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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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und das neueste von den Holländern durch Drohungen erzwungene Verlassen der
Westküste von Sumatra beweisen. Ferner sind alle Schntzbestimmungen und alle
Domänen so wenig im Staude, den englischen Schmuggel mit Jndustneprodnctcn
nach den niederländischen Colonien zu hindern, daß die englische Einfuhr zur
niederländischen wie 2:6 steht. Daher werden die Niederlande auf die Dauer
trotz ihrer Schutzmaßregeln die Einfnhe größtentheils verliere", und zugleich deu
Gehorsam der Javaner vielen Unterbrechungen ausgesetzt sehen. Sodann ist der
niederländische Colonialwaarcnhandel freilich durch Protection und Monopol groß
geworden, aber schon mahnen die deutlichsten Anzeichen zur Aenderung des Systems
auch im eignen Interesse..

Denn erstens wirkt die enorme Begünstigung der niederländisch-ostindischen
Nhedcrei höchst nachtheilig ans die Schiffahrt und deu Handel nach anderen
Gegenden; man läßt die Schiffe Monate lang müßig liegen, wenn man von der
Handelömaatschappy nach Ostindien befrachtet werde" kau". Die Folge hiervon
ist- die gewesen, daß der niederländische Handel ,meh viele", früher viel besuchte"
Ländern ganz aufhört, "ach anderen bedeutend vermindert, und fast "irgend in
demselben Verhältnisse zugenommen hat, als der anderer Nationen.

Sodann ist das Colouialmouopol weit mehr im Interesse der Staatskasse
und Reichen, als der untern Stände, da es viele der alten Erwerbsquelle" der
Niederlande zerstört und dadurch die Nachfrage nach Arbeit sehr verringert hat.

Endlich, und dieser Grund ist entscheidend: der Niederlande Selbstständigkeit
hängt von dem Besitze der Kolonien ab, und diesen können sie ohne Hilfe Deutsch¬
lands ans die Dauer nicht behaupten; weil das Mvnopolsystem dem Frei¬
handel, das Cultnrsystem der freien Arbeit so gewiß mit der Zeit Platz mache"
werden, als das dürre Blatt dem jungen Grün weichen muß, zu diesen Um-
wandlungen aber Arbeitskräfte erforderlich sind, welche nur Deutschland lie¬
fern kann.

Alljährlich müssen die Niederlande Flotte und Heer vermehren, und doch
sind die Colonien ohne den Schutz einer großen Kontinentalmacht in der ersten
europäischen Krise wieder in den Händen der Engländer, und die Niederlande
finanziell und politisch verloren.

Deshalb muß die Handelspolitik der Niederländer deutsch werden und zwar
ohne.alle Hintergedanken; deutsche Niederlassungen würden die fortwährende Vermeh¬
rung der ostindischen Armee unnöthig machen, und allmälig zur Vertreibung der nnbild-
smnen Stämme auf Sumatra, Borneo, Celebes ?c. und vor alleu der Chinesen
führen; die deutsche Industrie würde an die Stelle der in den Niederlanden unnatürlich
von Protection lebenden Industrie treten; die trotz aller Gegcnbemühungen doch sicher
bald verwirklichte, weil nothwendige, deutsche Kriegsmarine wird, mit der nie¬
derländischen vereint, beiden Staaten die Seestellnng geben, die sie getrennt nicht
erreichen können; deutsche Arbeitskraft und deutscher Fleiß, die selbst in deu Nie-


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und das neueste von den Holländern durch Drohungen erzwungene Verlassen der
Westküste von Sumatra beweisen. Ferner sind alle Schntzbestimmungen und alle
Domänen so wenig im Staude, den englischen Schmuggel mit Jndustneprodnctcn
nach den niederländischen Colonien zu hindern, daß die englische Einfuhr zur
niederländischen wie 2:6 steht. Daher werden die Niederlande auf die Dauer
trotz ihrer Schutzmaßregeln die Einfnhe größtentheils verliere», und zugleich deu
Gehorsam der Javaner vielen Unterbrechungen ausgesetzt sehen. Sodann ist der
niederländische Colonialwaarcnhandel freilich durch Protection und Monopol groß
geworden, aber schon mahnen die deutlichsten Anzeichen zur Aenderung des Systems
auch im eignen Interesse..

Denn erstens wirkt die enorme Begünstigung der niederländisch-ostindischen
Nhedcrei höchst nachtheilig ans die Schiffahrt und deu Handel nach anderen
Gegenden; man läßt die Schiffe Monate lang müßig liegen, wenn man von der
Handelömaatschappy nach Ostindien befrachtet werde» kau». Die Folge hiervon
ist- die gewesen, daß der niederländische Handel ,meh viele», früher viel besuchte»
Ländern ganz aufhört, »ach anderen bedeutend vermindert, und fast »irgend in
demselben Verhältnisse zugenommen hat, als der anderer Nationen.

Sodann ist das Colouialmouopol weit mehr im Interesse der Staatskasse
und Reichen, als der untern Stände, da es viele der alten Erwerbsquelle» der
Niederlande zerstört und dadurch die Nachfrage nach Arbeit sehr verringert hat.

Endlich, und dieser Grund ist entscheidend: der Niederlande Selbstständigkeit
hängt von dem Besitze der Kolonien ab, und diesen können sie ohne Hilfe Deutsch¬
lands ans die Dauer nicht behaupten; weil das Mvnopolsystem dem Frei¬
handel, das Cultnrsystem der freien Arbeit so gewiß mit der Zeit Platz mache»
werden, als das dürre Blatt dem jungen Grün weichen muß, zu diesen Um-
wandlungen aber Arbeitskräfte erforderlich sind, welche nur Deutschland lie¬
fern kann.

Alljährlich müssen die Niederlande Flotte und Heer vermehren, und doch
sind die Colonien ohne den Schutz einer großen Kontinentalmacht in der ersten
europäischen Krise wieder in den Händen der Engländer, und die Niederlande
finanziell und politisch verloren.

Deshalb muß die Handelspolitik der Niederländer deutsch werden und zwar
ohne.alle Hintergedanken; deutsche Niederlassungen würden die fortwährende Vermeh¬
rung der ostindischen Armee unnöthig machen, und allmälig zur Vertreibung der nnbild-
smnen Stämme auf Sumatra, Borneo, Celebes ?c. und vor alleu der Chinesen
führen; die deutsche Industrie würde an die Stelle der in den Niederlanden unnatürlich
von Protection lebenden Industrie treten; die trotz aller Gegcnbemühungen doch sicher
bald verwirklichte, weil nothwendige, deutsche Kriegsmarine wird, mit der nie¬
derländischen vereint, beiden Staaten die Seestellnng geben, die sie getrennt nicht
erreichen können; deutsche Arbeitskraft und deutscher Fleiß, die selbst in deu Nie-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/425>, abgerufen am 22.07.2024.