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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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kinson in Chiffern: "Sind Sie bereit zum Losschlagen? Sind Ihre zahlreichen
Freunde bereit? Reichthum winkt und Ruhm! Louistana und Mexiko!"

So viel über Bnrrs Absichten. Nun zur Darstellung der Mittel zur Aus¬
führung, deren Vorbereitung und Ansammlung er in Abrede gestellt hatte.

Am 23. November, eine Woche vor jener Erklärung, die ihn vor Clay
reinigte, erließ der Präsident Jefferson eine Proclamation, in welcher er das
Unternehmen in seiner wahren Gestalt darstellte und den Westen von der Theil¬
nahme daran abmahnte. Am 1. December erschien ein Eilbote von Washington
in Chillicothe, dem Sitze der Regierung von Ohio und bewirkte, daß die Legis¬
latur dieses Staats unverweilt. einen Beschluß faßte, nach welchem zehn von den
Boten Burrs, welche an der Mündung des Muskingum des Zeichens zur Abfahrt
warteten, sammt dem Proviant und den Waffenvorräthcn, mit denen sie beladen
waren, mit Beschlag belegt wurden. In demselben Augenblicke, wo er in
Frankfvrt vor Gericht erschien, hielt eine bewaffnete Abtheilung von etlichen
hundert Mann Blanncrhasscts Insel in seinem Namen und auf sein Geheiß besetzt,
und zehn Fahrzeuge führten eine andere Abtheilung Verschworener und Getäuschter
den Ohio hinab, an Louisville vorbei. Kaum war die Grandjury, die ihn so
bereitwillig freigesprochen, entlassen und die Ballmusik, womit seine vermeintliche
Ehrenrettung gefeiert wurde, verhallt, als die Proclamation, die ihn für einen
Verräther erklärte, in Frankfort eintraf und in der gesetzgebenden Versammlung
von Kentucki in aller Hast ein Gesetz durchging, welches die Beschlagnahme der
Bote, welche der Miliz von Ohio entgangen und nun auf der Fahrt nach dem
Mississippi begriffen waren, antorisirte. Zu derselben Zeit nahm die virginische
Miliz von Blannerhassets Insel Besitz. Burr hatte Frankfvrt am Tage nach
jenem Urthcilsspruche verlassen und sich nach Nashville, der Hauptstadt von
Teuessee begegebeu. Reitende Boten eilten ihm mit der verhängnißvollen
Proclamation der Staatsregierung nach. Aber ehe sie den beschwerlichen Weg
durch die Wälder Westkeutuckis zurückgelegt hatten, war Burr den Cumberlandflnß
hinabgeschifft, dessen Mündung zum Sammelplatz der Expedition bestimmt war
und von wo er mit einer Flotille von elf Boten in den Mississippi hineinfuhr.

Seine Anhänger schmolzen zu dieser Zeit zu einem vergleichsweise kleinen
Häuflein zusammen. Nur die zu allen bereiten und die der Strafe des Gesetzes
verfallenen hielten noch zu ihm und aus diesen hätte er eine jener Räuberbanden
organisiren können, welche damals die westlichen Gewässer unsicher machten, aber
kein Heer zur Eroberung Mexikos. Ein Theil seiner ursprünglichen Verbündeten
war einfach unter dem Vorgeben geworben worden, es solle ein Strich
Landes, der dem Baron Bastrop gehörte, angesiedelt werden. Eine größere
Anzahl hatte sich in Bnrrs Listen eintragen lassen, weil ihnen gesagt wurde, das
projectirte Unternehmen sei gegen die spanischen Besitzungen gerichtet und aus¬
drücklich, wenn auch nur insgeheim vom Präsidenten gebilligt. Viele waren ihm


kinson in Chiffern: „Sind Sie bereit zum Losschlagen? Sind Ihre zahlreichen
Freunde bereit? Reichthum winkt und Ruhm! Louistana und Mexiko!"

So viel über Bnrrs Absichten. Nun zur Darstellung der Mittel zur Aus¬
führung, deren Vorbereitung und Ansammlung er in Abrede gestellt hatte.

Am 23. November, eine Woche vor jener Erklärung, die ihn vor Clay
reinigte, erließ der Präsident Jefferson eine Proclamation, in welcher er das
Unternehmen in seiner wahren Gestalt darstellte und den Westen von der Theil¬
nahme daran abmahnte. Am 1. December erschien ein Eilbote von Washington
in Chillicothe, dem Sitze der Regierung von Ohio und bewirkte, daß die Legis¬
latur dieses Staats unverweilt. einen Beschluß faßte, nach welchem zehn von den
Boten Burrs, welche an der Mündung des Muskingum des Zeichens zur Abfahrt
warteten, sammt dem Proviant und den Waffenvorräthcn, mit denen sie beladen
waren, mit Beschlag belegt wurden. In demselben Augenblicke, wo er in
Frankfvrt vor Gericht erschien, hielt eine bewaffnete Abtheilung von etlichen
hundert Mann Blanncrhasscts Insel in seinem Namen und auf sein Geheiß besetzt,
und zehn Fahrzeuge führten eine andere Abtheilung Verschworener und Getäuschter
den Ohio hinab, an Louisville vorbei. Kaum war die Grandjury, die ihn so
bereitwillig freigesprochen, entlassen und die Ballmusik, womit seine vermeintliche
Ehrenrettung gefeiert wurde, verhallt, als die Proclamation, die ihn für einen
Verräther erklärte, in Frankfort eintraf und in der gesetzgebenden Versammlung
von Kentucki in aller Hast ein Gesetz durchging, welches die Beschlagnahme der
Bote, welche der Miliz von Ohio entgangen und nun auf der Fahrt nach dem
Mississippi begriffen waren, antorisirte. Zu derselben Zeit nahm die virginische
Miliz von Blannerhassets Insel Besitz. Burr hatte Frankfvrt am Tage nach
jenem Urthcilsspruche verlassen und sich nach Nashville, der Hauptstadt von
Teuessee begegebeu. Reitende Boten eilten ihm mit der verhängnißvollen
Proclamation der Staatsregierung nach. Aber ehe sie den beschwerlichen Weg
durch die Wälder Westkeutuckis zurückgelegt hatten, war Burr den Cumberlandflnß
hinabgeschifft, dessen Mündung zum Sammelplatz der Expedition bestimmt war
und von wo er mit einer Flotille von elf Boten in den Mississippi hineinfuhr.

Seine Anhänger schmolzen zu dieser Zeit zu einem vergleichsweise kleinen
Häuflein zusammen. Nur die zu allen bereiten und die der Strafe des Gesetzes
verfallenen hielten noch zu ihm und aus diesen hätte er eine jener Räuberbanden
organisiren können, welche damals die westlichen Gewässer unsicher machten, aber
kein Heer zur Eroberung Mexikos. Ein Theil seiner ursprünglichen Verbündeten
war einfach unter dem Vorgeben geworben worden, es solle ein Strich
Landes, der dem Baron Bastrop gehörte, angesiedelt werden. Eine größere
Anzahl hatte sich in Bnrrs Listen eintragen lassen, weil ihnen gesagt wurde, das
projectirte Unternehmen sei gegen die spanischen Besitzungen gerichtet und aus¬
drücklich, wenn auch nur insgeheim vom Präsidenten gebilligt. Viele waren ihm


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/380>, abgerufen am 22.07.2024.