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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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vorgeschlagen, einen tüchtigen preußischen oder östreichischen General zum Ober¬
befehlshaber zu erwählen und von seinem Kriegsherrn die Erlaubniß zur Annahme
dieses Postens zu erbitten. Die solches vorschlugen, kamen aber schlecht an und
erfuhren von allen Seite" deu lebhafteste" Widerspruch. Oestreich und Preußen
wollten ohnedies immer eine" ungebührlichen Einfluß auf die Leitung der deut¬
schen Angelegenheiten üben und die Souveränetätsrechte der kleineren Staate-n
schmälern; solchem Streben müsse man auf alle Weise entgegenarbeiten.
So ward es anch nichts mit dem preußischen oder östreichischen General. End¬
lich nach vielem Hin- und Herstreiten und Telcgraphiren an die verschiedenen
Höfe vereinigte man sich darüber, Sr. Durchl. dem Prinzen von G. Z. den
Oberbefehl anzuvertrauen. Seine fürstliche Geburt, welche es für etwaige Prin¬
zen, die sich ihre erstell Sporen in diesem Kriege verdienen wollen, angenehmer
macht, unter seinem, als nnter irgend eines andern Generals Befehl zu stehen, hat
zuletzt am meiste" zu seiner Ernennung beigetragen. Unter diesen Umständen
kann ma" sich "ur Glück zu dieser Wahl wünsche", sie hätte wenigstens noch um
vieles schlechter ausfallen können. Der Prinz soll einen ehrenhafte", nobel" Cha¬
rakter haben, stets das Beste wolle", die Wahrheit gern hören und ein persönlich
muthiger und ritterlicher Kriegsmann sein. Das ist doch schon viel und läßt
anderes leichter entbehren. Leider ist er schon etwas zu bejahrt, und hat nicht
mehr die geistige Regsamkeit und körperliche Kraft, die grade zu diesem Posten
gehört. Auch sonst solle" die militärischen Fähigkeiten deö Prinzen grade nicht
glänzend sein, n"d er hat "och nie Gelegenheit gehabt, sich in der Ausübung
größerer Truppenmassen zu übe". Er hat uur in einem sehr großen Contingent
gedient, und dort viele Jahre die Charge eines Obersten des Garderegimenls
bekleidet. Der Prinz selbst soll in vollständiger Selbsterkenntniß fühle", daß ihn,
sehr vieles abgebe, solch schwieriges Obercommando genügend zu führe", er soll
sich daher lauge gesträubt haben, die auf ihn gefallene Wahl ""zunehmen. Erst
nach wiederholter Ablehnung und nachdem man ihn auf alle mögliche Weise dazu
z" überreden gesucht, hat er sich z"r Annahme entschlossen. -- Möge diese Wahl
eine glückliche sei"; grade bei der bunte" Zusammensetzung unseres Corps hängt
von der Persönlichkeit des Oberansührers unendlich viel ab.

Heute erhielt ich die Ordre, daß ich zum Generalstab des
Obergenerals unseres Armeecorps befehligt sei und mich sogleich dahin nach L. zu
begebe" habe. So ehrenvoll dieser Befehl für mich ist, und so viel Interessantes
ich gewiß in meiner neuen Stellung sehe" werde, so weiß ich in der That doch
noch nicht, ob ich mich darüber freuen soll. Da verschiedene Staaten Offiziere
zu diesem Generalstab commandiren, so wird derselbe sehr bunt zusammengesetzt
sein und manche Schwierigkeit und "icht geringer Verdruß werden aus dieser
Bnntscheckigtcit entstehen. Am guten Willen wenigstens soll es mir nicht fehlen.
Die Ausrüstung unseres Contingents ist jetzt endlich soweit beendet, daß 2 Ba-


vorgeschlagen, einen tüchtigen preußischen oder östreichischen General zum Ober¬
befehlshaber zu erwählen und von seinem Kriegsherrn die Erlaubniß zur Annahme
dieses Postens zu erbitten. Die solches vorschlugen, kamen aber schlecht an und
erfuhren von allen Seite» deu lebhafteste» Widerspruch. Oestreich und Preußen
wollten ohnedies immer eine» ungebührlichen Einfluß auf die Leitung der deut¬
schen Angelegenheiten üben und die Souveränetätsrechte der kleineren Staate-n
schmälern; solchem Streben müsse man auf alle Weise entgegenarbeiten.
So ward es anch nichts mit dem preußischen oder östreichischen General. End¬
lich nach vielem Hin- und Herstreiten und Telcgraphiren an die verschiedenen
Höfe vereinigte man sich darüber, Sr. Durchl. dem Prinzen von G. Z. den
Oberbefehl anzuvertrauen. Seine fürstliche Geburt, welche es für etwaige Prin¬
zen, die sich ihre erstell Sporen in diesem Kriege verdienen wollen, angenehmer
macht, unter seinem, als nnter irgend eines andern Generals Befehl zu stehen, hat
zuletzt am meiste» zu seiner Ernennung beigetragen. Unter diesen Umständen
kann ma» sich »ur Glück zu dieser Wahl wünsche», sie hätte wenigstens noch um
vieles schlechter ausfallen können. Der Prinz soll einen ehrenhafte», nobel» Cha¬
rakter haben, stets das Beste wolle», die Wahrheit gern hören und ein persönlich
muthiger und ritterlicher Kriegsmann sein. Das ist doch schon viel und läßt
anderes leichter entbehren. Leider ist er schon etwas zu bejahrt, und hat nicht
mehr die geistige Regsamkeit und körperliche Kraft, die grade zu diesem Posten
gehört. Auch sonst solle» die militärischen Fähigkeiten deö Prinzen grade nicht
glänzend sein, n»d er hat »och nie Gelegenheit gehabt, sich in der Ausübung
größerer Truppenmassen zu übe». Er hat uur in einem sehr großen Contingent
gedient, und dort viele Jahre die Charge eines Obersten des Garderegimenls
bekleidet. Der Prinz selbst soll in vollständiger Selbsterkenntniß fühle», daß ihn,
sehr vieles abgebe, solch schwieriges Obercommando genügend zu führe», er soll
sich daher lauge gesträubt haben, die auf ihn gefallene Wahl »»zunehmen. Erst
nach wiederholter Ablehnung und nachdem man ihn auf alle mögliche Weise dazu
z» überreden gesucht, hat er sich z»r Annahme entschlossen. — Möge diese Wahl
eine glückliche sei»; grade bei der bunte» Zusammensetzung unseres Corps hängt
von der Persönlichkeit des Oberansührers unendlich viel ab.

Heute erhielt ich die Ordre, daß ich zum Generalstab des
Obergenerals unseres Armeecorps befehligt sei und mich sogleich dahin nach L. zu
begebe» habe. So ehrenvoll dieser Befehl für mich ist, und so viel Interessantes
ich gewiß in meiner neuen Stellung sehe» werde, so weiß ich in der That doch
noch nicht, ob ich mich darüber freuen soll. Da verschiedene Staaten Offiziere
zu diesem Generalstab commandiren, so wird derselbe sehr bunt zusammengesetzt
sein und manche Schwierigkeit und »icht geringer Verdruß werden aus dieser
Bnntscheckigtcit entstehen. Am guten Willen wenigstens soll es mir nicht fehlen.
Die Ausrüstung unseres Contingents ist jetzt endlich soweit beendet, daß 2 Ba-


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[0212] vorgeschlagen, einen tüchtigen preußischen oder östreichischen General zum Ober¬ befehlshaber zu erwählen und von seinem Kriegsherrn die Erlaubniß zur Annahme dieses Postens zu erbitten. Die solches vorschlugen, kamen aber schlecht an und erfuhren von allen Seite» deu lebhafteste» Widerspruch. Oestreich und Preußen wollten ohnedies immer eine» ungebührlichen Einfluß auf die Leitung der deut¬ schen Angelegenheiten üben und die Souveränetätsrechte der kleineren Staate-n schmälern; solchem Streben müsse man auf alle Weise entgegenarbeiten. So ward es anch nichts mit dem preußischen oder östreichischen General. End¬ lich nach vielem Hin- und Herstreiten und Telcgraphiren an die verschiedenen Höfe vereinigte man sich darüber, Sr. Durchl. dem Prinzen von G. Z. den Oberbefehl anzuvertrauen. Seine fürstliche Geburt, welche es für etwaige Prin¬ zen, die sich ihre erstell Sporen in diesem Kriege verdienen wollen, angenehmer macht, unter seinem, als nnter irgend eines andern Generals Befehl zu stehen, hat zuletzt am meiste» zu seiner Ernennung beigetragen. Unter diesen Umständen kann ma» sich »ur Glück zu dieser Wahl wünsche», sie hätte wenigstens noch um vieles schlechter ausfallen können. Der Prinz soll einen ehrenhafte», nobel» Cha¬ rakter haben, stets das Beste wolle», die Wahrheit gern hören und ein persönlich muthiger und ritterlicher Kriegsmann sein. Das ist doch schon viel und läßt anderes leichter entbehren. Leider ist er schon etwas zu bejahrt, und hat nicht mehr die geistige Regsamkeit und körperliche Kraft, die grade zu diesem Posten gehört. Auch sonst solle» die militärischen Fähigkeiten deö Prinzen grade nicht glänzend sein, n»d er hat »och nie Gelegenheit gehabt, sich in der Ausübung größerer Truppenmassen zu übe». Er hat uur in einem sehr großen Contingent gedient, und dort viele Jahre die Charge eines Obersten des Garderegimenls bekleidet. Der Prinz selbst soll in vollständiger Selbsterkenntniß fühle», daß ihn, sehr vieles abgebe, solch schwieriges Obercommando genügend zu führe», er soll sich daher lauge gesträubt haben, die auf ihn gefallene Wahl »»zunehmen. Erst nach wiederholter Ablehnung und nachdem man ihn auf alle mögliche Weise dazu z» überreden gesucht, hat er sich z»r Annahme entschlossen. — Möge diese Wahl eine glückliche sei»; grade bei der bunte» Zusammensetzung unseres Corps hängt von der Persönlichkeit des Oberansührers unendlich viel ab. Heute erhielt ich die Ordre, daß ich zum Generalstab des Obergenerals unseres Armeecorps befehligt sei und mich sogleich dahin nach L. zu begebe» habe. So ehrenvoll dieser Befehl für mich ist, und so viel Interessantes ich gewiß in meiner neuen Stellung sehe» werde, so weiß ich in der That doch noch nicht, ob ich mich darüber freuen soll. Da verschiedene Staaten Offiziere zu diesem Generalstab commandiren, so wird derselbe sehr bunt zusammengesetzt sein und manche Schwierigkeit und »icht geringer Verdruß werden aus dieser Bnntscheckigtcit entstehen. Am guten Willen wenigstens soll es mir nicht fehlen. Die Ausrüstung unseres Contingents ist jetzt endlich soweit beendet, daß 2 Ba-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/212>, abgerufen am 22.07.2024.