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Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

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Foussü'r, dessen Aufführung ich Ihnen angezeigt, verdient nickt, daß ein Wort
darüber verloren werde; es hat verdientes Fiasco gemacht. Dafür spricht ganz
Paris mir von dem ungeheuern Erfolge der vilwo ö<z I^>8 (Ik come aux izerlos)
von Alexander Dumas Sohn. Das Gymuas ist nnn für den ganzen Winter ver¬
sorgt -- ich habe es uoch uicht gesehen und muß daher meinen Bericht bis zur
nächsten Woche verschieben.




Die Ereignisse des türkischen Krieges bis zum
Zt. November.

Nachdem das türkische Kriegsmanifest erklungen war, machte die Diplomatie
der vermittelnden Mächte einen letzten Versuch, den ausbrechenden Brand im
Keime zu ersticken. Sie bewog de" Divan zum Erlaß eines Befehls an den
Oberfeldherrn auf dem europäischen Kampfplätze, den Beginn der Feindseligkeiten
vierzehn Tage, vom Erlaß der Kriegserklärung gerechnet, hinauszuschieben.
Trotzdem wurde am .^October das russische Gesandtschaftshotel zu Konstantinopel
geschlossen und am ^i^^ die Kanzlei entfernt, nachdem vorher die russischen
Unterthanen im türkischen Reiche unter östreichischen Schutz, die russischen Schiffe
unter östreichische Flagge gestellt worden waren.

Trotz jenes Wassenstillstandsbefehls an den türkischen Oberfeldherrn segelten
auch am ^ October Abtheilungen der vereinigten französisch-englischen Flotte
(je 2 Linienschiffe mit den dazu gehörige" kleinere" Fahrzeugen) aus der Bestkabai
durch die Dardanellen. Da aber ihr Aushängschild, "zum Schutze der Haupt¬
stadt" von dem Divan selber mißtrauisch angesehen werden mochte, ward ihnen
das Ankerwerscn unmittelbar vor Konstantinopel nicht gestattet; vielmehr mußten
sie sich an verschiedene Plätze des Marmvrmeeres vertheile".

Der erste auffallende Zusammenstoß erfolgte bei Jsaktscha (z-ZOct.), unmittel¬
bar oberhalb der Spaltung der Donau in ihre zerfaserte" Mu"d"ngen. Auch
wird der Vorfall vo" beiden kriegführende" Theilen als "Mißverständniß" bezeichnet.
Zwei Dampfer der russischen Dvnanflvtille, mit je i> Kanonenboote" im Schlepptau,
versuchten stromaufwärts an dem von den Türken befestigten Jsaktscha vorüber,
Munition nach der Walachei zu führen. Beordert, die Fahrt bei Nacht zu
machen, schien der Commandeur (Wherkapowski) die Türken brüskircu zu wollen,
näherte sich Vormittags 9 Uhr dem Fort, wurde mit Geschützfeuer empfangen,
büßte selbst nebst 12 Seeleuten mit dem Leben, erzwang jedoch allerdings die
Durchfahrt. Mehre zerschossene Schiffe mußten in Reni (an der Einmündung des
Pruth in die Donau) bleiben, die andern erreichten Galatz. Das Dorf Jsaktscha ging
in Flammen ans; der türkische Commandant des Forts soll vom türkischen Ober-


Foussü'r, dessen Aufführung ich Ihnen angezeigt, verdient nickt, daß ein Wort
darüber verloren werde; es hat verdientes Fiasco gemacht. Dafür spricht ganz
Paris mir von dem ungeheuern Erfolge der vilwo ö<z I^>8 (Ik come aux izerlos)
von Alexander Dumas Sohn. Das Gymuas ist nnn für den ganzen Winter ver¬
sorgt — ich habe es uoch uicht gesehen und muß daher meinen Bericht bis zur
nächsten Woche verschieben.




Die Ereignisse des türkischen Krieges bis zum
Zt. November.

Nachdem das türkische Kriegsmanifest erklungen war, machte die Diplomatie
der vermittelnden Mächte einen letzten Versuch, den ausbrechenden Brand im
Keime zu ersticken. Sie bewog de» Divan zum Erlaß eines Befehls an den
Oberfeldherrn auf dem europäischen Kampfplätze, den Beginn der Feindseligkeiten
vierzehn Tage, vom Erlaß der Kriegserklärung gerechnet, hinauszuschieben.
Trotzdem wurde am .^October das russische Gesandtschaftshotel zu Konstantinopel
geschlossen und am ^i^^ die Kanzlei entfernt, nachdem vorher die russischen
Unterthanen im türkischen Reiche unter östreichischen Schutz, die russischen Schiffe
unter östreichische Flagge gestellt worden waren.

Trotz jenes Wassenstillstandsbefehls an den türkischen Oberfeldherrn segelten
auch am ^ October Abtheilungen der vereinigten französisch-englischen Flotte
(je 2 Linienschiffe mit den dazu gehörige» kleinere» Fahrzeugen) aus der Bestkabai
durch die Dardanellen. Da aber ihr Aushängschild, „zum Schutze der Haupt¬
stadt" von dem Divan selber mißtrauisch angesehen werden mochte, ward ihnen
das Ankerwerscn unmittelbar vor Konstantinopel nicht gestattet; vielmehr mußten
sie sich an verschiedene Plätze des Marmvrmeeres vertheile».

Der erste auffallende Zusammenstoß erfolgte bei Jsaktscha (z-ZOct.), unmittel¬
bar oberhalb der Spaltung der Donau in ihre zerfaserte» Mu»d»ngen. Auch
wird der Vorfall vo» beiden kriegführende» Theilen als „Mißverständniß" bezeichnet.
Zwei Dampfer der russischen Dvnanflvtille, mit je i> Kanonenboote» im Schlepptau,
versuchten stromaufwärts an dem von den Türken befestigten Jsaktscha vorüber,
Munition nach der Walachei zu führen. Beordert, die Fahrt bei Nacht zu
machen, schien der Commandeur (Wherkapowski) die Türken brüskircu zu wollen,
näherte sich Vormittags 9 Uhr dem Fort, wurde mit Geschützfeuer empfangen,
büßte selbst nebst 12 Seeleuten mit dem Leben, erzwang jedoch allerdings die
Durchfahrt. Mehre zerschossene Schiffe mußten in Reni (an der Einmündung des
Pruth in die Donau) bleiben, die andern erreichten Galatz. Das Dorf Jsaktscha ging
in Flammen ans; der türkische Commandant des Forts soll vom türkischen Ober-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/398>, abgerufen am 05.02.2025.