Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.stehenden Gebiet nicht volle neun Millionen wohnen können. Es wäre dies eine Monastir kauu auf dem Weg", auf welchem wir, uns ihm näherten, schon Im Innern bietet Monastir denselben Anblick, wie die meisten türkischen Ort¬ Nachdem ich im Hau abgestiegen war, mein Gepäck in einem Zimmer unter¬ Wenn ich alles erwäge, was ich in dieser Hinsicht in der europäischen Tür¬ stehenden Gebiet nicht volle neun Millionen wohnen können. Es wäre dies eine Monastir kauu auf dem Weg«, auf welchem wir, uns ihm näherten, schon Im Innern bietet Monastir denselben Anblick, wie die meisten türkischen Ort¬ Nachdem ich im Hau abgestiegen war, mein Gepäck in einem Zimmer unter¬ Wenn ich alles erwäge, was ich in dieser Hinsicht in der europäischen Tür¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0458" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97704"/> <p xml:id="ID_1285" prev="#ID_1284"> stehenden Gebiet nicht volle neun Millionen wohnen können. Es wäre dies eine<lb/> Bevölkerung von 1000 Seelen ans die Quadratmeile, welche in Macedonic» und<lb/> Nordrumelien nicht anzutreffen ist. Im weiteren Verfolg der Reise sind wir zu¬<lb/> weilen vier Stunden weit geytteu, ohne ans ein Dorf, ja auch nur auf eine<lb/> Herberge zu treffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1286"> Monastir kauu auf dem Weg«, auf welchem wir, uns ihm näherten, schon<lb/> weit aus der Ferne wahrgenommen werden. Die Stadt ist ausgedehnt, hat<lb/> theilweise Mauern, und umschließt mit denselben, außer den Häusern, viele Gär-<lb/> tenbanmgänge und Kirchhöfe. Ihr Aublick ist gewissermaßen imposant, jedenfalls<lb/> Interesse erweckend. Eine große Caserne liegt ihr eine Strecke weit vor.</p><lb/> <p xml:id="ID_1287"> Im Innern bietet Monastir denselben Anblick, wie die meisten türkischen Ort¬<lb/> schaften dar. Die Häuser sind fast durchweg klein, schlecht und niedrig gebant,<lb/> zum Theil im Verfall. Nur wenige gleichen den großen Konaks, die man in<lb/> Stambul, in den reicheren Vierteln sieht. Eine Ausnahme davon macht das<lb/> östreichische Consulatsgebäude, welches eine wahrhaft schone Fronte hat. Nirgends<lb/> in einer andern türkischen Ortschaft sah ich einen fremden Consul so präch¬<lb/> tig logirt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1288"> Nachdem ich im Hau abgestiegen war, mein Gepäck in einem Zimmer unter¬<lb/> gebracht, und einige Nahrung zu mir genommen hatte, machte ich einen Spazier¬<lb/> gang in das ziemlich verworrene Innere der Stadt. Was mir gleich auffiel,<lb/> war die überwiegende Menge östreichischer Industrieproducte, welche im Bazar<lb/> feilgeboten wurden» Ich kaufte mir ein paar Wiener Handschuhe zu einem über¬<lb/> raschend billigen Preis, und einer meiner Reisegefährten machte einen noch bessern<lb/> Handel beim Ankauf von einem paar Wiener Stiefel». Wir sehen außerdem<lb/> Tuchwaarcu, wollene und seidene Kleiderstoffe, Porzellanservice, im besondern<lb/> Tassen, Schach- und Damcnspicle — alles östreichische Arbeit. Von englischen<lb/> oder französischen Jndnstrieproducten war, wie es schien, nichts vorhanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1289" next="#ID_1290"> Wenn ich alles erwäge, was ich in dieser Hinsicht in der europäischen Tür¬<lb/> kei beobachtete, so komme ich zu dem Schluß, daß Frankreich und England in<lb/> commercieller Hinsicht u»r ans dem Markte von Konstantinopel dominiren, daß<lb/> sie im Archipel den Handel mit deu Griechen, in den türkischen Hafenstädten am<lb/> schwarzen Meere, ihn mit Italienern, Holländern und Hanseaten theilen, daß aber<lb/> daS eigentliche Innere des Landes von der östreichischen Industrie beherrscht wird.<lb/> Für die letztere Macht wird dieses commercielle Verhältniß sich noch um ein Be¬<lb/> deutendes zu ihrem Gunsten steigern, sobald einigermaßen ausreichende Communi-<lb/> cativnöliuicu von der Donau her über deu Balkan eingerichtet sein werden. Mir<lb/> ist es daher rein unbegreiflich, wie die östreichische Politik noch bis vor kurzem<lb/> die Gefälligkeit gegen Nußland so weit treiben konnte, daß sie dessen gebietender<lb/> werdende Stellung im Osten unterstützte und selbst gegenwärtig, wo die ehrsüch¬<lb/> tigen Absichten unverschleiert vor aller Augen daliege», nnr zögernd aufhört, ihm</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0458]
stehenden Gebiet nicht volle neun Millionen wohnen können. Es wäre dies eine
Bevölkerung von 1000 Seelen ans die Quadratmeile, welche in Macedonic» und
Nordrumelien nicht anzutreffen ist. Im weiteren Verfolg der Reise sind wir zu¬
weilen vier Stunden weit geytteu, ohne ans ein Dorf, ja auch nur auf eine
Herberge zu treffen.
Monastir kauu auf dem Weg«, auf welchem wir, uns ihm näherten, schon
weit aus der Ferne wahrgenommen werden. Die Stadt ist ausgedehnt, hat
theilweise Mauern, und umschließt mit denselben, außer den Häusern, viele Gär-
tenbanmgänge und Kirchhöfe. Ihr Aublick ist gewissermaßen imposant, jedenfalls
Interesse erweckend. Eine große Caserne liegt ihr eine Strecke weit vor.
Im Innern bietet Monastir denselben Anblick, wie die meisten türkischen Ort¬
schaften dar. Die Häuser sind fast durchweg klein, schlecht und niedrig gebant,
zum Theil im Verfall. Nur wenige gleichen den großen Konaks, die man in
Stambul, in den reicheren Vierteln sieht. Eine Ausnahme davon macht das
östreichische Consulatsgebäude, welches eine wahrhaft schone Fronte hat. Nirgends
in einer andern türkischen Ortschaft sah ich einen fremden Consul so präch¬
tig logirt.
Nachdem ich im Hau abgestiegen war, mein Gepäck in einem Zimmer unter¬
gebracht, und einige Nahrung zu mir genommen hatte, machte ich einen Spazier¬
gang in das ziemlich verworrene Innere der Stadt. Was mir gleich auffiel,
war die überwiegende Menge östreichischer Industrieproducte, welche im Bazar
feilgeboten wurden» Ich kaufte mir ein paar Wiener Handschuhe zu einem über¬
raschend billigen Preis, und einer meiner Reisegefährten machte einen noch bessern
Handel beim Ankauf von einem paar Wiener Stiefel». Wir sehen außerdem
Tuchwaarcu, wollene und seidene Kleiderstoffe, Porzellanservice, im besondern
Tassen, Schach- und Damcnspicle — alles östreichische Arbeit. Von englischen
oder französischen Jndnstrieproducten war, wie es schien, nichts vorhanden.
Wenn ich alles erwäge, was ich in dieser Hinsicht in der europäischen Tür¬
kei beobachtete, so komme ich zu dem Schluß, daß Frankreich und England in
commercieller Hinsicht u»r ans dem Markte von Konstantinopel dominiren, daß
sie im Archipel den Handel mit deu Griechen, in den türkischen Hafenstädten am
schwarzen Meere, ihn mit Italienern, Holländern und Hanseaten theilen, daß aber
daS eigentliche Innere des Landes von der östreichischen Industrie beherrscht wird.
Für die letztere Macht wird dieses commercielle Verhältniß sich noch um ein Be¬
deutendes zu ihrem Gunsten steigern, sobald einigermaßen ausreichende Communi-
cativnöliuicu von der Donau her über deu Balkan eingerichtet sein werden. Mir
ist es daher rein unbegreiflich, wie die östreichische Politik noch bis vor kurzem
die Gefälligkeit gegen Nußland so weit treiben konnte, daß sie dessen gebietender
werdende Stellung im Osten unterstützte und selbst gegenwärtig, wo die ehrsüch¬
tigen Absichten unverschleiert vor aller Augen daliege», nnr zögernd aufhört, ihm
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