Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.stündlich daran erinnern. Die Kosten -- sie betrugen, außer der großen Ein- stündlich daran erinnern. Die Kosten — sie betrugen, außer der großen Ein- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0064" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96769"/> <p xml:id="ID_146" prev="#ID_145" next="#ID_147"> stündlich daran erinnern. Die Kosten — sie betrugen, außer der großen Ein-<lb/> quartiruugslast, gegen 40 Millionen Thaler Pr. — wurden im allgemeinen nie<lb/> empfunden. Unmittelbar nach Beendigung des Kriegs war oft die Aeußerung<lb/> hörbar: erst oben in den Beutel haben wir hineingegriffen! In Holstein gibt es<lb/> nicht eine einzige Gemeinde, die nicht, obgleich die Staatsregierung die zur<lb/> Deckung der Kriegskosten uegociirten Anleihen cassirt hat, ihren Gläubigern mit<lb/> Zins und Capitalabtrag nach wie vor gerecht würde. In Schleswig ist dies<lb/> nicht möglich, weil von oben her den Gemeinden verboten worden, ihre Ver¬<lb/> pflichtungen zu erfüllen. Während aber der Städter und Landmannn das geistig<lb/> und körperlich gepreßte Land in starken Auswanderungen verläßt, da jedem Be¬<lb/> ginnen, jedem Aufschwung der dänische Fußtritt zerstörend sich entgegenstemmt,<lb/> sitzt der Adel schweigend ans seinen ausgedehnten, wohlbestellten Herrschaften am<lb/> Rande der Ostsee, voll Bitterkeit gegen den dänischen Usurpator und trauernd<lb/> über die Täuschung durch Deutschland. Nur einmal hat er sich erhoben in einem<lb/> Proteste gegen die rücksichtslose Aufhebung verbriefter Rechte; erfolglos! Die<lb/> Ritterschaft hätte sich dies vorhersagen können, denn schon -1831 ward vergeblich<lb/> gegen die verfassungswidrige Ausschreibung eiuer neuen Grundsteuer zum Belaufe<lb/> von 1,200,000 Thlr. Verwahrung eingelegt. In Dänemark gilt schon lange<lb/> nicht mehr das Motto: „Die Worte des Fürsten sind und müssen gleich sein<lb/> einem Eckstein, auf deu unerschütterliche Wahrheit gebaut wird und der ewig un¬<lb/> beweglich bleiben muß", und die Landesprivilegien: „Wir, unsere Erben und<lb/> Nachkommen sollen und wolle» auch keine Schätzung oder Bete legen ans die<lb/> Einwohner dieser Lande, ohne freundliche Einwilligung und Zulassung, einträchtige<lb/> Zustimmung aller Räthe und Mannschaft dieser Lande, geistlicher und weltlicher",<lb/> sind zwar auch vom regierenden Könige Friedrich VII. bestätigt, aber nie be¬<lb/> achtet. — Die Stadt Flensburg ist durch die Ueberschwemmung mit dänischen<lb/> Commanditen fast geknickt im eigenen Handel; ihre zahlreichen Westindienfahrer<lb/> liegen, von der Sonnenglut verbrannt, geschäftslos im Hafen. In der alten<lb/> Residenzstadt Schleswig herrscht die größte Nahrungslosigkeit und Stille; uur die<lb/> dänische Festfeier der Schlacht bei Jdstedt unterbricht die Einförmigkeit; aber nicht<lb/> ein Gassenjunge folgt dem rauschenden Zuge der Militärmusik und alle Fenster<lb/> bleiben verschlossen. — Deu Dänen beschleicht ein unheimliches Gefühl in dem<lb/> deutschen Lande; es werden Versuche gemacht, die „Hartnäckigen, Verstockten"<lb/> durch Feste, Bälle auf dänischen Kriegsschiffen und in ähnlicher Weise zu ge¬<lb/> winnen; nur spärlich erscheinen die Gäste, Beamte, abhängig von dem Winke der<lb/> Gewalthaber. In Kiel tanzt der Deutsche diesseits, der Däne mit seiner Familie<lb/> jenseits des Hafens. Die Fruchtlosigkeit der Verlockung hält den König ab, seine<lb/> Herzogthümer zu besuchen; man fürchtet die Oede, das Verlassene des königl.<lb/> Zuges. Der Kaiser von Oestreich kaun Ungarn durchziehen — wenn dies Land<lb/> neben Schleswig-Holstein genannt werden darf — der König von Dänemark</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0064]
stündlich daran erinnern. Die Kosten — sie betrugen, außer der großen Ein-
quartiruugslast, gegen 40 Millionen Thaler Pr. — wurden im allgemeinen nie
empfunden. Unmittelbar nach Beendigung des Kriegs war oft die Aeußerung
hörbar: erst oben in den Beutel haben wir hineingegriffen! In Holstein gibt es
nicht eine einzige Gemeinde, die nicht, obgleich die Staatsregierung die zur
Deckung der Kriegskosten uegociirten Anleihen cassirt hat, ihren Gläubigern mit
Zins und Capitalabtrag nach wie vor gerecht würde. In Schleswig ist dies
nicht möglich, weil von oben her den Gemeinden verboten worden, ihre Ver¬
pflichtungen zu erfüllen. Während aber der Städter und Landmannn das geistig
und körperlich gepreßte Land in starken Auswanderungen verläßt, da jedem Be¬
ginnen, jedem Aufschwung der dänische Fußtritt zerstörend sich entgegenstemmt,
sitzt der Adel schweigend ans seinen ausgedehnten, wohlbestellten Herrschaften am
Rande der Ostsee, voll Bitterkeit gegen den dänischen Usurpator und trauernd
über die Täuschung durch Deutschland. Nur einmal hat er sich erhoben in einem
Proteste gegen die rücksichtslose Aufhebung verbriefter Rechte; erfolglos! Die
Ritterschaft hätte sich dies vorhersagen können, denn schon -1831 ward vergeblich
gegen die verfassungswidrige Ausschreibung eiuer neuen Grundsteuer zum Belaufe
von 1,200,000 Thlr. Verwahrung eingelegt. In Dänemark gilt schon lange
nicht mehr das Motto: „Die Worte des Fürsten sind und müssen gleich sein
einem Eckstein, auf deu unerschütterliche Wahrheit gebaut wird und der ewig un¬
beweglich bleiben muß", und die Landesprivilegien: „Wir, unsere Erben und
Nachkommen sollen und wolle» auch keine Schätzung oder Bete legen ans die
Einwohner dieser Lande, ohne freundliche Einwilligung und Zulassung, einträchtige
Zustimmung aller Räthe und Mannschaft dieser Lande, geistlicher und weltlicher",
sind zwar auch vom regierenden Könige Friedrich VII. bestätigt, aber nie be¬
achtet. — Die Stadt Flensburg ist durch die Ueberschwemmung mit dänischen
Commanditen fast geknickt im eigenen Handel; ihre zahlreichen Westindienfahrer
liegen, von der Sonnenglut verbrannt, geschäftslos im Hafen. In der alten
Residenzstadt Schleswig herrscht die größte Nahrungslosigkeit und Stille; uur die
dänische Festfeier der Schlacht bei Jdstedt unterbricht die Einförmigkeit; aber nicht
ein Gassenjunge folgt dem rauschenden Zuge der Militärmusik und alle Fenster
bleiben verschlossen. — Deu Dänen beschleicht ein unheimliches Gefühl in dem
deutschen Lande; es werden Versuche gemacht, die „Hartnäckigen, Verstockten"
durch Feste, Bälle auf dänischen Kriegsschiffen und in ähnlicher Weise zu ge¬
winnen; nur spärlich erscheinen die Gäste, Beamte, abhängig von dem Winke der
Gewalthaber. In Kiel tanzt der Deutsche diesseits, der Däne mit seiner Familie
jenseits des Hafens. Die Fruchtlosigkeit der Verlockung hält den König ab, seine
Herzogthümer zu besuchen; man fürchtet die Oede, das Verlassene des königl.
Zuges. Der Kaiser von Oestreich kaun Ungarn durchziehen — wenn dies Land
neben Schleswig-Holstein genannt werden darf — der König von Dänemark
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