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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band.

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Palmerston, wie immer nonchalant und kampffertig; auf der andern rechten
Seite Sir James Graham,.den Hut etwas zurückgesetzt und mit einem stereotypen
trägen Lächeln um deu Mund. Links von Lord Palmerston sitzt Mr. Gladstone
mit dem lebhaften geistreichen Gesichte, dann der Präsident des Handelsamts
Cardwell und der Secretär des Schatzamts als Adjutant Gladstones, sowie ver¬
schiedene andere Mitglieder des Ministeriums, die sich nicht mit im Cabinet be¬
finden. Neben Sir James Grccham sitzt nach dem Sprecher zu meistens der
Kricgssecretär, Sydney Herbert, dann Sir William Molesworth mit dem weißen
weit zurückgeschobenen Hut, ziemlich langem zurückgestrichenem Haar, dem nie
fehlenden Stecher im Auge und 'scheinbar in halben Schlaf versunken. Sein
Nachbar ist der Präsident des Controleamts Sir Charles Wood und dann kommen
noch verschiedene Unterbeamte des Ministeriums. Aus der zweiten Bank aus dem
äußersten rechten Flügel, unmittelbar neben dem G^nge, der quer durch das Haus
führt und der Gangway heißt, sitzt seit unvordenklichen Zeiten Hume, der Veteran
der Reformer, neben ihm verschiedene alte Gesinnungsgenossen. In der Mitte
dieser Bank saß Macaulay an den wenigen Tagen, wo er während der gegen¬
wärtigen Session gesprochen hat. Die dritte Bank hat Sir James Graham nach
dem Sturze des Ministeriums Peel als Asyl für Exminister eingeweiht; jetzt fleht
man daselbst die Mitglieder von Lord John Nussells Ministerium, die keinen
Platz in dem neuen Cabinet gesunden haben, wie Sir George Grey, Sir Francis
Baring, Labouchere, Tuffnel, Lord Seymour und verschiedene andere, sowie den
Peeliten Golbourne. Die übrigen Bänke sind wohl gefüllt i;ut ganz hinten hat
der radicale Thomas Duncombe seinen Platz, dessen Geist und Witz sprudelnde
Reden stets bereitwillig Gehör finden.

Jenseits des Gangways, aber auch noch auf der rechten Seite des Hauses
sitzen diejenigen Mitglieder, die im ganzen mit dem Ministerium gehen, aber
nicht unbedingt zur ministeriellen Partei zählen. Auf der ersten Bank sahen
wir bis noch vor ganz kurzem das durch seine streng kirchliche Richtung bekannte
Mitglied für die Universität Oxford, Sir Robert Inglis, ein würdiges Abtsgesicht
und stets mit einer Blume im Knopfloch und neben ihm das scharfgeschnittene
geistvolle Gesicht Henry Drnmmonds, ein großer politischer Skeptiker und origineller
sehr sarkastischer Redner. .Sein Nachbar ist meistens Layard, der Entdecker von
Ninive, in dieser Session der beständige Interpellant über die orientalische Frage.
Auf der zweiten Bank erblicken wir die Mitglieder der Manchesterschnle und die
Vertreter der verschiedenen Theile Londons: Mr. Bright mit dem Quäkerhnt und
in der Quäkertracht, gegenwärtig einer der geschicktesten Debaters des Hauses,
Cobden mit dem gescheidten etwas höhnischen Gesicht, als wüßte er, daß alle
Redner dem Volke draußen nur Fallstricke legen wollten. Obgleich er seinem
politischen Ruf in der letzten Zeit mannigfach geschadet hat, findet er doch stets
aufmerksames Gehör, läßt es aber dem Hause merken, daß er weniger zu den


Palmerston, wie immer nonchalant und kampffertig; auf der andern rechten
Seite Sir James Graham,.den Hut etwas zurückgesetzt und mit einem stereotypen
trägen Lächeln um deu Mund. Links von Lord Palmerston sitzt Mr. Gladstone
mit dem lebhaften geistreichen Gesichte, dann der Präsident des Handelsamts
Cardwell und der Secretär des Schatzamts als Adjutant Gladstones, sowie ver¬
schiedene andere Mitglieder des Ministeriums, die sich nicht mit im Cabinet be¬
finden. Neben Sir James Grccham sitzt nach dem Sprecher zu meistens der
Kricgssecretär, Sydney Herbert, dann Sir William Molesworth mit dem weißen
weit zurückgeschobenen Hut, ziemlich langem zurückgestrichenem Haar, dem nie
fehlenden Stecher im Auge und 'scheinbar in halben Schlaf versunken. Sein
Nachbar ist der Präsident des Controleamts Sir Charles Wood und dann kommen
noch verschiedene Unterbeamte des Ministeriums. Aus der zweiten Bank aus dem
äußersten rechten Flügel, unmittelbar neben dem G^nge, der quer durch das Haus
führt und der Gangway heißt, sitzt seit unvordenklichen Zeiten Hume, der Veteran
der Reformer, neben ihm verschiedene alte Gesinnungsgenossen. In der Mitte
dieser Bank saß Macaulay an den wenigen Tagen, wo er während der gegen¬
wärtigen Session gesprochen hat. Die dritte Bank hat Sir James Graham nach
dem Sturze des Ministeriums Peel als Asyl für Exminister eingeweiht; jetzt fleht
man daselbst die Mitglieder von Lord John Nussells Ministerium, die keinen
Platz in dem neuen Cabinet gesunden haben, wie Sir George Grey, Sir Francis
Baring, Labouchere, Tuffnel, Lord Seymour und verschiedene andere, sowie den
Peeliten Golbourne. Die übrigen Bänke sind wohl gefüllt i;ut ganz hinten hat
der radicale Thomas Duncombe seinen Platz, dessen Geist und Witz sprudelnde
Reden stets bereitwillig Gehör finden.

Jenseits des Gangways, aber auch noch auf der rechten Seite des Hauses
sitzen diejenigen Mitglieder, die im ganzen mit dem Ministerium gehen, aber
nicht unbedingt zur ministeriellen Partei zählen. Auf der ersten Bank sahen
wir bis noch vor ganz kurzem das durch seine streng kirchliche Richtung bekannte
Mitglied für die Universität Oxford, Sir Robert Inglis, ein würdiges Abtsgesicht
und stets mit einer Blume im Knopfloch und neben ihm das scharfgeschnittene
geistvolle Gesicht Henry Drnmmonds, ein großer politischer Skeptiker und origineller
sehr sarkastischer Redner. .Sein Nachbar ist meistens Layard, der Entdecker von
Ninive, in dieser Session der beständige Interpellant über die orientalische Frage.
Auf der zweiten Bank erblicken wir die Mitglieder der Manchesterschnle und die
Vertreter der verschiedenen Theile Londons: Mr. Bright mit dem Quäkerhnt und
in der Quäkertracht, gegenwärtig einer der geschicktesten Debaters des Hauses,
Cobden mit dem gescheidten etwas höhnischen Gesicht, als wüßte er, daß alle
Redner dem Volke draußen nur Fallstricke legen wollten. Obgleich er seinem
politischen Ruf in der letzten Zeit mannigfach geschadet hat, findet er doch stets
aufmerksames Gehör, läßt es aber dem Hause merken, daß er weniger zu den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97779/11>, abgerufen am 23.07.2024.