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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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schwader gleich nach Rückkunft der Fury die Anker gelichtet hatten und gegen Odessa
gesteuert seien.

Was in diesen Tagen selbstredend am meisten das Interesse in Anspruch nimmt,
das siud die Ereignisse aus dem bulgarischen Kriegstheater. Wie Sie wissen, führ¬
ten die Russen den Dvnauübcrgang bei Matschin am 20. v. Mes. aus.' Omer
Pascha hatte von der ostwärtigen Direktion der feindlichen Streitkräfte und na¬
mentlich von der Rücknahme großer.Massen aus der kleinen Walachei durch seiue
griechischen Kundschafter längst Kunde, und ans Grund dieser Benachrichtigung ein
russisches Unternehmen im Bereich des unteren Stromlanfes der Donau voraus¬
gesetzt. Seit dem IL. März war das'Gros seiner mobile" Kräfte nach dorthin
in Bewegung gesetzt. Müschir Ismael Pascha war von Widdin bis Rustschnck ge¬
langt, und Omer Pascha selbst weilte in Silistria, um von dort aus den Marsch
seiner Streitkräfte zu überwache", als am 26. März ein Talar ans dem Haupt¬
quartier Haut Paschas, des Commandirenden in der Dobrndscha, ihm die Nachricht
von dem russischen Uebergange überbrachte. Diese Estafette hatte den Oberbefehls¬
haber offenbar zuerst verfehlt gehabt, woraus allein der Verzug zu erklären sein
dürste. Omer Pascha entschloß sich schnell, und dirigirte sämmtliche Kolonnen, welche
beiläufig gesagt alle von West nach Ost der Donau entlang führenden bulgarischen
Straßen bedeckten, und denen die Kara-Su-Linie als Rendezvousstellnng be¬
stimmt worden war, auf Schumla.

Dieser Sachverhalt wird für die spätere Beurtheilung der Ereignisse von Be¬
deutung sein. Es scheint, daß Omer Pascha später an eine Concentrirung seiner
Armee bei Rassowa.(zwischen Silistria und Czernawoda) gedacht hat; anch bin ich
nicht im Stande, zu sagen ob nicht einige Kolonnen wirklich' Gegenbefehl erhielten
und sich dieser neuen Direction zuwendeten. Im allgemeinen hat die Rückbewegnng
einen ungünstigen Eindruck hervorgebracht; nicht nur in der Armee selber, sondern
auch unter der bulgarische" Bevölkerung und namentlich in Stambul. . Man meint
allgemein, daß Omer Pascha sich in der Nothwendigkeit befinde, nunmehr etwas
Entscheidendes und Großes zu thun, wenn nicht sein Ruf einen bedenklichen Stoß
erhalten solle. Man nennt schon heute den Namen des Müschir Ismael Pascha
mit bedeutungsvoller Miene. So weit ich aus der Ferne die Lage der Dinge' zu
beurtheilen vermag, war die Rücknahme der Streitkräfte ans Schumla allerdings
etwas übereilt. Mir ist uicht klar warum der Höchstcommandirende mindestens nicht
den Versuch machte, die Kara-Su-Linie (Trajanswall) zu halten, und andererseits
begreife ich nicht, welche Absicht er mit einer Aufstellung bei Rassowa verbinde" konnte.

Nach den "e"este" hier eingegangenen Nachrichten war Müschir Ismael Pascha
mit der Avantgarde eines starke" Armeecorps i" Basar-Tschick ""gekommen. Dieser
Ort liegt aus der Mitte des Weges zwischen Varna und der Donau und ist ziem¬
lich gleich weit vou Silistria und Schumla entfernt. Eine Position bietet die Stadt,
welche ganz im Thale liegt, nicht dar, man kann also nicht voraussetze", daß die
Armee hier Halt niache" wird. Im Gegentheil ist es wahrschci"licher, daß sie bis
zur Kara-Su-Linie vorgeht, und diese de" Russen streitig zu machen sucht. Hierüber
müssen wir in diesen Tagen Auskunft erhalte". Sie werde" die Entwicklung
wahrscheinlich schon ihren Hauptzügen nach kennen, wenn dieser Bries bei Ihnen
eintreffen wird.


schwader gleich nach Rückkunft der Fury die Anker gelichtet hatten und gegen Odessa
gesteuert seien.

Was in diesen Tagen selbstredend am meisten das Interesse in Anspruch nimmt,
das siud die Ereignisse aus dem bulgarischen Kriegstheater. Wie Sie wissen, führ¬
ten die Russen den Dvnauübcrgang bei Matschin am 20. v. Mes. aus.' Omer
Pascha hatte von der ostwärtigen Direktion der feindlichen Streitkräfte und na¬
mentlich von der Rücknahme großer.Massen aus der kleinen Walachei durch seiue
griechischen Kundschafter längst Kunde, und ans Grund dieser Benachrichtigung ein
russisches Unternehmen im Bereich des unteren Stromlanfes der Donau voraus¬
gesetzt. Seit dem IL. März war das'Gros seiner mobile» Kräfte nach dorthin
in Bewegung gesetzt. Müschir Ismael Pascha war von Widdin bis Rustschnck ge¬
langt, und Omer Pascha selbst weilte in Silistria, um von dort aus den Marsch
seiner Streitkräfte zu überwache», als am 26. März ein Talar ans dem Haupt¬
quartier Haut Paschas, des Commandirenden in der Dobrndscha, ihm die Nachricht
von dem russischen Uebergange überbrachte. Diese Estafette hatte den Oberbefehls¬
haber offenbar zuerst verfehlt gehabt, woraus allein der Verzug zu erklären sein
dürste. Omer Pascha entschloß sich schnell, und dirigirte sämmtliche Kolonnen, welche
beiläufig gesagt alle von West nach Ost der Donau entlang führenden bulgarischen
Straßen bedeckten, und denen die Kara-Su-Linie als Rendezvousstellnng be¬
stimmt worden war, auf Schumla.

Dieser Sachverhalt wird für die spätere Beurtheilung der Ereignisse von Be¬
deutung sein. Es scheint, daß Omer Pascha später an eine Concentrirung seiner
Armee bei Rassowa.(zwischen Silistria und Czernawoda) gedacht hat; anch bin ich
nicht im Stande, zu sagen ob nicht einige Kolonnen wirklich' Gegenbefehl erhielten
und sich dieser neuen Direction zuwendeten. Im allgemeinen hat die Rückbewegnng
einen ungünstigen Eindruck hervorgebracht; nicht nur in der Armee selber, sondern
auch unter der bulgarische» Bevölkerung und namentlich in Stambul. . Man meint
allgemein, daß Omer Pascha sich in der Nothwendigkeit befinde, nunmehr etwas
Entscheidendes und Großes zu thun, wenn nicht sein Ruf einen bedenklichen Stoß
erhalten solle. Man nennt schon heute den Namen des Müschir Ismael Pascha
mit bedeutungsvoller Miene. So weit ich aus der Ferne die Lage der Dinge' zu
beurtheilen vermag, war die Rücknahme der Streitkräfte ans Schumla allerdings
etwas übereilt. Mir ist uicht klar warum der Höchstcommandirende mindestens nicht
den Versuch machte, die Kara-Su-Linie (Trajanswall) zu halten, und andererseits
begreife ich nicht, welche Absicht er mit einer Aufstellung bei Rassowa verbinde» konnte.

Nach den »e»este» hier eingegangenen Nachrichten war Müschir Ismael Pascha
mit der Avantgarde eines starke» Armeecorps i» Basar-Tschick «»gekommen. Dieser
Ort liegt aus der Mitte des Weges zwischen Varna und der Donau und ist ziem¬
lich gleich weit vou Silistria und Schumla entfernt. Eine Position bietet die Stadt,
welche ganz im Thale liegt, nicht dar, man kann also nicht voraussetze», daß die
Armee hier Halt niache» wird. Im Gegentheil ist es wahrschci»licher, daß sie bis
zur Kara-Su-Linie vorgeht, und diese de» Russen streitig zu machen sucht. Hierüber
müssen wir in diesen Tagen Auskunft erhalte». Sie werde» die Entwicklung
wahrscheinlich schon ihren Hauptzügen nach kennen, wenn dieser Bries bei Ihnen
eintreffen wird.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/199>, abgerufen am 22.12.2024.