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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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einen Schieber an demselben beweglich, hängt ein gerader Dolchsäbel oder
Hirschfänger, der einige Aehnlichkeit mit einen antiken, römischen Schwert hat.
Besonders zweckmäßig erschien ihr Schuhwerk. Sie trugen, wie es mir schien,
unter den Pauschhosen ein ledernes Beinkleid, Gamaschen und Schuhe. Ihre
Eintheilung war in halben Compagnien. Staunend sahen die Türken ihren
Vorbeimarsch an. Der grüne Bund, welcher hier die directen Abkommen Mu¬
hammeds des Propheten auszeichnet, erschien ihnen an diesen französischen,
meistens aus den Landeskindern Frankreichs recrutirten Truppen als das Be¬
fremdendste. "Wie darf ein Christ einen grünen Bund tragen!" vernahm man
aus vieler Munde.

Nach den Zuaven kamen noch weitere zwei französische Bataillone, worunter
eins aus Schützen von Vincennes bestehend. Sodann ein Zug Pioniere.

Es erfolgte nun die Ordnung der Truppen in Fronte. Die Aufstellung
war in zwei Linien geordnet, der rechte Flügel nach Hasta Hane., der linke
nach Ramid Tschistlik und über dieses hinaus gewendet, die Fronte gegen die
Mauer von Konstantinopel. Bald darnach langte der französische Stab an
und ritt die vordere Linie entlang, nach Daub Pascha zu, dem Sultan
entgegen. .

Ich hatte meine Aufstellung zwischen dem ersten und zweiten Treffen, dicht
hinter den Zuaven genommen. Der Padischah mußte von rechts kommen, und
dahin wendeten sich aller Blicke. Endlich verkündete die aus dem äußersten
Flügel beginnende Musik und eine aufsteigende Staubsäule sein Nahen. Die
vorerwähnten Beduinen jagten in wilder Carriere die Fronte hinab; sodann
kamen in gemessenem Schritt, die Pferde kurz im Zügel haltend, französische
Kürassiere, nicht mehr als sechs oder acht, in ihren blitzenden Panzern, und
mit den vom Helm majestätisch niederwallenden Roßschweifen. Darnach wieder¬
um mehre Ordonnanzen und endlich der Sultan mit seiner Suite. Abd-ül-
Medschid ritt, da die Parade (wie gebräuchlich) vom rechten Flügel aus ab¬
genommen wurde natürlich links und die Truppenreihe hart entlang. Seine
Gestalt war ein wenig nach vorn gebeugt, und das Gesicht den Soldaten mit
leichter Linkswendung des Kopfes zugewendet. Auf dem Haupte das Fez,
um die Schultern den Mantel, und darunter die einfache nur am Kragen ge¬
stickte Uniform, erschien er beinahe als der schlichteste inmitten seiner fremden
von Gold, Silber und Borten strotzenden Begleiter. Aber der Hengstrappe,
den er mit leisem Druck am Zügel unter sich führte, ein Roß von unerreichter
Schönheit, und die hellrothe, mit Diamanten bedeckte Schabracke bezeichneten
ihn gleichwol unverkennbar als den Souverän und als den Höchstgestellten
in der ganzen Gruppe. Rechts neben sich hatte der Kaiser den Prinzen Na¬
poleon und Marschall Se. Arnaud, unmittelbar hinter sich aber den Seriasker
der türkischen Armee (Kriegsminister) Risa Pascha (nicht Riza, welches sranzö-


einen Schieber an demselben beweglich, hängt ein gerader Dolchsäbel oder
Hirschfänger, der einige Aehnlichkeit mit einen antiken, römischen Schwert hat.
Besonders zweckmäßig erschien ihr Schuhwerk. Sie trugen, wie es mir schien,
unter den Pauschhosen ein ledernes Beinkleid, Gamaschen und Schuhe. Ihre
Eintheilung war in halben Compagnien. Staunend sahen die Türken ihren
Vorbeimarsch an. Der grüne Bund, welcher hier die directen Abkommen Mu¬
hammeds des Propheten auszeichnet, erschien ihnen an diesen französischen,
meistens aus den Landeskindern Frankreichs recrutirten Truppen als das Be¬
fremdendste. „Wie darf ein Christ einen grünen Bund tragen!" vernahm man
aus vieler Munde.

Nach den Zuaven kamen noch weitere zwei französische Bataillone, worunter
eins aus Schützen von Vincennes bestehend. Sodann ein Zug Pioniere.

Es erfolgte nun die Ordnung der Truppen in Fronte. Die Aufstellung
war in zwei Linien geordnet, der rechte Flügel nach Hasta Hane., der linke
nach Ramid Tschistlik und über dieses hinaus gewendet, die Fronte gegen die
Mauer von Konstantinopel. Bald darnach langte der französische Stab an
und ritt die vordere Linie entlang, nach Daub Pascha zu, dem Sultan
entgegen. .

Ich hatte meine Aufstellung zwischen dem ersten und zweiten Treffen, dicht
hinter den Zuaven genommen. Der Padischah mußte von rechts kommen, und
dahin wendeten sich aller Blicke. Endlich verkündete die aus dem äußersten
Flügel beginnende Musik und eine aufsteigende Staubsäule sein Nahen. Die
vorerwähnten Beduinen jagten in wilder Carriere die Fronte hinab; sodann
kamen in gemessenem Schritt, die Pferde kurz im Zügel haltend, französische
Kürassiere, nicht mehr als sechs oder acht, in ihren blitzenden Panzern, und
mit den vom Helm majestätisch niederwallenden Roßschweifen. Darnach wieder¬
um mehre Ordonnanzen und endlich der Sultan mit seiner Suite. Abd-ül-
Medschid ritt, da die Parade (wie gebräuchlich) vom rechten Flügel aus ab¬
genommen wurde natürlich links und die Truppenreihe hart entlang. Seine
Gestalt war ein wenig nach vorn gebeugt, und das Gesicht den Soldaten mit
leichter Linkswendung des Kopfes zugewendet. Auf dem Haupte das Fez,
um die Schultern den Mantel, und darunter die einfache nur am Kragen ge¬
stickte Uniform, erschien er beinahe als der schlichteste inmitten seiner fremden
von Gold, Silber und Borten strotzenden Begleiter. Aber der Hengstrappe,
den er mit leisem Druck am Zügel unter sich führte, ein Roß von unerreichter
Schönheit, und die hellrothe, mit Diamanten bedeckte Schabracke bezeichneten
ihn gleichwol unverkennbar als den Souverän und als den Höchstgestellten
in der ganzen Gruppe. Rechts neben sich hatte der Kaiser den Prinzen Na¬
poleon und Marschall Se. Arnaud, unmittelbar hinter sich aber den Seriasker
der türkischen Armee (Kriegsminister) Risa Pascha (nicht Riza, welches sranzö-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/70>, abgerufen am 27.07.2024.