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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Fürsteiizimmer" heben wir nur eins hervor, in welchem die drei Regierungen,
welche die Böller von jeher bewegten, mil einer gewissen historischen Unpartei¬
lichkeit nebeneinandergestellt sind. Um die Aristokratie zu zeigen, ist eine Sitzung
deö Senats von Venedig dargestellt: nec: urus nee omrms. Die -Demokratie
kommt übel weg, indem eine Volksversammlung dnrcheiuauderschreit: rss nao
multoruu" impermm. Ani dagegen die Monarchie (rox unicus e8to!) zu ver¬
herrlichen, ist Karl V., Reichstag haltend, dargestellt. Eine spätere erläuternde
Hand hat hier hinzugesetzt: die Monarchie, oder das beste Regiment. In den
übrigen Fürstenzimmern finden sich Porträts, Allegorien u. s. w. und in allen
riesige Oefen, ans zwei Klafter Holz eingerichtet!

Das Schicksal des Rathhauses ist das der Stadt. Die über dem goldenen
Saale befindliche Ruhe- und Waffenkammer, welche manches kostbare und merk¬
würdige Waffeustück,enthielt, wurde schon im spanischen Erbfvlgekriege 1703 und
-1704 von den Baiern gründlich ausgeleert. Im Jahre 1796 wurden sodann
die vor dem Rathhause aufgestellten vier stattliche" Kanonen von den Oestreichern
vor den nachrückenden Franzosen nach Braunau geflüchtet. Noch im Juni 180i>
hielt der frcireichsstädtische Rath eine volle Sitzung, worin beschlossen wurde, Na¬
poleon zu seiner Thronbesteigung zu gratuliren; allein schon am 10. October des¬
selben Jahres erschien derselbe Kaiser der Franzosen in Augsburg und erklärte,
er müsse die Stadt einem Fürsten gebe", "damit sie besseres Straßenpflaster be¬
komme/' was damals allerdings schou ein dringendes Bedürfniß sein mochte, aber
es anch bis hente geblieben ist. Mit dem Preßburger Frieden wurde die Stadt
königlich bairisch. Im Jahre 1810 feierte im Rathhause zu Augsburg' französisches
und bairisches Militär die Lcrmählnug Napoleons mit Marie Louise durch ein
großes Banket, während das Kaiserpaar selbst aus der Reise von Wien "ach
Paris die Stadt passirte. Ans späterer Zeit wird nur noch gemeldet, daß das
Rathhaus im Jahre 1835 Blitzableiter bekam und im Jahre 1851 hielten die Ge¬
werbe des Kreises Schwaben und Neuburg eine glänzende Jndnstrieansstcllnng
in den weiten Nathhanösälen, so daß in deu Fürstenzimmern Sattler, Bürsten¬
binder, Drechsler, Tapezierer ihre Waaren producirte", während im goldenen
Saale Baumwoll- und Wvllwaaren, Schnupftabak und Farbe", Pelze, Gold, Sil¬
ber, Messing, Neustiber n. s. w. ausgebreitet wurden. Es war also nicht der
Bürgerstand, welcher die Stelle der Kaiser und Kurfürsten eingenommen hatte,
sondern sein Fabrikat.

Wir haben uns bei der Beschreibung von Einzelnheiten indeß schon zu lauge
aufgehalten, als daß wir "och anf das ehemals städtische, jetzt königliche Zeug-
haus mit der ausgezeichneten Erzgrnppe von Johann Reiche! und Wolfgang Neid-
hart und auf die großen Hercules- und Augustuöbruuue", vo" Adrian de Vries
(1i)96) und Hubertus Gerhard (1ii9i) herrührend, näher eingehen dürsten. Im
gauzeu macht die Stadt mit diesen Brunnen, mit ihren Thürmen, Zinnen "ut


Fürsteiizimmer» heben wir nur eins hervor, in welchem die drei Regierungen,
welche die Böller von jeher bewegten, mil einer gewissen historischen Unpartei¬
lichkeit nebeneinandergestellt sind. Um die Aristokratie zu zeigen, ist eine Sitzung
deö Senats von Venedig dargestellt: nec: urus nee omrms. Die -Demokratie
kommt übel weg, indem eine Volksversammlung dnrcheiuauderschreit: rss nao
multoruu» impermm. Ani dagegen die Monarchie (rox unicus e8to!) zu ver¬
herrlichen, ist Karl V., Reichstag haltend, dargestellt. Eine spätere erläuternde
Hand hat hier hinzugesetzt: die Monarchie, oder das beste Regiment. In den
übrigen Fürstenzimmern finden sich Porträts, Allegorien u. s. w. und in allen
riesige Oefen, ans zwei Klafter Holz eingerichtet!

Das Schicksal des Rathhauses ist das der Stadt. Die über dem goldenen
Saale befindliche Ruhe- und Waffenkammer, welche manches kostbare und merk¬
würdige Waffeustück,enthielt, wurde schon im spanischen Erbfvlgekriege 1703 und
-1704 von den Baiern gründlich ausgeleert. Im Jahre 1796 wurden sodann
die vor dem Rathhause aufgestellten vier stattliche» Kanonen von den Oestreichern
vor den nachrückenden Franzosen nach Braunau geflüchtet. Noch im Juni 180i>
hielt der frcireichsstädtische Rath eine volle Sitzung, worin beschlossen wurde, Na¬
poleon zu seiner Thronbesteigung zu gratuliren; allein schon am 10. October des¬
selben Jahres erschien derselbe Kaiser der Franzosen in Augsburg und erklärte,
er müsse die Stadt einem Fürsten gebe», „damit sie besseres Straßenpflaster be¬
komme/' was damals allerdings schou ein dringendes Bedürfniß sein mochte, aber
es anch bis hente geblieben ist. Mit dem Preßburger Frieden wurde die Stadt
königlich bairisch. Im Jahre 1810 feierte im Rathhause zu Augsburg' französisches
und bairisches Militär die Lcrmählnug Napoleons mit Marie Louise durch ein
großes Banket, während das Kaiserpaar selbst aus der Reise von Wien »ach
Paris die Stadt passirte. Ans späterer Zeit wird nur noch gemeldet, daß das
Rathhaus im Jahre 1835 Blitzableiter bekam und im Jahre 1851 hielten die Ge¬
werbe des Kreises Schwaben und Neuburg eine glänzende Jndnstrieansstcllnng
in den weiten Nathhanösälen, so daß in deu Fürstenzimmern Sattler, Bürsten¬
binder, Drechsler, Tapezierer ihre Waaren producirte», während im goldenen
Saale Baumwoll- und Wvllwaaren, Schnupftabak und Farbe», Pelze, Gold, Sil¬
ber, Messing, Neustiber n. s. w. ausgebreitet wurden. Es war also nicht der
Bürgerstand, welcher die Stelle der Kaiser und Kurfürsten eingenommen hatte,
sondern sein Fabrikat.

Wir haben uns bei der Beschreibung von Einzelnheiten indeß schon zu lauge
aufgehalten, als daß wir »och anf das ehemals städtische, jetzt königliche Zeug-
haus mit der ausgezeichneten Erzgrnppe von Johann Reiche! und Wolfgang Neid-
hart und auf die großen Hercules- und Augustuöbruuue», vo» Adrian de Vries
(1i)96) und Hubertus Gerhard (1ii9i) herrührend, näher eingehen dürsten. Im
gauzeu macht die Stadt mit diesen Brunnen, mit ihren Thürmen, Zinnen »ut


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[0504] Fürsteiizimmer» heben wir nur eins hervor, in welchem die drei Regierungen, welche die Böller von jeher bewegten, mil einer gewissen historischen Unpartei¬ lichkeit nebeneinandergestellt sind. Um die Aristokratie zu zeigen, ist eine Sitzung deö Senats von Venedig dargestellt: nec: urus nee omrms. Die -Demokratie kommt übel weg, indem eine Volksversammlung dnrcheiuauderschreit: rss nao multoruu» impermm. Ani dagegen die Monarchie (rox unicus e8to!) zu ver¬ herrlichen, ist Karl V., Reichstag haltend, dargestellt. Eine spätere erläuternde Hand hat hier hinzugesetzt: die Monarchie, oder das beste Regiment. In den übrigen Fürstenzimmern finden sich Porträts, Allegorien u. s. w. und in allen riesige Oefen, ans zwei Klafter Holz eingerichtet! Das Schicksal des Rathhauses ist das der Stadt. Die über dem goldenen Saale befindliche Ruhe- und Waffenkammer, welche manches kostbare und merk¬ würdige Waffeustück,enthielt, wurde schon im spanischen Erbfvlgekriege 1703 und -1704 von den Baiern gründlich ausgeleert. Im Jahre 1796 wurden sodann die vor dem Rathhause aufgestellten vier stattliche» Kanonen von den Oestreichern vor den nachrückenden Franzosen nach Braunau geflüchtet. Noch im Juni 180i> hielt der frcireichsstädtische Rath eine volle Sitzung, worin beschlossen wurde, Na¬ poleon zu seiner Thronbesteigung zu gratuliren; allein schon am 10. October des¬ selben Jahres erschien derselbe Kaiser der Franzosen in Augsburg und erklärte, er müsse die Stadt einem Fürsten gebe», „damit sie besseres Straßenpflaster be¬ komme/' was damals allerdings schou ein dringendes Bedürfniß sein mochte, aber es anch bis hente geblieben ist. Mit dem Preßburger Frieden wurde die Stadt königlich bairisch. Im Jahre 1810 feierte im Rathhause zu Augsburg' französisches und bairisches Militär die Lcrmählnug Napoleons mit Marie Louise durch ein großes Banket, während das Kaiserpaar selbst aus der Reise von Wien »ach Paris die Stadt passirte. Ans späterer Zeit wird nur noch gemeldet, daß das Rathhaus im Jahre 1835 Blitzableiter bekam und im Jahre 1851 hielten die Ge¬ werbe des Kreises Schwaben und Neuburg eine glänzende Jndnstrieansstcllnng in den weiten Nathhanösälen, so daß in deu Fürstenzimmern Sattler, Bürsten¬ binder, Drechsler, Tapezierer ihre Waaren producirte», während im goldenen Saale Baumwoll- und Wvllwaaren, Schnupftabak und Farbe», Pelze, Gold, Sil¬ ber, Messing, Neustiber n. s. w. ausgebreitet wurden. Es war also nicht der Bürgerstand, welcher die Stelle der Kaiser und Kurfürsten eingenommen hatte, sondern sein Fabrikat. Wir haben uns bei der Beschreibung von Einzelnheiten indeß schon zu lauge aufgehalten, als daß wir »och anf das ehemals städtische, jetzt königliche Zeug- haus mit der ausgezeichneten Erzgrnppe von Johann Reiche! und Wolfgang Neid- hart und auf die großen Hercules- und Augustuöbruuue», vo» Adrian de Vries (1i)96) und Hubertus Gerhard (1ii9i) herrührend, näher eingehen dürsten. Im gauzeu macht die Stadt mit diesen Brunnen, mit ihren Thürmen, Zinnen »ut

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/504>, abgerufen am 22.07.2024.