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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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zweckmäßig, wie man es von dem berühmten Reisenden mir erwarten kann. Die
vorliegenden Hefte enthalten folgende Abbildungen: Durnstein, Kloster Neuburg,
Wissegrad und Gram. Wir kommen nach Vollendung des Werks noch einmal
darauf zurück. --

Atlas zu Alex. v. Humboldts Kosmos in 42 colorirten Tafeln. Heraus¬
gegeben von Traugott Brömme. Achte, Schlußiieferung. Stuttgart, Krais
u. Hoffmann. -- Die Illustrationen des Schlußheftcs, die doch bei dem Werk die
Hauptsache sind, da der Text vieles zu wünschen übrig läßt, enthalten dies Mal
Illustrationen von merkwürdigen Naturerscheinungen, z. B. eine Mitternachtssonne
am Nordcap; Nebensonnen; ein Nordlicht; verschiedene Gebirgsformationen u. s. w.
Der Text enthält unter anderem ein ziemlich vollständiges chronologisches Verzeichnis!
der wichtigsten geographischen Entdeckungen. -- Wir benutzen diese Gelegenheit,
um Freunde der Erdkunde noch einmal aus dies Werk aufmerksam zu machen, weil
es zum bessern Verständniß des großen Humboldtschen Werks ein nützliches Hand¬
buch ist. --

Tannhäuser. Ein Gedicht von Emil Thilva. Leipzig, Immanuel Müller.
-- Es ist wahrscheinlich infolge der ungewöhnlichen Aufmerksamkeit, welche die Oper
von Richard Wagner erregt hat, daß eine Reihe von Dichtern sich wieder der alten
Sage vom Tannhäuser zuwendet, in welcher der Gegensatz der heidnischen zur christ¬
lichen Weltanschauung in einer seltenen Reinheit hervortritt. Der gegenwärtige
Versuch zeichnet sich vor vielen andern, die wir in der letzten Zeit erwähnt haben,
durch Einheit der Stimmung aus, die durch keine unnützen, der Hauptsache wider¬
strebenden Ausführungen gestört wird. Leider hat der Dichter in diese Stimmung
zuviel Reflexion einfließen lassen. Er volemisirt fortwährend gegen die Halbheit
der Zeit, welche weder ganz genießen noch entbehren kann und meint damit zwar
dem Anschein nach die Zeit des Tannhäuser, in der That aber die unsrige. Aus
diesem Uebergewicht der Reflexion über die unmittelbare Empfindung sind mehre
Züge entsprungen, die keinen angenehmen Eindruck machen. So läßt z. B. der
Dichter den Papst Urban, als Tannhäuser die Geschichte vom Venusberg erzählt,
von einer geheimen Lüsternheit ergriffen werden; was zu der Sage nicht paßt, da
der Papst als Repräsentant der härtesten christlichen Abstraction erscheint. Vollends
der Philosophie, welche Tannhäuser zum Schluß bekannt, vermögen wir gar nicht
mehr zu folgen. Er bemerkt, als er auf den Scheiterhaufen gestellt wird, was bei¬
läufig auch eine unnöthige Entstellung der Sage ist, in deren romantischem Schluß
eine viel tiefere symbolische Wahrheit liegt: "der Mensch kann nicht einmal ver¬
derben, und Halbheit ist ein jedes Sterben." -- Dergleichen muß, wenn es eine
Wirkung haben soll, deutlicher gesagt werden. --




Herausgabe" von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwvrt? Redacteur legitimirt: W. Mrunvw. - Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von <5. <6. <5there in Leipzig.

zweckmäßig, wie man es von dem berühmten Reisenden mir erwarten kann. Die
vorliegenden Hefte enthalten folgende Abbildungen: Durnstein, Kloster Neuburg,
Wissegrad und Gram. Wir kommen nach Vollendung des Werks noch einmal
darauf zurück. —

Atlas zu Alex. v. Humboldts Kosmos in 42 colorirten Tafeln. Heraus¬
gegeben von Traugott Brömme. Achte, Schlußiieferung. Stuttgart, Krais
u. Hoffmann. — Die Illustrationen des Schlußheftcs, die doch bei dem Werk die
Hauptsache sind, da der Text vieles zu wünschen übrig läßt, enthalten dies Mal
Illustrationen von merkwürdigen Naturerscheinungen, z. B. eine Mitternachtssonne
am Nordcap; Nebensonnen; ein Nordlicht; verschiedene Gebirgsformationen u. s. w.
Der Text enthält unter anderem ein ziemlich vollständiges chronologisches Verzeichnis!
der wichtigsten geographischen Entdeckungen. — Wir benutzen diese Gelegenheit,
um Freunde der Erdkunde noch einmal aus dies Werk aufmerksam zu machen, weil
es zum bessern Verständniß des großen Humboldtschen Werks ein nützliches Hand¬
buch ist. —

Tannhäuser. Ein Gedicht von Emil Thilva. Leipzig, Immanuel Müller.
— Es ist wahrscheinlich infolge der ungewöhnlichen Aufmerksamkeit, welche die Oper
von Richard Wagner erregt hat, daß eine Reihe von Dichtern sich wieder der alten
Sage vom Tannhäuser zuwendet, in welcher der Gegensatz der heidnischen zur christ¬
lichen Weltanschauung in einer seltenen Reinheit hervortritt. Der gegenwärtige
Versuch zeichnet sich vor vielen andern, die wir in der letzten Zeit erwähnt haben,
durch Einheit der Stimmung aus, die durch keine unnützen, der Hauptsache wider¬
strebenden Ausführungen gestört wird. Leider hat der Dichter in diese Stimmung
zuviel Reflexion einfließen lassen. Er volemisirt fortwährend gegen die Halbheit
der Zeit, welche weder ganz genießen noch entbehren kann und meint damit zwar
dem Anschein nach die Zeit des Tannhäuser, in der That aber die unsrige. Aus
diesem Uebergewicht der Reflexion über die unmittelbare Empfindung sind mehre
Züge entsprungen, die keinen angenehmen Eindruck machen. So läßt z. B. der
Dichter den Papst Urban, als Tannhäuser die Geschichte vom Venusberg erzählt,
von einer geheimen Lüsternheit ergriffen werden; was zu der Sage nicht paßt, da
der Papst als Repräsentant der härtesten christlichen Abstraction erscheint. Vollends
der Philosophie, welche Tannhäuser zum Schluß bekannt, vermögen wir gar nicht
mehr zu folgen. Er bemerkt, als er auf den Scheiterhaufen gestellt wird, was bei¬
läufig auch eine unnöthige Entstellung der Sage ist, in deren romantischem Schluß
eine viel tiefere symbolische Wahrheit liegt: „der Mensch kann nicht einmal ver¬
derben, und Halbheit ist ein jedes Sterben." — Dergleichen muß, wenn es eine
Wirkung haben soll, deutlicher gesagt werden. —




Herausgabe» von Gustav Freytag und Julian Schmidt.
Als verantwvrt? Redacteur legitimirt: W. Mrunvw. - Verlag von F. L. Herbig
in Leipzig.
Druck von <5. <6. <5there in Leipzig.
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[0528] zweckmäßig, wie man es von dem berühmten Reisenden mir erwarten kann. Die vorliegenden Hefte enthalten folgende Abbildungen: Durnstein, Kloster Neuburg, Wissegrad und Gram. Wir kommen nach Vollendung des Werks noch einmal darauf zurück. — Atlas zu Alex. v. Humboldts Kosmos in 42 colorirten Tafeln. Heraus¬ gegeben von Traugott Brömme. Achte, Schlußiieferung. Stuttgart, Krais u. Hoffmann. — Die Illustrationen des Schlußheftcs, die doch bei dem Werk die Hauptsache sind, da der Text vieles zu wünschen übrig läßt, enthalten dies Mal Illustrationen von merkwürdigen Naturerscheinungen, z. B. eine Mitternachtssonne am Nordcap; Nebensonnen; ein Nordlicht; verschiedene Gebirgsformationen u. s. w. Der Text enthält unter anderem ein ziemlich vollständiges chronologisches Verzeichnis! der wichtigsten geographischen Entdeckungen. — Wir benutzen diese Gelegenheit, um Freunde der Erdkunde noch einmal aus dies Werk aufmerksam zu machen, weil es zum bessern Verständniß des großen Humboldtschen Werks ein nützliches Hand¬ buch ist. — Tannhäuser. Ein Gedicht von Emil Thilva. Leipzig, Immanuel Müller. — Es ist wahrscheinlich infolge der ungewöhnlichen Aufmerksamkeit, welche die Oper von Richard Wagner erregt hat, daß eine Reihe von Dichtern sich wieder der alten Sage vom Tannhäuser zuwendet, in welcher der Gegensatz der heidnischen zur christ¬ lichen Weltanschauung in einer seltenen Reinheit hervortritt. Der gegenwärtige Versuch zeichnet sich vor vielen andern, die wir in der letzten Zeit erwähnt haben, durch Einheit der Stimmung aus, die durch keine unnützen, der Hauptsache wider¬ strebenden Ausführungen gestört wird. Leider hat der Dichter in diese Stimmung zuviel Reflexion einfließen lassen. Er volemisirt fortwährend gegen die Halbheit der Zeit, welche weder ganz genießen noch entbehren kann und meint damit zwar dem Anschein nach die Zeit des Tannhäuser, in der That aber die unsrige. Aus diesem Uebergewicht der Reflexion über die unmittelbare Empfindung sind mehre Züge entsprungen, die keinen angenehmen Eindruck machen. So läßt z. B. der Dichter den Papst Urban, als Tannhäuser die Geschichte vom Venusberg erzählt, von einer geheimen Lüsternheit ergriffen werden; was zu der Sage nicht paßt, da der Papst als Repräsentant der härtesten christlichen Abstraction erscheint. Vollends der Philosophie, welche Tannhäuser zum Schluß bekannt, vermögen wir gar nicht mehr zu folgen. Er bemerkt, als er auf den Scheiterhaufen gestellt wird, was bei¬ läufig auch eine unnöthige Entstellung der Sage ist, in deren romantischem Schluß eine viel tiefere symbolische Wahrheit liegt: „der Mensch kann nicht einmal ver¬ derben, und Halbheit ist ein jedes Sterben." — Dergleichen muß, wenn es eine Wirkung haben soll, deutlicher gesagt werden. — Herausgabe» von Gustav Freytag und Julian Schmidt. Als verantwvrt? Redacteur legitimirt: W. Mrunvw. - Verlag von F. L. Herbig in Leipzig. Druck von <5. <6. <5there in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/528>, abgerufen am 01.09.2024.