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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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belohnt werden. -- Venedig, Augsburgs Hafen, durfte nicht fehlen. Man sieht
die Venetianer ihre Waaren von den Schiffen laden und an die Orientalen ver¬
kaufen. Dann folgt der Hanptstolz der Augsburger Weber. In der großen
Hunnenschlacht des Jahres 935 zeichneten sie sich vor den Gerbern, Färbern "ut
Bäckern, die auch das Ihrige leisteten, dermaßen ans, daß ihnen Kaiser Otto
den in der Schlacht erbeuteten Schild als Wappen verlieh, wie es in Stein ge¬
hauen über der Thür des Weberha>>ses prangt. Die dargestellte Scene ist daher
der jubelvolle Einzug der Sieger. Noch Jahrhunderte lang hielten die Weber¬
meister mit ihren Gesellen in der sogenannten Tänzelwoche einen Umzug in
Waffen, mit-Trommlern und Pfeifern und dem Wappenhervlo in einem nach den
Farben des HunncnschildeS gelb und roth gerandeten Kleide.

Aber auch die Göttin der Gerechtigkeit fehlte den alten Webern nicht. Sie
erhebt sich über einer der Thüren mit Wage und Schwert. Im Weberhausc
wird noch die Wappentafel aufbewahrt, welche Otto der Große den Webern
schenkte und eine als Pokal gefaßte Kokusuuß, welche ihnen Bischof Ulrich verehrt
haben soll. Hier steht die Zunftfahne mit dem Zunftwappen. Und außerdem
wird noch ein von Konrad Fugger im Jahr 1416 gewobenes Stück Leinwand
gezeigt.

Der Stolz Augsburgs ist aber das Rathhaus. Zwar hat dasselbe weder
Max 1. "och Karl V. gesehen, aber eS wurde ""mittelbar vor dem Ausbruch des
dreißigjährigen Kriegs begonnen und in den ersten Jahren desselben vollendet,
so daß sich die alte Reichsstadt in ihm "och ungeschwächt beweisen konnte. Es
war Meister Elias Höll, welcher das 133 Fuß hohe Stadthaus mit Thürmen
von 200 Fuß in den Zeitraum von 1613 bis 1620 hinstellte. Auf der Zinne
des Rathhauses erhob sich das erzene, 14i2 Pfund schwere Stadtpyr, das die
Auliguare sowol für eine Weintraube als für eine Erdbeere und Birne erklärten,
das schließlich aber eine Zirbelnuß, wie man sagt, das römische Colvniezeichen, ist.
Im Giebelfelde dagegen war der bronzene Reichsadler, 2113 Pfund schwer,
angebracht; nur hat er sich nach der bairischen Occupation herunterbemühen
müssen und kauert gegenwärtig, nachdem er die stark vergoldete Krone, Scepter
und Reichsapfel in die Münze abgeliefert hat, auf einem Postament des Erd¬
geschosses im Rathhause.

In diesem untern Rathhaussaale, Flöz genannt, tragen acht dorische Säulen
von rothem Marmor die Decke. Jede Säule ist 13Vs Schuh hoch. An den
Wänden sind die Brvnzebüsten der römischen Kaiser von Julius Cäsar bis Otho,
jede im Gewicht von 123 Pfund aufgestellt. Zwei Treppenaufgänge führen rechts
und links zu dem zweiten Flöz, dessen Decke wieder von acht Marmorsäulen ge¬
tragen wird. Wir stehen in dem Vorsaale zu dem ehemals reichsstädtischen Amts¬
zimmern. Ihre Portale sind mit den Brustbildern des Vitellius, Vespasian, Titus
und Domitian geziert, während Hadrian und Severus über den Tre.ppen-


belohnt werden. — Venedig, Augsburgs Hafen, durfte nicht fehlen. Man sieht
die Venetianer ihre Waaren von den Schiffen laden und an die Orientalen ver¬
kaufen. Dann folgt der Hanptstolz der Augsburger Weber. In der großen
Hunnenschlacht des Jahres 935 zeichneten sie sich vor den Gerbern, Färbern »ut
Bäckern, die auch das Ihrige leisteten, dermaßen ans, daß ihnen Kaiser Otto
den in der Schlacht erbeuteten Schild als Wappen verlieh, wie es in Stein ge¬
hauen über der Thür des Weberha>>ses prangt. Die dargestellte Scene ist daher
der jubelvolle Einzug der Sieger. Noch Jahrhunderte lang hielten die Weber¬
meister mit ihren Gesellen in der sogenannten Tänzelwoche einen Umzug in
Waffen, mit-Trommlern und Pfeifern und dem Wappenhervlo in einem nach den
Farben des HunncnschildeS gelb und roth gerandeten Kleide.

Aber auch die Göttin der Gerechtigkeit fehlte den alten Webern nicht. Sie
erhebt sich über einer der Thüren mit Wage und Schwert. Im Weberhausc
wird noch die Wappentafel aufbewahrt, welche Otto der Große den Webern
schenkte und eine als Pokal gefaßte Kokusuuß, welche ihnen Bischof Ulrich verehrt
haben soll. Hier steht die Zunftfahne mit dem Zunftwappen. Und außerdem
wird noch ein von Konrad Fugger im Jahr 1416 gewobenes Stück Leinwand
gezeigt.

Der Stolz Augsburgs ist aber das Rathhaus. Zwar hat dasselbe weder
Max 1. »och Karl V. gesehen, aber eS wurde »»mittelbar vor dem Ausbruch des
dreißigjährigen Kriegs begonnen und in den ersten Jahren desselben vollendet,
so daß sich die alte Reichsstadt in ihm »och ungeschwächt beweisen konnte. Es
war Meister Elias Höll, welcher das 133 Fuß hohe Stadthaus mit Thürmen
von 200 Fuß in den Zeitraum von 1613 bis 1620 hinstellte. Auf der Zinne
des Rathhauses erhob sich das erzene, 14i2 Pfund schwere Stadtpyr, das die
Auliguare sowol für eine Weintraube als für eine Erdbeere und Birne erklärten,
das schließlich aber eine Zirbelnuß, wie man sagt, das römische Colvniezeichen, ist.
Im Giebelfelde dagegen war der bronzene Reichsadler, 2113 Pfund schwer,
angebracht; nur hat er sich nach der bairischen Occupation herunterbemühen
müssen und kauert gegenwärtig, nachdem er die stark vergoldete Krone, Scepter
und Reichsapfel in die Münze abgeliefert hat, auf einem Postament des Erd¬
geschosses im Rathhause.

In diesem untern Rathhaussaale, Flöz genannt, tragen acht dorische Säulen
von rothem Marmor die Decke. Jede Säule ist 13Vs Schuh hoch. An den
Wänden sind die Brvnzebüsten der römischen Kaiser von Julius Cäsar bis Otho,
jede im Gewicht von 123 Pfund aufgestellt. Zwei Treppenaufgänge führen rechts
und links zu dem zweiten Flöz, dessen Decke wieder von acht Marmorsäulen ge¬
tragen wird. Wir stehen in dem Vorsaale zu dem ehemals reichsstädtischen Amts¬
zimmern. Ihre Portale sind mit den Brustbildern des Vitellius, Vespasian, Titus
und Domitian geziert, während Hadrian und Severus über den Tre.ppen-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/500>, abgerufen am 22.07.2024.