Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ton die Expedition im Stillen gern sehen "ut darüber ein Auge zudrücken
werde, wenn auch nicht zu erwarten stehe, sie werde dieselbe eher anerkennen, als
bis die Feindseligkeiten wirklich ausgebrochen waren. Es leidet kaum einen Zwei¬
fel, daß viele sich an dem Unternehmen betheiligten, ohne einen Verrath am
Vaterlande darin zu erblicken, während andere allerdings in alle Einzelnheiten
des Planes bis zu seinen letzten Consequenzen eingeweiht waren.

Im Jahre 1806 erschien Oberst Burr zum ersten Male in Kentucky, wo er
in Lexington und Louisville Verbindungen anzuknüpfen suchte. Er begab sich
dann nach Nashville, Se. Louis, Natchez und Neuorleans, um das Terrain zu
sondiren, und lebte hierauf wieder nach Lexington zurück, um weitere Vorberei¬
tungen zu treffen. Nachdem er hier eine Zeitlang verweilt, reiste er heim nach
Neuyork, wo die Reste seiner einstigen Partei des Zeichens zum Aufbruch nach
dem Ohio warteten.

Das Verhältniß der Vereinigten Staaten zu Spanien war, wie bemerkt, da¬
mals nichts weniger als freunduachbarlich. Diese zu äußerster Schwäche herab-
gekommene Macht verdroß der Kauf Louisianas dnrch die Union, und sie fand es
gerathen, diesen Verdruß durch mürrisches Benehmen merken zu lassen, etwa so,
wie Mexiko sich nach der Einverleibung von Texas verhielt. Im Frühlinge von 1806
rückten spanische Truppen nach dem Sabinefluß vor, und General Wilkinson, wel¬
cher die Heeresmacht der Vereinigten Staaten im Westen befehligte, erhielt den
Auftrag, anf seiner Hut zu sein und sie zurückzuwerfen, wenn sie diese Schranke
überschreiten sollten.

Dies war der Stand der Dinge, als Burr von dem tapfern John Swart-
wout begleitet zum zweiten Male am Ohio erschien. In der Verfolgung seines
Zwecks wendete er sich mit dem ihm eigenen Geschick an jedermann, der ihm
tauglich schien, in der Kette seiner Pläne als Glied verwendet zu werden. Blan-
nerhassets Insel auf dem Ohio lag ihm hart am Wege. Hermann Blaunerhasset
war ein Jrländer von vornehmer Herkunft und großem Vermögen, vermählt mit
einer Dame von außerordentlicher Schönheit, der Tochter des Generals Agnew,
der mit Wolfe vor Quebek war, umgeben von einem Kreise von Kindern, die in
der ersten Frische der Jugend blühten. Seine republikanischen Grundsätze hatten
ihn von England nach Amerika getrieben, sein Hang zur Zurückgezogenheit "ut
seine mehr dem Studium als dem Leben zugewendete Natur waren Ursache ge¬
wesen, daß er den Westen zur Wohnstätte erkoren hatte. Auf einer lieblichen
Insel des schönen Ohio ließ er sich nieder, und im Verlause weniger Jahre hatte
er sie in einen entzückenden Garten verwandelt, in dessen Mitte sich sein Haus er¬
hob, ein Sitz des Friedens, des häuslichen Glücks, des seinen Geschmacks und
der unbegrenzten Gastlichkeit mitten in der Wildniß. In dieses Idyll, das ein
Gelehrter um sich geschaffen, trat der Dämon in Aaron Burrs Gestalt. Blan-
uerhcisset, mild gesinnt, in der Einsamkeit glücklich, strebsam nur in der Wissen-


ton die Expedition im Stillen gern sehen »ut darüber ein Auge zudrücken
werde, wenn auch nicht zu erwarten stehe, sie werde dieselbe eher anerkennen, als
bis die Feindseligkeiten wirklich ausgebrochen waren. Es leidet kaum einen Zwei¬
fel, daß viele sich an dem Unternehmen betheiligten, ohne einen Verrath am
Vaterlande darin zu erblicken, während andere allerdings in alle Einzelnheiten
des Planes bis zu seinen letzten Consequenzen eingeweiht waren.

Im Jahre 1806 erschien Oberst Burr zum ersten Male in Kentucky, wo er
in Lexington und Louisville Verbindungen anzuknüpfen suchte. Er begab sich
dann nach Nashville, Se. Louis, Natchez und Neuorleans, um das Terrain zu
sondiren, und lebte hierauf wieder nach Lexington zurück, um weitere Vorberei¬
tungen zu treffen. Nachdem er hier eine Zeitlang verweilt, reiste er heim nach
Neuyork, wo die Reste seiner einstigen Partei des Zeichens zum Aufbruch nach
dem Ohio warteten.

Das Verhältniß der Vereinigten Staaten zu Spanien war, wie bemerkt, da¬
mals nichts weniger als freunduachbarlich. Diese zu äußerster Schwäche herab-
gekommene Macht verdroß der Kauf Louisianas dnrch die Union, und sie fand es
gerathen, diesen Verdruß durch mürrisches Benehmen merken zu lassen, etwa so,
wie Mexiko sich nach der Einverleibung von Texas verhielt. Im Frühlinge von 1806
rückten spanische Truppen nach dem Sabinefluß vor, und General Wilkinson, wel¬
cher die Heeresmacht der Vereinigten Staaten im Westen befehligte, erhielt den
Auftrag, anf seiner Hut zu sein und sie zurückzuwerfen, wenn sie diese Schranke
überschreiten sollten.

Dies war der Stand der Dinge, als Burr von dem tapfern John Swart-
wout begleitet zum zweiten Male am Ohio erschien. In der Verfolgung seines
Zwecks wendete er sich mit dem ihm eigenen Geschick an jedermann, der ihm
tauglich schien, in der Kette seiner Pläne als Glied verwendet zu werden. Blan-
nerhassets Insel auf dem Ohio lag ihm hart am Wege. Hermann Blaunerhasset
war ein Jrländer von vornehmer Herkunft und großem Vermögen, vermählt mit
einer Dame von außerordentlicher Schönheit, der Tochter des Generals Agnew,
der mit Wolfe vor Quebek war, umgeben von einem Kreise von Kindern, die in
der ersten Frische der Jugend blühten. Seine republikanischen Grundsätze hatten
ihn von England nach Amerika getrieben, sein Hang zur Zurückgezogenheit »ut
seine mehr dem Studium als dem Leben zugewendete Natur waren Ursache ge¬
wesen, daß er den Westen zur Wohnstätte erkoren hatte. Auf einer lieblichen
Insel des schönen Ohio ließ er sich nieder, und im Verlause weniger Jahre hatte
er sie in einen entzückenden Garten verwandelt, in dessen Mitte sich sein Haus er¬
hob, ein Sitz des Friedens, des häuslichen Glücks, des seinen Geschmacks und
der unbegrenzten Gastlichkeit mitten in der Wildniß. In dieses Idyll, das ein
Gelehrter um sich geschaffen, trat der Dämon in Aaron Burrs Gestalt. Blan-
uerhcisset, mild gesinnt, in der Einsamkeit glücklich, strebsam nur in der Wissen-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0373" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97619"/>
          <p xml:id="ID_972" prev="#ID_971"> ton die Expedition im Stillen gern sehen »ut darüber ein Auge zudrücken<lb/>
werde, wenn auch nicht zu erwarten stehe, sie werde dieselbe eher anerkennen, als<lb/>
bis die Feindseligkeiten wirklich ausgebrochen waren. Es leidet kaum einen Zwei¬<lb/>
fel, daß viele sich an dem Unternehmen betheiligten, ohne einen Verrath am<lb/>
Vaterlande darin zu erblicken, während andere allerdings in alle Einzelnheiten<lb/>
des Planes bis zu seinen letzten Consequenzen eingeweiht waren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_973"> Im Jahre 1806 erschien Oberst Burr zum ersten Male in Kentucky, wo er<lb/>
in Lexington und Louisville Verbindungen anzuknüpfen suchte. Er begab sich<lb/>
dann nach Nashville, Se. Louis, Natchez und Neuorleans, um das Terrain zu<lb/>
sondiren, und lebte hierauf wieder nach Lexington zurück, um weitere Vorberei¬<lb/>
tungen zu treffen. Nachdem er hier eine Zeitlang verweilt, reiste er heim nach<lb/>
Neuyork, wo die Reste seiner einstigen Partei des Zeichens zum Aufbruch nach<lb/>
dem Ohio warteten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_974"> Das Verhältniß der Vereinigten Staaten zu Spanien war, wie bemerkt, da¬<lb/>
mals nichts weniger als freunduachbarlich. Diese zu äußerster Schwäche herab-<lb/>
gekommene Macht verdroß der Kauf Louisianas dnrch die Union, und sie fand es<lb/>
gerathen, diesen Verdruß durch mürrisches Benehmen merken zu lassen, etwa so,<lb/>
wie Mexiko sich nach der Einverleibung von Texas verhielt. Im Frühlinge von 1806<lb/>
rückten spanische Truppen nach dem Sabinefluß vor, und General Wilkinson, wel¬<lb/>
cher die Heeresmacht der Vereinigten Staaten im Westen befehligte, erhielt den<lb/>
Auftrag, anf seiner Hut zu sein und sie zurückzuwerfen, wenn sie diese Schranke<lb/>
überschreiten sollten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_975" next="#ID_976"> Dies war der Stand der Dinge, als Burr von dem tapfern John Swart-<lb/>
wout begleitet zum zweiten Male am Ohio erschien. In der Verfolgung seines<lb/>
Zwecks wendete er sich mit dem ihm eigenen Geschick an jedermann, der ihm<lb/>
tauglich schien, in der Kette seiner Pläne als Glied verwendet zu werden. Blan-<lb/>
nerhassets Insel auf dem Ohio lag ihm hart am Wege. Hermann Blaunerhasset<lb/>
war ein Jrländer von vornehmer Herkunft und großem Vermögen, vermählt mit<lb/>
einer Dame von außerordentlicher Schönheit, der Tochter des Generals Agnew,<lb/>
der mit Wolfe vor Quebek war, umgeben von einem Kreise von Kindern, die in<lb/>
der ersten Frische der Jugend blühten. Seine republikanischen Grundsätze hatten<lb/>
ihn von England nach Amerika getrieben, sein Hang zur Zurückgezogenheit »ut<lb/>
seine mehr dem Studium als dem Leben zugewendete Natur waren Ursache ge¬<lb/>
wesen, daß er den Westen zur Wohnstätte erkoren hatte. Auf einer lieblichen<lb/>
Insel des schönen Ohio ließ er sich nieder, und im Verlause weniger Jahre hatte<lb/>
er sie in einen entzückenden Garten verwandelt, in dessen Mitte sich sein Haus er¬<lb/>
hob, ein Sitz des Friedens, des häuslichen Glücks, des seinen Geschmacks und<lb/>
der unbegrenzten Gastlichkeit mitten in der Wildniß. In dieses Idyll, das ein<lb/>
Gelehrter um sich geschaffen, trat der Dämon in Aaron Burrs Gestalt. Blan-<lb/>
uerhcisset, mild gesinnt, in der Einsamkeit glücklich, strebsam nur in der Wissen-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0373] ton die Expedition im Stillen gern sehen »ut darüber ein Auge zudrücken werde, wenn auch nicht zu erwarten stehe, sie werde dieselbe eher anerkennen, als bis die Feindseligkeiten wirklich ausgebrochen waren. Es leidet kaum einen Zwei¬ fel, daß viele sich an dem Unternehmen betheiligten, ohne einen Verrath am Vaterlande darin zu erblicken, während andere allerdings in alle Einzelnheiten des Planes bis zu seinen letzten Consequenzen eingeweiht waren. Im Jahre 1806 erschien Oberst Burr zum ersten Male in Kentucky, wo er in Lexington und Louisville Verbindungen anzuknüpfen suchte. Er begab sich dann nach Nashville, Se. Louis, Natchez und Neuorleans, um das Terrain zu sondiren, und lebte hierauf wieder nach Lexington zurück, um weitere Vorberei¬ tungen zu treffen. Nachdem er hier eine Zeitlang verweilt, reiste er heim nach Neuyork, wo die Reste seiner einstigen Partei des Zeichens zum Aufbruch nach dem Ohio warteten. Das Verhältniß der Vereinigten Staaten zu Spanien war, wie bemerkt, da¬ mals nichts weniger als freunduachbarlich. Diese zu äußerster Schwäche herab- gekommene Macht verdroß der Kauf Louisianas dnrch die Union, und sie fand es gerathen, diesen Verdruß durch mürrisches Benehmen merken zu lassen, etwa so, wie Mexiko sich nach der Einverleibung von Texas verhielt. Im Frühlinge von 1806 rückten spanische Truppen nach dem Sabinefluß vor, und General Wilkinson, wel¬ cher die Heeresmacht der Vereinigten Staaten im Westen befehligte, erhielt den Auftrag, anf seiner Hut zu sein und sie zurückzuwerfen, wenn sie diese Schranke überschreiten sollten. Dies war der Stand der Dinge, als Burr von dem tapfern John Swart- wout begleitet zum zweiten Male am Ohio erschien. In der Verfolgung seines Zwecks wendete er sich mit dem ihm eigenen Geschick an jedermann, der ihm tauglich schien, in der Kette seiner Pläne als Glied verwendet zu werden. Blan- nerhassets Insel auf dem Ohio lag ihm hart am Wege. Hermann Blaunerhasset war ein Jrländer von vornehmer Herkunft und großem Vermögen, vermählt mit einer Dame von außerordentlicher Schönheit, der Tochter des Generals Agnew, der mit Wolfe vor Quebek war, umgeben von einem Kreise von Kindern, die in der ersten Frische der Jugend blühten. Seine republikanischen Grundsätze hatten ihn von England nach Amerika getrieben, sein Hang zur Zurückgezogenheit »ut seine mehr dem Studium als dem Leben zugewendete Natur waren Ursache ge¬ wesen, daß er den Westen zur Wohnstätte erkoren hatte. Auf einer lieblichen Insel des schönen Ohio ließ er sich nieder, und im Verlause weniger Jahre hatte er sie in einen entzückenden Garten verwandelt, in dessen Mitte sich sein Haus er¬ hob, ein Sitz des Friedens, des häuslichen Glücks, des seinen Geschmacks und der unbegrenzten Gastlichkeit mitten in der Wildniß. In dieses Idyll, das ein Gelehrter um sich geschaffen, trat der Dämon in Aaron Burrs Gestalt. Blan- uerhcisset, mild gesinnt, in der Einsamkeit glücklich, strebsam nur in der Wissen-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/373
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/373>, abgerufen am 23.07.2024.