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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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blicmns eingegangen, daß sie in dem Saal eine Anzahl von Sperrsitzen eingerichtet
hat. Als Zeichen des guten Willens wollen wir diese Neuerung um so dankbarer
begrüßen, da unsre Localjournalistcn, die doch soviel Nnnöthigcs sagen, über diesen
Punkt ein höchst diplomatisches Stillschweigen beobachtet haben (was beiläufig der
einzige Grund ist, der uns veranlaßt, einen uus eigentlich fernliegenden Gegen¬
stand in den Kreis unsrer Blätter zu ziehen); allein leider müssen wir hinzusetze",
daß auch hier, wie bei allen halben Maßregeln, die Sache eher verschlimmert als
verbessert wird. Wenn die Plätze, die bisher von den Herren besetzt wurden, zu
Sperrsitze" umgewandelt werden, so wird dadurch die bisherige Physiognomie des
Saales aufgehoben; denn da noch kein Mittel erfunden ist, sich vielleicht von der
Decke ans in der Schwebe zu erhalten, so werden die von ihren bisherigen Plätzen
vertriebenen Herren sich der bisher den Damen reservirten Plätze bemächtige", und
dadurch wird das Getümmel keineswegs verringert, sondern es nimmt nur einen
neuen und, offen gestanden, noch viel wunderlicheren Charakter an. Das Gedränge,
das bisher seinen Hauptschauplatz aus der Treppe hatte, wird jetzt theilweise in
den Saal verlegt werden.

Unsrer Ansicht nach konnte die Conccrtdircction, wenn sie nicht einfach ans
unsre Vorschläge eingehen wollte, was entschieden das Zweckmäßigste gewesen wäre,
uur einen Mittelweg einschlagen: nämlich statt der -IöO reservirten Plätze, soviel
einrichten, als Anmeldungen einginge" und der Saal zuläßt. In diesem Fall wäre
die Einnahme sehr erhöht und es hörte auch die Rechtsbeschwcrde auf; den" we"n
jedem Gelegenheit gegeben war, sich eine" bestimmten Platz zu erwerben, so kann
er sich nachher nicht darüber beschweren, dem zweifelhaften Loose einer Schlacht
' ausgesetzt zu sei", dcnnvolouu >wu l!>. injurui. Und wen" der Sal voll war, und das
Publicum dennoch Billete nahm, mit der bestimmte" Aussicht in, Vorsaal zu bleibe",
so konnte es auch zufrieden sein aus dem nämlichen Grunde.

Es scheint uus noch immer nicht zu spät zu sein, diese Vorschläge wenigstens
in ernsthafte Erwägung z" ziehen; denn jede Einrichtung einer bestimmen Anzahl
von Sperrsitze" wird doch nnr als eine neue Bevorzugung einzelner empfunden
und gemißbilligt werden.




Herausgegeben vo" Gustav Freytag ""d Julian Schmidt.
Als verantworll, Redacteur legitimirn F. W. Grunow. -- Verlag von F. L. Heri'ig
in Leipzig.
Druck von K. <5. "Ibere in Leipzig.


Mit Ur. '4O beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, Ende September 1854.
Die Verlagshandlung.


blicmns eingegangen, daß sie in dem Saal eine Anzahl von Sperrsitzen eingerichtet
hat. Als Zeichen des guten Willens wollen wir diese Neuerung um so dankbarer
begrüßen, da unsre Localjournalistcn, die doch soviel Nnnöthigcs sagen, über diesen
Punkt ein höchst diplomatisches Stillschweigen beobachtet haben (was beiläufig der
einzige Grund ist, der uns veranlaßt, einen uus eigentlich fernliegenden Gegen¬
stand in den Kreis unsrer Blätter zu ziehen); allein leider müssen wir hinzusetze»,
daß auch hier, wie bei allen halben Maßregeln, die Sache eher verschlimmert als
verbessert wird. Wenn die Plätze, die bisher von den Herren besetzt wurden, zu
Sperrsitze» umgewandelt werden, so wird dadurch die bisherige Physiognomie des
Saales aufgehoben; denn da noch kein Mittel erfunden ist, sich vielleicht von der
Decke ans in der Schwebe zu erhalten, so werden die von ihren bisherigen Plätzen
vertriebenen Herren sich der bisher den Damen reservirten Plätze bemächtige», und
dadurch wird das Getümmel keineswegs verringert, sondern es nimmt nur einen
neuen und, offen gestanden, noch viel wunderlicheren Charakter an. Das Gedränge,
das bisher seinen Hauptschauplatz aus der Treppe hatte, wird jetzt theilweise in
den Saal verlegt werden.

Unsrer Ansicht nach konnte die Conccrtdircction, wenn sie nicht einfach ans
unsre Vorschläge eingehen wollte, was entschieden das Zweckmäßigste gewesen wäre,
uur einen Mittelweg einschlagen: nämlich statt der -IöO reservirten Plätze, soviel
einrichten, als Anmeldungen einginge» und der Saal zuläßt. In diesem Fall wäre
die Einnahme sehr erhöht und es hörte auch die Rechtsbeschwcrde auf; den» we»n
jedem Gelegenheit gegeben war, sich eine» bestimmten Platz zu erwerben, so kann
er sich nachher nicht darüber beschweren, dem zweifelhaften Loose einer Schlacht
' ausgesetzt zu sei», dcnnvolouu >wu l!>. injurui. Und wen» der Sal voll war, und das
Publicum dennoch Billete nahm, mit der bestimmte» Aussicht in, Vorsaal zu bleibe»,
so konnte es auch zufrieden sein aus dem nämlichen Grunde.

Es scheint uus noch immer nicht zu spät zu sein, diese Vorschläge wenigstens
in ernsthafte Erwägung z» ziehen; denn jede Einrichtung einer bestimmen Anzahl
von Sperrsitze» wird doch nnr als eine neue Bevorzugung einzelner empfunden
und gemißbilligt werden.




Herausgegeben vo» Gustav Freytag »»d Julian Schmidt.
Als verantworll, Redacteur legitimirn F. W. Grunow. — Verlag von F. L. Heri'ig
in Leipzig.
Druck von K. <5. «Ibere in Leipzig.


Mit Ur. '4O beginnt diese Zeitschrift ein neues Quartal,
welches durch alle Buchhandlungen und Postämter zu be¬
ziehen ist.
Leipzig, Ende September 1854.
Die Verlagshandlung.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/48>, abgerufen am 22.07.2024.