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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Indessen haben wir noch auf einige andere Erwerbszweige Berlins einen
Blick zu werfen. Der Handelsstand wird durch 3337 Geschäftsinhaber und 3803 Ge¬
hilfen aller Art repräsentirt, worunter 1043 Principale dem Großhandel ange¬
hören, 4314 aber offene Läden halten. Geschäfte von besonderer Wichtigkeit sind
die 103 Weinhandlungen, die 47 Getreidchaudlungen, die 167 Holzhandlungen
und die 32 Wollhaudlungcn. Mit dem literarischen Verkehr der Hauptstadt be¬
schäftigen sich in seinen technischen Theilen 64 Druckereien mit 218 Pressen und
936 Arbeitern, 13 Schriftgießereien mit 230, 31 lithographische Anstalten mit
344 Arbeitern, endlich 123 Buchhandlungen, 31 Antiquare und 33 Leihbiblio¬
theken. Die Schiffahrt wird durch 330 Fahrzeuge von 16,603 Last vertreten,
welche 60 Schiffseigenthümern gehören und von 1317 Mann bedient werden.
Den Landtransport besorgen 383 Frachtfuhrlente "ud Miethskntscher mit 1314 Ge¬
hülfen nud 3038 Pferden. Mit dem Personenverkehr beschäftigen sich 34 Gast¬
höfe, 39 Ansspannkrüge, 213 Speisewirthe, 1316 Schenkwirthe und Tabagisten.
Die Landwirthschaft ist in Berlin ein zusammenschrumpfendes Gewerbe; kaum
tausend Menschen finden, alles in allem gerechnet, bei ihr ihren täglichen Unter¬
halt. Desto üppiger blüht ein anderes, von seines Gleichen tief verachtetes und
in der That gemeines Gewerbe, das wir nicht näher bezeichnen wollen als mit
der Angabe, daß es im Jahre 1832 der polizeilichen Rolle zufolge 1496 Personen
ernährte.

Die Verhältnisse der Wohnung und Nahrung, denen die oben geschilderte
Bevölkerung in ihren verschiedenen Schichten unterliegt, können wir auf den
Raum dieses Artikels ihrer Weitläufigkeit wegen nicht mehr heranziehen. Viel¬
leicht gehen wir später einmal eigens und in Parallele mit andern deutschen Städ¬
ten auf sie ein. Dagegen wollen wir den Schluß mit einer Notiz machen, welche
trotz ihrer Kürze lehrreich ist, nud mit jenen Verhältnissen in Beziehung steht.
Berlin verbrauchte während des Jahres 1832 an Feneruugsmittclu 238,418 Klaf¬
ter Holz, 70,269 Klafter Torf, 97,292 Tonnen Holzkohlen, 2,239,313 T. Stein¬
kohlen, 277,788 T. Braunkohlen, 1,096.521 T. Koaks und 1,287,100 Stück
Lohkuchen. Wie gewaltig da die Kohle Plaj; greift, tritt auch dem Laien un¬
mittelbar entgegen. Es wäre jedoch schön, wenn wir erfahren könnten, in wel¬
chem Grade die Steinkohle Holz und Torf auch bereits auf den Familienherden
Z" verdrängen anfängt. Von jenen zwei Millionen Tonnen werden ohne Zweifel
die Fabriken noch die größte Masse verschlucke". Erst wenn die Kohle sich die
Haushaltungen des Mittelstandes erobert, ist in der Geschichte der Fenernngs-
mittel jenes vorgeschrittene Stadium eingetreten, während dessen das kostbare
Holz und der schwer zu befördernde Torf allmälig vom Markt verschwinden.




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Indessen haben wir noch auf einige andere Erwerbszweige Berlins einen
Blick zu werfen. Der Handelsstand wird durch 3337 Geschäftsinhaber und 3803 Ge¬
hilfen aller Art repräsentirt, worunter 1043 Principale dem Großhandel ange¬
hören, 4314 aber offene Läden halten. Geschäfte von besonderer Wichtigkeit sind
die 103 Weinhandlungen, die 47 Getreidchaudlungen, die 167 Holzhandlungen
und die 32 Wollhaudlungcn. Mit dem literarischen Verkehr der Hauptstadt be¬
schäftigen sich in seinen technischen Theilen 64 Druckereien mit 218 Pressen und
936 Arbeitern, 13 Schriftgießereien mit 230, 31 lithographische Anstalten mit
344 Arbeitern, endlich 123 Buchhandlungen, 31 Antiquare und 33 Leihbiblio¬
theken. Die Schiffahrt wird durch 330 Fahrzeuge von 16,603 Last vertreten,
welche 60 Schiffseigenthümern gehören und von 1317 Mann bedient werden.
Den Landtransport besorgen 383 Frachtfuhrlente »ud Miethskntscher mit 1314 Ge¬
hülfen nud 3038 Pferden. Mit dem Personenverkehr beschäftigen sich 34 Gast¬
höfe, 39 Ansspannkrüge, 213 Speisewirthe, 1316 Schenkwirthe und Tabagisten.
Die Landwirthschaft ist in Berlin ein zusammenschrumpfendes Gewerbe; kaum
tausend Menschen finden, alles in allem gerechnet, bei ihr ihren täglichen Unter¬
halt. Desto üppiger blüht ein anderes, von seines Gleichen tief verachtetes und
in der That gemeines Gewerbe, das wir nicht näher bezeichnen wollen als mit
der Angabe, daß es im Jahre 1832 der polizeilichen Rolle zufolge 1496 Personen
ernährte.

Die Verhältnisse der Wohnung und Nahrung, denen die oben geschilderte
Bevölkerung in ihren verschiedenen Schichten unterliegt, können wir auf den
Raum dieses Artikels ihrer Weitläufigkeit wegen nicht mehr heranziehen. Viel¬
leicht gehen wir später einmal eigens und in Parallele mit andern deutschen Städ¬
ten auf sie ein. Dagegen wollen wir den Schluß mit einer Notiz machen, welche
trotz ihrer Kürze lehrreich ist, nud mit jenen Verhältnissen in Beziehung steht.
Berlin verbrauchte während des Jahres 1832 an Feneruugsmittclu 238,418 Klaf¬
ter Holz, 70,269 Klafter Torf, 97,292 Tonnen Holzkohlen, 2,239,313 T. Stein¬
kohlen, 277,788 T. Braunkohlen, 1,096.521 T. Koaks und 1,287,100 Stück
Lohkuchen. Wie gewaltig da die Kohle Plaj; greift, tritt auch dem Laien un¬
mittelbar entgegen. Es wäre jedoch schön, wenn wir erfahren könnten, in wel¬
chem Grade die Steinkohle Holz und Torf auch bereits auf den Familienherden
Z» verdrängen anfängt. Von jenen zwei Millionen Tonnen werden ohne Zweifel
die Fabriken noch die größte Masse verschlucke». Erst wenn die Kohle sich die
Haushaltungen des Mittelstandes erobert, ist in der Geschichte der Fenernngs-
mittel jenes vorgeschrittene Stadium eingetreten, während dessen das kostbare
Holz und der schwer zu befördernde Torf allmälig vom Markt verschwinden.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/299>, abgerufen am 01.10.2024.