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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Im Januar 1807 langte die kleine Flotte der Verschworenen vor Bayou
Pierre am untern Mississippi an. Aber nicht sobald hatte sie Anker geworfen,
als Burr ans Befehl von Cowles Mead, dem damaligen Gouverneur des Staates
Mississippi, verhaftet und nach dem Städtchen Washington ins Gefängniß abge¬
führt wurde. Von hier entfloh er mit Hilfe von- Freunden und verschwand ans
einige Zeit vom Schauplatze. Man setzte eine Belohnung von zweitausend Dollars
auf seine Habhaftwerdung und verfolgte seine und seiner Mitschuldigen Spuren aufs
eifrigste. Mehre der letzteren wurden in Fort Adams und zu Neuorleans er¬
griffen. Unter diesen befanden sich Bollmann, der berühmte Befreier Lafayettes,
Ogden, Swartwout, General Dayton, Smith, Alexander und Adair, gegen welche
von Wilkinson mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Strenge verfahren wurde,
da ihre Schuld um zum Theil nachgewiesen werden konnte. Burr selbst aber
blieb verschwunden.

Spät in der Nacht des ersten Februar erschien vor der Thür einer kleinen
Blockhansschenke in den Hinterwäldern Alabamas, vor deren Kaminfeuer einige
Farmer und Jäger versammelt saßen und sich mit Trinken und Spucken ver¬
gnügten, ein Mann in der Kleidung eines Mississtppischiffers. Er war von
einem andern begleitet und fragte, ohne einzutreten, nach der Farm des Obersten
Hinson, welcher in der Nähe wohnte.

Oberst Nicholas Berlins, der sich unter den Gästen der Taverne befand, be¬
merkte bei dem Lichte des Feuers, daß der Fremde in seinem Aeußern wie in
seiner Sprache ein Etwas offenbarte, welches ihm verdächtig vorkam. Obwol
in eine plumpe bäuerische Tracht gekleidet, zeigte er durch seine ungewöhnlich
intelligenten Züge, sowie durch sein geiststrahlendes Auge, daß diese Tracht ihn
nicht immer umhüllt haben könne. Der knappe, elegante Stiefel ferner, deu er
in seiner Eitelkeit beibehalten hatte, als er sich seiner übrigen feinern Kleidungs¬
stücke entäußert, wollte ebensowenig zu dem groben Rocke stimmen. Berlins trat
näher an ihn heran und eine nähere Besichtigung des Unbekannten überzeugte
ihn, daß derselbe kein anderer sein könne, als der berüchtigte Oberst Burr, den
der Gouverneur des Staates steckbrieflich verfolgte. Er ließ sich-indeß von seiner
Vermuthung nichts merken, sondern gab aus Burrs Frage gebührenden Bescheid.
Kaum aber waren die Flüchtlinge im Walde verschwunden, so eilte er heim, sattelte
sein Pferd und ritt, so rasch es die Wildniß erlaubte, nach dem Fort Stoddart,
wo er sich dem Befehlshaber, Lieutenant Edmund Gaues entdeckte, der später als
General im Heere der Vereinigten Staaten eine hervorragende Stelle einnahm. Dieser
brach am nächsten Morgen, begleitet von Perkins und einem Detachement Dra¬
goner zur Verfolgung Burrs auf, und nicht lange währte es, so war der Ge¬
suchte gefunden, erkannt und verhaftet. Burr versuchte den Lieutenant einzu-
schüchtern; allein der entschlossene junge Offizier blieb fest und antwortete auf
seine Drohungen, er müsse ihm nach seinem Fort folgen, wo man ihm mit aller


Im Januar 1807 langte die kleine Flotte der Verschworenen vor Bayou
Pierre am untern Mississippi an. Aber nicht sobald hatte sie Anker geworfen,
als Burr ans Befehl von Cowles Mead, dem damaligen Gouverneur des Staates
Mississippi, verhaftet und nach dem Städtchen Washington ins Gefängniß abge¬
führt wurde. Von hier entfloh er mit Hilfe von- Freunden und verschwand ans
einige Zeit vom Schauplatze. Man setzte eine Belohnung von zweitausend Dollars
auf seine Habhaftwerdung und verfolgte seine und seiner Mitschuldigen Spuren aufs
eifrigste. Mehre der letzteren wurden in Fort Adams und zu Neuorleans er¬
griffen. Unter diesen befanden sich Bollmann, der berühmte Befreier Lafayettes,
Ogden, Swartwout, General Dayton, Smith, Alexander und Adair, gegen welche
von Wilkinson mit einer durch nichts zu rechtfertigenden Strenge verfahren wurde,
da ihre Schuld um zum Theil nachgewiesen werden konnte. Burr selbst aber
blieb verschwunden.

Spät in der Nacht des ersten Februar erschien vor der Thür einer kleinen
Blockhansschenke in den Hinterwäldern Alabamas, vor deren Kaminfeuer einige
Farmer und Jäger versammelt saßen und sich mit Trinken und Spucken ver¬
gnügten, ein Mann in der Kleidung eines Mississtppischiffers. Er war von
einem andern begleitet und fragte, ohne einzutreten, nach der Farm des Obersten
Hinson, welcher in der Nähe wohnte.

Oberst Nicholas Berlins, der sich unter den Gästen der Taverne befand, be¬
merkte bei dem Lichte des Feuers, daß der Fremde in seinem Aeußern wie in
seiner Sprache ein Etwas offenbarte, welches ihm verdächtig vorkam. Obwol
in eine plumpe bäuerische Tracht gekleidet, zeigte er durch seine ungewöhnlich
intelligenten Züge, sowie durch sein geiststrahlendes Auge, daß diese Tracht ihn
nicht immer umhüllt haben könne. Der knappe, elegante Stiefel ferner, deu er
in seiner Eitelkeit beibehalten hatte, als er sich seiner übrigen feinern Kleidungs¬
stücke entäußert, wollte ebensowenig zu dem groben Rocke stimmen. Berlins trat
näher an ihn heran und eine nähere Besichtigung des Unbekannten überzeugte
ihn, daß derselbe kein anderer sein könne, als der berüchtigte Oberst Burr, den
der Gouverneur des Staates steckbrieflich verfolgte. Er ließ sich-indeß von seiner
Vermuthung nichts merken, sondern gab aus Burrs Frage gebührenden Bescheid.
Kaum aber waren die Flüchtlinge im Walde verschwunden, so eilte er heim, sattelte
sein Pferd und ritt, so rasch es die Wildniß erlaubte, nach dem Fort Stoddart,
wo er sich dem Befehlshaber, Lieutenant Edmund Gaues entdeckte, der später als
General im Heere der Vereinigten Staaten eine hervorragende Stelle einnahm. Dieser
brach am nächsten Morgen, begleitet von Perkins und einem Detachement Dra¬
goner zur Verfolgung Burrs auf, und nicht lange währte es, so war der Ge¬
suchte gefunden, erkannt und verhaftet. Burr versuchte den Lieutenant einzu-
schüchtern; allein der entschlossene junge Offizier blieb fest und antwortete auf
seine Drohungen, er müsse ihm nach seinem Fort folgen, wo man ihm mit aller


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/382>, abgerufen am 22.07.2024.