Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

tüchtige Arbeitskräfte, natürliche Verkehrsmittel, industrielle Bildung und ein
reges Streben in allen Fächern der materiellen Entwicklung, kurz alles, was
Natur und Menschenverstand zum Gedeihen eines großen Staates anfrieren
kann, alles -- nur kein Geld; Geld in der nackten klingenden Bedeutung des
Wortes. Wir sind Crösusse an productiven Ideen, das Gold in tausendfach
roher Gestalt fließt wie in vielen unsrer Flüsse an uns vorüber, wohin wir auch
im großen Reiche blicken, und wir können es nicht schöpfen und zu edler Münze
verarbeiten, weil uns die ersten Mittel und Werkzeuge dazu fehlen. Geld,
wirkliches silbernes und güldenes Geld muß vor allem wieder ins Land kom¬
men, Geld, möchte man sagen, um jeden Preis. In dieser Weise betrachtet,
muß der Abschluß jenes Eisenbahnvertrages in jeder Beziehung vortheilhaft
erscheinen. Die Spekulation, von fremden Capitalien getragen und unterstützt,
wird sich auf die Ausbeute der reellen Grundlagen des Nationalwohlstandes
werfen, durch die Eisenbahnen, welche rasch in Angriff genommen und vollendet
werden, wird der Weg in die bisher unbebauten Ebenen Ungarns und in die
überreichen Kornkammern der untern Donaugegend ebenso wie in die erz- und
kohlenreichen Schachten und Muthungen unsrer Gebirgsländer gebahnt werden;
tausend Hände werden zu neuen Industrien in Bewegung gesetzt, ein rascher
Austausch und Verkehr zwischen den Erzeugern der Rohstoffe und der veredeln¬
den Gewerbe wird die Emulation der Waaren erhöhen, neue Werthe ins
Leben rufen. Dann erst können die Zvllreformen und andre administrative
Maßregeln, welche seit einigen Jahren in mancher Beziehung deu wirklichen
materiellen Zuständen vorangeeilt sind, ihre belebende Wirkung äußern und
dann erst können wir auch darauf rechnen, daß die Valutaverhältnisse auf einen
gesunden, dauernden Stand zurückkehren werden. Alle kleinen Finanzmittel,
welche hie und da zur Wiederherstellung unsrer Landeswährung empfohlen
werden, würden höchstens als Palliative von einem Börsentage zum andern
nützen; gründlich und für alle Zukunft aber wird nur dann geholfen sein, wenn
das ganze Land durch Aufbietung seiner eignen innern Kräfte das vom Aus¬
land geborgte Capital tausendfach sich selbst verzinst und aus den Zinseszinsen
ein neues großes Capital an productiven und industriellem Werthe gesammelt
haben wird.

In den journalistischen Kreisen sieht man mit Spannung dem Erscheinen
eines neuen großen Blattes entgegen, das unter dem Titel: "die Donau" unter
der Leitung Schwarzers, des bisherigen Redacteurs des "Wanderer", von
Neujahr ab erscheinen wird. Das Blatt soll mit großen Mitteln ins Werk
gesetzt werden und durch Aequirirnng bedeutender geistiger Kräfte zu einer gedie¬
genen Concurrenz mit den andern Großblättern in unsrer Presse bestimmt sein.
Vecleremo l Herr von Schwarzer, ein ergrauter Journalist, im Jahre 1848
einige Monate Arbeitsminister, dürfte wol das Zeug zu einem geschickte" Re-


tüchtige Arbeitskräfte, natürliche Verkehrsmittel, industrielle Bildung und ein
reges Streben in allen Fächern der materiellen Entwicklung, kurz alles, was
Natur und Menschenverstand zum Gedeihen eines großen Staates anfrieren
kann, alles — nur kein Geld; Geld in der nackten klingenden Bedeutung des
Wortes. Wir sind Crösusse an productiven Ideen, das Gold in tausendfach
roher Gestalt fließt wie in vielen unsrer Flüsse an uns vorüber, wohin wir auch
im großen Reiche blicken, und wir können es nicht schöpfen und zu edler Münze
verarbeiten, weil uns die ersten Mittel und Werkzeuge dazu fehlen. Geld,
wirkliches silbernes und güldenes Geld muß vor allem wieder ins Land kom¬
men, Geld, möchte man sagen, um jeden Preis. In dieser Weise betrachtet,
muß der Abschluß jenes Eisenbahnvertrages in jeder Beziehung vortheilhaft
erscheinen. Die Spekulation, von fremden Capitalien getragen und unterstützt,
wird sich auf die Ausbeute der reellen Grundlagen des Nationalwohlstandes
werfen, durch die Eisenbahnen, welche rasch in Angriff genommen und vollendet
werden, wird der Weg in die bisher unbebauten Ebenen Ungarns und in die
überreichen Kornkammern der untern Donaugegend ebenso wie in die erz- und
kohlenreichen Schachten und Muthungen unsrer Gebirgsländer gebahnt werden;
tausend Hände werden zu neuen Industrien in Bewegung gesetzt, ein rascher
Austausch und Verkehr zwischen den Erzeugern der Rohstoffe und der veredeln¬
den Gewerbe wird die Emulation der Waaren erhöhen, neue Werthe ins
Leben rufen. Dann erst können die Zvllreformen und andre administrative
Maßregeln, welche seit einigen Jahren in mancher Beziehung deu wirklichen
materiellen Zuständen vorangeeilt sind, ihre belebende Wirkung äußern und
dann erst können wir auch darauf rechnen, daß die Valutaverhältnisse auf einen
gesunden, dauernden Stand zurückkehren werden. Alle kleinen Finanzmittel,
welche hie und da zur Wiederherstellung unsrer Landeswährung empfohlen
werden, würden höchstens als Palliative von einem Börsentage zum andern
nützen; gründlich und für alle Zukunft aber wird nur dann geholfen sein, wenn
das ganze Land durch Aufbietung seiner eignen innern Kräfte das vom Aus¬
land geborgte Capital tausendfach sich selbst verzinst und aus den Zinseszinsen
ein neues großes Capital an productiven und industriellem Werthe gesammelt
haben wird.

In den journalistischen Kreisen sieht man mit Spannung dem Erscheinen
eines neuen großen Blattes entgegen, das unter dem Titel: „die Donau" unter
der Leitung Schwarzers, des bisherigen Redacteurs des „Wanderer", von
Neujahr ab erscheinen wird. Das Blatt soll mit großen Mitteln ins Werk
gesetzt werden und durch Aequirirnng bedeutender geistiger Kräfte zu einer gedie¬
genen Concurrenz mit den andern Großblättern in unsrer Presse bestimmt sein.
Vecleremo l Herr von Schwarzer, ein ergrauter Journalist, im Jahre 1848
einige Monate Arbeitsminister, dürfte wol das Zeug zu einem geschickte« Re-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0348" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98662"/>
          <p xml:id="ID_1112" prev="#ID_1111"> tüchtige Arbeitskräfte, natürliche Verkehrsmittel, industrielle Bildung und ein<lb/>
reges Streben in allen Fächern der materiellen Entwicklung, kurz alles, was<lb/>
Natur und Menschenverstand zum Gedeihen eines großen Staates anfrieren<lb/>
kann, alles &#x2014; nur kein Geld; Geld in der nackten klingenden Bedeutung des<lb/>
Wortes. Wir sind Crösusse an productiven Ideen, das Gold in tausendfach<lb/>
roher Gestalt fließt wie in vielen unsrer Flüsse an uns vorüber, wohin wir auch<lb/>
im großen Reiche blicken, und wir können es nicht schöpfen und zu edler Münze<lb/>
verarbeiten, weil uns die ersten Mittel und Werkzeuge dazu fehlen. Geld,<lb/>
wirkliches silbernes und güldenes Geld muß vor allem wieder ins Land kom¬<lb/>
men, Geld, möchte man sagen, um jeden Preis. In dieser Weise betrachtet,<lb/>
muß der Abschluß jenes Eisenbahnvertrages in jeder Beziehung vortheilhaft<lb/>
erscheinen. Die Spekulation, von fremden Capitalien getragen und unterstützt,<lb/>
wird sich auf die Ausbeute der reellen Grundlagen des Nationalwohlstandes<lb/>
werfen, durch die Eisenbahnen, welche rasch in Angriff genommen und vollendet<lb/>
werden, wird der Weg in die bisher unbebauten Ebenen Ungarns und in die<lb/>
überreichen Kornkammern der untern Donaugegend ebenso wie in die erz- und<lb/>
kohlenreichen Schachten und Muthungen unsrer Gebirgsländer gebahnt werden;<lb/>
tausend Hände werden zu neuen Industrien in Bewegung gesetzt, ein rascher<lb/>
Austausch und Verkehr zwischen den Erzeugern der Rohstoffe und der veredeln¬<lb/>
den Gewerbe wird die Emulation der Waaren erhöhen, neue Werthe ins<lb/>
Leben rufen. Dann erst können die Zvllreformen und andre administrative<lb/>
Maßregeln, welche seit einigen Jahren in mancher Beziehung deu wirklichen<lb/>
materiellen Zuständen vorangeeilt sind, ihre belebende Wirkung äußern und<lb/>
dann erst können wir auch darauf rechnen, daß die Valutaverhältnisse auf einen<lb/>
gesunden, dauernden Stand zurückkehren werden. Alle kleinen Finanzmittel,<lb/>
welche hie und da zur Wiederherstellung unsrer Landeswährung empfohlen<lb/>
werden, würden höchstens als Palliative von einem Börsentage zum andern<lb/>
nützen; gründlich und für alle Zukunft aber wird nur dann geholfen sein, wenn<lb/>
das ganze Land durch Aufbietung seiner eignen innern Kräfte das vom Aus¬<lb/>
land geborgte Capital tausendfach sich selbst verzinst und aus den Zinseszinsen<lb/>
ein neues großes Capital an productiven und industriellem Werthe gesammelt<lb/>
haben wird.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1113" next="#ID_1114"> In den journalistischen Kreisen sieht man mit Spannung dem Erscheinen<lb/>
eines neuen großen Blattes entgegen, das unter dem Titel: &#x201E;die Donau" unter<lb/>
der Leitung Schwarzers, des bisherigen Redacteurs des &#x201E;Wanderer", von<lb/>
Neujahr ab erscheinen wird. Das Blatt soll mit großen Mitteln ins Werk<lb/>
gesetzt werden und durch Aequirirnng bedeutender geistiger Kräfte zu einer gedie¬<lb/>
genen Concurrenz mit den andern Großblättern in unsrer Presse bestimmt sein.<lb/>
Vecleremo l Herr von Schwarzer, ein ergrauter Journalist, im Jahre 1848<lb/>
einige Monate Arbeitsminister, dürfte wol das Zeug zu einem geschickte« Re-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0348] tüchtige Arbeitskräfte, natürliche Verkehrsmittel, industrielle Bildung und ein reges Streben in allen Fächern der materiellen Entwicklung, kurz alles, was Natur und Menschenverstand zum Gedeihen eines großen Staates anfrieren kann, alles — nur kein Geld; Geld in der nackten klingenden Bedeutung des Wortes. Wir sind Crösusse an productiven Ideen, das Gold in tausendfach roher Gestalt fließt wie in vielen unsrer Flüsse an uns vorüber, wohin wir auch im großen Reiche blicken, und wir können es nicht schöpfen und zu edler Münze verarbeiten, weil uns die ersten Mittel und Werkzeuge dazu fehlen. Geld, wirkliches silbernes und güldenes Geld muß vor allem wieder ins Land kom¬ men, Geld, möchte man sagen, um jeden Preis. In dieser Weise betrachtet, muß der Abschluß jenes Eisenbahnvertrages in jeder Beziehung vortheilhaft erscheinen. Die Spekulation, von fremden Capitalien getragen und unterstützt, wird sich auf die Ausbeute der reellen Grundlagen des Nationalwohlstandes werfen, durch die Eisenbahnen, welche rasch in Angriff genommen und vollendet werden, wird der Weg in die bisher unbebauten Ebenen Ungarns und in die überreichen Kornkammern der untern Donaugegend ebenso wie in die erz- und kohlenreichen Schachten und Muthungen unsrer Gebirgsländer gebahnt werden; tausend Hände werden zu neuen Industrien in Bewegung gesetzt, ein rascher Austausch und Verkehr zwischen den Erzeugern der Rohstoffe und der veredeln¬ den Gewerbe wird die Emulation der Waaren erhöhen, neue Werthe ins Leben rufen. Dann erst können die Zvllreformen und andre administrative Maßregeln, welche seit einigen Jahren in mancher Beziehung deu wirklichen materiellen Zuständen vorangeeilt sind, ihre belebende Wirkung äußern und dann erst können wir auch darauf rechnen, daß die Valutaverhältnisse auf einen gesunden, dauernden Stand zurückkehren werden. Alle kleinen Finanzmittel, welche hie und da zur Wiederherstellung unsrer Landeswährung empfohlen werden, würden höchstens als Palliative von einem Börsentage zum andern nützen; gründlich und für alle Zukunft aber wird nur dann geholfen sein, wenn das ganze Land durch Aufbietung seiner eignen innern Kräfte das vom Aus¬ land geborgte Capital tausendfach sich selbst verzinst und aus den Zinseszinsen ein neues großes Capital an productiven und industriellem Werthe gesammelt haben wird. In den journalistischen Kreisen sieht man mit Spannung dem Erscheinen eines neuen großen Blattes entgegen, das unter dem Titel: „die Donau" unter der Leitung Schwarzers, des bisherigen Redacteurs des „Wanderer", von Neujahr ab erscheinen wird. Das Blatt soll mit großen Mitteln ins Werk gesetzt werden und durch Aequirirnng bedeutender geistiger Kräfte zu einer gedie¬ genen Concurrenz mit den andern Großblättern in unsrer Presse bestimmt sein. Vecleremo l Herr von Schwarzer, ein ergrauter Journalist, im Jahre 1848 einige Monate Arbeitsminister, dürfte wol das Zeug zu einem geschickte« Re-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/348
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/348>, abgerufen am 22.07.2024.