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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

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und Stellungen handelt, endlich ein Theil der Operationen in dem Festungs¬
krieg aufging.

Die Franzosen haben von den Verbündeten die meiste Cavalerie überge¬
schifft, indeß kaum mehr als, 4000 Pferde. Was Lord Raglan anfangs unter
den Händen hatte, mochte sich auf 2000 Pferde belaufen, es ist aber jetzt auf
höchstens 1200 reducirt. Die Türken resigniren völlig darauf, Reiterei zur
Verwendung zu bringen. Demnach haben wir die Cavalerie der Alliirten auf
nicht höher als 5000 Pferde anzuschlagen, was auf etwa 8S,000 Mann zu
wenig ist, um in Betracht gestellt zu werden.

Die einzige brillante Neiterthat, welche seither vorkam und mit Erfolg
gekrönt war, wurde von den englischen rothen Garden bei Balaklava ausge¬
führt. Sie kennen jenes prächtige Regiment aus mehrfachen Schilderungen.
Alle Pferde sind Schimmel; die Reiter hochgewachsen, wahre Athleten, gleich
ihren Rossen; funkelnde Kürasse, blitzende Helme und hohe Federbüsche ver¬
mehren die Macht des Eindrucks, und, seltsam zu sagen: dieser Effect war es
im besonderen, welcher in der bezeichneten Affaire den Ausschlag gegeben hat.
Die Russen standen in zwei Colonnen, eine jede zu acht Schwadronen. Auf
diese drittehalbtausend Pferde stürzen sich die Rothen im vollen Rosseslauf mit
verhängtem Zügel. Der Angriff ist fürchterlich und die Russen, kaum in Be¬
wegung gesetzt, werden ihrerseits dermaßen überrascht, daß ihre sechzehnfachen
Glieder auseinanderstieben und das Feld mit abgeworfenen Reitern und führer¬
losen Pferden sich bedeckt.

In derselben Schlacht kam ein zweiter englischer Neiterangriff aus eine
große, russische Batterie vor. Die Leichter waren es, welche ihn ausführten,
aber sie reussirten nicht und gingen zu Grunde, weil sie nicht ablassen wollten.

Zum Aufklären des Terrains ist die englische Cavalerie ebensowenig zu
verwenden wie das britische Fußvolk und es bildet einen Hauptvorzug der
französischen, daß sie damit Bescheid weiß. Man rühmt in dieser Hinsicht hier
am meisten die eingeborenen algierischen Reiter und die Chasseurs dAfrique.
Die Leistungen der Kosacken aus diesem Gebiet sind über alles Lob erhaben,
wie sich von selbst versteht.

Ich redete zuletzt von der Cavalerie; aber da ich den ersten Theil deS
Aussatzes erpedirte, ohne mir anzumerken, womit ich ihn geschlossen, bin ich
einigermaßen in Verlegenheit darüber, waS ich schon gesagt, und was ich
nicht gesagt habe.

Allerdings hat sie im Augenblick, wo der Krieg wesentlich im coupirten
Terrain geführt wird, keine große Bedeutung; aber als nützliche Hilfswasse
vermag sie auch jetzt schon aufzutreten, und zwar ziehen die Russen und Fran¬
zosen erhebliche Vortheile von der ihrigen. Ich redete schon von den Diensten,
welche die Reiterei beim Aufklären des Gefechts- und Marschfeldes leistet, und


und Stellungen handelt, endlich ein Theil der Operationen in dem Festungs¬
krieg aufging.

Die Franzosen haben von den Verbündeten die meiste Cavalerie überge¬
schifft, indeß kaum mehr als, 4000 Pferde. Was Lord Raglan anfangs unter
den Händen hatte, mochte sich auf 2000 Pferde belaufen, es ist aber jetzt auf
höchstens 1200 reducirt. Die Türken resigniren völlig darauf, Reiterei zur
Verwendung zu bringen. Demnach haben wir die Cavalerie der Alliirten auf
nicht höher als 5000 Pferde anzuschlagen, was auf etwa 8S,000 Mann zu
wenig ist, um in Betracht gestellt zu werden.

Die einzige brillante Neiterthat, welche seither vorkam und mit Erfolg
gekrönt war, wurde von den englischen rothen Garden bei Balaklava ausge¬
führt. Sie kennen jenes prächtige Regiment aus mehrfachen Schilderungen.
Alle Pferde sind Schimmel; die Reiter hochgewachsen, wahre Athleten, gleich
ihren Rossen; funkelnde Kürasse, blitzende Helme und hohe Federbüsche ver¬
mehren die Macht des Eindrucks, und, seltsam zu sagen: dieser Effect war es
im besonderen, welcher in der bezeichneten Affaire den Ausschlag gegeben hat.
Die Russen standen in zwei Colonnen, eine jede zu acht Schwadronen. Auf
diese drittehalbtausend Pferde stürzen sich die Rothen im vollen Rosseslauf mit
verhängtem Zügel. Der Angriff ist fürchterlich und die Russen, kaum in Be¬
wegung gesetzt, werden ihrerseits dermaßen überrascht, daß ihre sechzehnfachen
Glieder auseinanderstieben und das Feld mit abgeworfenen Reitern und führer¬
losen Pferden sich bedeckt.

In derselben Schlacht kam ein zweiter englischer Neiterangriff aus eine
große, russische Batterie vor. Die Leichter waren es, welche ihn ausführten,
aber sie reussirten nicht und gingen zu Grunde, weil sie nicht ablassen wollten.

Zum Aufklären des Terrains ist die englische Cavalerie ebensowenig zu
verwenden wie das britische Fußvolk und es bildet einen Hauptvorzug der
französischen, daß sie damit Bescheid weiß. Man rühmt in dieser Hinsicht hier
am meisten die eingeborenen algierischen Reiter und die Chasseurs dAfrique.
Die Leistungen der Kosacken aus diesem Gebiet sind über alles Lob erhaben,
wie sich von selbst versteht.

Ich redete zuletzt von der Cavalerie; aber da ich den ersten Theil deS
Aussatzes erpedirte, ohne mir anzumerken, womit ich ihn geschlossen, bin ich
einigermaßen in Verlegenheit darüber, waS ich schon gesagt, und was ich
nicht gesagt habe.

Allerdings hat sie im Augenblick, wo der Krieg wesentlich im coupirten
Terrain geführt wird, keine große Bedeutung; aber als nützliche Hilfswasse
vermag sie auch jetzt schon aufzutreten, und zwar ziehen die Russen und Fran¬
zosen erhebliche Vortheile von der ihrigen. Ich redete schon von den Diensten,
welche die Reiterei beim Aufklären des Gefechts- und Marschfeldes leistet, und


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[0374] und Stellungen handelt, endlich ein Theil der Operationen in dem Festungs¬ krieg aufging. Die Franzosen haben von den Verbündeten die meiste Cavalerie überge¬ schifft, indeß kaum mehr als, 4000 Pferde. Was Lord Raglan anfangs unter den Händen hatte, mochte sich auf 2000 Pferde belaufen, es ist aber jetzt auf höchstens 1200 reducirt. Die Türken resigniren völlig darauf, Reiterei zur Verwendung zu bringen. Demnach haben wir die Cavalerie der Alliirten auf nicht höher als 5000 Pferde anzuschlagen, was auf etwa 8S,000 Mann zu wenig ist, um in Betracht gestellt zu werden. Die einzige brillante Neiterthat, welche seither vorkam und mit Erfolg gekrönt war, wurde von den englischen rothen Garden bei Balaklava ausge¬ führt. Sie kennen jenes prächtige Regiment aus mehrfachen Schilderungen. Alle Pferde sind Schimmel; die Reiter hochgewachsen, wahre Athleten, gleich ihren Rossen; funkelnde Kürasse, blitzende Helme und hohe Federbüsche ver¬ mehren die Macht des Eindrucks, und, seltsam zu sagen: dieser Effect war es im besonderen, welcher in der bezeichneten Affaire den Ausschlag gegeben hat. Die Russen standen in zwei Colonnen, eine jede zu acht Schwadronen. Auf diese drittehalbtausend Pferde stürzen sich die Rothen im vollen Rosseslauf mit verhängtem Zügel. Der Angriff ist fürchterlich und die Russen, kaum in Be¬ wegung gesetzt, werden ihrerseits dermaßen überrascht, daß ihre sechzehnfachen Glieder auseinanderstieben und das Feld mit abgeworfenen Reitern und führer¬ losen Pferden sich bedeckt. In derselben Schlacht kam ein zweiter englischer Neiterangriff aus eine große, russische Batterie vor. Die Leichter waren es, welche ihn ausführten, aber sie reussirten nicht und gingen zu Grunde, weil sie nicht ablassen wollten. Zum Aufklären des Terrains ist die englische Cavalerie ebensowenig zu verwenden wie das britische Fußvolk und es bildet einen Hauptvorzug der französischen, daß sie damit Bescheid weiß. Man rühmt in dieser Hinsicht hier am meisten die eingeborenen algierischen Reiter und die Chasseurs dAfrique. Die Leistungen der Kosacken aus diesem Gebiet sind über alles Lob erhaben, wie sich von selbst versteht. Ich redete zuletzt von der Cavalerie; aber da ich den ersten Theil deS Aussatzes erpedirte, ohne mir anzumerken, womit ich ihn geschlossen, bin ich einigermaßen in Verlegenheit darüber, waS ich schon gesagt, und was ich nicht gesagt habe. Allerdings hat sie im Augenblick, wo der Krieg wesentlich im coupirten Terrain geführt wird, keine große Bedeutung; aber als nützliche Hilfswasse vermag sie auch jetzt schon aufzutreten, und zwar ziehen die Russen und Fran¬ zosen erhebliche Vortheile von der ihrigen. Ich redete schon von den Diensten, welche die Reiterei beim Aufklären des Gefechts- und Marschfeldes leistet, und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/374>, abgerufen am 25.08.2024.