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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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bürdet sei, Und während die übrigen Truppentheile faullenzten, seine Soldaten
so und soviel mehr Mäntel zerreißen oder Schuhe durchlaufen müßten.

Heute kam die unangenehme Nachricht, daß der W.sche
Hauptmann Z. auf dem Vorposten aus Versehen von einen B.schen Soldaten
erschossen worden ist. Die W.schen Hauptmannsabzeichen sind dieselben, wie die
bei den Feinden und ihre Käppis gleichen ganz den feindlichen, und so hat der
B.sche Soldat geglaubt, der W.sche Hauptmann, der sich beim Recognosciren
verirrt hatte, und dessen Losung, in fremdem Dialekt gegeben, er nicht ver¬
standen, sei ein feindlicher Offizier; erz,hat deshalb Feuer gegeben und ihn ins
Herz geschossen. Die Spannung, die schon immer zwischen den W.schen und
B.schen Truppe" bestand, ist durch diesen unangenehmen Vorfall noch bedeutend
vergrößert, und hat gestern wieder zu blutigen Streitigkeiten Anlaß gegeben.
Man will dieselben daher von einander trennen und in verschiedene Divisionen
vertheilen, obgleich dadurch grade im jetzigen Augenblick wieder nicht geringe
Schwierigkeiten entstehen.

Die Feinde haben die Verschiedenartigkeit in den Signalen,
Commandowörter und Uniformiruugeu, die in unseren einzelnen Contingenten
herrscht, mit großem Geschick benutzt, um auf unserem linken Flügel einen nächt¬
lichen Ueberfall zu unternehmen. Wenn sie anch endlich wieder zurückgetrieben
wurden, so ist unser Verlust doch leider kein geringer gewesen. Fest bin ich
überzeugt, daß, wenn unser Corps aus Truppen ein und derselben Macht be¬
standen hätte, oder wenn man nur unter unsern einzelnen Contingenten die
Gleichmäßigkeit hergestellt hätte, welche für den Krieg unbedingt nothwendig
ist, dieser Ueberfall nicht geschehen wäre, war derselbe doch grade auf die Bnnt-
scheckigkeit unseres Corps berechnet. So hat sich schon wieder die große Ver¬
säumnis) bestraft, die man in den langen Friedensjahren begangen hat, wo mau
mit verhältnißmäßig leichter Mühe soviel Gutes schaffe" konnte. Nur zu sehr fürchte
ich, dererlei Unfälle werden uoch häufig' sich wiederholen, denn immer mehr
lernt der Feind die Schwäche, die unserem Armeecorps aus seiner bunten Zu¬
sammensetzung erwächst, erkennen "ud für seine Zwecke benutzen. Was hilft
es, wenn unsere einzelne" Co"tingente auch für sich allein betrachtet noch so gu
sein mögen!

Es ist entschieden. Was wie eine trübe Ahnung ans uns
Allen lastete, ist Wahrheit geworden. Wir sind geschlagen worden, und wäre uns
nicht Hilfe gekommen, unser Corps wäre vernichtet. Den Preußen müssen wir
den Ruhm lassen, die schon Verlorne Schlacht wiederhergestellt, und nach einem
blutigen Kampfe den Feind gründlich geschlagen zu haben. Bei "us herrscht die
größte Verwirrung. Consnstvn in der Schlacht, Confusion an allen Ecken noch
letzt, wo wir Zeit genug hatten, uns wieder zu sammeln. Einzelne Truppen
auch von den kleinen Kontingenten haben sich mit bewunderungswürdiger Bravour


bürdet sei, Und während die übrigen Truppentheile faullenzten, seine Soldaten
so und soviel mehr Mäntel zerreißen oder Schuhe durchlaufen müßten.

Heute kam die unangenehme Nachricht, daß der W.sche
Hauptmann Z. auf dem Vorposten aus Versehen von einen B.schen Soldaten
erschossen worden ist. Die W.schen Hauptmannsabzeichen sind dieselben, wie die
bei den Feinden und ihre Käppis gleichen ganz den feindlichen, und so hat der
B.sche Soldat geglaubt, der W.sche Hauptmann, der sich beim Recognosciren
verirrt hatte, und dessen Losung, in fremdem Dialekt gegeben, er nicht ver¬
standen, sei ein feindlicher Offizier; erz,hat deshalb Feuer gegeben und ihn ins
Herz geschossen. Die Spannung, die schon immer zwischen den W.schen und
B.schen Truppe» bestand, ist durch diesen unangenehmen Vorfall noch bedeutend
vergrößert, und hat gestern wieder zu blutigen Streitigkeiten Anlaß gegeben.
Man will dieselben daher von einander trennen und in verschiedene Divisionen
vertheilen, obgleich dadurch grade im jetzigen Augenblick wieder nicht geringe
Schwierigkeiten entstehen.

Die Feinde haben die Verschiedenartigkeit in den Signalen,
Commandowörter und Uniformiruugeu, die in unseren einzelnen Contingenten
herrscht, mit großem Geschick benutzt, um auf unserem linken Flügel einen nächt¬
lichen Ueberfall zu unternehmen. Wenn sie anch endlich wieder zurückgetrieben
wurden, so ist unser Verlust doch leider kein geringer gewesen. Fest bin ich
überzeugt, daß, wenn unser Corps aus Truppen ein und derselben Macht be¬
standen hätte, oder wenn man nur unter unsern einzelnen Contingenten die
Gleichmäßigkeit hergestellt hätte, welche für den Krieg unbedingt nothwendig
ist, dieser Ueberfall nicht geschehen wäre, war derselbe doch grade auf die Bnnt-
scheckigkeit unseres Corps berechnet. So hat sich schon wieder die große Ver¬
säumnis) bestraft, die man in den langen Friedensjahren begangen hat, wo mau
mit verhältnißmäßig leichter Mühe soviel Gutes schaffe» konnte. Nur zu sehr fürchte
ich, dererlei Unfälle werden uoch häufig' sich wiederholen, denn immer mehr
lernt der Feind die Schwäche, die unserem Armeecorps aus seiner bunten Zu¬
sammensetzung erwächst, erkennen »ud für seine Zwecke benutzen. Was hilft
es, wenn unsere einzelne» Co»tingente auch für sich allein betrachtet noch so gu
sein mögen!

Es ist entschieden. Was wie eine trübe Ahnung ans uns
Allen lastete, ist Wahrheit geworden. Wir sind geschlagen worden, und wäre uns
nicht Hilfe gekommen, unser Corps wäre vernichtet. Den Preußen müssen wir
den Ruhm lassen, die schon Verlorne Schlacht wiederhergestellt, und nach einem
blutigen Kampfe den Feind gründlich geschlagen zu haben. Bei »us herrscht die
größte Verwirrung. Consnstvn in der Schlacht, Confusion an allen Ecken noch
letzt, wo wir Zeit genug hatten, uns wieder zu sammeln. Einzelne Truppen
auch von den kleinen Kontingenten haben sich mit bewunderungswürdiger Bravour


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/221>, abgerufen am 22.07.2024.