Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

geworfen hat, himmelweit von allen Entwicklungen der heidnischen Weltan¬
schauung.

Das Buch verlangt ein sorgfältiges Studium und wird von keinem, der
sich überhaupt mit der Geschichte der Religion beschäftigt, zu umgehen sein.--

Die kleine Schrift über Sevilla ist der Grundlage nach ein interessantes,
sehr fein gearbeitetes, mit historischen Ercurfen verziertes Neisetagebuch, welches
in den anmuthigsten Formen viel nützliche Belehrungen gibt. --




Die kurhessische Verfassungsfrage.

Kurhessen hatte in neuester Zeit nicht mehr die Aufmerksamkeit auf isles
gezogen, welche früher selbst den unbedeutenderen Begebenheiten dieses Landes
geschenkt wurde. Eine gewisse Abspannung trat auf frühere Erregung ein,
und da einmal so ungewöhnliche Dinge in diesem Lande hatten geschehen
können, erregte alles Folgende, mochte es auch noch unerhörter sein, kein
Erstaunen mehr. Die europäischen Angelegenheiten haben die kurhessischen
vollends in Vergessenheit gebracht.

Neuerdings scheint jedoch Kurhessen ein neues Interesse zu erwecken.
Vielfach war bisher in Deutschland der Glaube verbreitet, daß das Mini¬
sterium Hassenpflug mit Einwilligung des deutschen Bundes verfahre. Unver¬
mutet tritt nun in diesen Tagen eine kleine Broschüre an das Licht, in
welcher die geheimen Bundesprotokolle in der kurhessischen Verfassungsangele¬
genheit ihrem wesentlichen Inhalte nach veröffentlicht werden.*) Wir sind er¬
staunt, diese Aufschlüsse zu erhalten. Herr Hassenpflug handelt darnach nicht
mit Einwilligung des Bundes, sondern gegen die bestimmt ausgesprochenen
Befehle desselben. Wir wissen nun, daß Herr Hassenpflug es unternommen
hat, die nach Anleitung des Bundestages berufenen Stände in der bekannten
Weise zu maßregeln, obgleich oder weil sie sich den Bun des pr otoko l l en
gemäß verhalten haben, und das arme Land gegen den bestimmt
ausgesprochenen Willen des deutschen Bundes und der deutschen
Großmächte in einem Zustande zu erhalten, welcher seines Gleichen in
Deutschland nicht findet.

Wir können es nicht glauben, daß der deutsche Bund, daß die deutschen
Großmächte von dieser Handlungsweise bisher vollständig unterrichtet waren.
Man könnte fragen, weshalb von den Ständen keine Beschwerde erhoben sei?
Und daran die Behauptung knüpfen, daß der Bundestag eben nicht abhelfen



*) Die geheimen Bnndesprotokolle in der kurhessischcn Verfassungsangctegenheit. Hassen¬
pflug und die knrhessischen Conservativen. Hamburg. Hoffmann u. Campe. 48Si'.
Grenzboten. IV. 18si. 42

geworfen hat, himmelweit von allen Entwicklungen der heidnischen Weltan¬
schauung.

Das Buch verlangt ein sorgfältiges Studium und wird von keinem, der
sich überhaupt mit der Geschichte der Religion beschäftigt, zu umgehen sein.—

Die kleine Schrift über Sevilla ist der Grundlage nach ein interessantes,
sehr fein gearbeitetes, mit historischen Ercurfen verziertes Neisetagebuch, welches
in den anmuthigsten Formen viel nützliche Belehrungen gibt. —




Die kurhessische Verfassungsfrage.

Kurhessen hatte in neuester Zeit nicht mehr die Aufmerksamkeit auf isles
gezogen, welche früher selbst den unbedeutenderen Begebenheiten dieses Landes
geschenkt wurde. Eine gewisse Abspannung trat auf frühere Erregung ein,
und da einmal so ungewöhnliche Dinge in diesem Lande hatten geschehen
können, erregte alles Folgende, mochte es auch noch unerhörter sein, kein
Erstaunen mehr. Die europäischen Angelegenheiten haben die kurhessischen
vollends in Vergessenheit gebracht.

Neuerdings scheint jedoch Kurhessen ein neues Interesse zu erwecken.
Vielfach war bisher in Deutschland der Glaube verbreitet, daß das Mini¬
sterium Hassenpflug mit Einwilligung des deutschen Bundes verfahre. Unver¬
mutet tritt nun in diesen Tagen eine kleine Broschüre an das Licht, in
welcher die geheimen Bundesprotokolle in der kurhessischen Verfassungsangele¬
genheit ihrem wesentlichen Inhalte nach veröffentlicht werden.*) Wir sind er¬
staunt, diese Aufschlüsse zu erhalten. Herr Hassenpflug handelt darnach nicht
mit Einwilligung des Bundes, sondern gegen die bestimmt ausgesprochenen
Befehle desselben. Wir wissen nun, daß Herr Hassenpflug es unternommen
hat, die nach Anleitung des Bundestages berufenen Stände in der bekannten
Weise zu maßregeln, obgleich oder weil sie sich den Bun des pr otoko l l en
gemäß verhalten haben, und das arme Land gegen den bestimmt
ausgesprochenen Willen des deutschen Bundes und der deutschen
Großmächte in einem Zustande zu erhalten, welcher seines Gleichen in
Deutschland nicht findet.

Wir können es nicht glauben, daß der deutsche Bund, daß die deutschen
Großmächte von dieser Handlungsweise bisher vollständig unterrichtet waren.
Man könnte fragen, weshalb von den Ständen keine Beschwerde erhoben sei?
Und daran die Behauptung knüpfen, daß der Bundestag eben nicht abhelfen



*) Die geheimen Bnndesprotokolle in der kurhessischcn Verfassungsangctegenheit. Hassen¬
pflug und die knrhessischen Conservativen. Hamburg. Hoffmann u. Campe. 48Si'.
Grenzboten. IV. 18si. 42
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0337" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/98651"/>
          <p xml:id="ID_1079" prev="#ID_1078"> geworfen hat, himmelweit von allen Entwicklungen der heidnischen Weltan¬<lb/>
schauung.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1080"> Das Buch verlangt ein sorgfältiges Studium und wird von keinem, der<lb/>
sich überhaupt mit der Geschichte der Religion beschäftigt, zu umgehen sein.&#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1081"> Die kleine Schrift über Sevilla ist der Grundlage nach ein interessantes,<lb/>
sehr fein gearbeitetes, mit historischen Ercurfen verziertes Neisetagebuch, welches<lb/>
in den anmuthigsten Formen viel nützliche Belehrungen gibt. &#x2014;</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die kurhessische Verfassungsfrage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1082"> Kurhessen hatte in neuester Zeit nicht mehr die Aufmerksamkeit auf isles<lb/>
gezogen, welche früher selbst den unbedeutenderen Begebenheiten dieses Landes<lb/>
geschenkt wurde. Eine gewisse Abspannung trat auf frühere Erregung ein,<lb/>
und da einmal so ungewöhnliche Dinge in diesem Lande hatten geschehen<lb/>
können, erregte alles Folgende, mochte es auch noch unerhörter sein, kein<lb/>
Erstaunen mehr. Die europäischen Angelegenheiten haben die kurhessischen<lb/>
vollends in Vergessenheit gebracht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1083"> Neuerdings scheint jedoch Kurhessen ein neues Interesse zu erwecken.<lb/>
Vielfach war bisher in Deutschland der Glaube verbreitet, daß das Mini¬<lb/>
sterium Hassenpflug mit Einwilligung des deutschen Bundes verfahre. Unver¬<lb/>
mutet tritt nun in diesen Tagen eine kleine Broschüre an das Licht, in<lb/>
welcher die geheimen Bundesprotokolle in der kurhessischen Verfassungsangele¬<lb/>
genheit ihrem wesentlichen Inhalte nach veröffentlicht werden.*) Wir sind er¬<lb/>
staunt, diese Aufschlüsse zu erhalten. Herr Hassenpflug handelt darnach nicht<lb/>
mit Einwilligung des Bundes, sondern gegen die bestimmt ausgesprochenen<lb/>
Befehle desselben. Wir wissen nun, daß Herr Hassenpflug es unternommen<lb/>
hat, die nach Anleitung des Bundestages berufenen Stände in der bekannten<lb/>
Weise zu maßregeln, obgleich oder weil sie sich den Bun des pr otoko l l en<lb/>
gemäß verhalten haben, und das arme Land gegen den bestimmt<lb/>
ausgesprochenen Willen des deutschen Bundes und der deutschen<lb/>
Großmächte in einem Zustande zu erhalten, welcher seines Gleichen in<lb/>
Deutschland nicht findet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1084" next="#ID_1085"> Wir können es nicht glauben, daß der deutsche Bund, daß die deutschen<lb/>
Großmächte von dieser Handlungsweise bisher vollständig unterrichtet waren.<lb/>
Man könnte fragen, weshalb von den Ständen keine Beschwerde erhoben sei?<lb/>
Und daran die Behauptung knüpfen, daß der Bundestag eben nicht abhelfen</p><lb/>
          <note xml:id="FID_10" place="foot"> *) Die geheimen Bnndesprotokolle in der kurhessischcn Verfassungsangctegenheit. Hassen¬<lb/>
pflug und die knrhessischen Conservativen. Hamburg. Hoffmann u. Campe. 48Si'.</note><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. IV. 18si. 42</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0337] geworfen hat, himmelweit von allen Entwicklungen der heidnischen Weltan¬ schauung. Das Buch verlangt ein sorgfältiges Studium und wird von keinem, der sich überhaupt mit der Geschichte der Religion beschäftigt, zu umgehen sein.— Die kleine Schrift über Sevilla ist der Grundlage nach ein interessantes, sehr fein gearbeitetes, mit historischen Ercurfen verziertes Neisetagebuch, welches in den anmuthigsten Formen viel nützliche Belehrungen gibt. — Die kurhessische Verfassungsfrage. Kurhessen hatte in neuester Zeit nicht mehr die Aufmerksamkeit auf isles gezogen, welche früher selbst den unbedeutenderen Begebenheiten dieses Landes geschenkt wurde. Eine gewisse Abspannung trat auf frühere Erregung ein, und da einmal so ungewöhnliche Dinge in diesem Lande hatten geschehen können, erregte alles Folgende, mochte es auch noch unerhörter sein, kein Erstaunen mehr. Die europäischen Angelegenheiten haben die kurhessischen vollends in Vergessenheit gebracht. Neuerdings scheint jedoch Kurhessen ein neues Interesse zu erwecken. Vielfach war bisher in Deutschland der Glaube verbreitet, daß das Mini¬ sterium Hassenpflug mit Einwilligung des deutschen Bundes verfahre. Unver¬ mutet tritt nun in diesen Tagen eine kleine Broschüre an das Licht, in welcher die geheimen Bundesprotokolle in der kurhessischen Verfassungsangele¬ genheit ihrem wesentlichen Inhalte nach veröffentlicht werden.*) Wir sind er¬ staunt, diese Aufschlüsse zu erhalten. Herr Hassenpflug handelt darnach nicht mit Einwilligung des Bundes, sondern gegen die bestimmt ausgesprochenen Befehle desselben. Wir wissen nun, daß Herr Hassenpflug es unternommen hat, die nach Anleitung des Bundestages berufenen Stände in der bekannten Weise zu maßregeln, obgleich oder weil sie sich den Bun des pr otoko l l en gemäß verhalten haben, und das arme Land gegen den bestimmt ausgesprochenen Willen des deutschen Bundes und der deutschen Großmächte in einem Zustande zu erhalten, welcher seines Gleichen in Deutschland nicht findet. Wir können es nicht glauben, daß der deutsche Bund, daß die deutschen Großmächte von dieser Handlungsweise bisher vollständig unterrichtet waren. Man könnte fragen, weshalb von den Ständen keine Beschwerde erhoben sei? Und daran die Behauptung knüpfen, daß der Bundestag eben nicht abhelfen *) Die geheimen Bnndesprotokolle in der kurhessischcn Verfassungsangctegenheit. Hassen¬ pflug und die knrhessischen Conservativen. Hamburg. Hoffmann u. Campe. 48Si'. Grenzboten. IV. 18si. 42

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/337
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_96706/337>, abgerufen am 22.07.2024.