Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.gesammte muselmännische Bevölkerung gegen den gemeinsamen Feind des Reiches Am 1. September begänne" die Unterhandlungen. Die Ankunft des preu¬ Der Kaiser von Nußland zeigte sich mit, Rücksicht auf das feierliche Ver¬ Aber auch die Donau selbst bildete nicht mehr das frühere starke Bollwerk gesammte muselmännische Bevölkerung gegen den gemeinsamen Feind des Reiches Am 1. September begänne» die Unterhandlungen. Die Ankunft des preu¬ Der Kaiser von Nußland zeigte sich mit, Rücksicht auf das feierliche Ver¬ Aber auch die Donau selbst bildete nicht mehr das frühere starke Bollwerk <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0384" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97089"/> <p xml:id="ID_1172" prev="#ID_1171"> gesammte muselmännische Bevölkerung gegen den gemeinsamen Feind des Reiches<lb/> und des Glaubens sich zusammenscharen, daß Konstantinopel mit seiner starken<lb/> militärischen Lage, mit den 16,000 Manu, die in dem verschanzten Lager von<lb/> Ramis Tschiftlik, mit ebensoviel Truppen, die in den Schlössern und Batterien<lb/> am Bosporus standen, dem Feinde den erfolgreichsten Widerstand leisten, daß<lb/> endlich die europäische» Großmächte unmöglich die Vernichtung des osmanischen<lb/> Reiches dnrch die Russen zugeben würden; das bedachten sie nicht. Dazu kam<lb/> die Thätigkeit der europäische» Diplomaten in Konstantinopel, die ganz andere<lb/> als rein türkische Interessen berücksichtigten. Ihnen lag daran, einen Krieg beendigt<lb/> zu sehen, der nun schon zwei Jahre lang den allgemeinen Frieden bedrohte.<lb/> Namentlich wünschte Preußen dem ihm befrenndeten, seinem Könige verwandten<lb/> russischen Kaiser einen ehrenvollen Frieden zu sichern und der preußische Abge¬<lb/> sandte General Müffling übte auf die Entschließungen der Psorte den wichtigsten<lb/> Einfluß.</p><lb/> <p xml:id="ID_1173"> Am 1. September begänne» die Unterhandlungen. Die Ankunft des preu¬<lb/> ßischen Gesandten vou Boyer in Adrianopel beseitigte alle Schwierigkeiten, welche<lb/> den Abschluß derselben verzögerten nud am 14. September 1829 wurde der<lb/> Friede unterzeichnet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1174"> Der Kaiser von Nußland zeigte sich mit, Rücksicht auf das feierliche Ver¬<lb/> sprechen, welches er zu Anfang des Krieges den Mächten gegeben, daß Gebiets-<lb/> vergrößcrung und neuer Laudesermerb nicht der Zweck des Krieges sei, sehr<lb/> mäßig in seinen Ansprüchen, soweit sie das Grundgebiet betrafen. Er gab der<lb/> Pforte alle Städte, Häfen, feste Plätze und Landstriche wieder heraus, welche<lb/> seiue Heere in Rumelien und Bulgarien von der Donau bis zum Hellespont inne¬<lb/> halten. Pruth und Donau bildeten nach wie vor die europäische Grenze zwischen<lb/> Rußland und der Türkei. Allein Serbien, die Walachei und die Moldau traten<lb/> doch, wenn sie auch unter türkischer Herrschaft blieben, zugleich uuter russischen<lb/> Schutz. Die sechs den Serben entrissenen Bezirke mußten die Türken zurück¬<lb/> geben und mit Ausnahme der Festungen Belgrad und Neu-Orsowa das ganze<lb/> linke Douauufer räume». Die festen Plätze, welche sie noch daselbst innehalten,<lb/> namentlich Turiw, Katch, Giurgewv und insbesondere Ibrail oder Brailow wur¬<lb/> den geschleift.</p><lb/> <p xml:id="ID_1175" next="#ID_1176"> Aber auch die Donau selbst bildete nicht mehr das frühere starke Bollwerk<lb/> der Türkei gegen Nußland. Die Nüssen hatten ans dem rechten Donauuftr<lb/> Tuldscha, Jsaktschi und Madschiu geschleift. Hirsowa blieb zwar stehen, ist aber<lb/> vom wallachischen Ufer leicht zu nehmen und bildet einen vortrefflichen Brücken¬<lb/> kopf gegen das türkische Ufer. Der Thalweg der Donau und zwar der süd¬<lb/> lichste Arm desselben, Kedrilleh-BoghaS, bildete fortan die Grenze so, daß alle<lb/> Donauinseln den Nüssen gehören. Sie erhielten zwar mir das Recht, auf diesen<lb/> Inseln Quarantaineposten aufzustellen, aber diese Posten können sehr leicht in</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0384]
gesammte muselmännische Bevölkerung gegen den gemeinsamen Feind des Reiches
und des Glaubens sich zusammenscharen, daß Konstantinopel mit seiner starken
militärischen Lage, mit den 16,000 Manu, die in dem verschanzten Lager von
Ramis Tschiftlik, mit ebensoviel Truppen, die in den Schlössern und Batterien
am Bosporus standen, dem Feinde den erfolgreichsten Widerstand leisten, daß
endlich die europäische» Großmächte unmöglich die Vernichtung des osmanischen
Reiches dnrch die Russen zugeben würden; das bedachten sie nicht. Dazu kam
die Thätigkeit der europäische» Diplomaten in Konstantinopel, die ganz andere
als rein türkische Interessen berücksichtigten. Ihnen lag daran, einen Krieg beendigt
zu sehen, der nun schon zwei Jahre lang den allgemeinen Frieden bedrohte.
Namentlich wünschte Preußen dem ihm befrenndeten, seinem Könige verwandten
russischen Kaiser einen ehrenvollen Frieden zu sichern und der preußische Abge¬
sandte General Müffling übte auf die Entschließungen der Psorte den wichtigsten
Einfluß.
Am 1. September begänne» die Unterhandlungen. Die Ankunft des preu¬
ßischen Gesandten vou Boyer in Adrianopel beseitigte alle Schwierigkeiten, welche
den Abschluß derselben verzögerten nud am 14. September 1829 wurde der
Friede unterzeichnet.
Der Kaiser von Nußland zeigte sich mit, Rücksicht auf das feierliche Ver¬
sprechen, welches er zu Anfang des Krieges den Mächten gegeben, daß Gebiets-
vergrößcrung und neuer Laudesermerb nicht der Zweck des Krieges sei, sehr
mäßig in seinen Ansprüchen, soweit sie das Grundgebiet betrafen. Er gab der
Pforte alle Städte, Häfen, feste Plätze und Landstriche wieder heraus, welche
seiue Heere in Rumelien und Bulgarien von der Donau bis zum Hellespont inne¬
halten. Pruth und Donau bildeten nach wie vor die europäische Grenze zwischen
Rußland und der Türkei. Allein Serbien, die Walachei und die Moldau traten
doch, wenn sie auch unter türkischer Herrschaft blieben, zugleich uuter russischen
Schutz. Die sechs den Serben entrissenen Bezirke mußten die Türken zurück¬
geben und mit Ausnahme der Festungen Belgrad und Neu-Orsowa das ganze
linke Douauufer räume». Die festen Plätze, welche sie noch daselbst innehalten,
namentlich Turiw, Katch, Giurgewv und insbesondere Ibrail oder Brailow wur¬
den geschleift.
Aber auch die Donau selbst bildete nicht mehr das frühere starke Bollwerk
der Türkei gegen Nußland. Die Nüssen hatten ans dem rechten Donauuftr
Tuldscha, Jsaktschi und Madschiu geschleift. Hirsowa blieb zwar stehen, ist aber
vom wallachischen Ufer leicht zu nehmen und bildet einen vortrefflichen Brücken¬
kopf gegen das türkische Ufer. Der Thalweg der Donau und zwar der süd¬
lichste Arm desselben, Kedrilleh-BoghaS, bildete fortan die Grenze so, daß alle
Donauinseln den Nüssen gehören. Sie erhielten zwar mir das Recht, auf diesen
Inseln Quarantaineposten aufzustellen, aber diese Posten können sehr leicht in
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