie finden ihn, um vorgestellt zu werden, beim Eintreten in sein Zimmer
oder Sommers in den Garten, wo er Sie in der Laube vor dem Spring¬
brunnen empfängt, lässig auf den Divan hingeworsew, nicht türkisch, sondern
a la l'iÄnKa sitzend, mit übergeschlagenen (nicht untergeschlagenen) Füßen,
das Tschibuckrohr, mit dem die echten Türken äußerst bedächtig umgehen, wie
ein Spielzeug lässig und kaum zum Rauchen benutzt, in der Hand, den Kopf
hintenübergeworfen, scheinbar in nachdenklicher Stellung. Anfangs bemerkt
er Sie natürlich nicht, aber wenn Sie näher getreten sind, springt er schnell
auf und heißt Sie mit einer durchaus europäischen Politesse, an die man im
Orient wenig gewöhnt ist und die der Osmane nicht kennt, willkommen. Meint
er Ihnen größere Ehre erweisen zu müssen, so ladet er Sie ein, neben ihm
auf.'dem Divan Platz zu nehmen; im andern Falle deutet er auf einen der
Lehnstühle, die in der Nähe desselben stehen, und klatscht sofort in die Hände,
damit der Diener erscheine, um Ihnen Tschibuck und Kaffee zu bringen. Die
Unterhaltung wird nicht verfehlen, mit den unvermeidlichen Erörterungen über
das Woher und Wohin zu beginnen. Haben Sie, die türkische Pfeife ab¬
gelehnt, so nimmt der Müschir Veranlassung, Ihnen auseinanderzusetzen, wie
das Rauchen hier dem Militär überhaupt und namentlich im Felde uner¬
läßlich sei. Bei Berührung der allgemeinen türkischen Landeszustände pflegt
^ gern eine spöttische Bemerkung einzuflechten, gleichsam ein Gedenkzeichen,'''-''^""^">


Zeit in tuchenen Kleidungsstücken, namentlich beim Gehen und Reiten, aus¬
dauern zu können. An -solchen schwülen Tagen und bei passenden Gelegen¬
heiten trägt der Generalissimus einen eng anschließenden Rock von englischem
Leder und Beinkleider aus Nanking oder von demselben Stoff. Er liebt eS
dabei, de.n „arabischen Emir in.der Wüste" zu spielen, und unter dem Fez
befestigt jenes lange, gestickte, goldflimmernde weiße Tuch über Schultern und
Rücken herabhängen zu lassen, welches beim schnellen Lauf des Pferdes phan¬
tastisch nach rückwärts flattert. Sie sehen, der Mann versteht es, die Landes-
cvstüme auszubeuten und ist dabei von der Eitelkeit des jungen Fähnrichs
nicht frei, der zum ersten Mal den Genuß hat, in Uniform auszugehen.

Wie in der Art, sich zu kleiden,,ist Omer Pascha in seinem ganzen Wesen,
und ich stellte absichtlich jene Kleinigkeiten voran, um damit die Darstellung
tiefer liegender Charakterzüge einleiten zu können. In seinem Auftreten, sei¬
nen Bewegungen, seinen Reden hascht er sichtlich nach Effect, nach einem
möglichst günstigen Eindruck auf den' Beobachter, und kaum ein anderer Sterb¬
licher ist in den letzten sechs Monaten mehr beobachtet worden, wie er. Hören
Sie ihn, zum ersten Mal eine Conversation führen, so werden Sie eingestehen
müssen, daß der Generalissimus gute Formen hat, sich zu benehmen weiß, er
wird Ihnen gefallen. Hören Sie ihn zum zweiten Mal, so werden Sie sich
nicht der Ueberzeugung erwehren können, daß er — schauspielert.

Sie finden ihn, um vorgestellt zu werden, beim Eintreten in sein Zimmer
oder Sommers in den Garten, wo er Sie in der Laube vor dem Spring¬
brunnen empfängt, lässig auf den Divan hingeworsew, nicht türkisch, sondern
a la l'iÄnKa sitzend, mit übergeschlagenen (nicht untergeschlagenen) Füßen,
das Tschibuckrohr, mit dem die echten Türken äußerst bedächtig umgehen, wie
ein Spielzeug lässig und kaum zum Rauchen benutzt, in der Hand, den Kopf
hintenübergeworfen, scheinbar in nachdenklicher Stellung. Anfangs bemerkt
er Sie natürlich nicht, aber wenn Sie näher getreten sind, springt er schnell
auf und heißt Sie mit einer durchaus europäischen Politesse, an die man im
Orient wenig gewöhnt ist und die der Osmane nicht kennt, willkommen. Meint
er Ihnen größere Ehre erweisen zu müssen, so ladet er Sie ein, neben ihm
auf.'dem Divan Platz zu nehmen; im andern Falle deutet er auf einen der
Lehnstühle, die in der Nähe desselben stehen, und klatscht sofort in die Hände,
damit der Diener erscheine, um Ihnen Tschibuck und Kaffee zu bringen. Die
Unterhaltung wird nicht verfehlen, mit den unvermeidlichen Erörterungen über
das Woher und Wohin zu beginnen. Haben Sie, die türkische Pfeife ab¬
gelehnt, so nimmt der Müschir Veranlassung, Ihnen auseinanderzusetzen, wie
das Rauchen hier dem Militär überhaupt und namentlich im Felde uner¬
läßlich sei. Bei Berührung der allgemeinen türkischen Landeszustände pflegt
^ gern eine spöttische Bemerkung einzuflechten, gleichsam ein Gedenkzeichen,'''-''^""^">


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[0267] Zeit in tuchenen Kleidungsstücken, namentlich beim Gehen und Reiten, aus¬ dauern zu können. An -solchen schwülen Tagen und bei passenden Gelegen¬ heiten trägt der Generalissimus einen eng anschließenden Rock von englischem Leder und Beinkleider aus Nanking oder von demselben Stoff. Er liebt eS dabei, de.n „arabischen Emir in.der Wüste" zu spielen, und unter dem Fez befestigt jenes lange, gestickte, goldflimmernde weiße Tuch über Schultern und Rücken herabhängen zu lassen, welches beim schnellen Lauf des Pferdes phan¬ tastisch nach rückwärts flattert. Sie sehen, der Mann versteht es, die Landes- cvstüme auszubeuten und ist dabei von der Eitelkeit des jungen Fähnrichs nicht frei, der zum ersten Mal den Genuß hat, in Uniform auszugehen. Wie in der Art, sich zu kleiden,,ist Omer Pascha in seinem ganzen Wesen, und ich stellte absichtlich jene Kleinigkeiten voran, um damit die Darstellung tiefer liegender Charakterzüge einleiten zu können. In seinem Auftreten, sei¬ nen Bewegungen, seinen Reden hascht er sichtlich nach Effect, nach einem möglichst günstigen Eindruck auf den' Beobachter, und kaum ein anderer Sterb¬ licher ist in den letzten sechs Monaten mehr beobachtet worden, wie er. Hören Sie ihn, zum ersten Mal eine Conversation führen, so werden Sie eingestehen müssen, daß der Generalissimus gute Formen hat, sich zu benehmen weiß, er wird Ihnen gefallen. Hören Sie ihn zum zweiten Mal, so werden Sie sich nicht der Ueberzeugung erwehren können, daß er — schauspielert. Sie finden ihn, um vorgestellt zu werden, beim Eintreten in sein Zimmer oder Sommers in den Garten, wo er Sie in der Laube vor dem Spring¬ brunnen empfängt, lässig auf den Divan hingeworsew, nicht türkisch, sondern a la l'iÄnKa sitzend, mit übergeschlagenen (nicht untergeschlagenen) Füßen, das Tschibuckrohr, mit dem die echten Türken äußerst bedächtig umgehen, wie ein Spielzeug lässig und kaum zum Rauchen benutzt, in der Hand, den Kopf hintenübergeworfen, scheinbar in nachdenklicher Stellung. Anfangs bemerkt er Sie natürlich nicht, aber wenn Sie näher getreten sind, springt er schnell auf und heißt Sie mit einer durchaus europäischen Politesse, an die man im Orient wenig gewöhnt ist und die der Osmane nicht kennt, willkommen. Meint er Ihnen größere Ehre erweisen zu müssen, so ladet er Sie ein, neben ihm auf.'dem Divan Platz zu nehmen; im andern Falle deutet er auf einen der Lehnstühle, die in der Nähe desselben stehen, und klatscht sofort in die Hände, damit der Diener erscheine, um Ihnen Tschibuck und Kaffee zu bringen. Die Unterhaltung wird nicht verfehlen, mit den unvermeidlichen Erörterungen über das Woher und Wohin zu beginnen. Haben Sie, die türkische Pfeife ab¬ gelehnt, so nimmt der Müschir Veranlassung, Ihnen auseinanderzusetzen, wie das Rauchen hier dem Militär überhaupt und namentlich im Felde uner¬ läßlich sei. Bei Berührung der allgemeinen türkischen Landeszustände pflegt ^ gern eine spöttische Bemerkung einzuflechten, gleichsam ein Gedenkzeichen,'''-''^""^">

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/266>, abgerufen am 22.12.2024.