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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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ganzen Gartencultur eine neue Richtung und unseren Gärten ein neues Aussehn
gegeben hat. Zu unsern wissenschaftliche" Reisenden stehen sie in ähnlichem Ver¬
hältniß, wie ein Zeitnngscorrespoudeut zu einem gelehrten Historiker, oder wie
ein flüchtiges Streifcorps zu einem formirter Truppenkörper, sie sind behend,
aber nicht immer zuverlässig. Die beschreibende Naturwissenschaft verdankt ihnen
vieles, doch wurde ihre Bedeutuug für die Wissenschaft weit größer sei", wenn
die Herren nicht oft eine mangelhafte Bildung und zu große Einseitigkeit hätten.

Zu den tüchtigsten nnter diesen Reisenden gehörte der Verfasser des angezeigten
Werkes und viel Interessantes und gut Erzähltes über Sitten und Leben, über
Landbau und Industrie der Chinesen ist darin zu finden. Fortune war auf seinen
Reisen ungewöhnlich thätig und glücklich, zahlreiche Sendungen neuer Garten,
binnen und Fruchtbäume wurden durch ihn nach England geschafft und haben
sich zum Theil schon in unsre Gärten verbreitet, z. B. die neuen prächtigen
Varietäten de.r Banmpäonie (pueoma mouwn), hochrothe, gelbliche, lillasarbenc
u. s. w. Bekanntlich ist China das Vaterland vieler unserer schönsten Blumen,
der Hortensien, der Kamelien, einiger Rosen, vieler Azaleen und Rhododen¬
drons n.<s. w. Seit der Reise Fortunes ist China durch eine große Anzahl
von Werken bekannter geworden, aber der Bericht des intelligenten und tüchtige"
Mannes wird deshalb immer seinen Werth behalten, weil er eine männliche" sehr
entschlossene und nmstchtige Persönlichkeit zeigt, welche sich mit bescheidenem Selbst¬
gefühl darzustellen weiß und weil F. den großen Vorzug hat, nicht als müßiger
Reisender, sondern mit bestimmten Interessen und mit nicht gewöhnlicher Kenntniß
in seinem Fach das fremde Leben zu betrachte". Sehr belehrend ist in seinem Buche
ein Excurs über den Thee. Obgleich schou von anderen Seiten darüber mehr¬
fach berichtet worden ist, so sei hier doch in Kürze das Sachverhältniß zum
Frommen deutscher Theetrinker dargestellt.

In den verschiedenen Gegenden des ungeheuern chinesischen Reiches werden
zwei von einander verschiedene Species des Theestrauchs, etwa twkea und etc-g,
viriclis angebaut. Die vn-Kuh wird zwar als die edlere betrachtet, doch ist
im Geschmack, Geruch u. f. w. nur ein sehr geringer oder gar kein Unterschied
bemerkbar. Die Chinese" machen für ihren eigenen Gebrauch in den verschiedenen
Landschaften sowol schwarzen als grünlichen Thee, aber beide Sorten zuweilen
von derselbe" Pflanze. Die Unterschiede in der Farbe werden durch verschiedene
Behandlung beim Trocknen hervorgebracht. Die Blätter nämlich, welche zu
schwarzem Thee bestimmt sind, werden länger den Sonnenstrahlen ausgesetzt und
stärker auf eisernen Platten geröstet. Der schwarze Thee, welchen wir trinke",
gleicht dem schwarzen Thee der Chinesen; der grüne Thee aber, welchen die
Chinesen für den Export ins Ausland, namentlich nach Europa machen, wird
noch besonders präparirt, und ist deshalb von dem grünen Thee, welchen
sie selbst trinken, verschieden. Er wird nämlich durch Zusatz von blausauren


ganzen Gartencultur eine neue Richtung und unseren Gärten ein neues Aussehn
gegeben hat. Zu unsern wissenschaftliche» Reisenden stehen sie in ähnlichem Ver¬
hältniß, wie ein Zeitnngscorrespoudeut zu einem gelehrten Historiker, oder wie
ein flüchtiges Streifcorps zu einem formirter Truppenkörper, sie sind behend,
aber nicht immer zuverlässig. Die beschreibende Naturwissenschaft verdankt ihnen
vieles, doch wurde ihre Bedeutuug für die Wissenschaft weit größer sei», wenn
die Herren nicht oft eine mangelhafte Bildung und zu große Einseitigkeit hätten.

Zu den tüchtigsten nnter diesen Reisenden gehörte der Verfasser des angezeigten
Werkes und viel Interessantes und gut Erzähltes über Sitten und Leben, über
Landbau und Industrie der Chinesen ist darin zu finden. Fortune war auf seinen
Reisen ungewöhnlich thätig und glücklich, zahlreiche Sendungen neuer Garten,
binnen und Fruchtbäume wurden durch ihn nach England geschafft und haben
sich zum Theil schon in unsre Gärten verbreitet, z. B. die neuen prächtigen
Varietäten de.r Banmpäonie (pueoma mouwn), hochrothe, gelbliche, lillasarbenc
u. s. w. Bekanntlich ist China das Vaterland vieler unserer schönsten Blumen,
der Hortensien, der Kamelien, einiger Rosen, vieler Azaleen und Rhododen¬
drons n.<s. w. Seit der Reise Fortunes ist China durch eine große Anzahl
von Werken bekannter geworden, aber der Bericht des intelligenten und tüchtige»
Mannes wird deshalb immer seinen Werth behalten, weil er eine männliche» sehr
entschlossene und nmstchtige Persönlichkeit zeigt, welche sich mit bescheidenem Selbst¬
gefühl darzustellen weiß und weil F. den großen Vorzug hat, nicht als müßiger
Reisender, sondern mit bestimmten Interessen und mit nicht gewöhnlicher Kenntniß
in seinem Fach das fremde Leben zu betrachte». Sehr belehrend ist in seinem Buche
ein Excurs über den Thee. Obgleich schou von anderen Seiten darüber mehr¬
fach berichtet worden ist, so sei hier doch in Kürze das Sachverhältniß zum
Frommen deutscher Theetrinker dargestellt.

In den verschiedenen Gegenden des ungeheuern chinesischen Reiches werden
zwei von einander verschiedene Species des Theestrauchs, etwa twkea und etc-g,
viriclis angebaut. Die vn-Kuh wird zwar als die edlere betrachtet, doch ist
im Geschmack, Geruch u. f. w. nur ein sehr geringer oder gar kein Unterschied
bemerkbar. Die Chinese» machen für ihren eigenen Gebrauch in den verschiedenen
Landschaften sowol schwarzen als grünlichen Thee, aber beide Sorten zuweilen
von derselbe» Pflanze. Die Unterschiede in der Farbe werden durch verschiedene
Behandlung beim Trocknen hervorgebracht. Die Blätter nämlich, welche zu
schwarzem Thee bestimmt sind, werden länger den Sonnenstrahlen ausgesetzt und
stärker auf eisernen Platten geröstet. Der schwarze Thee, welchen wir trinke»,
gleicht dem schwarzen Thee der Chinesen; der grüne Thee aber, welchen die
Chinesen für den Export ins Ausland, namentlich nach Europa machen, wird
noch besonders präparirt, und ist deshalb von dem grünen Thee, welchen
sie selbst trinken, verschieden. Er wird nämlich durch Zusatz von blausauren


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[0072] ganzen Gartencultur eine neue Richtung und unseren Gärten ein neues Aussehn gegeben hat. Zu unsern wissenschaftliche» Reisenden stehen sie in ähnlichem Ver¬ hältniß, wie ein Zeitnngscorrespoudeut zu einem gelehrten Historiker, oder wie ein flüchtiges Streifcorps zu einem formirter Truppenkörper, sie sind behend, aber nicht immer zuverlässig. Die beschreibende Naturwissenschaft verdankt ihnen vieles, doch wurde ihre Bedeutuug für die Wissenschaft weit größer sei», wenn die Herren nicht oft eine mangelhafte Bildung und zu große Einseitigkeit hätten. Zu den tüchtigsten nnter diesen Reisenden gehörte der Verfasser des angezeigten Werkes und viel Interessantes und gut Erzähltes über Sitten und Leben, über Landbau und Industrie der Chinesen ist darin zu finden. Fortune war auf seinen Reisen ungewöhnlich thätig und glücklich, zahlreiche Sendungen neuer Garten, binnen und Fruchtbäume wurden durch ihn nach England geschafft und haben sich zum Theil schon in unsre Gärten verbreitet, z. B. die neuen prächtigen Varietäten de.r Banmpäonie (pueoma mouwn), hochrothe, gelbliche, lillasarbenc u. s. w. Bekanntlich ist China das Vaterland vieler unserer schönsten Blumen, der Hortensien, der Kamelien, einiger Rosen, vieler Azaleen und Rhododen¬ drons n.<s. w. Seit der Reise Fortunes ist China durch eine große Anzahl von Werken bekannter geworden, aber der Bericht des intelligenten und tüchtige» Mannes wird deshalb immer seinen Werth behalten, weil er eine männliche» sehr entschlossene und nmstchtige Persönlichkeit zeigt, welche sich mit bescheidenem Selbst¬ gefühl darzustellen weiß und weil F. den großen Vorzug hat, nicht als müßiger Reisender, sondern mit bestimmten Interessen und mit nicht gewöhnlicher Kenntniß in seinem Fach das fremde Leben zu betrachte». Sehr belehrend ist in seinem Buche ein Excurs über den Thee. Obgleich schou von anderen Seiten darüber mehr¬ fach berichtet worden ist, so sei hier doch in Kürze das Sachverhältniß zum Frommen deutscher Theetrinker dargestellt. In den verschiedenen Gegenden des ungeheuern chinesischen Reiches werden zwei von einander verschiedene Species des Theestrauchs, etwa twkea und etc-g, viriclis angebaut. Die vn-Kuh wird zwar als die edlere betrachtet, doch ist im Geschmack, Geruch u. f. w. nur ein sehr geringer oder gar kein Unterschied bemerkbar. Die Chinese» machen für ihren eigenen Gebrauch in den verschiedenen Landschaften sowol schwarzen als grünlichen Thee, aber beide Sorten zuweilen von derselbe» Pflanze. Die Unterschiede in der Farbe werden durch verschiedene Behandlung beim Trocknen hervorgebracht. Die Blätter nämlich, welche zu schwarzem Thee bestimmt sind, werden länger den Sonnenstrahlen ausgesetzt und stärker auf eisernen Platten geröstet. Der schwarze Thee, welchen wir trinke», gleicht dem schwarzen Thee der Chinesen; der grüne Thee aber, welchen die Chinesen für den Export ins Ausland, namentlich nach Europa machen, wird noch besonders präparirt, und ist deshalb von dem grünen Thee, welchen sie selbst trinken, verschieden. Er wird nämlich durch Zusatz von blausauren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/72>, abgerufen am 25.08.2024.