Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

.....^......
kehrsverhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit, wenn nicht Kriegsrecht und
Ausnahmsgesetze in Permanenz treten. Wirkliche Specialinterefsen solcher
Staaten würden jedoch außerhalb ihrer Grenzen sicherlich keine Vertretung
erfahren, während natürlich die gouvernementalen Interessen, Ansichten, Ab¬
sichten :c. der Staaten mit freieren Preßzuständen.denselben Ausdruck und die¬
selbe Verbreitung fänden, wie die vollkommen unabhängigen Aeußerungen
des öffentlichen Geistes. Als 1831 während der Warschauer Revolution ver¬
schiedene russische Staatsschriften in die Oeffentlichkeit gelangten, war in einer
derselben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Preußen, weil es die Macht
der politischen Presse (trotz der Censur) rascher und unbefangener als Oestreich
benutzt, in der öffentlichen Meinung eine so hohe Stellung erlangt habe, daß
Preußen, weil geistig durchströmt, eine größere Macht übe, als das auf
mechanischen Grundlagen beruhende Oestreich, daß es eine größere Zukunft
als das alte Reich der Habsburger besitze. -- Die weitere materielle Folge
einer solchen Verschiedenheit in de-r Handhabung des Preßwesens wäre aber,
daß nicht etwa nur die Tagespresse, sondern auch die Bücherliteratur, gelehrte
wie ästhetische, der Buchhandel, Sortiment wie Verlag, alle damit in Ver¬
bindung stehende Gewerbe und Industrien aus den Staaten fliehen würden,
wo ihre Entfaltungen rings umgarnt wären. Ihre Capitale, ihren Verkehr,
ihre Gewerbe würizen sie denjenigen Staaten als reichen Beitrag zum National-
wohlstand zubringen, in denen ihrer natürlichen Entwicklung eine maßvolle
Handhabung der gesetzlichen Bestimmung zu Theil wird. --

Die Kritik der Einzelbestimmungen des Bundespreßgesetzes hat schon so
vielfältig ihre Stätte gefunden, daß es in der That überflüssig erscheinen
würde, hier nochmals des Näherw darauf einzugehen. Einzelne wenige Be¬
merkungen über die Wandlungen, welche die ursprünglichen Entwürfe erfuhren,
können wenigstens dafür zeugen, daß die Bestrebungen derjenigen Staaten am
Bundestage, denen gesetzliche Freiheit, nicht blos möglichste Beschränkung der
Presse am Herzen lag, doch nicht ohne allen Ausdruck geblieben sind. 3^
Wirken äußert sich freilich meistens negativ, nämlich in der Milderung jener
beschränkendsten Bestimmungen, welche der östreichisch-hessische Fachmänner-
entwurf getroffen hatte; anderwärts in scheinbar geringfügigen Einschiebungen
welche die Competenz zu bestimmten Einschreitungen auf bestimmte Behörden
beschränkt, oder bestimmte Anträge fordert u. s. w. Alles in allem unter¬
brachen diese Amendements vorzugsweise die Continuation jenes bundesstaat¬
lichen Octroyirungsprincips, wonach fast alle Maßregeln, Strafen :c., gegen
ein Druckerzeugniß oder eine verantwortliche Person in einem Staate eiiien
internationalen Charakter annehmen. Der östreichisch-hessische, von Sachsen
acceptirte, von Baiern, Kurhessen u. s. w. befürwortete Entwurf hatte nämlich
in fünf verschiedenen Abschnitten ausführlichste Sorge dafür getragen, daß


.....^......
kehrsverhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit, wenn nicht Kriegsrecht und
Ausnahmsgesetze in Permanenz treten. Wirkliche Specialinterefsen solcher
Staaten würden jedoch außerhalb ihrer Grenzen sicherlich keine Vertretung
erfahren, während natürlich die gouvernementalen Interessen, Ansichten, Ab¬
sichten :c. der Staaten mit freieren Preßzuständen.denselben Ausdruck und die¬
selbe Verbreitung fänden, wie die vollkommen unabhängigen Aeußerungen
des öffentlichen Geistes. Als 1831 während der Warschauer Revolution ver¬
schiedene russische Staatsschriften in die Oeffentlichkeit gelangten, war in einer
derselben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Preußen, weil es die Macht
der politischen Presse (trotz der Censur) rascher und unbefangener als Oestreich
benutzt, in der öffentlichen Meinung eine so hohe Stellung erlangt habe, daß
Preußen, weil geistig durchströmt, eine größere Macht übe, als das auf
mechanischen Grundlagen beruhende Oestreich, daß es eine größere Zukunft
als das alte Reich der Habsburger besitze. — Die weitere materielle Folge
einer solchen Verschiedenheit in de-r Handhabung des Preßwesens wäre aber,
daß nicht etwa nur die Tagespresse, sondern auch die Bücherliteratur, gelehrte
wie ästhetische, der Buchhandel, Sortiment wie Verlag, alle damit in Ver¬
bindung stehende Gewerbe und Industrien aus den Staaten fliehen würden,
wo ihre Entfaltungen rings umgarnt wären. Ihre Capitale, ihren Verkehr,
ihre Gewerbe würizen sie denjenigen Staaten als reichen Beitrag zum National-
wohlstand zubringen, in denen ihrer natürlichen Entwicklung eine maßvolle
Handhabung der gesetzlichen Bestimmung zu Theil wird. —

Die Kritik der Einzelbestimmungen des Bundespreßgesetzes hat schon so
vielfältig ihre Stätte gefunden, daß es in der That überflüssig erscheinen
würde, hier nochmals des Näherw darauf einzugehen. Einzelne wenige Be¬
merkungen über die Wandlungen, welche die ursprünglichen Entwürfe erfuhren,
können wenigstens dafür zeugen, daß die Bestrebungen derjenigen Staaten am
Bundestage, denen gesetzliche Freiheit, nicht blos möglichste Beschränkung der
Presse am Herzen lag, doch nicht ohne allen Ausdruck geblieben sind. 3^
Wirken äußert sich freilich meistens negativ, nämlich in der Milderung jener
beschränkendsten Bestimmungen, welche der östreichisch-hessische Fachmänner-
entwurf getroffen hatte; anderwärts in scheinbar geringfügigen Einschiebungen
welche die Competenz zu bestimmten Einschreitungen auf bestimmte Behörden
beschränkt, oder bestimmte Anträge fordert u. s. w. Alles in allem unter¬
brachen diese Amendements vorzugsweise die Continuation jenes bundesstaat¬
lichen Octroyirungsprincips, wonach fast alle Maßregeln, Strafen :c., gegen
ein Druckerzeugniß oder eine verantwortliche Person in einem Staate eiiien
internationalen Charakter annehmen. Der östreichisch-hessische, von Sachsen
acceptirte, von Baiern, Kurhessen u. s. w. befürwortete Entwurf hatte nämlich
in fünf verschiedenen Abschnitten ausführlichste Sorge dafür getragen, daß


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0454" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/281605"/>
          <p xml:id="ID_1388" prev="#ID_1387"> .....^......<lb/>
kehrsverhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit, wenn nicht Kriegsrecht und<lb/>
Ausnahmsgesetze in Permanenz treten. Wirkliche Specialinterefsen solcher<lb/>
Staaten würden jedoch außerhalb ihrer Grenzen sicherlich keine Vertretung<lb/>
erfahren, während natürlich die gouvernementalen Interessen, Ansichten, Ab¬<lb/>
sichten :c. der Staaten mit freieren Preßzuständen.denselben Ausdruck und die¬<lb/>
selbe Verbreitung fänden, wie die vollkommen unabhängigen Aeußerungen<lb/>
des öffentlichen Geistes. Als 1831 während der Warschauer Revolution ver¬<lb/>
schiedene russische Staatsschriften in die Oeffentlichkeit gelangten, war in einer<lb/>
derselben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Preußen, weil es die Macht<lb/>
der politischen Presse (trotz der Censur) rascher und unbefangener als Oestreich<lb/>
benutzt, in der öffentlichen Meinung eine so hohe Stellung erlangt habe, daß<lb/>
Preußen, weil geistig durchströmt, eine größere Macht übe, als das auf<lb/>
mechanischen Grundlagen beruhende Oestreich, daß es eine größere Zukunft<lb/>
als das alte Reich der Habsburger besitze. &#x2014; Die weitere materielle Folge<lb/>
einer solchen Verschiedenheit in de-r Handhabung des Preßwesens wäre aber,<lb/>
daß nicht etwa nur die Tagespresse, sondern auch die Bücherliteratur, gelehrte<lb/>
wie ästhetische, der Buchhandel, Sortiment wie Verlag, alle damit in Ver¬<lb/>
bindung stehende Gewerbe und Industrien aus den Staaten fliehen würden,<lb/>
wo ihre Entfaltungen rings umgarnt wären. Ihre Capitale, ihren Verkehr,<lb/>
ihre Gewerbe würizen sie denjenigen Staaten als reichen Beitrag zum National-<lb/>
wohlstand zubringen, in denen ihrer natürlichen Entwicklung eine maßvolle<lb/>
Handhabung der gesetzlichen Bestimmung zu Theil wird. &#x2014;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1389" next="#ID_1390"> Die Kritik der Einzelbestimmungen des Bundespreßgesetzes hat schon so<lb/>
vielfältig ihre Stätte gefunden, daß es in der That überflüssig erscheinen<lb/>
würde, hier nochmals des Näherw darauf einzugehen. Einzelne wenige Be¬<lb/>
merkungen über die Wandlungen, welche die ursprünglichen Entwürfe erfuhren,<lb/>
können wenigstens dafür zeugen, daß die Bestrebungen derjenigen Staaten am<lb/>
Bundestage, denen gesetzliche Freiheit, nicht blos möglichste Beschränkung der<lb/>
Presse am Herzen lag, doch nicht ohne allen Ausdruck geblieben sind. 3^<lb/>
Wirken äußert sich freilich meistens negativ, nämlich in der Milderung jener<lb/>
beschränkendsten Bestimmungen, welche der östreichisch-hessische Fachmänner-<lb/>
entwurf getroffen hatte; anderwärts in scheinbar geringfügigen Einschiebungen<lb/>
welche die Competenz zu bestimmten Einschreitungen auf bestimmte Behörden<lb/>
beschränkt, oder bestimmte Anträge fordert u. s. w. Alles in allem unter¬<lb/>
brachen diese Amendements vorzugsweise die Continuation jenes bundesstaat¬<lb/>
lichen Octroyirungsprincips, wonach fast alle Maßregeln, Strafen :c., gegen<lb/>
ein Druckerzeugniß oder eine verantwortliche Person in einem Staate eiiien<lb/>
internationalen Charakter annehmen. Der östreichisch-hessische, von Sachsen<lb/>
acceptirte, von Baiern, Kurhessen u. s. w. befürwortete Entwurf hatte nämlich<lb/>
in fünf verschiedenen Abschnitten ausführlichste Sorge dafür getragen, daß</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0454] .....^...... kehrsverhältnissen ein Ding der Unmöglichkeit, wenn nicht Kriegsrecht und Ausnahmsgesetze in Permanenz treten. Wirkliche Specialinterefsen solcher Staaten würden jedoch außerhalb ihrer Grenzen sicherlich keine Vertretung erfahren, während natürlich die gouvernementalen Interessen, Ansichten, Ab¬ sichten :c. der Staaten mit freieren Preßzuständen.denselben Ausdruck und die¬ selbe Verbreitung fänden, wie die vollkommen unabhängigen Aeußerungen des öffentlichen Geistes. Als 1831 während der Warschauer Revolution ver¬ schiedene russische Staatsschriften in die Oeffentlichkeit gelangten, war in einer derselben ausdrücklich darauf hingewiesen, daß Preußen, weil es die Macht der politischen Presse (trotz der Censur) rascher und unbefangener als Oestreich benutzt, in der öffentlichen Meinung eine so hohe Stellung erlangt habe, daß Preußen, weil geistig durchströmt, eine größere Macht übe, als das auf mechanischen Grundlagen beruhende Oestreich, daß es eine größere Zukunft als das alte Reich der Habsburger besitze. — Die weitere materielle Folge einer solchen Verschiedenheit in de-r Handhabung des Preßwesens wäre aber, daß nicht etwa nur die Tagespresse, sondern auch die Bücherliteratur, gelehrte wie ästhetische, der Buchhandel, Sortiment wie Verlag, alle damit in Ver¬ bindung stehende Gewerbe und Industrien aus den Staaten fliehen würden, wo ihre Entfaltungen rings umgarnt wären. Ihre Capitale, ihren Verkehr, ihre Gewerbe würizen sie denjenigen Staaten als reichen Beitrag zum National- wohlstand zubringen, in denen ihrer natürlichen Entwicklung eine maßvolle Handhabung der gesetzlichen Bestimmung zu Theil wird. — Die Kritik der Einzelbestimmungen des Bundespreßgesetzes hat schon so vielfältig ihre Stätte gefunden, daß es in der That überflüssig erscheinen würde, hier nochmals des Näherw darauf einzugehen. Einzelne wenige Be¬ merkungen über die Wandlungen, welche die ursprünglichen Entwürfe erfuhren, können wenigstens dafür zeugen, daß die Bestrebungen derjenigen Staaten am Bundestage, denen gesetzliche Freiheit, nicht blos möglichste Beschränkung der Presse am Herzen lag, doch nicht ohne allen Ausdruck geblieben sind. 3^ Wirken äußert sich freilich meistens negativ, nämlich in der Milderung jener beschränkendsten Bestimmungen, welche der östreichisch-hessische Fachmänner- entwurf getroffen hatte; anderwärts in scheinbar geringfügigen Einschiebungen welche die Competenz zu bestimmten Einschreitungen auf bestimmte Behörden beschränkt, oder bestimmte Anträge fordert u. s. w. Alles in allem unter¬ brachen diese Amendements vorzugsweise die Continuation jenes bundesstaat¬ lichen Octroyirungsprincips, wonach fast alle Maßregeln, Strafen :c., gegen ein Druckerzeugniß oder eine verantwortliche Person in einem Staate eiiien internationalen Charakter annehmen. Der östreichisch-hessische, von Sachsen acceptirte, von Baiern, Kurhessen u. s. w. befürwortete Entwurf hatte nämlich in fünf verschiedenen Abschnitten ausführlichste Sorge dafür getragen, daß

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/454
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/454>, abgerufen am 01.09.2024.