Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.Mehr unzufrieden, wie mit den alliirten Schutzmächten möchte man in diesem Was die Einleitungen der Wcstmächtc zum orientalischen Feldzuge anlangt, Der heutige und gestrige Tag waren hohe Festtage für die hiesige perotische Alles kommt jetzt daraus an, was zunächst die Hilfe ausrichten wird , und es . Nachschrift. Eben ist ein neuer englischer Steamer mit Truppen angelangt, Mehr unzufrieden, wie mit den alliirten Schutzmächten möchte man in diesem Was die Einleitungen der Wcstmächtc zum orientalischen Feldzuge anlangt, Der heutige und gestrige Tag waren hohe Festtage für die hiesige perotische Alles kommt jetzt daraus an, was zunächst die Hilfe ausrichten wird , und es . Nachschrift. Eben ist ein neuer englischer Steamer mit Truppen angelangt, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0246" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98026"/> <p xml:id="ID_763"> Mehr unzufrieden, wie mit den alliirten Schutzmächten möchte man in diesem<lb/> Augenblick mit den bei der Kriegführung betheiligten türkischen Behörden selbst sein.<lb/> Nicht zu leugnen ist, daß dieselben im vergangenen Jahre eine anerkennenswerthe<lb/> Energie entfalteten; aber, seltsam zu sagen: mit der Gewißheit des auswärtigen<lb/> Schutzes scheint dieselbe zu erlahmen. Man ist hier mit Omer Pascha nicht wenig<lb/> unzufrieden, und dennoch dürfte dieser Heerführer unter den hohen Würdenträgern<lb/> derjenige sein, welcher den mindesten Tadel verdient. Risa Pascha, der Seriasker<lb/> oder Kriegsminister, ein Mann, der nicht nnr Einsicht hat, sondern auch Willens¬<lb/> kraft, und der in allen sonstigen Stellungen > Eifer bewies, ist zwar immer noch<lb/> einer der thätigsten unter den Leitern des Cabinets, aber ich möchte behaupten, daß seine<lb/> gegenwärtigen Leistungen, in Anbetracht der frühern, nicht im rechten Verhältniß zu den<lb/> 'Anforderungen des Moments stehen. Man müßte, sollte ich meinen, mit den neuen<lb/> Formationen, mit der Organisation der Besatzmannschaften schon weiter vorge¬<lb/> schritten sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_764"> Was die Einleitungen der Wcstmächtc zum orientalischen Feldzuge anlangt,<lb/> so muß ich gestehen, daß die Langsamkeit, in der Engländer und Franzosen unter¬<lb/> einander gleichsam wetteifern, mich im höchsten Maße in Erstannen setzt. In einer<lb/> Zeit, wo man über Dampfschiffe, d. h. über ein keinen Zufälligkeiten unterworfenes,<lb/> von Wind und Wetter unabhängiges Transportmittel zu verfügen hat, sollte der<lb/> Transport von 20,000 Mann von England nach Konstantinopel füglich nicht mehr<lb/> als drei Wochen hinwegnehmen. Anstatt dessen sind, nunmehr, seit Einschiffung<lb/> des „ersten Bataillons in Southampton bereits sechs Wochen vergangen, und anstatt<lb/> 20,000 Mann haben wir erst den zehnten Theil davon hier. Es ist ein Glück,<lb/> daß Schnelligkeit auch nicht die starke.Seite der russischen Kriegführung ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_765"> Der heutige und gestrige Tag waren hohe Festtage für die hiesige perotische<lb/> Bevölkerung, die, soweit sie nicht griechisch-, römisch-katholisch ist. In der grande<lb/> rue de Pe^ra war an beiden Vormittagen kaum hindurchzukommeu. Die fremden,<lb/> französischen und englischen Offiziere treten immer massenhafter ans; wie staunt der<lb/> Türke diese bunten Uniformen, diese Chasseurs, Lanzicrs und Husaren an! Wie<lb/> ist ihm dies alles fremd, man und imposant! In einigen Hinsichten haben die<lb/> französischen Blätter recht, wenn sie sich von der Anwesenheit beider Exveditions-<lb/> Heere bedeutende Resultate rücksichtlich der Veränderung der türkischen Weltanschauung<lb/> versprachen: die Begriffe von der Macht'der westlichen Staaten werden eine un¬<lb/> berechenbare Steigerung erfahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_766"> Alles kommt jetzt daraus an, was zunächst die Hilfe ausrichten wird , und es<lb/> ist dabei nicht zu verkennen, daß man den ersten Resultaten, die englische oder<lb/> französische Waffen gewinnen möchten, eine ganz besondere Bedeutung zuzuschreiben<lb/> haben' wird. Meine nächsten Briefe können darüber allerdings' noch nichts ent¬<lb/> halten — indeß muß man erwarten, daß bis Mitte Mai, also binnen drei oder<lb/> vier Wochen etwas Entscheidendes geschehen sein wird. Eine weitere Verlängerung<lb/> des Verzuges dürfte die ernstesten Folgen nach sich ziehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_767"> . Nachschrift. Eben ist ein neuer englischer Steamer mit Truppen angelangt,<lb/> die vor Skutari ausgeschifft werden. Zwei andere Truppendampser gingen kurz<lb/> zuvor durch die Meerenge, wie man mir sagt, mit der Bestimmung nach Varna.<lb/> Es ist die höchste Zeit für das Anlangen der Hilft. —</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0246]
Mehr unzufrieden, wie mit den alliirten Schutzmächten möchte man in diesem
Augenblick mit den bei der Kriegführung betheiligten türkischen Behörden selbst sein.
Nicht zu leugnen ist, daß dieselben im vergangenen Jahre eine anerkennenswerthe
Energie entfalteten; aber, seltsam zu sagen: mit der Gewißheit des auswärtigen
Schutzes scheint dieselbe zu erlahmen. Man ist hier mit Omer Pascha nicht wenig
unzufrieden, und dennoch dürfte dieser Heerführer unter den hohen Würdenträgern
derjenige sein, welcher den mindesten Tadel verdient. Risa Pascha, der Seriasker
oder Kriegsminister, ein Mann, der nicht nnr Einsicht hat, sondern auch Willens¬
kraft, und der in allen sonstigen Stellungen > Eifer bewies, ist zwar immer noch
einer der thätigsten unter den Leitern des Cabinets, aber ich möchte behaupten, daß seine
gegenwärtigen Leistungen, in Anbetracht der frühern, nicht im rechten Verhältniß zu den
'Anforderungen des Moments stehen. Man müßte, sollte ich meinen, mit den neuen
Formationen, mit der Organisation der Besatzmannschaften schon weiter vorge¬
schritten sein.
Was die Einleitungen der Wcstmächtc zum orientalischen Feldzuge anlangt,
so muß ich gestehen, daß die Langsamkeit, in der Engländer und Franzosen unter¬
einander gleichsam wetteifern, mich im höchsten Maße in Erstannen setzt. In einer
Zeit, wo man über Dampfschiffe, d. h. über ein keinen Zufälligkeiten unterworfenes,
von Wind und Wetter unabhängiges Transportmittel zu verfügen hat, sollte der
Transport von 20,000 Mann von England nach Konstantinopel füglich nicht mehr
als drei Wochen hinwegnehmen. Anstatt dessen sind, nunmehr, seit Einschiffung
des „ersten Bataillons in Southampton bereits sechs Wochen vergangen, und anstatt
20,000 Mann haben wir erst den zehnten Theil davon hier. Es ist ein Glück,
daß Schnelligkeit auch nicht die starke.Seite der russischen Kriegführung ist.
Der heutige und gestrige Tag waren hohe Festtage für die hiesige perotische
Bevölkerung, die, soweit sie nicht griechisch-, römisch-katholisch ist. In der grande
rue de Pe^ra war an beiden Vormittagen kaum hindurchzukommeu. Die fremden,
französischen und englischen Offiziere treten immer massenhafter ans; wie staunt der
Türke diese bunten Uniformen, diese Chasseurs, Lanzicrs und Husaren an! Wie
ist ihm dies alles fremd, man und imposant! In einigen Hinsichten haben die
französischen Blätter recht, wenn sie sich von der Anwesenheit beider Exveditions-
Heere bedeutende Resultate rücksichtlich der Veränderung der türkischen Weltanschauung
versprachen: die Begriffe von der Macht'der westlichen Staaten werden eine un¬
berechenbare Steigerung erfahren.
Alles kommt jetzt daraus an, was zunächst die Hilfe ausrichten wird , und es
ist dabei nicht zu verkennen, daß man den ersten Resultaten, die englische oder
französische Waffen gewinnen möchten, eine ganz besondere Bedeutung zuzuschreiben
haben' wird. Meine nächsten Briefe können darüber allerdings' noch nichts ent¬
halten — indeß muß man erwarten, daß bis Mitte Mai, also binnen drei oder
vier Wochen etwas Entscheidendes geschehen sein wird. Eine weitere Verlängerung
des Verzuges dürfte die ernstesten Folgen nach sich ziehen.
. Nachschrift. Eben ist ein neuer englischer Steamer mit Truppen angelangt,
die vor Skutari ausgeschifft werden. Zwei andere Truppendampser gingen kurz
zuvor durch die Meerenge, wie man mir sagt, mit der Bestimmung nach Varna.
Es ist die höchste Zeit für das Anlangen der Hilft. —
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