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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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ausstellungen ein gewisser Parallelismus vor, der nicht sowol von der einen Seite
der andern vorgeschrieben worden ist, als vielmehr auf den Natnrverhältnissen
des Kriegsschauplatzes (aus beiden Donauufern) und der daselbst obwaltenden
politisch-geographischen Verhältnisse beruht. Um für die Ueberwachung der Strom¬
linie vom eisernen Thore an bis zur Mündung sich in die rechte Mitte zu stellen,
hatte Fürst Gortschakoff, ganz abgesehen von den Vortheilen, die ihm eine Stadt
von 100,000 Bewohnern sicherte, anch räumlich keine andere Mitte als die Po¬
sition von Bukarest finden können und unmittelbar am Ufer selbst zum Haupt-
depotpnnkte seines Materials keinen andern Punkt als den, welchen er bereits
mit allen Werken versehen vorfand: Giurgewo. Dessenungeachtet ist die Gunst
der Verhältnisse, namentlich der durch die Natur bedingten, keine gleichmäßige
auf beiden Seiten der Donau. Man muß einräumen, daß diese Umstände im wesent¬
lichen sür die Türken weit vortheilhafter sind. Der, einen türkischen Stromübergang be¬
günstigenden Lage der Inseln erwähnte ich bereits in einem frühern Briefe. Sie
sind, um es kurz noch einmal zu wiederholen, meistens in der Art situirt, daß
der Hauptarm rechts, mithin aus der osmanischen Seite gelegen ist. Wenn da¬
durch ein türkischer Brückenbau sehr erleichtert wird, so muß man indeß nicht ver¬
gesse", daß die größere Nähe am linken Ufer die Besitznahme der Inseln den
Russen in demselben Maße erleichtert, und daß es nicht eben für die militärische
Geschicklichkeit derselben Zeugniß ablegt, wenn sie bei derartigen Versuchen seither
immer noch gescheitert sind. Ein unbestrittener Vortheil auf osmanischer Seite
ist aber das hohe bulgarische Ufer, gegenüber dem ganz flachen walachischen.
Während mau von der Walachei aus mir auf wenigen Punkten einen Einblick
uach Bulgarien hat, kann man dagegen vom diesseitigen Hochufer ans die
jenseitige unermeßliche Ebene in zehn Meilen weiter Ferne übersehen. Da diese
Ebene wenig bebaut, auch nicht bewaldet ist (mindestens nur auf wenigen Stellen
und nicht nahe am Strome), so ist die militärische Uebersicht eine vollkommene, und
läßt kaum etwas zu wünschen übrig. Die damit gesicherten Vortheile sind aber
da, wo es ans die Verhinderung eines Uebergangs ankommt, der stets nur Erfolg
haben kann, wenn es gelingt, ihn überraschend auszuführen, von nicht zu berechnender
Wichtigkeit. Der russische Obercommandant kann zunächst der Stromliuie keine
Concentrirung anordnen, ohne daß die Türken augenblicklich davon Kenntniß
erhielten. Keine Brückenvorbereitungen sind niöglich, ohne daß der Feind sich in
der Mitwissenschaft befände. Wenn Ihre Leser diese Umstände in Erwägung
ziehen wollen, werden sie wahrscheinlich zu demselben Resultate wie ich, nämlich
zu der Ueberzeugung gelangen, daß russtscherseitö ein Stromübergcmg nur unter
Preisgebung unendlicher Opfer, und darum erst dann zu ermöglichen sein dürste,
wenn die russische Donanarmee auf das Doppelte ihres gegenwärtigen Bestandes
vermehrt sein wird.

Man ist hier einigermaßen gespannt auf die Rückkehr der am 7. von hier


ausstellungen ein gewisser Parallelismus vor, der nicht sowol von der einen Seite
der andern vorgeschrieben worden ist, als vielmehr auf den Natnrverhältnissen
des Kriegsschauplatzes (aus beiden Donauufern) und der daselbst obwaltenden
politisch-geographischen Verhältnisse beruht. Um für die Ueberwachung der Strom¬
linie vom eisernen Thore an bis zur Mündung sich in die rechte Mitte zu stellen,
hatte Fürst Gortschakoff, ganz abgesehen von den Vortheilen, die ihm eine Stadt
von 100,000 Bewohnern sicherte, anch räumlich keine andere Mitte als die Po¬
sition von Bukarest finden können und unmittelbar am Ufer selbst zum Haupt-
depotpnnkte seines Materials keinen andern Punkt als den, welchen er bereits
mit allen Werken versehen vorfand: Giurgewo. Dessenungeachtet ist die Gunst
der Verhältnisse, namentlich der durch die Natur bedingten, keine gleichmäßige
auf beiden Seiten der Donau. Man muß einräumen, daß diese Umstände im wesent¬
lichen sür die Türken weit vortheilhafter sind. Der, einen türkischen Stromübergang be¬
günstigenden Lage der Inseln erwähnte ich bereits in einem frühern Briefe. Sie
sind, um es kurz noch einmal zu wiederholen, meistens in der Art situirt, daß
der Hauptarm rechts, mithin aus der osmanischen Seite gelegen ist. Wenn da¬
durch ein türkischer Brückenbau sehr erleichtert wird, so muß man indeß nicht ver¬
gesse», daß die größere Nähe am linken Ufer die Besitznahme der Inseln den
Russen in demselben Maße erleichtert, und daß es nicht eben für die militärische
Geschicklichkeit derselben Zeugniß ablegt, wenn sie bei derartigen Versuchen seither
immer noch gescheitert sind. Ein unbestrittener Vortheil auf osmanischer Seite
ist aber das hohe bulgarische Ufer, gegenüber dem ganz flachen walachischen.
Während mau von der Walachei aus mir auf wenigen Punkten einen Einblick
uach Bulgarien hat, kann man dagegen vom diesseitigen Hochufer ans die
jenseitige unermeßliche Ebene in zehn Meilen weiter Ferne übersehen. Da diese
Ebene wenig bebaut, auch nicht bewaldet ist (mindestens nur auf wenigen Stellen
und nicht nahe am Strome), so ist die militärische Uebersicht eine vollkommene, und
läßt kaum etwas zu wünschen übrig. Die damit gesicherten Vortheile sind aber
da, wo es ans die Verhinderung eines Uebergangs ankommt, der stets nur Erfolg
haben kann, wenn es gelingt, ihn überraschend auszuführen, von nicht zu berechnender
Wichtigkeit. Der russische Obercommandant kann zunächst der Stromliuie keine
Concentrirung anordnen, ohne daß die Türken augenblicklich davon Kenntniß
erhielten. Keine Brückenvorbereitungen sind niöglich, ohne daß der Feind sich in
der Mitwissenschaft befände. Wenn Ihre Leser diese Umstände in Erwägung
ziehen wollen, werden sie wahrscheinlich zu demselben Resultate wie ich, nämlich
zu der Ueberzeugung gelangen, daß russtscherseitö ein Stromübergcmg nur unter
Preisgebung unendlicher Opfer, und darum erst dann zu ermöglichen sein dürste,
wenn die russische Donanarmee auf das Doppelte ihres gegenwärtigen Bestandes
vermehrt sein wird.

Man ist hier einigermaßen gespannt auf die Rückkehr der am 7. von hier


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[0390] ausstellungen ein gewisser Parallelismus vor, der nicht sowol von der einen Seite der andern vorgeschrieben worden ist, als vielmehr auf den Natnrverhältnissen des Kriegsschauplatzes (aus beiden Donauufern) und der daselbst obwaltenden politisch-geographischen Verhältnisse beruht. Um für die Ueberwachung der Strom¬ linie vom eisernen Thore an bis zur Mündung sich in die rechte Mitte zu stellen, hatte Fürst Gortschakoff, ganz abgesehen von den Vortheilen, die ihm eine Stadt von 100,000 Bewohnern sicherte, anch räumlich keine andere Mitte als die Po¬ sition von Bukarest finden können und unmittelbar am Ufer selbst zum Haupt- depotpnnkte seines Materials keinen andern Punkt als den, welchen er bereits mit allen Werken versehen vorfand: Giurgewo. Dessenungeachtet ist die Gunst der Verhältnisse, namentlich der durch die Natur bedingten, keine gleichmäßige auf beiden Seiten der Donau. Man muß einräumen, daß diese Umstände im wesent¬ lichen sür die Türken weit vortheilhafter sind. Der, einen türkischen Stromübergang be¬ günstigenden Lage der Inseln erwähnte ich bereits in einem frühern Briefe. Sie sind, um es kurz noch einmal zu wiederholen, meistens in der Art situirt, daß der Hauptarm rechts, mithin aus der osmanischen Seite gelegen ist. Wenn da¬ durch ein türkischer Brückenbau sehr erleichtert wird, so muß man indeß nicht ver¬ gesse», daß die größere Nähe am linken Ufer die Besitznahme der Inseln den Russen in demselben Maße erleichtert, und daß es nicht eben für die militärische Geschicklichkeit derselben Zeugniß ablegt, wenn sie bei derartigen Versuchen seither immer noch gescheitert sind. Ein unbestrittener Vortheil auf osmanischer Seite ist aber das hohe bulgarische Ufer, gegenüber dem ganz flachen walachischen. Während mau von der Walachei aus mir auf wenigen Punkten einen Einblick uach Bulgarien hat, kann man dagegen vom diesseitigen Hochufer ans die jenseitige unermeßliche Ebene in zehn Meilen weiter Ferne übersehen. Da diese Ebene wenig bebaut, auch nicht bewaldet ist (mindestens nur auf wenigen Stellen und nicht nahe am Strome), so ist die militärische Uebersicht eine vollkommene, und läßt kaum etwas zu wünschen übrig. Die damit gesicherten Vortheile sind aber da, wo es ans die Verhinderung eines Uebergangs ankommt, der stets nur Erfolg haben kann, wenn es gelingt, ihn überraschend auszuführen, von nicht zu berechnender Wichtigkeit. Der russische Obercommandant kann zunächst der Stromliuie keine Concentrirung anordnen, ohne daß die Türken augenblicklich davon Kenntniß erhielten. Keine Brückenvorbereitungen sind niöglich, ohne daß der Feind sich in der Mitwissenschaft befände. Wenn Ihre Leser diese Umstände in Erwägung ziehen wollen, werden sie wahrscheinlich zu demselben Resultate wie ich, nämlich zu der Ueberzeugung gelangen, daß russtscherseitö ein Stromübergcmg nur unter Preisgebung unendlicher Opfer, und darum erst dann zu ermöglichen sein dürste, wenn die russische Donanarmee auf das Doppelte ihres gegenwärtigen Bestandes vermehrt sein wird. Man ist hier einigermaßen gespannt auf die Rückkehr der am 7. von hier

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/390>, abgerufen am 22.07.2024.