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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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vorschreiben? Sie fanden beim Volk ein geneigtes Ohr. So ward scheinbar
nur das eine Glied in der großen Kette zerrissen, das England mit NvM ver¬
band -- und so war die ganze innere Einheit Englands zerstört. Von nun an
theilten Meinungsverschiedenheiten, Spaltungen, Sekten das Land, Zwietracht
war in jeder Provinz, jeder Stadt, jeder Gemeinde, ja in der Familie selbst,
Mann, Frau und Kinder waren auseinandergerissen. -- Wir wollen ein anderes
Bild dagegen betrachten. Die Katholiken waren aufs heftigste verfolgt, bedruckt,
sie konnten nicht ohne Lebensgefahr das Land betreten'; noch ist in jedem katho¬
lischen Herrenhause der Raum zu sehr mehr ein Kerker als ein Gemach, der
damals zum Schlupfloch für den Priester diente; wollten Katholiken von einem
Bezirk zum andern reisen, so mußten ihre Pässe von zahlreichen Magistraten
unterschrieben werden. Hätte man nicht erwarten müssen, daß durch diese Zer¬
störung jeder Verbindung auch die confessionelle Einheit zerstört worden wäre? Und
doch, kaum löste sich der Druck, kaum durften sie ihre Altäre wiederaufrichten
-- so war die alte Einheit aufs völligste hergestellt. Das Wunder hätte"
menschliche Einrichtungen nicht zu bewirken vermocht. Die Erfahrung lehrt uns,
daß Stämme der Wilde", die ursprünglich eine Sprache hatten, wenn sie ver¬
schiedene Jagdgründe wählen, uach kurzer Zeit einander nicht mehr verstehen;
im Innern von Afrika spricht jedes Dorf eine andere Sprache als das nächste,
fünf Meilen entfernte.

Was für Mittel gibt es die Einheit herzustellen? Nur eines: Rückkehr zur
Kirche von Rom. Ihr werdet mir antworten: es ist nicht möglich. 'Vlime irre
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".Ire liberi.^ of alsen88leim u. s. w. Ich sage euch, ihr kennt Gottes Macht nicht.
Warum Christus gebetet hat und was ihm gewährt ist, das müsse" wir mit der
äußersten Anstrengung erstreben. Er, dessen Geburt wir i" kurzem feiern werden,
wird seinen Segen dazu geben. Laßt euch nicht durch Stolz u"d nationales
Vorurtheil zurückhalte". Ihr sagt, die Katholiken sind imcivilifirt, könne" uicht
lese", nicht reden, leben gleich Thieren in Höhlen u. s. w. Wir erwiedern euch
wie der alte Philosoph (-- er meinte hier offenbar Thein'istokles --): Schlage,
aber höre! Wir sind arm und ihr seid reich, wir sind niedrig und ihr vornehm,
wir ungelehrt und ihr gelehrt -- aber doch vermögen wir euch der Wahrheit
theilhaft zu machen. Wenn ein theures Mitglied einer Familie in schwere Krank¬
heit verfallen dem Tode nahe wäre, alle' Mittel wären vergebens versucht, die
Aerzte verzweifelten -- und ihr wüßtet, daß ein armes Weib ihr Kind durch
eine einfache Arznei vou derselben Krankheit geheilt hätte: würdet ihr euch
scheuen, sie darum zu bitten? Würde Stolz und Vorurtheil euch da zurückhalten?
Wo Einheit ist, muß Wahrheit sein. Wie lieblich ist es, wen" Brüder ein¬
trächtig beieinander wohnen.




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vorschreiben? Sie fanden beim Volk ein geneigtes Ohr. So ward scheinbar
nur das eine Glied in der großen Kette zerrissen, das England mit NvM ver¬
band — und so war die ganze innere Einheit Englands zerstört. Von nun an
theilten Meinungsverschiedenheiten, Spaltungen, Sekten das Land, Zwietracht
war in jeder Provinz, jeder Stadt, jeder Gemeinde, ja in der Familie selbst,
Mann, Frau und Kinder waren auseinandergerissen. — Wir wollen ein anderes
Bild dagegen betrachten. Die Katholiken waren aufs heftigste verfolgt, bedruckt,
sie konnten nicht ohne Lebensgefahr das Land betreten'; noch ist in jedem katho¬
lischen Herrenhause der Raum zu sehr mehr ein Kerker als ein Gemach, der
damals zum Schlupfloch für den Priester diente; wollten Katholiken von einem
Bezirk zum andern reisen, so mußten ihre Pässe von zahlreichen Magistraten
unterschrieben werden. Hätte man nicht erwarten müssen, daß durch diese Zer¬
störung jeder Verbindung auch die confessionelle Einheit zerstört worden wäre? Und
doch, kaum löste sich der Druck, kaum durften sie ihre Altäre wiederaufrichten
— so war die alte Einheit aufs völligste hergestellt. Das Wunder hätte»
menschliche Einrichtungen nicht zu bewirken vermocht. Die Erfahrung lehrt uns,
daß Stämme der Wilde», die ursprünglich eine Sprache hatten, wenn sie ver¬
schiedene Jagdgründe wählen, uach kurzer Zeit einander nicht mehr verstehen;
im Innern von Afrika spricht jedes Dorf eine andere Sprache als das nächste,
fünf Meilen entfernte.

Was für Mittel gibt es die Einheit herzustellen? Nur eines: Rückkehr zur
Kirche von Rom. Ihr werdet mir antworten: es ist nicht möglich. 'Vlime irre
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Warum Christus gebetet hat und was ihm gewährt ist, das müsse» wir mit der
äußersten Anstrengung erstreben. Er, dessen Geburt wir i» kurzem feiern werden,
wird seinen Segen dazu geben. Laßt euch nicht durch Stolz u»d nationales
Vorurtheil zurückhalte». Ihr sagt, die Katholiken sind imcivilifirt, könne» uicht
lese», nicht reden, leben gleich Thieren in Höhlen u. s. w. Wir erwiedern euch
wie der alte Philosoph (— er meinte hier offenbar Thein'istokles —): Schlage,
aber höre! Wir sind arm und ihr seid reich, wir sind niedrig und ihr vornehm,
wir ungelehrt und ihr gelehrt — aber doch vermögen wir euch der Wahrheit
theilhaft zu machen. Wenn ein theures Mitglied einer Familie in schwere Krank¬
heit verfallen dem Tode nahe wäre, alle' Mittel wären vergebens versucht, die
Aerzte verzweifelten — und ihr wüßtet, daß ein armes Weib ihr Kind durch
eine einfache Arznei vou derselben Krankheit geheilt hätte: würdet ihr euch
scheuen, sie darum zu bitten? Würde Stolz und Vorurtheil euch da zurückhalten?
Wo Einheit ist, muß Wahrheit sein. Wie lieblich ist es, wen» Brüder ein¬
trächtig beieinander wohnen.




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[0153] vorschreiben? Sie fanden beim Volk ein geneigtes Ohr. So ward scheinbar nur das eine Glied in der großen Kette zerrissen, das England mit NvM ver¬ band — und so war die ganze innere Einheit Englands zerstört. Von nun an theilten Meinungsverschiedenheiten, Spaltungen, Sekten das Land, Zwietracht war in jeder Provinz, jeder Stadt, jeder Gemeinde, ja in der Familie selbst, Mann, Frau und Kinder waren auseinandergerissen. — Wir wollen ein anderes Bild dagegen betrachten. Die Katholiken waren aufs heftigste verfolgt, bedruckt, sie konnten nicht ohne Lebensgefahr das Land betreten'; noch ist in jedem katho¬ lischen Herrenhause der Raum zu sehr mehr ein Kerker als ein Gemach, der damals zum Schlupfloch für den Priester diente; wollten Katholiken von einem Bezirk zum andern reisen, so mußten ihre Pässe von zahlreichen Magistraten unterschrieben werden. Hätte man nicht erwarten müssen, daß durch diese Zer¬ störung jeder Verbindung auch die confessionelle Einheit zerstört worden wäre? Und doch, kaum löste sich der Druck, kaum durften sie ihre Altäre wiederaufrichten — so war die alte Einheit aufs völligste hergestellt. Das Wunder hätte» menschliche Einrichtungen nicht zu bewirken vermocht. Die Erfahrung lehrt uns, daß Stämme der Wilde», die ursprünglich eine Sprache hatten, wenn sie ver¬ schiedene Jagdgründe wählen, uach kurzer Zeit einander nicht mehr verstehen; im Innern von Afrika spricht jedes Dorf eine andere Sprache als das nächste, fünf Meilen entfernte. Was für Mittel gibt es die Einheit herzustellen? Nur eines: Rückkehr zur Kirche von Rom. Ihr werdet mir antworten: es ist nicht möglich. 'Vlime irre r>N8urmonetabIe »d8>>av!«8. Jtem-L is elle frestom ol Jenen-in mira, tligi«! i« ».Ire liberi.^ of alsen88leim u. s. w. Ich sage euch, ihr kennt Gottes Macht nicht. Warum Christus gebetet hat und was ihm gewährt ist, das müsse» wir mit der äußersten Anstrengung erstreben. Er, dessen Geburt wir i» kurzem feiern werden, wird seinen Segen dazu geben. Laßt euch nicht durch Stolz u»d nationales Vorurtheil zurückhalte». Ihr sagt, die Katholiken sind imcivilifirt, könne» uicht lese», nicht reden, leben gleich Thieren in Höhlen u. s. w. Wir erwiedern euch wie der alte Philosoph (— er meinte hier offenbar Thein'istokles —): Schlage, aber höre! Wir sind arm und ihr seid reich, wir sind niedrig und ihr vornehm, wir ungelehrt und ihr gelehrt — aber doch vermögen wir euch der Wahrheit theilhaft zu machen. Wenn ein theures Mitglied einer Familie in schwere Krank¬ heit verfallen dem Tode nahe wäre, alle' Mittel wären vergebens versucht, die Aerzte verzweifelten — und ihr wüßtet, daß ein armes Weib ihr Kind durch eine einfache Arznei vou derselben Krankheit geheilt hätte: würdet ihr euch scheuen, sie darum zu bitten? Würde Stolz und Vorurtheil euch da zurückhalten? Wo Einheit ist, muß Wahrheit sein. Wie lieblich ist es, wen» Brüder ein¬ trächtig beieinander wohnen. Grenzboten, 1> -!86i"-I!»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/153>, abgerufen am 22.07.2024.