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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Vertheidigungölinie und letztlich in derselben ein um anderthalbtausend Schritt
ins Vvrterrain vorgeschobenes Werk: Arad Tabiasst. In der in Rede stehen¬
den Ordnung repräsentirt diese außerdem nur leichte Schanze demnach nichts
weiter, als einen äußersten Posten, denn die Vorhut wird erst von den in
gegenseitigem Fcuerverbande stehenden rückwärtigen Werken gebildet. Nun
haben aber die Russen/ganz abgesehen von den letzteren, nachdem sie die Be¬
lagerung drei Wochen zuvor eröffnet, bis zum > Juni jenes Arad Tabiassi
nicht zu nehmen vermocht, und zwar ungeachtet sie alle möglichen Wege da¬
gegen versuchten: den Sappenangriff, den Sturm und die galvanische Mine.

Dieses letztere Resultat kann freilich nicht der Befestigung beigemessen
werden, sondern ist vielmehr ein Product der unvergleichlichen Leistungs¬
fähigkeit türkischer Soldaten hinter Brustwehr und Graben. ES ist keine
Uebertreibung, wenn ich dieselbe für höher als diejenige irgend einer anderen
Truppe erachte und wenn ich behaupte, daß seither noch keine Belagerung ein
Beispiel so hartnäckiger Terrainvertheidigung geboten hat, selbst nicht die in
Saragossa.

Den Verlust der Russen, bei ihren verschiedenen Versuchen, sich Arad Ta-
biassis zu bemächtigen, schätzt man allein an Todten aus 3000 Mann. Die
Verwundeten betragen allermindestens ebensoviel.




Aus Konstantwopel.

Die erste Frage, welche nunmehr an allen öffentlichen und nicht öffentlichen
Orten, wo Menschen hier zusammenkommen, discutirt wird, ist die: wann
""d wo, mit welchen Massen und vor allem mit welchen Erfolgen die erste
Schlacht geschlagen werden wird, welche Omer Pascha in seinen letzten Depe¬
schen aus dem Hauptquartier Schumia in Aussicht gestellt hat.

Bei Abgang der jüngst hier angelangten Couriere stand der osmanische
Feldherr mit seiner Armee bewegungslos im Bereich- deö großen befestigten
Lagers, aber seine Maßregeln waren derartig gesaßt, um jeden Augenblick
daraus hervorbrechen und nach jedweder Angrifförichtnng, die aus Schumla
ausstrahlt, marschiren zu können. Er selbst schlägt seine Armee zu 00,000
Mann an. Die Concentrirung wurde erst in der letztvergangenen Woche
beendet, dergestalt daß man das seitherige Zaudern als ein wohlberechnetes
und mit dem Stärkenverhältniß in engster Beziehung stehend ansehen kann.

Am Vorabend großer Ereignisse ist es stets angemessen, gleichsam wie


Grcuzb^lau. III. i5

Vertheidigungölinie und letztlich in derselben ein um anderthalbtausend Schritt
ins Vvrterrain vorgeschobenes Werk: Arad Tabiasst. In der in Rede stehen¬
den Ordnung repräsentirt diese außerdem nur leichte Schanze demnach nichts
weiter, als einen äußersten Posten, denn die Vorhut wird erst von den in
gegenseitigem Fcuerverbande stehenden rückwärtigen Werken gebildet. Nun
haben aber die Russen/ganz abgesehen von den letzteren, nachdem sie die Be¬
lagerung drei Wochen zuvor eröffnet, bis zum > Juni jenes Arad Tabiassi
nicht zu nehmen vermocht, und zwar ungeachtet sie alle möglichen Wege da¬
gegen versuchten: den Sappenangriff, den Sturm und die galvanische Mine.

Dieses letztere Resultat kann freilich nicht der Befestigung beigemessen
werden, sondern ist vielmehr ein Product der unvergleichlichen Leistungs¬
fähigkeit türkischer Soldaten hinter Brustwehr und Graben. ES ist keine
Uebertreibung, wenn ich dieselbe für höher als diejenige irgend einer anderen
Truppe erachte und wenn ich behaupte, daß seither noch keine Belagerung ein
Beispiel so hartnäckiger Terrainvertheidigung geboten hat, selbst nicht die in
Saragossa.

Den Verlust der Russen, bei ihren verschiedenen Versuchen, sich Arad Ta-
biassis zu bemächtigen, schätzt man allein an Todten aus 3000 Mann. Die
Verwundeten betragen allermindestens ebensoviel.




Aus Konstantwopel.

Die erste Frage, welche nunmehr an allen öffentlichen und nicht öffentlichen
Orten, wo Menschen hier zusammenkommen, discutirt wird, ist die: wann
""d wo, mit welchen Massen und vor allem mit welchen Erfolgen die erste
Schlacht geschlagen werden wird, welche Omer Pascha in seinen letzten Depe¬
schen aus dem Hauptquartier Schumia in Aussicht gestellt hat.

Bei Abgang der jüngst hier angelangten Couriere stand der osmanische
Feldherr mit seiner Armee bewegungslos im Bereich- deö großen befestigten
Lagers, aber seine Maßregeln waren derartig gesaßt, um jeden Augenblick
daraus hervorbrechen und nach jedweder Angrifförichtnng, die aus Schumla
ausstrahlt, marschiren zu können. Er selbst schlägt seine Armee zu 00,000
Mann an. Die Concentrirung wurde erst in der letztvergangenen Woche
beendet, dergestalt daß man das seitherige Zaudern als ein wohlberechnetes
und mit dem Stärkenverhältniß in engster Beziehung stehend ansehen kann.

Am Vorabend großer Ereignisse ist es stets angemessen, gleichsam wie


Grcuzb^lau. III. i5
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[0033] Vertheidigungölinie und letztlich in derselben ein um anderthalbtausend Schritt ins Vvrterrain vorgeschobenes Werk: Arad Tabiasst. In der in Rede stehen¬ den Ordnung repräsentirt diese außerdem nur leichte Schanze demnach nichts weiter, als einen äußersten Posten, denn die Vorhut wird erst von den in gegenseitigem Fcuerverbande stehenden rückwärtigen Werken gebildet. Nun haben aber die Russen/ganz abgesehen von den letzteren, nachdem sie die Be¬ lagerung drei Wochen zuvor eröffnet, bis zum > Juni jenes Arad Tabiassi nicht zu nehmen vermocht, und zwar ungeachtet sie alle möglichen Wege da¬ gegen versuchten: den Sappenangriff, den Sturm und die galvanische Mine. Dieses letztere Resultat kann freilich nicht der Befestigung beigemessen werden, sondern ist vielmehr ein Product der unvergleichlichen Leistungs¬ fähigkeit türkischer Soldaten hinter Brustwehr und Graben. ES ist keine Uebertreibung, wenn ich dieselbe für höher als diejenige irgend einer anderen Truppe erachte und wenn ich behaupte, daß seither noch keine Belagerung ein Beispiel so hartnäckiger Terrainvertheidigung geboten hat, selbst nicht die in Saragossa. Den Verlust der Russen, bei ihren verschiedenen Versuchen, sich Arad Ta- biassis zu bemächtigen, schätzt man allein an Todten aus 3000 Mann. Die Verwundeten betragen allermindestens ebensoviel. Aus Konstantwopel. Die erste Frage, welche nunmehr an allen öffentlichen und nicht öffentlichen Orten, wo Menschen hier zusammenkommen, discutirt wird, ist die: wann ""d wo, mit welchen Massen und vor allem mit welchen Erfolgen die erste Schlacht geschlagen werden wird, welche Omer Pascha in seinen letzten Depe¬ schen aus dem Hauptquartier Schumia in Aussicht gestellt hat. Bei Abgang der jüngst hier angelangten Couriere stand der osmanische Feldherr mit seiner Armee bewegungslos im Bereich- deö großen befestigten Lagers, aber seine Maßregeln waren derartig gesaßt, um jeden Augenblick daraus hervorbrechen und nach jedweder Angrifförichtnng, die aus Schumla ausstrahlt, marschiren zu können. Er selbst schlägt seine Armee zu 00,000 Mann an. Die Concentrirung wurde erst in der letztvergangenen Woche beendet, dergestalt daß man das seitherige Zaudern als ein wohlberechnetes und mit dem Stärkenverhältniß in engster Beziehung stehend ansehen kann. Am Vorabend großer Ereignisse ist es stets angemessen, gleichsam wie Grcuzb^lau. III. i5

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/33>, abgerufen am 09.11.2024.