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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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beigeschafft werden konnten, war das Cap der guten Hoffnung, eine Colonie
im Besitz der Holländer, Bei der Wahl der Kolonisten wie der Colonien be¬
wies man gleich wenig Einsicht, Ueberlegung und Humanität. Die erste Sen¬
dung bestand aus 200 Mann Militär und Frauen nebst 600 männlichen
und SSO weiblichen Sträflingen. Die letzteren bestanden nicht nur im Aus¬
wurf ihres Geschlechts, sondern viele von ihnen waren alt, schwach und gar
blödsinnig.

Dies war 1787 der erste elende Anfang der australischen Colonien. Wenn
wir jetzt.die Bevölkerung, den Reichthum, den Handel, das jährlich wachsende
Ansehen und Gedeihen derselben und ihre unleugbaren Elemente künftiger
Macht betrachten, so ist es fast unmöglich zu glauben, daß die erste Anstedlnng
von dem britischen Ueberschuß der Gefängnisse und von dem Schmuz der Lon¬
doner Straßen gegründet worden ist. Wie dieses nun in allmäliger Entwick¬
lung sich gestaltete, wie der gesunde Menschenverstand und das natürliche
Rechtsgefühl allmälig den Sieg über alle hergebrachten Vorurtheile davon¬
trugen,, das ist in dem vorliegenden Buch sehr erfreulich und lehrreich erörtert
worden. --


Reiseerinnerungen aus Spanien von E. A. Roßmäßler. Z Bände-
Leipzig, Hermann Costenoble. --

Der ausgezeichnete Naturforscher, den leider die Folgen der politischen
Verwirrung von 1848 in seiner wissenschaftlichen Thätigkeit unterbrochen hatten,
machte im März 1833 eine Reise nach Spanien, um für sein seit langen
Jahren vorbereitetes Werk über die europäischen Land- undSüfiwasser-Mollusken
in einem südlichen Lande Materalien und Beobachtungen zu sammeln. Was
er auf dieser Reise beobachtet und erlebt, theilt er nun in anspruchsloser, aber
anziehender Form dem größern Publicum mit. Ein Theil des Werks beschäftigt
sich natürlich mit dem Gegenstand, der ihm zunächst lag und dürfte daher nur
für den Naturforscher von Interesse sein. Aber der bei weitem größere Theil
enthält Beobachtungen über die Sitten des Volks und über die Scenen der
Natur, die um so interessanter sind, da sie lediglich aus der unmittelbaren An¬
schauung genommen sind. Herr Roßmäßler hat es mit Recht verschmäht, die
kleinen Mittelchen anzuwenden, durch welche sonst gewöhnlich die Reisenden
in ihren Handbüchern den Anschein eines größeren Inhalts zu geben pflegen-
Er schreibt keine statistischen Handbücher aus, er läßt sich wenig oder gar nicht
auf politische Erörterungen ein, sondern er schildert nur, was er gesehen ha>-
Auch bei den Naturschilderungen geht er nicht auf sentimentale Beschreibungen
aus, er verleugnet niemals den -Naturforscher; er sucht neben dem Eindruck,
den die Landschaft macht, jedes Mal auch eine Einsicht in die innern geologisch^
und andern Verhältnisse derselben zu geben. Der Eindruck, den das spanische


beigeschafft werden konnten, war das Cap der guten Hoffnung, eine Colonie
im Besitz der Holländer, Bei der Wahl der Kolonisten wie der Colonien be¬
wies man gleich wenig Einsicht, Ueberlegung und Humanität. Die erste Sen¬
dung bestand aus 200 Mann Militär und Frauen nebst 600 männlichen
und SSO weiblichen Sträflingen. Die letzteren bestanden nicht nur im Aus¬
wurf ihres Geschlechts, sondern viele von ihnen waren alt, schwach und gar
blödsinnig.

Dies war 1787 der erste elende Anfang der australischen Colonien. Wenn
wir jetzt.die Bevölkerung, den Reichthum, den Handel, das jährlich wachsende
Ansehen und Gedeihen derselben und ihre unleugbaren Elemente künftiger
Macht betrachten, so ist es fast unmöglich zu glauben, daß die erste Anstedlnng
von dem britischen Ueberschuß der Gefängnisse und von dem Schmuz der Lon¬
doner Straßen gegründet worden ist. Wie dieses nun in allmäliger Entwick¬
lung sich gestaltete, wie der gesunde Menschenverstand und das natürliche
Rechtsgefühl allmälig den Sieg über alle hergebrachten Vorurtheile davon¬
trugen,, das ist in dem vorliegenden Buch sehr erfreulich und lehrreich erörtert
worden. —


Reiseerinnerungen aus Spanien von E. A. Roßmäßler. Z Bände-
Leipzig, Hermann Costenoble. —

Der ausgezeichnete Naturforscher, den leider die Folgen der politischen
Verwirrung von 1848 in seiner wissenschaftlichen Thätigkeit unterbrochen hatten,
machte im März 1833 eine Reise nach Spanien, um für sein seit langen
Jahren vorbereitetes Werk über die europäischen Land- undSüfiwasser-Mollusken
in einem südlichen Lande Materalien und Beobachtungen zu sammeln. Was
er auf dieser Reise beobachtet und erlebt, theilt er nun in anspruchsloser, aber
anziehender Form dem größern Publicum mit. Ein Theil des Werks beschäftigt
sich natürlich mit dem Gegenstand, der ihm zunächst lag und dürfte daher nur
für den Naturforscher von Interesse sein. Aber der bei weitem größere Theil
enthält Beobachtungen über die Sitten des Volks und über die Scenen der
Natur, die um so interessanter sind, da sie lediglich aus der unmittelbaren An¬
schauung genommen sind. Herr Roßmäßler hat es mit Recht verschmäht, die
kleinen Mittelchen anzuwenden, durch welche sonst gewöhnlich die Reisenden
in ihren Handbüchern den Anschein eines größeren Inhalts zu geben pflegen-
Er schreibt keine statistischen Handbücher aus, er läßt sich wenig oder gar nicht
auf politische Erörterungen ein, sondern er schildert nur, was er gesehen ha>-
Auch bei den Naturschilderungen geht er nicht auf sentimentale Beschreibungen
aus, er verleugnet niemals den -Naturforscher; er sucht neben dem Eindruck,
den die Landschaft macht, jedes Mal auch eine Einsicht in die innern geologisch^
und andern Verhältnisse derselben zu geben. Der Eindruck, den das spanische


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/510>, abgerufen am 09.11.2024.