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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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richtet gewesen zu sein. Denn aus den Kampfberichten geht hervor, daß die
ganze bulgarische Uferstrecke der Donau von Widdin bis Hirsowa in der That
keineswegs mehr so schutzlos ist, wie sie durch den letzten russisch-türkischen Krieg
und Friedensschluß gemacht worden war. Nachdem die Russen nicht, wie früher
erwartet worden war, die Donau überschritten hatten, war damit für einen
türkischen offensiven Donaunbergang eine Anlehnung und Rückzugsstellung ge¬
sichert. Aber auch das Terrain ist jenseits der Donau nicht ungünstig. Der
Fluß hat von Widdin bis zum Ostrande der Walachei durchschnittlich eine Breite
vou 2/z bis Stunde. Von der Einströmung der Aluta (Nikopoli gegenüber
zugleich Grenzfluß zwischen der kleinen und großen Walachei), bis Hirsowa ziehen
sich Inselreihen ziemlich inmitten des Stromes, doch dem walachischen Ufer näher,
Sandbänken vergleichbar, mit Weidengestrüpp überwachsen. Westlich von Niko-
poli (also in der kleinen Walachei) ist aber der linke Ufersaum durch weitgedehnte
Sümpfe fast unnahbar; von Hirsowa bis zur Einmündung des Pruth ist er
durch Zerfaserungen des Flusses tief landeinwärts ganz unpracticabel. Auch diese
Inselreihen wurden verschanzt und so zu Vorwerken der moldauischen Ufervesten
gemacht, ohne daß den Russen vor Beginn des Kampfes die Möglichkeit gegeben
war, es zu hindern. Sie scheinen übrigens uicht einmal genau davon unterrichtet
gewesen zu sein und ihrerseits ans dem linken Donauufer derartige Vorkehrungen
unterlassen zu haben. , .

Allerdings bieten ihnen bei ihrer Ausstellung, die sich im ganzen an die
Südansläufer der siebenbürgischen Karpathen lehnt, die breiten, durchweichten,
sumpfigen Anlaute des Flusses ebenfalls den natürlichen Vortheil, daß sie gegen
UeberrumpelNngen durch große Heeresmassen gedeckt sind. Dagegen keineswegs
in dem Maße gegen Beschleichuugen und überhaupt gegen die Ossenstvvperationen
des sogenannten kleinen Kriegs, wie man es gewöhnlich darzustellen pflegt. Denn
die vom Gebirg wild herabgestürzten, fast unzähligen Flüsse und Flüßchen, welche
sämmtlich parallel und zwar in nordnordwestlicher Richtung auf die uur in leich¬
ter Krümmung westöstlich vorlanfende Donau stoßen, haben ihre Betten sehr tief
in. das Weichland eingeschnitten. Die westlichen Uferränder sind fast durchgängig
hoher, als die östlichen; und ist auch weiter gegen die Donau das walachische
Land unangebaut und harmlos, so doch grade für die Operationen des Plänklcr-
krieges insofern vortheilhaft, als unendlich zahlreiche Striche von Bnschweiden die
feuchteren, von Büschelchen die trockeneren Stellen besetzen. Eine im allgemeinen
von Südwesten gegen Nordosten vordringende Operation (und dies ist die tür¬
kische) hat sonach, trotz mancher Ungunst des Terrains, dennoch nicht geringe
Chancen für sich, und erst wenn dieselbe bis an die südlichen Ausläufer der
siebenbürgischen Karpathen vorgedrungen (also durchschnittlich in einer vierund-
zwanzig Stunden vom Nordufer der Donau verlaufenden Parallele), wird der.
Vortheil unbestritten auf Seite der Heeresmacht sein, welche die Walachei ver-


richtet gewesen zu sein. Denn aus den Kampfberichten geht hervor, daß die
ganze bulgarische Uferstrecke der Donau von Widdin bis Hirsowa in der That
keineswegs mehr so schutzlos ist, wie sie durch den letzten russisch-türkischen Krieg
und Friedensschluß gemacht worden war. Nachdem die Russen nicht, wie früher
erwartet worden war, die Donau überschritten hatten, war damit für einen
türkischen offensiven Donaunbergang eine Anlehnung und Rückzugsstellung ge¬
sichert. Aber auch das Terrain ist jenseits der Donau nicht ungünstig. Der
Fluß hat von Widdin bis zum Ostrande der Walachei durchschnittlich eine Breite
vou 2/z bis Stunde. Von der Einströmung der Aluta (Nikopoli gegenüber
zugleich Grenzfluß zwischen der kleinen und großen Walachei), bis Hirsowa ziehen
sich Inselreihen ziemlich inmitten des Stromes, doch dem walachischen Ufer näher,
Sandbänken vergleichbar, mit Weidengestrüpp überwachsen. Westlich von Niko-
poli (also in der kleinen Walachei) ist aber der linke Ufersaum durch weitgedehnte
Sümpfe fast unnahbar; von Hirsowa bis zur Einmündung des Pruth ist er
durch Zerfaserungen des Flusses tief landeinwärts ganz unpracticabel. Auch diese
Inselreihen wurden verschanzt und so zu Vorwerken der moldauischen Ufervesten
gemacht, ohne daß den Russen vor Beginn des Kampfes die Möglichkeit gegeben
war, es zu hindern. Sie scheinen übrigens uicht einmal genau davon unterrichtet
gewesen zu sein und ihrerseits ans dem linken Donauufer derartige Vorkehrungen
unterlassen zu haben. , .

Allerdings bieten ihnen bei ihrer Ausstellung, die sich im ganzen an die
Südansläufer der siebenbürgischen Karpathen lehnt, die breiten, durchweichten,
sumpfigen Anlaute des Flusses ebenfalls den natürlichen Vortheil, daß sie gegen
UeberrumpelNngen durch große Heeresmassen gedeckt sind. Dagegen keineswegs
in dem Maße gegen Beschleichuugen und überhaupt gegen die Ossenstvvperationen
des sogenannten kleinen Kriegs, wie man es gewöhnlich darzustellen pflegt. Denn
die vom Gebirg wild herabgestürzten, fast unzähligen Flüsse und Flüßchen, welche
sämmtlich parallel und zwar in nordnordwestlicher Richtung auf die uur in leich¬
ter Krümmung westöstlich vorlanfende Donau stoßen, haben ihre Betten sehr tief
in. das Weichland eingeschnitten. Die westlichen Uferränder sind fast durchgängig
hoher, als die östlichen; und ist auch weiter gegen die Donau das walachische
Land unangebaut und harmlos, so doch grade für die Operationen des Plänklcr-
krieges insofern vortheilhaft, als unendlich zahlreiche Striche von Bnschweiden die
feuchteren, von Büschelchen die trockeneren Stellen besetzen. Eine im allgemeinen
von Südwesten gegen Nordosten vordringende Operation (und dies ist die tür¬
kische) hat sonach, trotz mancher Ungunst des Terrains, dennoch nicht geringe
Chancen für sich, und erst wenn dieselbe bis an die südlichen Ausläufer der
siebenbürgischen Karpathen vorgedrungen (also durchschnittlich in einer vierund-
zwanzig Stunden vom Nordufer der Donau verlaufenden Parallele), wird der.
Vortheil unbestritten auf Seite der Heeresmacht sein, welche die Walachei ver-


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[0402] richtet gewesen zu sein. Denn aus den Kampfberichten geht hervor, daß die ganze bulgarische Uferstrecke der Donau von Widdin bis Hirsowa in der That keineswegs mehr so schutzlos ist, wie sie durch den letzten russisch-türkischen Krieg und Friedensschluß gemacht worden war. Nachdem die Russen nicht, wie früher erwartet worden war, die Donau überschritten hatten, war damit für einen türkischen offensiven Donaunbergang eine Anlehnung und Rückzugsstellung ge¬ sichert. Aber auch das Terrain ist jenseits der Donau nicht ungünstig. Der Fluß hat von Widdin bis zum Ostrande der Walachei durchschnittlich eine Breite vou 2/z bis Stunde. Von der Einströmung der Aluta (Nikopoli gegenüber zugleich Grenzfluß zwischen der kleinen und großen Walachei), bis Hirsowa ziehen sich Inselreihen ziemlich inmitten des Stromes, doch dem walachischen Ufer näher, Sandbänken vergleichbar, mit Weidengestrüpp überwachsen. Westlich von Niko- poli (also in der kleinen Walachei) ist aber der linke Ufersaum durch weitgedehnte Sümpfe fast unnahbar; von Hirsowa bis zur Einmündung des Pruth ist er durch Zerfaserungen des Flusses tief landeinwärts ganz unpracticabel. Auch diese Inselreihen wurden verschanzt und so zu Vorwerken der moldauischen Ufervesten gemacht, ohne daß den Russen vor Beginn des Kampfes die Möglichkeit gegeben war, es zu hindern. Sie scheinen übrigens uicht einmal genau davon unterrichtet gewesen zu sein und ihrerseits ans dem linken Donauufer derartige Vorkehrungen unterlassen zu haben. , . Allerdings bieten ihnen bei ihrer Ausstellung, die sich im ganzen an die Südansläufer der siebenbürgischen Karpathen lehnt, die breiten, durchweichten, sumpfigen Anlaute des Flusses ebenfalls den natürlichen Vortheil, daß sie gegen UeberrumpelNngen durch große Heeresmassen gedeckt sind. Dagegen keineswegs in dem Maße gegen Beschleichuugen und überhaupt gegen die Ossenstvvperationen des sogenannten kleinen Kriegs, wie man es gewöhnlich darzustellen pflegt. Denn die vom Gebirg wild herabgestürzten, fast unzähligen Flüsse und Flüßchen, welche sämmtlich parallel und zwar in nordnordwestlicher Richtung auf die uur in leich¬ ter Krümmung westöstlich vorlanfende Donau stoßen, haben ihre Betten sehr tief in. das Weichland eingeschnitten. Die westlichen Uferränder sind fast durchgängig hoher, als die östlichen; und ist auch weiter gegen die Donau das walachische Land unangebaut und harmlos, so doch grade für die Operationen des Plänklcr- krieges insofern vortheilhaft, als unendlich zahlreiche Striche von Bnschweiden die feuchteren, von Büschelchen die trockeneren Stellen besetzen. Eine im allgemeinen von Südwesten gegen Nordosten vordringende Operation (und dies ist die tür¬ kische) hat sonach, trotz mancher Ungunst des Terrains, dennoch nicht geringe Chancen für sich, und erst wenn dieselbe bis an die südlichen Ausläufer der siebenbürgischen Karpathen vorgedrungen (also durchschnittlich in einer vierund- zwanzig Stunden vom Nordufer der Donau verlaufenden Parallele), wird der. Vortheil unbestritten auf Seite der Heeresmacht sein, welche die Walachei ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/402>, abgerufen am 06.02.2025.