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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Verhältnissen tüchtige und brauchbare Soldaten gegeben hätten. Das sind die
deutschen Reichstruppen des vorigen Jahrhunderts, es ist trostlos! --

Heute große Parade von 21,000 Mann,' die 13 verschie¬
denen Kontingenten angehörten. Für das Auge eines Laien war es ein präch¬
tiges Schauspiel, die verschiedenen Uniformen, Federbüsche, Epauletten, der Glanz
der Waffen und die wenigstens zum Theil guten Pferde. Besonders die Ca-
valerie war eine Musterkarte von allen möglichen Monturen, Waffen und Namen.
Wir haben Gardehusaren, Dragoner, Ulanen, Cheveauxlegers, diverse leichte
Reiter und Kürassiere, der Parademarsch ging besser als ich gedacht hatte. Aber
nach den Erfahrungen der letzten Tage kam mir das glänzende Corps doch nicht
viel anders vor, als ein Kleid, das flüchtig ans allen möglichen bunten Lappen
zusammengesetzt ist. Fast jedes Contingent hatte seine eigene Art des Exercitiums
und wie bei unsrem Generalstab im Kleinen, so fehlt auch hier im Großen alle
Uebereinstimmung. Einzelne Contingente unsres Corps waren in der That
trefflich. Aber die 18,000 Preußen, die vor einigen Tagen bei uns vorbei-
marschirten, boten doch einen ganz andern Anblick. Alles aus einem Guß, ein
Regiment gleich dem andern. Wie glücklich sind die Generalstabsofsiziere bei
diesem Corps, sie haben im Vergleich zu uns leichte Arbeit.

Heute besuchte ich die Commandeure zweier kleinen Kon¬
tingente, meinen Vetter Major N., der das Bataillon von M. N. und Obrist-
lientenaut B., der das Contingent von M. L. commandirt. Beide tüchtige
Offiziere, welche in der preußischen Armee ihre Carriere gemacht haben und dort
noch in bester Erinnerung stehen. Was sie mir von ihren Offizieren vorführten,
waren propre, militärisch gebildete Leute, die einen sehr guten Eindruck machten.
Ich machte beiden Führern mein aufrichtiges Kompliment über den guten Sinn
und die kriegerische Haltung, welche in dem Offiziercorps ihrer Abtheilungen
sichtbar war. Beide sagten mir, daß sie von ihren Offizieren das Beste erwarten
könnten und daß es wahrhaft bewunderungswürdig sei, wie diese Männer in ihrer
militärischen Jsolirung und bei einer gesellschaftlichen Stellung in ihren kleinen
Staaten, welche durchaus nicht imponirend sei, so viel Pflichttreue und Liebe zu
ihrem Beruf bewahrt hätten; sie rühmten sehr den Fleiß und Eifer, mit dem
dieselben noch jetzt bemüht seien, die Mängel, welche in ihrer militärischen Aus¬
bildung unvermeidlich waren, zu ergänzen. Aber beide klagten bitter über die
unvollkommene Ausbildung ihrer Truppen, die trotz aller angewandten Mühe
vollständige Feldtüchtigkeit nicht erlangt hätten. In beiden Staaten haben zwar
die Landesfürsten alles dafür gethan, was in ihren Kräften stand; ist doch der
Fürst von M. N. selbst einer der hoffnungsvollsten Generale in preußischen
Diensten. Aber eine unverständige Sparsamkeit der Landesvcrtreter in beiden
Staaten hatte den Regierungen bei Festsetzung des Etats alle Jahre die Mittel
genommen, ihre Truppen bei den Herbstmanövern mit dem großen Truppenkörper


Verhältnissen tüchtige und brauchbare Soldaten gegeben hätten. Das sind die
deutschen Reichstruppen des vorigen Jahrhunderts, es ist trostlos! —

Heute große Parade von 21,000 Mann,' die 13 verschie¬
denen Kontingenten angehörten. Für das Auge eines Laien war es ein präch¬
tiges Schauspiel, die verschiedenen Uniformen, Federbüsche, Epauletten, der Glanz
der Waffen und die wenigstens zum Theil guten Pferde. Besonders die Ca-
valerie war eine Musterkarte von allen möglichen Monturen, Waffen und Namen.
Wir haben Gardehusaren, Dragoner, Ulanen, Cheveauxlegers, diverse leichte
Reiter und Kürassiere, der Parademarsch ging besser als ich gedacht hatte. Aber
nach den Erfahrungen der letzten Tage kam mir das glänzende Corps doch nicht
viel anders vor, als ein Kleid, das flüchtig ans allen möglichen bunten Lappen
zusammengesetzt ist. Fast jedes Contingent hatte seine eigene Art des Exercitiums
und wie bei unsrem Generalstab im Kleinen, so fehlt auch hier im Großen alle
Uebereinstimmung. Einzelne Contingente unsres Corps waren in der That
trefflich. Aber die 18,000 Preußen, die vor einigen Tagen bei uns vorbei-
marschirten, boten doch einen ganz andern Anblick. Alles aus einem Guß, ein
Regiment gleich dem andern. Wie glücklich sind die Generalstabsofsiziere bei
diesem Corps, sie haben im Vergleich zu uns leichte Arbeit.

Heute besuchte ich die Commandeure zweier kleinen Kon¬
tingente, meinen Vetter Major N., der das Bataillon von M. N. und Obrist-
lientenaut B., der das Contingent von M. L. commandirt. Beide tüchtige
Offiziere, welche in der preußischen Armee ihre Carriere gemacht haben und dort
noch in bester Erinnerung stehen. Was sie mir von ihren Offizieren vorführten,
waren propre, militärisch gebildete Leute, die einen sehr guten Eindruck machten.
Ich machte beiden Führern mein aufrichtiges Kompliment über den guten Sinn
und die kriegerische Haltung, welche in dem Offiziercorps ihrer Abtheilungen
sichtbar war. Beide sagten mir, daß sie von ihren Offizieren das Beste erwarten
könnten und daß es wahrhaft bewunderungswürdig sei, wie diese Männer in ihrer
militärischen Jsolirung und bei einer gesellschaftlichen Stellung in ihren kleinen
Staaten, welche durchaus nicht imponirend sei, so viel Pflichttreue und Liebe zu
ihrem Beruf bewahrt hätten; sie rühmten sehr den Fleiß und Eifer, mit dem
dieselben noch jetzt bemüht seien, die Mängel, welche in ihrer militärischen Aus¬
bildung unvermeidlich waren, zu ergänzen. Aber beide klagten bitter über die
unvollkommene Ausbildung ihrer Truppen, die trotz aller angewandten Mühe
vollständige Feldtüchtigkeit nicht erlangt hätten. In beiden Staaten haben zwar
die Landesfürsten alles dafür gethan, was in ihren Kräften stand; ist doch der
Fürst von M. N. selbst einer der hoffnungsvollsten Generale in preußischen
Diensten. Aber eine unverständige Sparsamkeit der Landesvcrtreter in beiden
Staaten hatte den Regierungen bei Festsetzung des Etats alle Jahre die Mittel
genommen, ihre Truppen bei den Herbstmanövern mit dem großen Truppenkörper


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[0216] Verhältnissen tüchtige und brauchbare Soldaten gegeben hätten. Das sind die deutschen Reichstruppen des vorigen Jahrhunderts, es ist trostlos! — Heute große Parade von 21,000 Mann,' die 13 verschie¬ denen Kontingenten angehörten. Für das Auge eines Laien war es ein präch¬ tiges Schauspiel, die verschiedenen Uniformen, Federbüsche, Epauletten, der Glanz der Waffen und die wenigstens zum Theil guten Pferde. Besonders die Ca- valerie war eine Musterkarte von allen möglichen Monturen, Waffen und Namen. Wir haben Gardehusaren, Dragoner, Ulanen, Cheveauxlegers, diverse leichte Reiter und Kürassiere, der Parademarsch ging besser als ich gedacht hatte. Aber nach den Erfahrungen der letzten Tage kam mir das glänzende Corps doch nicht viel anders vor, als ein Kleid, das flüchtig ans allen möglichen bunten Lappen zusammengesetzt ist. Fast jedes Contingent hatte seine eigene Art des Exercitiums und wie bei unsrem Generalstab im Kleinen, so fehlt auch hier im Großen alle Uebereinstimmung. Einzelne Contingente unsres Corps waren in der That trefflich. Aber die 18,000 Preußen, die vor einigen Tagen bei uns vorbei- marschirten, boten doch einen ganz andern Anblick. Alles aus einem Guß, ein Regiment gleich dem andern. Wie glücklich sind die Generalstabsofsiziere bei diesem Corps, sie haben im Vergleich zu uns leichte Arbeit. Heute besuchte ich die Commandeure zweier kleinen Kon¬ tingente, meinen Vetter Major N., der das Bataillon von M. N. und Obrist- lientenaut B., der das Contingent von M. L. commandirt. Beide tüchtige Offiziere, welche in der preußischen Armee ihre Carriere gemacht haben und dort noch in bester Erinnerung stehen. Was sie mir von ihren Offizieren vorführten, waren propre, militärisch gebildete Leute, die einen sehr guten Eindruck machten. Ich machte beiden Führern mein aufrichtiges Kompliment über den guten Sinn und die kriegerische Haltung, welche in dem Offiziercorps ihrer Abtheilungen sichtbar war. Beide sagten mir, daß sie von ihren Offizieren das Beste erwarten könnten und daß es wahrhaft bewunderungswürdig sei, wie diese Männer in ihrer militärischen Jsolirung und bei einer gesellschaftlichen Stellung in ihren kleinen Staaten, welche durchaus nicht imponirend sei, so viel Pflichttreue und Liebe zu ihrem Beruf bewahrt hätten; sie rühmten sehr den Fleiß und Eifer, mit dem dieselben noch jetzt bemüht seien, die Mängel, welche in ihrer militärischen Aus¬ bildung unvermeidlich waren, zu ergänzen. Aber beide klagten bitter über die unvollkommene Ausbildung ihrer Truppen, die trotz aller angewandten Mühe vollständige Feldtüchtigkeit nicht erlangt hätten. In beiden Staaten haben zwar die Landesfürsten alles dafür gethan, was in ihren Kräften stand; ist doch der Fürst von M. N. selbst einer der hoffnungsvollsten Generale in preußischen Diensten. Aber eine unverständige Sparsamkeit der Landesvcrtreter in beiden Staaten hatte den Regierungen bei Festsetzung des Etats alle Jahre die Mittel genommen, ihre Truppen bei den Herbstmanövern mit dem großen Truppenkörper

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/216>, abgerufen am 22.07.2024.