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Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band.

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Gelegenheit zu bieten, französisch und europäische Manieren zu lernen. Er
sagte mir von fünftausend Piaster (dreihundert Thaler) jährlich, wenn ich mich
recht erinnere.


Von Rustschuck nach Silistria.

Es war an einem heißen Sommermorgen, als oberstromwärts in der
Entfernung von einigen Stunden eine aufsteigende Dampfsäule die Ankunft
des LloydsteamerS verkündete. Die Diener der Reisegesellschaft eilten zu den
bereits in der Frühe gepackten Koffern und Kisten, um sie nach der Landungs¬
brücke zu schaffen, und als endlich daS Schiff dort anlegte, kostete es nur we¬
nige Minuten, um die Einschiffung zu bewerkstelligen.

Im Gegensatz zur Seefahrt hat das Hinunterschiffen auf einem mächtigen,
breiten und schnellflutenden Strome, wie die Donau ist, seine besondern An¬
nehmlichkeiten. Das Fahrzeug bedarf kaum der Dalnpfkraft, um beflügelt dahin
zu rauschen. Rechts und links liegen Ufer oft dicht unter den Augen, bald
läuft das Boot zwischen Inseln dahin, die mit einer reichen Baumvegetation
bedeckt sind, bald am bulgarischen Hochufer entlang, in dem Bereich des weiten
Schlagschattens, den die zum Rand herantretenden Felsen und Waldsäume
über die Wasserfläche hinwerfen, bald dicht neben den Wachtposten her, mit
denen das flache walachische Gestade besetzt ist. Man erkennt die Schildwachen,'
steht, wie sie vor den östreichischen Farben das Gewehr Präsentiren, zählt die
Kühe, die in kleinen Truppen weidend am User ziehen und wirft den baden¬
den Walachenknaben ein großes Kupferstück zu, nach dem sie emsig tauchen,
wenn sie das Boot bereits längst hinter sich gelassen hat.

Der Donaudampftr, der mich und die gesammte Reisegesellschaft nebst
vielen anderen nicht zu unsrem Kreise gehörigen Personen trug, war die
"Stadt Pesth". Es sind dies alle mächtige Fahrzeuge, von großer Länge und
einer respectablen Breite. Der bei weitem größere Theil des untern Raumes
ist von dem Waarenverdeck und der Maschine eingenommen. Im Hinterschiff
liegt die Kajüte und darüber ein Salon, der die Stelle des Halbdecks ein¬
nimmt und über dem wiederum sich eine offene, von einem Sonnenzeit über¬
spannte Galerie befindet. Hier auf einer der umlaufenden Bänke war es, wo
ich mich niedersetzte, um von dieser Höhe hernieder einen möglichst freien Blick
auf die Ufer werfen zu können, an denen wir vorüberbrausten. Die beiden
Steuerleute, welche das Rad handhabten, von de'in die Direction des Fahr¬
zeugs ausging, standen im äußersten Hintertheil auf einer Erhöhung, welche
die Galerie noch überragte. Es waren Slawonier, rüstige und gewandte Ge¬
stalten, mit feurigen, sprühenden Blicken und ganz der sorgenvollen Beschäfti¬
gung hingegeben, welche sie ans die Dauer von zwei Stunden, nach deren
Verlauf die Ablösung eintrat, übernommen hatten. Der Capitän zeigte sich


Gelegenheit zu bieten, französisch und europäische Manieren zu lernen. Er
sagte mir von fünftausend Piaster (dreihundert Thaler) jährlich, wenn ich mich
recht erinnere.


Von Rustschuck nach Silistria.

Es war an einem heißen Sommermorgen, als oberstromwärts in der
Entfernung von einigen Stunden eine aufsteigende Dampfsäule die Ankunft
des LloydsteamerS verkündete. Die Diener der Reisegesellschaft eilten zu den
bereits in der Frühe gepackten Koffern und Kisten, um sie nach der Landungs¬
brücke zu schaffen, und als endlich daS Schiff dort anlegte, kostete es nur we¬
nige Minuten, um die Einschiffung zu bewerkstelligen.

Im Gegensatz zur Seefahrt hat das Hinunterschiffen auf einem mächtigen,
breiten und schnellflutenden Strome, wie die Donau ist, seine besondern An¬
nehmlichkeiten. Das Fahrzeug bedarf kaum der Dalnpfkraft, um beflügelt dahin
zu rauschen. Rechts und links liegen Ufer oft dicht unter den Augen, bald
läuft das Boot zwischen Inseln dahin, die mit einer reichen Baumvegetation
bedeckt sind, bald am bulgarischen Hochufer entlang, in dem Bereich des weiten
Schlagschattens, den die zum Rand herantretenden Felsen und Waldsäume
über die Wasserfläche hinwerfen, bald dicht neben den Wachtposten her, mit
denen das flache walachische Gestade besetzt ist. Man erkennt die Schildwachen,'
steht, wie sie vor den östreichischen Farben das Gewehr Präsentiren, zählt die
Kühe, die in kleinen Truppen weidend am User ziehen und wirft den baden¬
den Walachenknaben ein großes Kupferstück zu, nach dem sie emsig tauchen,
wenn sie das Boot bereits längst hinter sich gelassen hat.

Der Donaudampftr, der mich und die gesammte Reisegesellschaft nebst
vielen anderen nicht zu unsrem Kreise gehörigen Personen trug, war die
„Stadt Pesth". Es sind dies alle mächtige Fahrzeuge, von großer Länge und
einer respectablen Breite. Der bei weitem größere Theil des untern Raumes
ist von dem Waarenverdeck und der Maschine eingenommen. Im Hinterschiff
liegt die Kajüte und darüber ein Salon, der die Stelle des Halbdecks ein¬
nimmt und über dem wiederum sich eine offene, von einem Sonnenzeit über¬
spannte Galerie befindet. Hier auf einer der umlaufenden Bänke war es, wo
ich mich niedersetzte, um von dieser Höhe hernieder einen möglichst freien Blick
auf die Ufer werfen zu können, an denen wir vorüberbrausten. Die beiden
Steuerleute, welche das Rad handhabten, von de'in die Direction des Fahr¬
zeugs ausging, standen im äußersten Hintertheil auf einer Erhöhung, welche
die Galerie noch überragte. Es waren Slawonier, rüstige und gewandte Ge¬
stalten, mit feurigen, sprühenden Blicken und ganz der sorgenvollen Beschäfti¬
gung hingegeben, welche sie ans die Dauer von zwei Stunden, nach deren
Verlauf die Ablösung eintrat, übernommen hatten. Der Capitän zeigte sich


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[0270] Gelegenheit zu bieten, französisch und europäische Manieren zu lernen. Er sagte mir von fünftausend Piaster (dreihundert Thaler) jährlich, wenn ich mich recht erinnere. Von Rustschuck nach Silistria. Es war an einem heißen Sommermorgen, als oberstromwärts in der Entfernung von einigen Stunden eine aufsteigende Dampfsäule die Ankunft des LloydsteamerS verkündete. Die Diener der Reisegesellschaft eilten zu den bereits in der Frühe gepackten Koffern und Kisten, um sie nach der Landungs¬ brücke zu schaffen, und als endlich daS Schiff dort anlegte, kostete es nur we¬ nige Minuten, um die Einschiffung zu bewerkstelligen. Im Gegensatz zur Seefahrt hat das Hinunterschiffen auf einem mächtigen, breiten und schnellflutenden Strome, wie die Donau ist, seine besondern An¬ nehmlichkeiten. Das Fahrzeug bedarf kaum der Dalnpfkraft, um beflügelt dahin zu rauschen. Rechts und links liegen Ufer oft dicht unter den Augen, bald läuft das Boot zwischen Inseln dahin, die mit einer reichen Baumvegetation bedeckt sind, bald am bulgarischen Hochufer entlang, in dem Bereich des weiten Schlagschattens, den die zum Rand herantretenden Felsen und Waldsäume über die Wasserfläche hinwerfen, bald dicht neben den Wachtposten her, mit denen das flache walachische Gestade besetzt ist. Man erkennt die Schildwachen,' steht, wie sie vor den östreichischen Farben das Gewehr Präsentiren, zählt die Kühe, die in kleinen Truppen weidend am User ziehen und wirft den baden¬ den Walachenknaben ein großes Kupferstück zu, nach dem sie emsig tauchen, wenn sie das Boot bereits längst hinter sich gelassen hat. Der Donaudampftr, der mich und die gesammte Reisegesellschaft nebst vielen anderen nicht zu unsrem Kreise gehörigen Personen trug, war die „Stadt Pesth". Es sind dies alle mächtige Fahrzeuge, von großer Länge und einer respectablen Breite. Der bei weitem größere Theil des untern Raumes ist von dem Waarenverdeck und der Maschine eingenommen. Im Hinterschiff liegt die Kajüte und darüber ein Salon, der die Stelle des Halbdecks ein¬ nimmt und über dem wiederum sich eine offene, von einem Sonnenzeit über¬ spannte Galerie befindet. Hier auf einer der umlaufenden Bänke war es, wo ich mich niedersetzte, um von dieser Höhe hernieder einen möglichst freien Blick auf die Ufer werfen zu können, an denen wir vorüberbrausten. Die beiden Steuerleute, welche das Rad handhabten, von de'in die Direction des Fahr¬ zeugs ausging, standen im äußersten Hintertheil auf einer Erhöhung, welche die Galerie noch überragte. Es waren Slawonier, rüstige und gewandte Ge¬ stalten, mit feurigen, sprühenden Blicken und ganz der sorgenvollen Beschäfti¬ gung hingegeben, welche sie ans die Dauer von zwei Stunden, nach deren Verlauf die Ablösung eintrat, übernommen hatten. Der Capitän zeigte sich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 13, 1854, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341578_281149/270>, abgerufen am 09.11.2024.