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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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In dieser Zeit war daS Meer sehr stürmisch und tobte namentlich einige
Nächte hindurch mit ungewöhnlicher Wuth. Nichtsdestoweniger sah man stets am
Morgen die drei oben erwähnten russischen Linienschiffe auf hoher See unverrückt
ihren Posten innehalten. Dieser Umstand mag für den Werth der Marine des
Zaren vielleicht einen triftigeren Beweis liefern, als die nachfolgende Zerstörung
der osmanischen Escadre. -

Endlich erschienen drei russische Drcideckcr, von einigen Dampfern und
Segelfregatteu begleitet. Sie vereinigten sich zunächst mit den drei auf der Wacht
stehenden Zweideckern und näherten sich alsdann vereinigt der Bah. Dies war
am Vorabend des Treffens, welches vou da ab als unvermeidlich erscheinen mußte.
Dessenungeachtet verblieb ein Theil der Gcschwadcrbesatznng am Land und befand
sich auch noch am andern Morgen theils in den Bädern der Stadt, theils in
den Kaffeehäuser".

Die Nüssen befanden am Anbruch des Tages 'sich nnter Segel und hatten
Schlachtordnung formirt, Bug hinter Spiegel (den Bug des nachfolgenden
Schisses hinter dem Spiegel des vorangehenden). In dieser Ordnung näherten
sie sich der türkischen Ankerlinie und fuhren auf 1ö00 Schritte Entfernung ihr
entlang, worauf die Linienschiffe ihre Anker fallen ließen. In diesem Angenblick
wurde am Bord des russischen Admirals eine Signalflagge aufgehißt, worauf
einige Linienschiffe Anstalten trafen, ihre Bote auszusehen. Da fällt von einer
türkischen Fregatte der erste Schuß. Breitseiten sind russtscherseits die Erwiederung
darauf, und das Treffen nimmt seineu Anfang.

Ein Augenzeuge behauptet, daß man (mit Fernröhren) von der Mauer der
Festung ans deutlich den russischen Admiral mit dem Sehrohr in der Hand auf
seinem Quarterdeck habe stehen sehen können. Zunächst ihm habe sich eine Gruppe
Offiziere befunden. In den kleinen Pause" der Kanonade sei es möglich gewesen,
die durchs Sprachrohr gegebenen Commandos der russischen SchissSosstzicre zu
vernehmen. Der Widerstand der türkische" Escadre, berichtet derselbe Augenzeuge
weiter, habe zwei volle Stunden gewährt. Indeß sei in der letzten halben Stunde
ihr Feuer bereits sehr ermattet. Die Nüssen hätten offenbar Geschütze vom
schwersten Kaliber in Anwendung gebracht; namentlich die Tragweite ihrer Bomben¬
kanonen sei enorm gewesen. Die Geschosse derselben hätten bis zur Stadtmauer
einen Raum vo" zweitausend Schritt zu durchmessen gehabt; sie wären indeß über
die ebenso breite Stadt hinaus, d. h. über deu Isthmus hinweg bis zur links-
wärtigcn Bay geflogen. ,

Nach zwei Stunden waren einige der türkischen Fahrzeuge aufgeflogen; an¬
dere standen in Flammen. Ein Pascha war ins Meer gefallen und ertrunken.
Jetzt tappte der Nest der Escadre die Ankertaue und ließ sich ans den Strand
treiben.

Von da an erst begann die Flucht vou den Schiffen aus User. Die Ge-


In dieser Zeit war daS Meer sehr stürmisch und tobte namentlich einige
Nächte hindurch mit ungewöhnlicher Wuth. Nichtsdestoweniger sah man stets am
Morgen die drei oben erwähnten russischen Linienschiffe auf hoher See unverrückt
ihren Posten innehalten. Dieser Umstand mag für den Werth der Marine des
Zaren vielleicht einen triftigeren Beweis liefern, als die nachfolgende Zerstörung
der osmanischen Escadre. -

Endlich erschienen drei russische Drcideckcr, von einigen Dampfern und
Segelfregatteu begleitet. Sie vereinigten sich zunächst mit den drei auf der Wacht
stehenden Zweideckern und näherten sich alsdann vereinigt der Bah. Dies war
am Vorabend des Treffens, welches vou da ab als unvermeidlich erscheinen mußte.
Dessenungeachtet verblieb ein Theil der Gcschwadcrbesatznng am Land und befand
sich auch noch am andern Morgen theils in den Bädern der Stadt, theils in
den Kaffeehäuser».

Die Nüssen befanden am Anbruch des Tages 'sich nnter Segel und hatten
Schlachtordnung formirt, Bug hinter Spiegel (den Bug des nachfolgenden
Schisses hinter dem Spiegel des vorangehenden). In dieser Ordnung näherten
sie sich der türkischen Ankerlinie und fuhren auf 1ö00 Schritte Entfernung ihr
entlang, worauf die Linienschiffe ihre Anker fallen ließen. In diesem Angenblick
wurde am Bord des russischen Admirals eine Signalflagge aufgehißt, worauf
einige Linienschiffe Anstalten trafen, ihre Bote auszusehen. Da fällt von einer
türkischen Fregatte der erste Schuß. Breitseiten sind russtscherseits die Erwiederung
darauf, und das Treffen nimmt seineu Anfang.

Ein Augenzeuge behauptet, daß man (mit Fernröhren) von der Mauer der
Festung ans deutlich den russischen Admiral mit dem Sehrohr in der Hand auf
seinem Quarterdeck habe stehen sehen können. Zunächst ihm habe sich eine Gruppe
Offiziere befunden. In den kleinen Pause» der Kanonade sei es möglich gewesen,
die durchs Sprachrohr gegebenen Commandos der russischen SchissSosstzicre zu
vernehmen. Der Widerstand der türkische» Escadre, berichtet derselbe Augenzeuge
weiter, habe zwei volle Stunden gewährt. Indeß sei in der letzten halben Stunde
ihr Feuer bereits sehr ermattet. Die Nüssen hätten offenbar Geschütze vom
schwersten Kaliber in Anwendung gebracht; namentlich die Tragweite ihrer Bomben¬
kanonen sei enorm gewesen. Die Geschosse derselben hätten bis zur Stadtmauer
einen Raum vo» zweitausend Schritt zu durchmessen gehabt; sie wären indeß über
die ebenso breite Stadt hinaus, d. h. über deu Isthmus hinweg bis zur links-
wärtigcn Bay geflogen. ,

Nach zwei Stunden waren einige der türkischen Fahrzeuge aufgeflogen; an¬
dere standen in Flammen. Ein Pascha war ins Meer gefallen und ertrunken.
Jetzt tappte der Nest der Escadre die Ankertaue und ließ sich ans den Strand
treiben.

Von da an erst begann die Flucht vou den Schiffen aus User. Die Ge-


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[0438] In dieser Zeit war daS Meer sehr stürmisch und tobte namentlich einige Nächte hindurch mit ungewöhnlicher Wuth. Nichtsdestoweniger sah man stets am Morgen die drei oben erwähnten russischen Linienschiffe auf hoher See unverrückt ihren Posten innehalten. Dieser Umstand mag für den Werth der Marine des Zaren vielleicht einen triftigeren Beweis liefern, als die nachfolgende Zerstörung der osmanischen Escadre. - Endlich erschienen drei russische Drcideckcr, von einigen Dampfern und Segelfregatteu begleitet. Sie vereinigten sich zunächst mit den drei auf der Wacht stehenden Zweideckern und näherten sich alsdann vereinigt der Bah. Dies war am Vorabend des Treffens, welches vou da ab als unvermeidlich erscheinen mußte. Dessenungeachtet verblieb ein Theil der Gcschwadcrbesatznng am Land und befand sich auch noch am andern Morgen theils in den Bädern der Stadt, theils in den Kaffeehäuser». Die Nüssen befanden am Anbruch des Tages 'sich nnter Segel und hatten Schlachtordnung formirt, Bug hinter Spiegel (den Bug des nachfolgenden Schisses hinter dem Spiegel des vorangehenden). In dieser Ordnung näherten sie sich der türkischen Ankerlinie und fuhren auf 1ö00 Schritte Entfernung ihr entlang, worauf die Linienschiffe ihre Anker fallen ließen. In diesem Angenblick wurde am Bord des russischen Admirals eine Signalflagge aufgehißt, worauf einige Linienschiffe Anstalten trafen, ihre Bote auszusehen. Da fällt von einer türkischen Fregatte der erste Schuß. Breitseiten sind russtscherseits die Erwiederung darauf, und das Treffen nimmt seineu Anfang. Ein Augenzeuge behauptet, daß man (mit Fernröhren) von der Mauer der Festung ans deutlich den russischen Admiral mit dem Sehrohr in der Hand auf seinem Quarterdeck habe stehen sehen können. Zunächst ihm habe sich eine Gruppe Offiziere befunden. In den kleinen Pause» der Kanonade sei es möglich gewesen, die durchs Sprachrohr gegebenen Commandos der russischen SchissSosstzicre zu vernehmen. Der Widerstand der türkische» Escadre, berichtet derselbe Augenzeuge weiter, habe zwei volle Stunden gewährt. Indeß sei in der letzten halben Stunde ihr Feuer bereits sehr ermattet. Die Nüssen hätten offenbar Geschütze vom schwersten Kaliber in Anwendung gebracht; namentlich die Tragweite ihrer Bomben¬ kanonen sei enorm gewesen. Die Geschosse derselben hätten bis zur Stadtmauer einen Raum vo» zweitausend Schritt zu durchmessen gehabt; sie wären indeß über die ebenso breite Stadt hinaus, d. h. über deu Isthmus hinweg bis zur links- wärtigcn Bay geflogen. , Nach zwei Stunden waren einige der türkischen Fahrzeuge aufgeflogen; an¬ dere standen in Flammen. Ein Pascha war ins Meer gefallen und ertrunken. Jetzt tappte der Nest der Escadre die Ankertaue und ließ sich ans den Strand treiben. Von da an erst begann die Flucht vou den Schiffen aus User. Die Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/438>, abgerufen am 22.07.2024.