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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band.

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ragen zwei Hörner, etwa ISO Fuß voneinander entfernt und durch eine zwei und
drei Fuß breite Felsenrippe verbunden. Rund herum von oben bis fast zum Fuße
decken ihn wild dnrch- und übereinander gerollte Steinblöcke von der verschieden¬
sten Größe, von vielen Hundert Cubikfuß bis zu der Größe einer Faust herab.
Von ferne gesehen gewähren diese riesigen Steine das Ansehen heruntergerollteu
Sandes und bilden auffallend grelle Streifen verschiedener Farbe, meist ins Röthliche
spielend, den Rinnsalen heruntergelaufener Ströme vergleichbar. Nur vou einer
Seite her ist es möglich, den Berg ohne Lebensgefahr zu erglimmen, da die
Steine nnr lose aufeinander liegen und bei der großen Steilheit der Seiten sehr
leicht herabrollen, weshalb die Besuchenden genöthigt sind, neben- und nicht hinter¬
einander zu gehen. Von der ursprünglichen Natur des Gesteins ist wenig übrig
geblieben; Nur die Gestalt einzelner Krystalle gibt Zeugniß davon. Die Steine
sind durch Feuerglut mürbe und undurchsichtig geworden, an einigen Stellen
zum feinsten Staube zerrieben. Um deu Fuß des Berges befindet sich ein etwa
1S0 bis 200 Fuß hoher Wall, fast nur aus Erde, mit einzelnen Steinblöcken
gemengt. Alles dieses verräth, daß Errigal einst ein sehr thätiger Vulkan war,
dessen Feuerschlund bei der verhältnißmäßig geringen Ausdehnung des Berges im
Stande war, die Natur seines Gesteins durch die Hitze zu verändern und der
vielleicht lange nachdem seine eigene Wirksamkeit aufgehört hatte, noch eine so
heftige Erschütterung vou unter erfuhr, daß sich seiue äußere Hülle von Erde
und Vegetation ablöste und zu seineu Füßen fiel, wie ein Mantel, der dem
knochigen Leib eines Niesen entgleitet. Und wie ein alter Riese liegt der Berg da, bis
zum Glühen durch harte Arbeit erhitzt, hat er einen Theil seiner Last abgeworfen
und seinen Rock ausgezogen. Vou den Rändern seines Kraters blieben dem
erstorbenen Nulkau nur noch die beiden gegenüberliegenden kleinen Spitzen, das
Zwischenliegende auf beiden Seiten sank mit herunter. -- So 'ist er der Gegen¬
satz zu dem breiten behaglichen Mockish, der ruhig und ohne seine Toilette zu
verderben, aus dem Niveau der See aufgestiegen ist. Auf der Hochfläche des
Mockish wird noch jetzt eine Blume, die sha-pink, in großer Menge gefunden,
die sonst nur am Seeufer zu Hause ist; und dazwischen liegen dort oben zahlreiche
Muscheln, die durch Form und die Beschaffenheit ihres Kalkgehalts beweisen, daß
die Zeiten nicht so fern liegen können, wo sie ihrem Elemente entrissen wurden.
Auf der Nordseite hat dieser Berg einen ausgezeichnet seinen Kiessand, nicht dem
vultanisirten Staube des Errigal ähnlich, sondern dem Sande am Seeufer gleich,
nur seiner und weißer. Und jetzt erhebt seine Hochfläche sich beiläufig 1800 Fuß
über' den Meeresspiegel!

Der Verfasser hatte, ehe er Irland sah, so viele recht lebhafte Schilderungen
des Elends und der Armseligkeit der irischen Bevölkerung gelesen; und doch war
er durch den wirklichen Anblick dieser Menschen überrascht, als habe er nie
etwas darüber gehört. Er hofft, daß seine Darstellung, bei der es auf keinen


ragen zwei Hörner, etwa ISO Fuß voneinander entfernt und durch eine zwei und
drei Fuß breite Felsenrippe verbunden. Rund herum von oben bis fast zum Fuße
decken ihn wild dnrch- und übereinander gerollte Steinblöcke von der verschieden¬
sten Größe, von vielen Hundert Cubikfuß bis zu der Größe einer Faust herab.
Von ferne gesehen gewähren diese riesigen Steine das Ansehen heruntergerollteu
Sandes und bilden auffallend grelle Streifen verschiedener Farbe, meist ins Röthliche
spielend, den Rinnsalen heruntergelaufener Ströme vergleichbar. Nur vou einer
Seite her ist es möglich, den Berg ohne Lebensgefahr zu erglimmen, da die
Steine nnr lose aufeinander liegen und bei der großen Steilheit der Seiten sehr
leicht herabrollen, weshalb die Besuchenden genöthigt sind, neben- und nicht hinter¬
einander zu gehen. Von der ursprünglichen Natur des Gesteins ist wenig übrig
geblieben; Nur die Gestalt einzelner Krystalle gibt Zeugniß davon. Die Steine
sind durch Feuerglut mürbe und undurchsichtig geworden, an einigen Stellen
zum feinsten Staube zerrieben. Um deu Fuß des Berges befindet sich ein etwa
1S0 bis 200 Fuß hoher Wall, fast nur aus Erde, mit einzelnen Steinblöcken
gemengt. Alles dieses verräth, daß Errigal einst ein sehr thätiger Vulkan war,
dessen Feuerschlund bei der verhältnißmäßig geringen Ausdehnung des Berges im
Stande war, die Natur seines Gesteins durch die Hitze zu verändern und der
vielleicht lange nachdem seine eigene Wirksamkeit aufgehört hatte, noch eine so
heftige Erschütterung vou unter erfuhr, daß sich seiue äußere Hülle von Erde
und Vegetation ablöste und zu seineu Füßen fiel, wie ein Mantel, der dem
knochigen Leib eines Niesen entgleitet. Und wie ein alter Riese liegt der Berg da, bis
zum Glühen durch harte Arbeit erhitzt, hat er einen Theil seiner Last abgeworfen
und seinen Rock ausgezogen. Vou den Rändern seines Kraters blieben dem
erstorbenen Nulkau nur noch die beiden gegenüberliegenden kleinen Spitzen, das
Zwischenliegende auf beiden Seiten sank mit herunter. — So 'ist er der Gegen¬
satz zu dem breiten behaglichen Mockish, der ruhig und ohne seine Toilette zu
verderben, aus dem Niveau der See aufgestiegen ist. Auf der Hochfläche des
Mockish wird noch jetzt eine Blume, die sha-pink, in großer Menge gefunden,
die sonst nur am Seeufer zu Hause ist; und dazwischen liegen dort oben zahlreiche
Muscheln, die durch Form und die Beschaffenheit ihres Kalkgehalts beweisen, daß
die Zeiten nicht so fern liegen können, wo sie ihrem Elemente entrissen wurden.
Auf der Nordseite hat dieser Berg einen ausgezeichnet seinen Kiessand, nicht dem
vultanisirten Staube des Errigal ähnlich, sondern dem Sande am Seeufer gleich,
nur seiner und weißer. Und jetzt erhebt seine Hochfläche sich beiläufig 1800 Fuß
über' den Meeresspiegel!

Der Verfasser hatte, ehe er Irland sah, so viele recht lebhafte Schilderungen
des Elends und der Armseligkeit der irischen Bevölkerung gelesen; und doch war
er durch den wirklichen Anblick dieser Menschen überrascht, als habe er nie
etwas darüber gehört. Er hofft, daß seine Darstellung, bei der es auf keinen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_97245/12>, abgerufen am 22.07.2024.