Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

hatte, und nach weiteren 11 Meilen meinen Pvnny, worauf ich Morgens in
meinem Zelte, bei einem Dorfe, Namens Somra, ankam. Hier traf ich mit
Capitän Dewar zusammen, und Nachmittags legten wir weitere 20 Meilen zurück,
zur Hälfte auf Ponnys, zur Hälfte auf einem Elephanten, welcher mir für diesen
Monat vom Maharaj Syajce sembla geliehen war. Unser Halt war ein Dat
Bungalow (Haus für Reisende), Namens Byrahi. Unterwegs hatte ich vom
Elephanten aus einige weite Schüsse nach Rehen gethan, genug, um dem Mahout
(Elephantentreiber, der auf dem Nacken, in Front meines Haudas, NeitstuhleS,
sitzt) Zutrauen zu geben, so daß er vor einem Tiger nicht davonlaufen möchte.
So weiter reisend, trafen wir am dritten Tage die ganze Jagdgesellschaft an: Lieu-
tenant Mac Andrew von Cawnpore, Herr Philipps von Jhansee, Resaldar Ageez
Khan, ein prächtiger Mensch. Nun fingen wir unsere Treibjagden an, Tag für
Tag, fanden aber lange gar nichts. Immer tiefer marschirten wir in die kleinen
Gebirge und Waldungen. Am 8. April schoß ich einen Sander (großer Hirsch);
am 9. verwundeten wir zwei Bären, ohne hiezu bekommen; am 11. Nachmittags
aber hatten wir interessante Jagd. Eine Tigerin war verwundet worden, sie ließ
vier Junge in der Höhle zurück; zwei davon wurden leider von einem Sepoy
erschossen, die beiden anderen aber -- einer mit abgeschossenen Schwänze --
gefangen; wir selbst gingen während dessen ans unseren Elephanten an dem mit
Gras und Büschen bedeckten Rande eines Abhangs der Tigerin nach. Zwei oder
dreimal wüthete sie dicht bei uns herum, und als sie ans Philipps Elephanten
lossprang, wurde sie nochmals von ihm verwundet nud verkroch sich baun unter die
Büsche. Während ich nun so der Tigerin nachsuchte, treibe ich einen großen
schwarzen Bären auf; der Bursch kommt auf mich los und hält 6 Schritt vor meinem
Elephanten hinter einem Busche; ich feure, und auf meine Kugel stürzt er auf
den Bauch und schreit und brüllt wahrhaft fürchterlich. Das gefiel meinem
Elephanten aber gar nicht; kaum hatte ich Zeit, "och einen Schuß zu thun, als
er wie toll über Stock und Stein, Hügel und Abgründe hinunter, davon lief.
Nichts konnte ihn zum Stehen bringen; vergebens brach ich ein Gewehr über
seinem Kopf; erst nach einer Meile ging er ruhiger, und nach vier Meilen erst
brachte ich ihn zum Stehen. Nachdem ich mich aus einer kleinen Quelle unter
einem Feigenbäume voller Früchte erfrischt hatte, ritt ich, bei Sonnenunter¬
gang, um nicht zu spät zu den andern zu kommen, in kürzester Direction zurück.
Dabei trug mich der Elephant über eine fast perpendiculare Felswand von wol
100 Fuß Höhe; es ist wunderbar, wie dieses kolossale Thier überall, wo ein
Mensch steigen oder gehen kann, mit seiner Last fortkommt; er unterstützt sich und
erforscht den Grund mit seinem Rüssel, kriecht, wo es zu steil ist, auf den
Hinterbeinen, bricht Bäume und Zweige danieder, wo sie im Wege sind und
überwindet sicherer alle Hindernisse des Bodens, als ein. Gebirgspferd. So kam
ich denn glücklich zu unserem Nachtquartier zurück, wo ich zu meinem Aerger


36*

hatte, und nach weiteren 11 Meilen meinen Pvnny, worauf ich Morgens in
meinem Zelte, bei einem Dorfe, Namens Somra, ankam. Hier traf ich mit
Capitän Dewar zusammen, und Nachmittags legten wir weitere 20 Meilen zurück,
zur Hälfte auf Ponnys, zur Hälfte auf einem Elephanten, welcher mir für diesen
Monat vom Maharaj Syajce sembla geliehen war. Unser Halt war ein Dat
Bungalow (Haus für Reisende), Namens Byrahi. Unterwegs hatte ich vom
Elephanten aus einige weite Schüsse nach Rehen gethan, genug, um dem Mahout
(Elephantentreiber, der auf dem Nacken, in Front meines Haudas, NeitstuhleS,
sitzt) Zutrauen zu geben, so daß er vor einem Tiger nicht davonlaufen möchte.
So weiter reisend, trafen wir am dritten Tage die ganze Jagdgesellschaft an: Lieu-
tenant Mac Andrew von Cawnpore, Herr Philipps von Jhansee, Resaldar Ageez
Khan, ein prächtiger Mensch. Nun fingen wir unsere Treibjagden an, Tag für
Tag, fanden aber lange gar nichts. Immer tiefer marschirten wir in die kleinen
Gebirge und Waldungen. Am 8. April schoß ich einen Sander (großer Hirsch);
am 9. verwundeten wir zwei Bären, ohne hiezu bekommen; am 11. Nachmittags
aber hatten wir interessante Jagd. Eine Tigerin war verwundet worden, sie ließ
vier Junge in der Höhle zurück; zwei davon wurden leider von einem Sepoy
erschossen, die beiden anderen aber — einer mit abgeschossenen Schwänze —
gefangen; wir selbst gingen während dessen ans unseren Elephanten an dem mit
Gras und Büschen bedeckten Rande eines Abhangs der Tigerin nach. Zwei oder
dreimal wüthete sie dicht bei uns herum, und als sie ans Philipps Elephanten
lossprang, wurde sie nochmals von ihm verwundet nud verkroch sich baun unter die
Büsche. Während ich nun so der Tigerin nachsuchte, treibe ich einen großen
schwarzen Bären auf; der Bursch kommt auf mich los und hält 6 Schritt vor meinem
Elephanten hinter einem Busche; ich feure, und auf meine Kugel stürzt er auf
den Bauch und schreit und brüllt wahrhaft fürchterlich. Das gefiel meinem
Elephanten aber gar nicht; kaum hatte ich Zeit, »och einen Schuß zu thun, als
er wie toll über Stock und Stein, Hügel und Abgründe hinunter, davon lief.
Nichts konnte ihn zum Stehen bringen; vergebens brach ich ein Gewehr über
seinem Kopf; erst nach einer Meile ging er ruhiger, und nach vier Meilen erst
brachte ich ihn zum Stehen. Nachdem ich mich aus einer kleinen Quelle unter
einem Feigenbäume voller Früchte erfrischt hatte, ritt ich, bei Sonnenunter¬
gang, um nicht zu spät zu den andern zu kommen, in kürzester Direction zurück.
Dabei trug mich der Elephant über eine fast perpendiculare Felswand von wol
100 Fuß Höhe; es ist wunderbar, wie dieses kolossale Thier überall, wo ein
Mensch steigen oder gehen kann, mit seiner Last fortkommt; er unterstützt sich und
erforscht den Grund mit seinem Rüssel, kriecht, wo es zu steil ist, auf den
Hinterbeinen, bricht Bäume und Zweige danieder, wo sie im Wege sind und
überwindet sicherer alle Hindernisse des Bodens, als ein. Gebirgspferd. So kam
ich denn glücklich zu unserem Nachtquartier zurück, wo ich zu meinem Aerger


36*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0291" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/96996"/>
          <p xml:id="ID_865" prev="#ID_864" next="#ID_866"> hatte, und nach weiteren 11 Meilen meinen Pvnny, worauf ich Morgens in<lb/>
meinem Zelte, bei einem Dorfe, Namens Somra, ankam. Hier traf ich mit<lb/>
Capitän Dewar zusammen, und Nachmittags legten wir weitere 20 Meilen zurück,<lb/>
zur Hälfte auf Ponnys, zur Hälfte auf einem Elephanten, welcher mir für diesen<lb/>
Monat vom Maharaj Syajce sembla geliehen war. Unser Halt war ein Dat<lb/>
Bungalow (Haus für Reisende), Namens Byrahi. Unterwegs hatte ich vom<lb/>
Elephanten aus einige weite Schüsse nach Rehen gethan, genug, um dem Mahout<lb/>
(Elephantentreiber, der auf dem Nacken, in Front meines Haudas, NeitstuhleS,<lb/>
sitzt) Zutrauen zu geben, so daß er vor einem Tiger nicht davonlaufen möchte.<lb/>
So weiter reisend, trafen wir am dritten Tage die ganze Jagdgesellschaft an: Lieu-<lb/>
tenant Mac Andrew von Cawnpore, Herr Philipps von Jhansee, Resaldar Ageez<lb/>
Khan, ein prächtiger Mensch. Nun fingen wir unsere Treibjagden an, Tag für<lb/>
Tag, fanden aber lange gar nichts. Immer tiefer marschirten wir in die kleinen<lb/>
Gebirge und Waldungen. Am 8. April schoß ich einen Sander (großer Hirsch);<lb/>
am 9. verwundeten wir zwei Bären, ohne hiezu bekommen; am 11. Nachmittags<lb/>
aber hatten wir interessante Jagd. Eine Tigerin war verwundet worden, sie ließ<lb/>
vier Junge in der Höhle zurück; zwei davon wurden leider von einem Sepoy<lb/>
erschossen, die beiden anderen aber &#x2014; einer mit abgeschossenen Schwänze &#x2014;<lb/>
gefangen; wir selbst gingen während dessen ans unseren Elephanten an dem mit<lb/>
Gras und Büschen bedeckten Rande eines Abhangs der Tigerin nach. Zwei oder<lb/>
dreimal wüthete sie dicht bei uns herum, und als sie ans Philipps Elephanten<lb/>
lossprang, wurde sie nochmals von ihm verwundet nud verkroch sich baun unter die<lb/>
Büsche. Während ich nun so der Tigerin nachsuchte, treibe ich einen großen<lb/>
schwarzen Bären auf; der Bursch kommt auf mich los und hält 6 Schritt vor meinem<lb/>
Elephanten hinter einem Busche; ich feure, und auf meine Kugel stürzt er auf<lb/>
den Bauch und schreit und brüllt wahrhaft fürchterlich. Das gefiel meinem<lb/>
Elephanten aber gar nicht; kaum hatte ich Zeit, »och einen Schuß zu thun, als<lb/>
er wie toll über Stock und Stein, Hügel und Abgründe hinunter, davon lief.<lb/>
Nichts konnte ihn zum Stehen bringen; vergebens brach ich ein Gewehr über<lb/>
seinem Kopf; erst nach einer Meile ging er ruhiger, und nach vier Meilen erst<lb/>
brachte ich ihn zum Stehen. Nachdem ich mich aus einer kleinen Quelle unter<lb/>
einem Feigenbäume voller Früchte erfrischt hatte, ritt ich, bei Sonnenunter¬<lb/>
gang, um nicht zu spät zu den andern zu kommen, in kürzester Direction zurück.<lb/>
Dabei trug mich der Elephant über eine fast perpendiculare Felswand von wol<lb/>
100 Fuß Höhe; es ist wunderbar, wie dieses kolossale Thier überall, wo ein<lb/>
Mensch steigen oder gehen kann, mit seiner Last fortkommt; er unterstützt sich und<lb/>
erforscht den Grund mit seinem Rüssel, kriecht, wo es zu steil ist, auf den<lb/>
Hinterbeinen, bricht Bäume und Zweige danieder, wo sie im Wege sind und<lb/>
überwindet sicherer alle Hindernisse des Bodens, als ein. Gebirgspferd. So kam<lb/>
ich denn glücklich zu unserem Nachtquartier zurück, wo ich zu meinem Aerger</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 36*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0291] hatte, und nach weiteren 11 Meilen meinen Pvnny, worauf ich Morgens in meinem Zelte, bei einem Dorfe, Namens Somra, ankam. Hier traf ich mit Capitän Dewar zusammen, und Nachmittags legten wir weitere 20 Meilen zurück, zur Hälfte auf Ponnys, zur Hälfte auf einem Elephanten, welcher mir für diesen Monat vom Maharaj Syajce sembla geliehen war. Unser Halt war ein Dat Bungalow (Haus für Reisende), Namens Byrahi. Unterwegs hatte ich vom Elephanten aus einige weite Schüsse nach Rehen gethan, genug, um dem Mahout (Elephantentreiber, der auf dem Nacken, in Front meines Haudas, NeitstuhleS, sitzt) Zutrauen zu geben, so daß er vor einem Tiger nicht davonlaufen möchte. So weiter reisend, trafen wir am dritten Tage die ganze Jagdgesellschaft an: Lieu- tenant Mac Andrew von Cawnpore, Herr Philipps von Jhansee, Resaldar Ageez Khan, ein prächtiger Mensch. Nun fingen wir unsere Treibjagden an, Tag für Tag, fanden aber lange gar nichts. Immer tiefer marschirten wir in die kleinen Gebirge und Waldungen. Am 8. April schoß ich einen Sander (großer Hirsch); am 9. verwundeten wir zwei Bären, ohne hiezu bekommen; am 11. Nachmittags aber hatten wir interessante Jagd. Eine Tigerin war verwundet worden, sie ließ vier Junge in der Höhle zurück; zwei davon wurden leider von einem Sepoy erschossen, die beiden anderen aber — einer mit abgeschossenen Schwänze — gefangen; wir selbst gingen während dessen ans unseren Elephanten an dem mit Gras und Büschen bedeckten Rande eines Abhangs der Tigerin nach. Zwei oder dreimal wüthete sie dicht bei uns herum, und als sie ans Philipps Elephanten lossprang, wurde sie nochmals von ihm verwundet nud verkroch sich baun unter die Büsche. Während ich nun so der Tigerin nachsuchte, treibe ich einen großen schwarzen Bären auf; der Bursch kommt auf mich los und hält 6 Schritt vor meinem Elephanten hinter einem Busche; ich feure, und auf meine Kugel stürzt er auf den Bauch und schreit und brüllt wahrhaft fürchterlich. Das gefiel meinem Elephanten aber gar nicht; kaum hatte ich Zeit, »och einen Schuß zu thun, als er wie toll über Stock und Stein, Hügel und Abgründe hinunter, davon lief. Nichts konnte ihn zum Stehen bringen; vergebens brach ich ein Gewehr über seinem Kopf; erst nach einer Meile ging er ruhiger, und nach vier Meilen erst brachte ich ihn zum Stehen. Nachdem ich mich aus einer kleinen Quelle unter einem Feigenbäume voller Früchte erfrischt hatte, ritt ich, bei Sonnenunter¬ gang, um nicht zu spät zu den andern zu kommen, in kürzester Direction zurück. Dabei trug mich der Elephant über eine fast perpendiculare Felswand von wol 100 Fuß Höhe; es ist wunderbar, wie dieses kolossale Thier überall, wo ein Mensch steigen oder gehen kann, mit seiner Last fortkommt; er unterstützt sich und erforscht den Grund mit seinem Rüssel, kriecht, wo es zu steil ist, auf den Hinterbeinen, bricht Bäume und Zweige danieder, wo sie im Wege sind und überwindet sicherer alle Hindernisse des Bodens, als ein. Gebirgspferd. So kam ich denn glücklich zu unserem Nachtquartier zurück, wo ich zu meinem Aerger 36*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/291
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 12, 1853, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341576_96706/291>, abgerufen am 06.02.2025.