Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.nicht selten en xros zu arbeiten und beim Fehlschlagen seiner Thätigkeit öffnet Von wesentlichen Folgen für die Ueberfüllung der Gefängnisse waren in Auch die wachsende Vereinzelung menschlicher Wohnungen hat ans die Ver- Mit dieser Umgestaltung der socialen Verhältnisse ging eine angemessene Um¬ Durch die Bestrafung des vierten Diebstahls mit lebenslänglicher Zuchthaus¬ 37"
nicht selten en xros zu arbeiten und beim Fehlschlagen seiner Thätigkeit öffnet Von wesentlichen Folgen für die Ueberfüllung der Gefängnisse waren in Auch die wachsende Vereinzelung menschlicher Wohnungen hat ans die Ver- Mit dieser Umgestaltung der socialen Verhältnisse ging eine angemessene Um¬ Durch die Bestrafung des vierten Diebstahls mit lebenslänglicher Zuchthaus¬ 37"
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0299" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/97004"/> <p xml:id="ID_887" prev="#ID_886"> nicht selten en xros zu arbeiten und beim Fehlschlagen seiner Thätigkeit öffnet<lb/> sich ihm die Zelle.</p><lb/> <p xml:id="ID_888"> Von wesentlichen Folgen für die Ueberfüllung der Gefängnisse waren in<lb/> Preußen jene weitgreifenden Maßregeln, welche die Anhaltspunkte für die<lb/> selbstständige Existenz der kleinen Leute zerstörten, so daß diese in saurem Kampfe<lb/> um das liebe Brot in Kollision mit dem Gesetze geriethen. Solche Maßregeln<lb/> waren die Gemeindethcilnng und Separation. Viele kleineLeute benutzten iudenStäd-<lb/> ten und ans dem Lande die gemeinsame Weide. Des Morgens trieb der Kuhhirt, der<lb/> Schäfer, der Ziegenhirt, der Gänse- und Schweinehirt ins Freie, in die Eichel- und<lb/> Bnchcnmast der Wälder trieb man das Borstenvieh. An das Gedeihen einer Znchtsan<lb/> mit ihren Ferkeln, an das Fettmachen eines Schweines, an das Aufziehen einer<lb/> Mandel Gänse knüpfte sich die Gegenwart und Zukunft eiuer Familie mit an, mit<lb/> der Aufhebung der gemeinsamen Weide wurde der früher aus der Viehzucht ge¬<lb/> zogene Nutzen beschränkt oder aufgehoben und die Folgen blieben nicht ans. In<lb/> Pommern ist uns eine kleine Stadt wohl bekannt, welche dem Gerichte von Jahr<lb/> zu Jahr lästiger wird, die Verwaltungsbehörden belästigt und die Umgegend im<lb/> Winter durch Betteln beunruhigt, der Ort zeigt diese traurige Physiognomie erst<lb/> seit dem Beginne der von uns angegebenen Veränderungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_889"> Auch die wachsende Vereinzelung menschlicher Wohnungen hat ans die Ver-<lb/> mehrung der Verbrechen eingewirkt, da ihre ungeschützte Lage von außen zu Ver¬<lb/> breche« anregte und ebenso ihre Bewohner bei der fehlenden Controle, ungestörter<lb/> gegen Entdeckungen, Felddiebstähle, Einbrüche ze. in der Nähe und Ferne auszu-<lb/> führen versuchte».</p><lb/> <p xml:id="ID_890"> Mit dieser Umgestaltung der socialen Verhältnisse ging eine angemessene Um¬<lb/> gestaltung der Polizei und Rechtspflege Hand in Hand, der strafende Arm wurde weit¬<lb/> greifender nud kräftiger. Früher vereinte» in den kleinen Städten und Dörfern die<lb/> Magistrate und Gutsherren die Polizei und Rechtspflege, viele Vergehen wurden<lb/> ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren bestraft, körperliche Züchtigungen vertraten die<lb/> Freiheitsstrafe, viele Verbrechen wurden nicht zur Abnrthcilung gebracht, da eine<lb/> patriarchalische Polizei in ihre» Leistungen mit der heutigen nicht gleichgestellt werden<lb/> kann. Die Nachbarstaaten lieferten keine entsprungenen Verbrecher aus und erst<lb/> durch besondere Verträge suchte mau diesem Uebelstande abzuhelfen, da man als<lb/> Vergeltung für diese Humanität die entsprungenen Verbrecher anderer Staaten<lb/> aufnahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_891" next="#ID_892"> Durch die Bestrafung des vierten Diebstahls mit lebenslänglicher Zuchthaus¬<lb/> strafe veränderte sich insbesondere das Niveau der ein und ausgehenden Ge¬<lb/> fangenen so sehr, daß ein höchst unbequemer Grundstock von Sträflingen sich bil¬<lb/> dete, welche auf viele Jahre die Räume in Beschlag nahmen. Für Diebe von<lb/> Profession läßt sich eine solche lebenslängliche Einkerkerung vertheidigen, für Per¬<lb/> sonen jedoch, welche zu diesen uicht gehören, ist die Strafe viel zu hart und der</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 37"</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0299]
nicht selten en xros zu arbeiten und beim Fehlschlagen seiner Thätigkeit öffnet
sich ihm die Zelle.
Von wesentlichen Folgen für die Ueberfüllung der Gefängnisse waren in
Preußen jene weitgreifenden Maßregeln, welche die Anhaltspunkte für die
selbstständige Existenz der kleinen Leute zerstörten, so daß diese in saurem Kampfe
um das liebe Brot in Kollision mit dem Gesetze geriethen. Solche Maßregeln
waren die Gemeindethcilnng und Separation. Viele kleineLeute benutzten iudenStäd-
ten und ans dem Lande die gemeinsame Weide. Des Morgens trieb der Kuhhirt, der
Schäfer, der Ziegenhirt, der Gänse- und Schweinehirt ins Freie, in die Eichel- und
Bnchcnmast der Wälder trieb man das Borstenvieh. An das Gedeihen einer Znchtsan
mit ihren Ferkeln, an das Fettmachen eines Schweines, an das Aufziehen einer
Mandel Gänse knüpfte sich die Gegenwart und Zukunft eiuer Familie mit an, mit
der Aufhebung der gemeinsamen Weide wurde der früher aus der Viehzucht ge¬
zogene Nutzen beschränkt oder aufgehoben und die Folgen blieben nicht ans. In
Pommern ist uns eine kleine Stadt wohl bekannt, welche dem Gerichte von Jahr
zu Jahr lästiger wird, die Verwaltungsbehörden belästigt und die Umgegend im
Winter durch Betteln beunruhigt, der Ort zeigt diese traurige Physiognomie erst
seit dem Beginne der von uns angegebenen Veränderungen.
Auch die wachsende Vereinzelung menschlicher Wohnungen hat ans die Ver-
mehrung der Verbrechen eingewirkt, da ihre ungeschützte Lage von außen zu Ver¬
breche« anregte und ebenso ihre Bewohner bei der fehlenden Controle, ungestörter
gegen Entdeckungen, Felddiebstähle, Einbrüche ze. in der Nähe und Ferne auszu-
führen versuchte».
Mit dieser Umgestaltung der socialen Verhältnisse ging eine angemessene Um¬
gestaltung der Polizei und Rechtspflege Hand in Hand, der strafende Arm wurde weit¬
greifender nud kräftiger. Früher vereinte» in den kleinen Städten und Dörfern die
Magistrate und Gutsherren die Polizei und Rechtspflege, viele Vergehen wurden
ohne ein ordentliches Gerichtsverfahren bestraft, körperliche Züchtigungen vertraten die
Freiheitsstrafe, viele Verbrechen wurden nicht zur Abnrthcilung gebracht, da eine
patriarchalische Polizei in ihre» Leistungen mit der heutigen nicht gleichgestellt werden
kann. Die Nachbarstaaten lieferten keine entsprungenen Verbrecher aus und erst
durch besondere Verträge suchte mau diesem Uebelstande abzuhelfen, da man als
Vergeltung für diese Humanität die entsprungenen Verbrecher anderer Staaten
aufnahm.
Durch die Bestrafung des vierten Diebstahls mit lebenslänglicher Zuchthaus¬
strafe veränderte sich insbesondere das Niveau der ein und ausgehenden Ge¬
fangenen so sehr, daß ein höchst unbequemer Grundstock von Sträflingen sich bil¬
dete, welche auf viele Jahre die Räume in Beschlag nahmen. Für Diebe von
Profession läßt sich eine solche lebenslängliche Einkerkerung vertheidigen, für Per¬
sonen jedoch, welche zu diesen uicht gehören, ist die Strafe viel zu hart und der
37"
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |