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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Contingents verwandt werden und leer wieder zurückkommen. Der T.sche
Hauptmann, der diesen Befehl ausführen sollte, hat sich geweigert, ihn aus¬
zuführen. Die R.sche Munition gehe ihm nichts an und er wolle seine Pferde
nicht zu Schanden fahren lasse", um solche nachzuschleppen. Sein heimatliches
Gouvernement habe ihm ausdrücklich vor dem Ausmarsch besohle", ja recht
sparsam mit dem ihn, anvertraute" Material umzugehen und besonders seine Pferde
nie und unter keinen Umständen zum Dienst bei einem a"deren Coiitiugcute
herzugebe". Unser Prinz ist mit Recht wüthend darüber, hat den widerspenstigen
Hauptmann sogleich arretiren lassen und will ihn wegen Insubordination vor ein
Kriegsgericht stellen. Was wird aber viel dabei herauskommen, wenn derselbe
sich wirklich damit ausweist, daß ihm von seiner heimatlichen obersten Militär¬
behörde der Befehl ertheilt ist, die Pferde unter keine" Umständen zum Dienst
bei einem anderen Contingente herzugeben. Und wenn unser Kriegsgericht anch
den Schuldigen wirklich zu einer Strafe verurtheilt, wird nicht sein Landesfürst
dieselbe wieder aufhebe", ja ihn sogar noch dafür belohnen, daß er den heimat¬
lichen Befehlen mehr nachgekommen ist, als einen: widersprechenden, den ihm der
fremde Oberbefehlshaber gab?

Unser Prinz ist außer sich, und ständen wir nicht den Feinden
so nahe gegenüber, daß wir täglich einen Zusammenstoß erwarten dürften, so
würde er gewiß seinen Oberbefehl schon jetzt wieder niederlegen. Es ist ihm dies
aber auch nicht zu verdeicken, denn das stete Einmischen der verschiedenen 17
Regierungen, deren Truppen wir leider hier vereinigt haben, muß auch deu
geduldigsten Obergeneral zum Verzweifeln bringen. Jeder unserer einzelnen
Contingentöbefehlshaber kehrt sich viel mehr an die offenen und mehr "och an die
geheimen Weisungen, die er vom Hause bekommt, als an alle Befehle unseres
Prinzen, die man auf geschickte Weise zu umgehen weiß, sobald sie zu dem eigenen
Wunsche nicht passen. Da ist z. B. der L. K. General. Er thut wirklich so,
als wenn es der alleinige Zweck des ganzen Krieges wäre, daß die L. K. Brigade
sich recht auszeichnen und in den Zeitungen als eine besonders thätige gerühmt
werde. Die Diöpofltivnspläne, die von unserem Generalstab ausgehen, scheinen
nur insoweit für ihn vorhanden, als sie in seine Zwecke passen, sonst kehrt er
sich verdammt wenig daran und liebt es sehr, mit seiner Brigade auf eigene
Hand etwas mit dem Feinde herumzuscharmützeln. Vor einigen Tagen verklagten
wir endlich den vorwitzigen Herrn bei seiner speciellen Landesherrschaft und diese,
statt denselben wie es sich gehört hätte, zur Rechenschaft zu ziehen, schickt ihm
heut sogar einen Orden zur Belohnung seiner kriegerischen Thätigkeit.

- Ein Gegenstück zu dem thatensüchtigen L. K. General haben wir in dem
B.sehen Obersten. Wenn der mit seinem Regiments nur eiuen Marsch mehr
machen soll, als die Truppen der andern Contingente neben ihm, schreibt,er ellen¬
lange Klagebriefe, daß ihm und allein ihm die ganze Last des Feldzuges cmfge-


Contingents verwandt werden und leer wieder zurückkommen. Der T.sche
Hauptmann, der diesen Befehl ausführen sollte, hat sich geweigert, ihn aus¬
zuführen. Die R.sche Munition gehe ihm nichts an und er wolle seine Pferde
nicht zu Schanden fahren lasse», um solche nachzuschleppen. Sein heimatliches
Gouvernement habe ihm ausdrücklich vor dem Ausmarsch besohle», ja recht
sparsam mit dem ihn, anvertraute» Material umzugehen und besonders seine Pferde
nie und unter keinen Umständen zum Dienst bei einem a»deren Coiitiugcute
herzugebe». Unser Prinz ist mit Recht wüthend darüber, hat den widerspenstigen
Hauptmann sogleich arretiren lassen und will ihn wegen Insubordination vor ein
Kriegsgericht stellen. Was wird aber viel dabei herauskommen, wenn derselbe
sich wirklich damit ausweist, daß ihm von seiner heimatlichen obersten Militär¬
behörde der Befehl ertheilt ist, die Pferde unter keine» Umständen zum Dienst
bei einem anderen Contingente herzugeben. Und wenn unser Kriegsgericht anch
den Schuldigen wirklich zu einer Strafe verurtheilt, wird nicht sein Landesfürst
dieselbe wieder aufhebe», ja ihn sogar noch dafür belohnen, daß er den heimat¬
lichen Befehlen mehr nachgekommen ist, als einen: widersprechenden, den ihm der
fremde Oberbefehlshaber gab?

Unser Prinz ist außer sich, und ständen wir nicht den Feinden
so nahe gegenüber, daß wir täglich einen Zusammenstoß erwarten dürften, so
würde er gewiß seinen Oberbefehl schon jetzt wieder niederlegen. Es ist ihm dies
aber auch nicht zu verdeicken, denn das stete Einmischen der verschiedenen 17
Regierungen, deren Truppen wir leider hier vereinigt haben, muß auch deu
geduldigsten Obergeneral zum Verzweifeln bringen. Jeder unserer einzelnen
Contingentöbefehlshaber kehrt sich viel mehr an die offenen und mehr »och an die
geheimen Weisungen, die er vom Hause bekommt, als an alle Befehle unseres
Prinzen, die man auf geschickte Weise zu umgehen weiß, sobald sie zu dem eigenen
Wunsche nicht passen. Da ist z. B. der L. K. General. Er thut wirklich so,
als wenn es der alleinige Zweck des ganzen Krieges wäre, daß die L. K. Brigade
sich recht auszeichnen und in den Zeitungen als eine besonders thätige gerühmt
werde. Die Diöpofltivnspläne, die von unserem Generalstab ausgehen, scheinen
nur insoweit für ihn vorhanden, als sie in seine Zwecke passen, sonst kehrt er
sich verdammt wenig daran und liebt es sehr, mit seiner Brigade auf eigene
Hand etwas mit dem Feinde herumzuscharmützeln. Vor einigen Tagen verklagten
wir endlich den vorwitzigen Herrn bei seiner speciellen Landesherrschaft und diese,
statt denselben wie es sich gehört hätte, zur Rechenschaft zu ziehen, schickt ihm
heut sogar einen Orden zur Belohnung seiner kriegerischen Thätigkeit.

- Ein Gegenstück zu dem thatensüchtigen L. K. General haben wir in dem
B.sehen Obersten. Wenn der mit seinem Regiments nur eiuen Marsch mehr
machen soll, als die Truppen der andern Contingente neben ihm, schreibt,er ellen¬
lange Klagebriefe, daß ihm und allein ihm die ganze Last des Feldzuges cmfge-


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[0220] Contingents verwandt werden und leer wieder zurückkommen. Der T.sche Hauptmann, der diesen Befehl ausführen sollte, hat sich geweigert, ihn aus¬ zuführen. Die R.sche Munition gehe ihm nichts an und er wolle seine Pferde nicht zu Schanden fahren lasse», um solche nachzuschleppen. Sein heimatliches Gouvernement habe ihm ausdrücklich vor dem Ausmarsch besohle», ja recht sparsam mit dem ihn, anvertraute» Material umzugehen und besonders seine Pferde nie und unter keinen Umständen zum Dienst bei einem a»deren Coiitiugcute herzugebe». Unser Prinz ist mit Recht wüthend darüber, hat den widerspenstigen Hauptmann sogleich arretiren lassen und will ihn wegen Insubordination vor ein Kriegsgericht stellen. Was wird aber viel dabei herauskommen, wenn derselbe sich wirklich damit ausweist, daß ihm von seiner heimatlichen obersten Militär¬ behörde der Befehl ertheilt ist, die Pferde unter keine» Umständen zum Dienst bei einem anderen Contingente herzugeben. Und wenn unser Kriegsgericht anch den Schuldigen wirklich zu einer Strafe verurtheilt, wird nicht sein Landesfürst dieselbe wieder aufhebe», ja ihn sogar noch dafür belohnen, daß er den heimat¬ lichen Befehlen mehr nachgekommen ist, als einen: widersprechenden, den ihm der fremde Oberbefehlshaber gab? Unser Prinz ist außer sich, und ständen wir nicht den Feinden so nahe gegenüber, daß wir täglich einen Zusammenstoß erwarten dürften, so würde er gewiß seinen Oberbefehl schon jetzt wieder niederlegen. Es ist ihm dies aber auch nicht zu verdeicken, denn das stete Einmischen der verschiedenen 17 Regierungen, deren Truppen wir leider hier vereinigt haben, muß auch deu geduldigsten Obergeneral zum Verzweifeln bringen. Jeder unserer einzelnen Contingentöbefehlshaber kehrt sich viel mehr an die offenen und mehr »och an die geheimen Weisungen, die er vom Hause bekommt, als an alle Befehle unseres Prinzen, die man auf geschickte Weise zu umgehen weiß, sobald sie zu dem eigenen Wunsche nicht passen. Da ist z. B. der L. K. General. Er thut wirklich so, als wenn es der alleinige Zweck des ganzen Krieges wäre, daß die L. K. Brigade sich recht auszeichnen und in den Zeitungen als eine besonders thätige gerühmt werde. Die Diöpofltivnspläne, die von unserem Generalstab ausgehen, scheinen nur insoweit für ihn vorhanden, als sie in seine Zwecke passen, sonst kehrt er sich verdammt wenig daran und liebt es sehr, mit seiner Brigade auf eigene Hand etwas mit dem Feinde herumzuscharmützeln. Vor einigen Tagen verklagten wir endlich den vorwitzigen Herrn bei seiner speciellen Landesherrschaft und diese, statt denselben wie es sich gehört hätte, zur Rechenschaft zu ziehen, schickt ihm heut sogar einen Orden zur Belohnung seiner kriegerischen Thätigkeit. - Ein Gegenstück zu dem thatensüchtigen L. K. General haben wir in dem B.sehen Obersten. Wenn der mit seinem Regiments nur eiuen Marsch mehr machen soll, als die Truppen der andern Contingente neben ihm, schreibt,er ellen¬ lange Klagebriefe, daß ihm und allein ihm die ganze Last des Feldzuges cmfge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/220>, abgerufen am 22.07.2024.