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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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Geld reichlich her, und so wirds auch bei uns gehen. Eine Schande wäre es
auch, wenn wir zu spät auf den Kampfplatz kommen sollte". Gelingt es nicht, unsere
ganze Brigade zur rechten Zeit dahin zu bringen, so müssen wir wenigstens vor¬
läufig einen Theil derselben aufmarschiren, und den Nest so schnell als möglich
nachkommen lassen. Freilich hätte dies den nicht geringen Uebelstand, daß dadurch
von vornherein die Brigade zerrissen und der Verband derselben zerstört wäre.
Von zwei Uebeln muß man immer das kleinste wählen.

Heute traf die Nachricht hier ein, daß Se. Durchl. der Prinz
von G. I. zum Befehlshaber des Bundesarmeecorps ernannt worden ist, wel¬
ches bei L. zusammengezogen wird, um dort die deutsche Grenze zu decken. Die
Wahl dieses obersten Befehlshabers hat nicht geringe Schwierigkeiten gehabt,
denn von allen Seiten wäre" Rücksichten zu beobachten. Zuerst hieß es, der
großherzoglich T.--sche Generallieutenant G. G. würde diese Stelle erhalten,
ein thatkräftiger, energischer Mann, der sich bis jetzt bei allen Gelegenheiten aus¬
gezeichnet hat, auch den Ruf eines wissenschaftlich gebildeten Militärs genießt.
Die Wahl grade dieses Mannes wäre in militärischer Hinsicht gewiß ganz
vortrefflich gewesen. Nun aber kommt das Capitel der Rücksichten und diese sind
bei dem Oberbefehl eines aus den verschiedensten Contingentcn zusammengesetzten
Armeecorps sehr vielfach und sehr verzwickt. Zuerst soll der Hof von Z. Z. auf
das bestimmteste erklärt haben, er werde nie zugeben, daß seine Soldaten unter
den Befehl eines T.--scheu Generallieutenants gestellt würden. Es soll schon
seit Jahren eine gewisse Rangstreitigkeit zwischen den benachbarten Hosen von T. und
Z. Z. bestehen. Sem Contingent sei um 147 M. stärker, als das T.--sche und das
Patent seines eignen Generallieutenants um acht Monate älter als das des Generals
G. G. Seinem Generallicntcnante gebühre daher der Oberbefehl und die Ehre
desselben würde nicht dulden, daß er sich jetzt unter den Befehl des G. G.
stelle. Nun soll aber dieser um acht Monate ältere und 1^7 Mann mehr be¬
festigende General von Z. Z. ein gänzlich unfähiger Mann sein, der noch nie dem
Feinde gegenübergestanden hat, und dessen militärische Fähigkeiten kaum ausreichen,
um einen Parademarsch oder ein sogenanntes Feldmanvver nach alter, stets wie¬
der gebrauchter Schablone zu commandiren. Diesem Manne das sehr schwierige
Commando einetz so zusammengesetzten Armeecorps anzuvertrauen, fand man in
Frankfurt doch zu bedenklich, obgleich einige der Hofe wirklich dafür gestimmt ha¬
ben. Dem Z. Z. Hof dennoch zu befehlen, sein Kontingent unter den einmal be¬
stimmten Oberanführer zu stellen, was das Natürlichste gewesen wäre, verbot das
Capitel der zarten Rücksichten. Denn einer der Gesandten am Bundestag trug
eweu Z. Z. Orden, der andere hoffte einen solchen zu bekommen, das fürstliche
Haus, dem der dritte diente, war mit dem dortigen verschwägert, dazu die poli¬
tische Parteinahme des Hauses für O., kurz es wollte nicht gehen. Da wurde


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Geld reichlich her, und so wirds auch bei uns gehen. Eine Schande wäre es
auch, wenn wir zu spät auf den Kampfplatz kommen sollte». Gelingt es nicht, unsere
ganze Brigade zur rechten Zeit dahin zu bringen, so müssen wir wenigstens vor¬
läufig einen Theil derselben aufmarschiren, und den Nest so schnell als möglich
nachkommen lassen. Freilich hätte dies den nicht geringen Uebelstand, daß dadurch
von vornherein die Brigade zerrissen und der Verband derselben zerstört wäre.
Von zwei Uebeln muß man immer das kleinste wählen.

Heute traf die Nachricht hier ein, daß Se. Durchl. der Prinz
von G. I. zum Befehlshaber des Bundesarmeecorps ernannt worden ist, wel¬
ches bei L. zusammengezogen wird, um dort die deutsche Grenze zu decken. Die
Wahl dieses obersten Befehlshabers hat nicht geringe Schwierigkeiten gehabt,
denn von allen Seiten wäre» Rücksichten zu beobachten. Zuerst hieß es, der
großherzoglich T.—sche Generallieutenant G. G. würde diese Stelle erhalten,
ein thatkräftiger, energischer Mann, der sich bis jetzt bei allen Gelegenheiten aus¬
gezeichnet hat, auch den Ruf eines wissenschaftlich gebildeten Militärs genießt.
Die Wahl grade dieses Mannes wäre in militärischer Hinsicht gewiß ganz
vortrefflich gewesen. Nun aber kommt das Capitel der Rücksichten und diese sind
bei dem Oberbefehl eines aus den verschiedensten Contingentcn zusammengesetzten
Armeecorps sehr vielfach und sehr verzwickt. Zuerst soll der Hof von Z. Z. auf
das bestimmteste erklärt haben, er werde nie zugeben, daß seine Soldaten unter
den Befehl eines T.—scheu Generallieutenants gestellt würden. Es soll schon
seit Jahren eine gewisse Rangstreitigkeit zwischen den benachbarten Hosen von T. und
Z. Z. bestehen. Sem Contingent sei um 147 M. stärker, als das T.—sche und das
Patent seines eignen Generallieutenants um acht Monate älter als das des Generals
G. G. Seinem Generallicntcnante gebühre daher der Oberbefehl und die Ehre
desselben würde nicht dulden, daß er sich jetzt unter den Befehl des G. G.
stelle. Nun soll aber dieser um acht Monate ältere und 1^7 Mann mehr be¬
festigende General von Z. Z. ein gänzlich unfähiger Mann sein, der noch nie dem
Feinde gegenübergestanden hat, und dessen militärische Fähigkeiten kaum ausreichen,
um einen Parademarsch oder ein sogenanntes Feldmanvver nach alter, stets wie¬
der gebrauchter Schablone zu commandiren. Diesem Manne das sehr schwierige
Commando einetz so zusammengesetzten Armeecorps anzuvertrauen, fand man in
Frankfurt doch zu bedenklich, obgleich einige der Hofe wirklich dafür gestimmt ha¬
ben. Dem Z. Z. Hof dennoch zu befehlen, sein Kontingent unter den einmal be¬
stimmten Oberanführer zu stellen, was das Natürlichste gewesen wäre, verbot das
Capitel der zarten Rücksichten. Denn einer der Gesandten am Bundestag trug
eweu Z. Z. Orden, der andere hoffte einen solchen zu bekommen, das fürstliche
Haus, dem der dritte diente, war mit dem dortigen verschwägert, dazu die poli¬
tische Parteinahme des Hauses für O., kurz es wollte nicht gehen. Da wurde


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[0211] Geld reichlich her, und so wirds auch bei uns gehen. Eine Schande wäre es auch, wenn wir zu spät auf den Kampfplatz kommen sollte». Gelingt es nicht, unsere ganze Brigade zur rechten Zeit dahin zu bringen, so müssen wir wenigstens vor¬ läufig einen Theil derselben aufmarschiren, und den Nest so schnell als möglich nachkommen lassen. Freilich hätte dies den nicht geringen Uebelstand, daß dadurch von vornherein die Brigade zerrissen und der Verband derselben zerstört wäre. Von zwei Uebeln muß man immer das kleinste wählen. Heute traf die Nachricht hier ein, daß Se. Durchl. der Prinz von G. I. zum Befehlshaber des Bundesarmeecorps ernannt worden ist, wel¬ ches bei L. zusammengezogen wird, um dort die deutsche Grenze zu decken. Die Wahl dieses obersten Befehlshabers hat nicht geringe Schwierigkeiten gehabt, denn von allen Seiten wäre» Rücksichten zu beobachten. Zuerst hieß es, der großherzoglich T.—sche Generallieutenant G. G. würde diese Stelle erhalten, ein thatkräftiger, energischer Mann, der sich bis jetzt bei allen Gelegenheiten aus¬ gezeichnet hat, auch den Ruf eines wissenschaftlich gebildeten Militärs genießt. Die Wahl grade dieses Mannes wäre in militärischer Hinsicht gewiß ganz vortrefflich gewesen. Nun aber kommt das Capitel der Rücksichten und diese sind bei dem Oberbefehl eines aus den verschiedensten Contingentcn zusammengesetzten Armeecorps sehr vielfach und sehr verzwickt. Zuerst soll der Hof von Z. Z. auf das bestimmteste erklärt haben, er werde nie zugeben, daß seine Soldaten unter den Befehl eines T.—scheu Generallieutenants gestellt würden. Es soll schon seit Jahren eine gewisse Rangstreitigkeit zwischen den benachbarten Hosen von T. und Z. Z. bestehen. Sem Contingent sei um 147 M. stärker, als das T.—sche und das Patent seines eignen Generallieutenants um acht Monate älter als das des Generals G. G. Seinem Generallicntcnante gebühre daher der Oberbefehl und die Ehre desselben würde nicht dulden, daß er sich jetzt unter den Befehl des G. G. stelle. Nun soll aber dieser um acht Monate ältere und 1^7 Mann mehr be¬ festigende General von Z. Z. ein gänzlich unfähiger Mann sein, der noch nie dem Feinde gegenübergestanden hat, und dessen militärische Fähigkeiten kaum ausreichen, um einen Parademarsch oder ein sogenanntes Feldmanvver nach alter, stets wie¬ der gebrauchter Schablone zu commandiren. Diesem Manne das sehr schwierige Commando einetz so zusammengesetzten Armeecorps anzuvertrauen, fand man in Frankfurt doch zu bedenklich, obgleich einige der Hofe wirklich dafür gestimmt ha¬ ben. Dem Z. Z. Hof dennoch zu befehlen, sein Kontingent unter den einmal be¬ stimmten Oberanführer zu stellen, was das Natürlichste gewesen wäre, verbot das Capitel der zarten Rücksichten. Denn einer der Gesandten am Bundestag trug eweu Z. Z. Orden, der andere hoffte einen solchen zu bekommen, das fürstliche Haus, dem der dritte diente, war mit dem dortigen verschwägert, dazu die poli¬ tische Parteinahme des Hauses für O., kurz es wollte nicht gehen. Da wurde 26 *

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/211>, abgerufen am 22.07.2024.