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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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3 -- 4 Monaten dazu nöthig sein, bevor man alle diese verschiedenen, im weitem
Reich sehr zerstreut garnisonirenden Corps ans irqend einem Punkte vereinigen
könnte. Alle diese Corps lassen aber irn Reiche sehr starke Reserven und Depots
zurück, die es ihnen gestatten, durch beständige Nachsendungen neuer Ergänzuugs-
mannschasten ihre Reihen ziemlich vollständig zu erhalten. Jedes Regiment
vou 3 Feldbataillonen hat 3, jedes Regiment zu i Bataillonen aber 2 Ne^
servebatailloize, die meist getrennt vom Regimente garnisonireu. Ebenso hat jedes
Cavalerieregiment 2--3 Reserveescadrous. Die Mannschaft dieser Reserven oder
Depots soll theils aus den Recruten, die in denselben einexercirt werden, theils
aus d,en nach 13jähriger ununterbrochener Dienstzeit beurlaubten Soldaten, die
nnr im Fall einer Krjegsrüstung augenblicklich wieder einberufe" werden können,
bestehen. Die Offiziere derselben sind theils von den Feldbataillonen dazu com-
mandirt, theils auch im Frieden auf unbestimmten Urlaub entlassen und werden
nur im Kriege wieder einberufen. Die ganze Zahl dieser Reservetruppeu, die
theilweise augenblicklich in voller Eile wieder mobil gemacht werden sollen, zerfällt
in zwei Aufgebote. Das 1. Aufgebot, welches den neuesten Nachrichten zufolge
jetzt schon wieder bei den Fahnen versammelt ist, soll bestehen aus:

9 Bataillonen Grenadiere, 3 Bataillonen Carabiniers, 86 Bataillone Musketiere,
36 Bataillone Jäger, 32 Escadrons regulärer Reiterei und 24 Batterien Fu߬
artillerie, die zusammen eine Stärke von circa 100,000 Mann besitzen.

Das zweite Aufgebot, welches je nach Bedürfniß eingezogen wird, besteht
aus 12 Bataillonen Reserve der Garde (nach den neuesten Nachrichten einberufen)
12 Bataillonen Grenadiere und Carabiniers, 72 Bataillone Musketiere und Jäger,
62 Escadrons regulärer Reiterei, 24 Fuß-, 11 reitenden Batterien und 16 Com¬
pagnien Sappeure, die zusammen eine Stärke von 113,000 Mann haben, wo¬
nach also sämmtliche Reserven bis auf 213,000 Mann gebracht werden konnten. Wenn
man nun auch mit ziemlicher Sicherheit annehmen darf, daß ein gutes Viertheil
aller dieser Reservetruppen in Wirklichkeit niemals wird auf die Beine gebracht
werden können, so blieben doch mindestens 130,000 Mann Reserven in beiden
Aufgeboten vorhanden. Dies ist aber eine sehr starke Zahl, welche für die active
Operationsarmee die sichere Aussicht gibt, daß sie alle ihre Verluste stets durch
frische Mannschaft wird ergänzen können. Wir glauben überhaupt, daß die eigent¬
liche Stärke des russischen Landheeres mehr in seiner nachhaltigen Zähigkeit,
als in seiner augenblicklichen Kraftentwicklung oder in dem feurigen Kampfes-
mnthe seiner Truppen besteht. Der russische Soldat kämpft nnr gezwungen,
und daher nicht freudig und muthig, aber er kämpft auch gehorsam und daher
nachhaltig und ausdauernd.

Den dritten Theil der regulären Landmacht Rußlands bilden die sogenannten
besonderen Corps zu Localzwecken. Der Krieg am Kaukasus, der.Garnisvndienst
in den Festungen und Städten, der besondere Schutz der Grenzen und der Dienst


3 — 4 Monaten dazu nöthig sein, bevor man alle diese verschiedenen, im weitem
Reich sehr zerstreut garnisonirenden Corps ans irqend einem Punkte vereinigen
könnte. Alle diese Corps lassen aber irn Reiche sehr starke Reserven und Depots
zurück, die es ihnen gestatten, durch beständige Nachsendungen neuer Ergänzuugs-
mannschasten ihre Reihen ziemlich vollständig zu erhalten. Jedes Regiment
vou 3 Feldbataillonen hat 3, jedes Regiment zu i Bataillonen aber 2 Ne^
servebatailloize, die meist getrennt vom Regimente garnisonireu. Ebenso hat jedes
Cavalerieregiment 2—3 Reserveescadrous. Die Mannschaft dieser Reserven oder
Depots soll theils aus den Recruten, die in denselben einexercirt werden, theils
aus d,en nach 13jähriger ununterbrochener Dienstzeit beurlaubten Soldaten, die
nnr im Fall einer Krjegsrüstung augenblicklich wieder einberufe» werden können,
bestehen. Die Offiziere derselben sind theils von den Feldbataillonen dazu com-
mandirt, theils auch im Frieden auf unbestimmten Urlaub entlassen und werden
nur im Kriege wieder einberufen. Die ganze Zahl dieser Reservetruppeu, die
theilweise augenblicklich in voller Eile wieder mobil gemacht werden sollen, zerfällt
in zwei Aufgebote. Das 1. Aufgebot, welches den neuesten Nachrichten zufolge
jetzt schon wieder bei den Fahnen versammelt ist, soll bestehen aus:

9 Bataillonen Grenadiere, 3 Bataillonen Carabiniers, 86 Bataillone Musketiere,
36 Bataillone Jäger, 32 Escadrons regulärer Reiterei und 24 Batterien Fu߬
artillerie, die zusammen eine Stärke von circa 100,000 Mann besitzen.

Das zweite Aufgebot, welches je nach Bedürfniß eingezogen wird, besteht
aus 12 Bataillonen Reserve der Garde (nach den neuesten Nachrichten einberufen)
12 Bataillonen Grenadiere und Carabiniers, 72 Bataillone Musketiere und Jäger,
62 Escadrons regulärer Reiterei, 24 Fuß-, 11 reitenden Batterien und 16 Com¬
pagnien Sappeure, die zusammen eine Stärke von 113,000 Mann haben, wo¬
nach also sämmtliche Reserven bis auf 213,000 Mann gebracht werden konnten. Wenn
man nun auch mit ziemlicher Sicherheit annehmen darf, daß ein gutes Viertheil
aller dieser Reservetruppen in Wirklichkeit niemals wird auf die Beine gebracht
werden können, so blieben doch mindestens 130,000 Mann Reserven in beiden
Aufgeboten vorhanden. Dies ist aber eine sehr starke Zahl, welche für die active
Operationsarmee die sichere Aussicht gibt, daß sie alle ihre Verluste stets durch
frische Mannschaft wird ergänzen können. Wir glauben überhaupt, daß die eigent¬
liche Stärke des russischen Landheeres mehr in seiner nachhaltigen Zähigkeit,
als in seiner augenblicklichen Kraftentwicklung oder in dem feurigen Kampfes-
mnthe seiner Truppen besteht. Der russische Soldat kämpft nnr gezwungen,
und daher nicht freudig und muthig, aber er kämpft auch gehorsam und daher
nachhaltig und ausdauernd.

Den dritten Theil der regulären Landmacht Rußlands bilden die sogenannten
besonderen Corps zu Localzwecken. Der Krieg am Kaukasus, der.Garnisvndienst
in den Festungen und Städten, der besondere Schutz der Grenzen und der Dienst


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/133>, abgerufen am 23.07.2024.